ZitatAlles anzeigenProtokoll: 22 vom 27.12.2007
Besetzung: Beierlein, Höhne, Schreckenbauer
Fall: 59
In dem Verfahren gegen SR M. B. und SGL G. M. ergeht folgendes
Urteil:
I. Das Verfahren gegen Schiedsrichter M. B. wird eingestellt.
II. Spielgruppenleiter M. wird wegen unsportlichen Verhaltens gem. §§ 47, 48 RVO mit einer Geldstrafe in Höhe von € 200,00 belegt.
III. Die Kosten des Verfahrens in Höhe von € 50,00 sowie die Kosten der mündlichen Verhandlung vom 08.12.2007 trägt Spielgruppenleiter M. unter Mithaftung seines Vereins SV R. E. . Dies gilt nicht für die Auslagen des Zeugen S. K. , welche der Bayerische Fußball-Verband trägt.
Gründe:
1. Schiedsrichter M. B. leitete am 30.09.2007 das Kreisliga-Verbandsspiel zwischen SV R. E. und FC H. (Endstand 0:3). Kurz vor Spielende erklärten Betreuer des FC H. gegenüber dem 18-jährigen Schiedsrichter, dass sie gerne auswechseln würden. Als der kurz zuvor eingewechselte E. Spieler B., der dem Schiedsrichter bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht negativ aufgefallen war, zum Schiedsrichter sagte, dass dieser auch ausgewechselt gehöre, entgegnete der Schiedsrichter gegenüber B., dass er froh sein solle, dass er (B.) beim Spielstand von 0:3 noch eingewechselt wurde.
2. Nach Spielende verlies der Schiedsrichter aufgrund der aufgeladenen Atmosphäre bei den Zuschauern und der Heimmannschaft eilends das Spielfeld und schloss sich in der Schiedsrichterkabine ein. Dort konnte er wahrnehmen, wie gegen die Kabinentüre getreten und geschlagen wurde. Er beschloss daher, solange in der Kabine zu verharren, bis sich die Situation wieder beruhigt hätte. Nachdem kurze Zeit später Ruhe eingekehrt war, vernahm er ein Klopfen sowie eine Stimme, welche in ruhigem Ton die Rückgabe der Spielerpässe begehrte. Als der Schiedsrichter in der irrigen Annahme, dass sich die Situation mittlerweile beruhigt hätte, nunmehr die Kabinentür öffnete, betrat unvermittelt – ohne sich vorzustellen - der Spielgruppenleiter und 3. Vorstand der Heimmannschaft M. die etwa 9 Quadratmeter große Schiedsrichterkabine und begann über mehrere Minuten lautstark und ohne Unterbrechung die Spielleitung des 18-jährigen Schiedsrichters zu kritisieren. U. a. beschimpfte er den Schiedsrichter mit den Worten: „Ihr Schweinfurter Schiedsrichter glaubt wohl, Ihr könnt Euch alles erlauben! Von Euch werden wir nur noch beschissen!“
Nachdem M. der wiederholten Aufforderung des Schiedsrichters, die Kabine unverzüglich zu verlassen, nicht nachkam, griff letzterer zu seinem Mobiltelefon und erklärte, nunmehr die Polizei zu rufen. Als dies der mittlerweile in der Kabine befindliche Platzkassier S. mitbekam, konnte dieser M. dazu bewegen, die Beschimpfungen einzustellen und die Kabine zu verlassen.
3. Der unter Ziff. II dargestellte Sachverhalt steht nach Durchführung der mündlichen Verhandlung zur Überzeugung des Gerichts fest aufgrund der ruhigen, konstanten, widerspruchsfreien, nachvollziehbaren, ohne jeglichen Belastungseifer vorgetragenen und damit glaubhaften Aussage des Schiedsrichters.
Soweit der Betroffene M. einräumt, die Schiedsrichterkabine unmittelbar nach Spielschluss betreten zu haben, mit dem Schiedsrichter aber in aller Sachlichkeit und in normaler Lautstärke über dessen Spielleitung und Verhalten auf dem Spielfeld gesprochen zu haben, erscheint dies als reine Schutzbehauptung. Dies gilt umso mehr, als M. sich den Zutritt zur Kabine durch die bewusst falsche Angabe erschlich, lediglich die Pässe der Heimmannschaft entgegennehmen zu wollen und einräumte, dass er die Kabine nach wiederholter Aufforderung durch den Schiedsrichter erst dann verließ, als letzterer mit seinem Mobiltelefon die Telefonnummer der Polizei wählte. M. blieb die Erklärung dafür schuldig, warum der Schiedsrichter trotz angeblich sachlichen, ruhigen Gesprächs sich bedroht fühlte und die Polizei rufen wollte.
Die Einlassung M. konnte auch nicht durch die von ihm benannten Zeugen gestützt werden. Die Zeugen K., M. und K. vermochten über die Vorgänge in der Schiedsrichterkabine überhaupt keine Angaben zu machen. Die Aussage des Zeugen S. war erkennbar geprägt vom Willen, den Betroffenen M. zu entlasten. S. bestätigte zwar die Kernaussage des Betroffenen, seine Aussage bewegte sich jedoch im Randgeschehen im offenen Widerspruch zu dieser und war in zwei Punkten trotz wiederholter Vorhalte zur Überzeugung des VSG nachweislich falsch. Das VSG erachtet die Aussage des Zeugen Schramm daher als unglaubhaft.
4. Das Verhalten des Betroffenen M. stellt sich auch unter Berücksichtigung der weiteren Stellungnahme vom 12.12.07 somit als unsportlich im Sinne von § 47 RVO dar. Im Hinblick auf die Nachhaltigkeit erscheint eine Geldstrafe (§ 48 RVO) in Höhe von € 200,00 erforderlich, aber auch ausreichend und somit angemessen.
5. Soweit dem Schiedsrichter über den in Ziff. I dargestellten Sachverhalt hinaus zur Last gelegt wurde, zum Spieler B. zusätzlich gesagt zu haben, dass dieser „nicht Fußball spielen könne“, war das Verfahren aus tatsächlichen Gründen einzustellen.
Der Schiedsrichter räumte ein, auf die Beleidigung des Spielers (vgl. oben Ziff. I) in der Form reagiert zu haben, dass er diesem erklärte, er solle froh sein, eingewechselt worden zu sein. Eine darüber hinausgehende Anrede oder gar Beleidigung wurde vom Schiedsrichter ausdrücklich bestritten.
Da keiner der vernommenen Zeugen die Aussage des Schiedsrichters auf dem Spielfeld wahrgenommen hatte und der geladene Zeuge B. trotz ordnungsgemäßer Ladung unentschuldigt der mündlichen Verhandlung ferngeblieben war, war das Verfahren mangels Tatnachweises einzustellen.
6. Die Zuständigkeit des VSG im Hinblick auf Spielgruppenleiter M. ergibt sich aus § 20 Abs.1 lit. b RVO. Das Verfahren gegen Schiedsrichter M. B. wurde aus Gründen der Prozessökonomie gem. § 20 Abs. 3 Satz 2 RVO zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung hinzuverbunden mit der Folge, dass die Zuständigkeit des VSG auch diesbezüglich begründet wurde.
7. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 32, 33 RVO.
Hier wurde dem 18jährigen SR mehr geglaubt, als allen Beschuldigten und Zeugen.
Schade nur, daß er sich auf dem Platz wohl ein wenig provozieren ließ.
Stattdessen hätte ich einem Spieler, der zu mir sagt, ich gehöre ausgewechselt, lieber gezeigt.