Der Schiedsrichter - die Manövriermasse?

  • Ja, ich weiß, vermutlich werden es nur wenige der Leute lesen, die es eigentlich betrifft - und dennoch brennt mir aus gegebenem Anlass das Thema mal wieder auf den Nägeln:
    Sind wir Schiedsrichter eigentlich nur Manövriermasse?


    Was ist passiert? Von den ersten sechs Ansetzungen des Spieljahres haben bei mir gerade einmal zwei Spiele wie geplant stattgefunden. Ein Freundschaftsspiel wurde ein paar Tage vorher abgesagt, ein Pflichtspiel einen halben Tag vor Anpfiff und das Spiel nächsten Sonntag wurde heute uhrzeitmäßig verlegt.


    Liebe Leute, glaubt Ihr eigentlich, wir Schiedsrichter sitzen mit einer gepackten Tasche zu Hause und warten nur darauf, dass es zwei Mannschaften gefällt, ein Fußballspiel gegeneinander auszuführen? Lasst Euch versichern: Dem ist nicht so!


    Auch wir Schiedsrichter haben ein anderes Leben, welches wir gerne planen. Wir sind durchaus bereit Zugeständnisse zu machen und uns auf die Bedürfnisse der Schiedsrichterei einzulassen - aber muss das überstrapaziert werden? Einen Sonntag kann man so oder so gestalten, es ist schwer nachvollziehbar, warum man ein Freundschaftsspiel anmeldet und dann wieder absagt respektive ein Spiel um zwei Stunden verlegt. Noch ärgerlicher, wenn gleich das erste Pflichtspiel der Saison, welches heute Mittag hätte stattfinden sollen, abgesagt werden muss, weil ein Verein keine Mannschaft zusammenstellen kann - warum wurde die dann überhaupt gemeldet, wenn die Personaldecke so dünn ist? Und da es eine Jugendmannschaft ist, fallen Urlaub, Klassenfahrt etc. als Grund aus, so etwas gibt es am ersten Nach-Ferien-Wochenende nicht - nur meine Terminplanung schmeißt das komplett über den Haufen.


    Grundsätzlich stellt sich mir hier die Frage, ob die Regularien zur Spielverlegung bzw. -absage vielleicht zu großzügig sind? Oder geht das vielleicht sogar noch weiter: Warum streicht man, wie im letzten Jahr bei uns geschehen, den Anspruch des Schiedsrichters auf eine eigene (klar, ggf. mit weiteren SR-Kollegen zusammen zu nutzenden) Kabine, die abschließbar sein muss sowie das Recht auf eine Waschgelegenheit (nicht solo, muss auch keine Dusche sein, zudem reicht ggf. auch kaltes Wasser) und ersetzt das durch eine wachsweiche Regelung? Haben wir womöglich - und das war nicht der erste Fall, in dem mich dieses Gefühl beschlich - keine Lobby, denn auch für "unsere" Vereine sind wir nur Anhängsel? Welchem Demokratieverständnis entspricht es, wenn wir Schiedsrichter unseren Vorstand wählen, dieser aber erst durch einen Beschluss der Vereine bestätigt werden muss? Mir scheint, in der ganzen Organisation der Schiedsrichterei läuft hier etwas schief - vielleicht sollten wir mal über den Tellerrand schauen und feststellen, dass wir Schiedsrichter eine eigene feste Säule in den Verbänden werden müssten, die mit entsprechendem Stimmrecht Dinge beeinflussen kann, statt immer nur von Vereinsvertretern abhängig zu sein. Wenn ich an den Fall denke, den wir jüngst erst diskutiert haben (der SR bricht das Spiel berechtigt ab, das Sportgericht wertet das Spiel aber für beide Vereine als gewonnen) und dann vor Augen habe, wer die Sportrichter alleine wählt ... Mir fallen noch weitere Beispiele ein, die zumindest diskussionswürdig sind. Und ja: Meist klappt das alles sehr harmonisch, aber gerade die Grenzfälle zeigen, dass im Ernstfall unsere berechtigten SR-Interessen außen vor bleiben.

  • Das Grundproblem ist, dass Schiedsrichter zu "billig" sind; denn was "nichts" kostet kann auch nicht viel wert sein. Nur was wirklich teuer ist wird auch geschätzt. Warum genießen denn die teuersten Trainer den besten Ruf? Warum wird schon in unteren Klassen "Kohle" geboten um gute Spieler zu verpflichten. Aber wenn der Schiedsrichter für eine Spielleitung dann 20 € berechnet; dann ist das viel zu teuer. Aber im Amateurbereich gibt es keine Lobby für die Schiedsrichter und Manfred schreibt es in seinem Post sehr zutreffend; dass die Schiedsrichter am Gängelband der Vereine und der Verbände geführt werden. Warum muss eigentlich (in Bayern) der Kreistag (= sind die Vereine) den von den Schiedsrichtergruppen gewählten Obmann bestätigen? Und so weiter und so fort!

  • Das war mit ein Grund, warum ich die Pfeife an den Nagel gehängt habe. Da werden Spieler gesperrt, deren Tat überall große Empörung auslöst, um nach 1 1/2 Jahren begnadigt zu werden.
    Wenn man mit Vereinsvertretern spricht, warum ihr Verein keine Schiris stellt, bekommt man zur Antwort, wir bezahlen ja dafür. Scheinbar sind die Strafen zu niedrig, sonst würde man nicht solch eine Antwort bekommen. Wehe aber, ein SR kostet mal ein paar Euro mehr, dann ist das Geschrei groß. Bei uns gab es Zeiten, da konnte man, wenn ein Spiel ausgefallen war, warum auch immer und man war angereist, den vollen Spesensatz berechnen. Heute glaube ich, gibts die Hälfte.
    Da werden Mitglieder von Ausschüssen gefeuert, nur weil er dem einen oder anderen nicht passt, dass dieser in dem Ausschuss ist, bzw. war. Da frägt man sich dann, warum?
    Da jammern die SR- Gruppen, über SR Mangel, der Verein eines Bekannten wurde aufgelöst, somit hat er keinen Verein und die Gruppe schaft es nicht, ihm einen Wechselantrag auszuhändigen, damit er wieder pfeifen kann!
    Man sieht es auch an der Qualität der Schiris, dass nicht immer die Besten in den jeweiligen Ligen amtieren. Gerade in den Verbandsligen gibt es viele Wochentagsspiele, wo halt einige nicht immer können. Dann heißt es, wenn man da nicht kann, hat man in dieser Klasse nichts verloren.

    Alle sagten das geht nicht.




    Und dann kam einer und hat es gemacht.

  • Ich muss doch das alte Thema mal wieder ausgaben - wie es so schön heißt: Aus gegebenem Anlass ...


    Mittwochfrüh ist die Ansetzung zu einem Freundschaftsspiel am Sonntag in der Mailbox, heute früh schneit die Absetzung herein - und ich fühle mich echt verar... (nein, nicht vom Ansetzer, aber von den Mannschaften).

  • Und noch einmal muss ich das auspacken - diesmal sogar ein Pflichtspiel:
    Ansetzung am 6.6. um 22:35, Absetzung am 7.6. um 16:09 Uhr, Spiel (theoretisch) am 8.6. um 14 Uhr.


    Oder Klartext:
    Da ist jemand ausgefallen und ich habe das Spiel kurzfristig geerbt, plane meinen Samstag, den ich schon als "frei" im Sinn hatte, um, nur damit irgendjemand einfällt, dass man doch nicht (dann) spielen kann ...

  • Aus Trainer Sicht kann ich dir sagen:

    Ist leider nicht immer einfach weit vorher zu wissen wie viele Leute man denn zusammen bekommt.


    Dann sagt dir am Tag vorher noch jemand "Achja meine Oma hat Geburtstag" und plötzlich hast du zu wenig Spieler und musst das Spiel absagen.

    Kam bei mir zum Glück selten vor, bei uns musst du die Mannschaft nach der 3. absage aber auch zurück ziehen, da wirst du dann für den Rest der Saison nicht mehr angesetzt ;)

    Bin kein Schiedsrichter, nur ein Spieler Trainer (wieder) Spieler  Irgendjemand Alt-Herren Spieler der sich für die Regeln seines Sports interessiert

  • Na ja, in der Liga - durchaus nicht ganz unten -, in der meine Ansetzung war, wurden mal eben - letzter Spieltag - drei Spiele abgesetzt, Pflichtspiele wohlgemerkt, noch keine Freundschaftsspiele - aber eben solche, in denen es nur noch um die goldene Ananas ging.

  • Wir in der Schweiz haben die Web-Applikation clubcorner.ch. Hier blockt sich jeder SR die Termine, an denen er sowieso nicht kann. Alles nicht blockierte heisst frei zum Pfeifen. 21 Tage vor der Ansetzung bekommt man den Spielblocker mit Uhrzeit. Oder einen Tagesblock "Bereitschaft". 10 Tage vor der Ansetzung bekommen wir dann die Mannschaften, Liga und den Spielort. Bei Bereitschaft wird der SR am Morgen des Samstags oder Sonntags angerufen und sein Einsatz abgestimmt falls es für diesen Tag Rückgaben anderer SR gab..


    Ab 9 Tagen vor der Ansetzung ist dann keine Änderung mehr möglich. Ich bin mir nicht sicher, aber glaube, wenn dann eine Mannschaft kurzfristig nicht spielen kann (drei Tage oder weniger im Voraus) wird das 3-0 für die nicht fehlbare Mannschaft gewertet. Wenn sich beide Mannschaften zwischen 3 und 9 Tagen abstimmen, wird eine Verschiebung gegen Gebühr für den beantragenden Verein verschoben. Vorbehaltlich witterungsbedingte Absagen bzw. Verschiebungen.


    Habt ihr im dfb.net oder was das ist... nicht auch solche Möglichkeiten?

  • Ähnliche Möglichkeiten haben wir schon - nur geht das am Problem kurzfristiger Verschiebungen oder Absagen vorbei ...

  • Da ist jemand ausgefallen und ich habe das Spiel kurzfristig geerbt, plane meinen Samstag, den ich schon als "frei" im Sinn hatte, um, nur damit irgendjemand einfällt, dass man doch nicht (dann) spielen kann ...

    Verkettung unglücklicher Umstände. Wenn Du was vor hast, dann melde Dich ab ;) .


    Und wenn man dann kurzfristig einspringt (was man ja durch seine nicht-Abmeldung in Kauf nimmt) und dann das Spiel noch kurzfristiger abgesagt wird, dann ist das Pech, kommt aber in den unteren Ligen gegen Ende der Saison leider immer öfter vor.

  • Eben, es kommt immer öfter vor - aber das ist kein Naturgesetz und in aller Regel eben gerade keine Verkettung unglücklicher Umstände; von der Unsportlichkeit gegenüber dem Schiri (und evtl. auch dem Gegner) ganz abgesehen.

  • Und es steigert sich: Heute früh um 8:23 Uhr Anruf des Klassenleiters, dass das heutige Spiel um 16:30 Uhr ausfällt - hätte ich das vorher gewusst, hätte mein Tag einen ganz anderen Verlauf genommen; und das war für diese Saison unterdessen das vierte Spiel dieser Art ... Ich überlege unterdessen, ob ich nicht künftig Freundschaftsspiele generell ablehne.

  • Man sollte mal über Abstandszahlungen nachdenken

  • Wenn man bei uns ins dfbnet schaut, so stehen da inzwischen ähnlich viele (Freundschafts-) Spiele als abgesetzt, wie tatsächlich stattgefunden. Kurzfristige Ausfälle, Verlegungen und Sonderwünsche (Drei Drittel, vier Viertel, Auffüllen nach Feldverweis...) führen dazu, dass kaum noch jemand Lust auf Vorbereitungsspiele hat.


    Auch die ersten zwei Spieltage in den Kreis- und Bezirksligen sind total zerrissen und mit Mehrfachverlegungen angesetzt.

  • Kurzfristige Ausfälle, Verlegungen und Sonderwünsche (Drei Drittel, vier Viertel, Auffüllen nach Feldverweis...) führen dazu, dass kaum noch jemand Lust auf Vorbereitungsspiele hat.

    Das mit den Sonderwünschen hatte ich tatsächlich auch schon zwei Mal in bisher 3 gepfiffenen Freundschaftsspielen. So kam es beispielsweise, dass ich in einem D-Junioren Freundschaftsspiel statt 2x30 Minuten, 4x20 Minuten pfeifen sollte. Also insgesamt 20 Minuten reine Spielzeit mehr. Meine Frage wäre, wie ihr damit umgeht. Blockt ihr das Ganze einfach ab, auch wenn beide Mannschaften einverstanden sind. Ich hab das damals, auch aufgrund meiner Unerfahrenheit (eines der ersten Spiele alleine als Schiedsrichter), mit mir machen lassen, obwohl ich mir dabei recht dumm vorkam.

  • Wenn die Gesamtspielzeit gleich bleiben soll, ist mir (fast) Alles recht. 3x30 statt 2x45 bspw. Aber eine längere Spielzeit als die normale würde ich nicht mitmachen. Außer vllt 3x25 statt 2x35.

  • Wenn es nicht übertrieben mehr ist, habe ich in einem Testspiel nichts dagegen, wenn die Mannschaften die Spielzeit anders einteilen wollen. Geht es in Richtung unverschämt, dann habe ich einfach noch einen nicht verschiebbaren Termin im Anschluss.

    Der Klügere gibt nach.


    Das erklärt, warum die Welt von den Dummen regiert wird.

  • Bei uns im Kreis gilt die Regelung, dass solche Spielzeit-Experimente vorher angekündigt werden müssen. Und je nachdem werden dann auch die Spesen erhöht. Hatte vor einigen Wochen ein D-Jugendspiel (regulär 2x30). Da stand schon in der Ansetzung drin „Bei Spielzeit über 70 Minuten 1,5-fache Spesen“. Gespielt wurden dann 2x45 Minuten und es gab 30 statt 20 Euro. Und bevor jemand fragt, es wurden bei beiden Teams alle Spieler in der Halbzeit getauscht.

  • Und bevor jemand fragt, es wurden bei beiden Teams alle Spieler in der Halbzeit getauscht.

    Schade, dass du das hier schreiben musst (es sollte doch eigtl. NICHT explizit erwähnenswert sein, dass D-Junioren keine 90 Min am Stück spielen dürfen...)

  • In Bayern beträgt die tägliche Höchspielzeit bei den Junioren die doppelte Regelspielzeit.