Mehr als nur gefährliches Spiel?

  • Heute habe ich zufällig mal ein paar Minuten vom Spiel des RB Salzburg gesehen. Dabei ereignete sich eine ganz krasse Szene: Um den Ball zu spielen riss ein Spieler sein Fuß bis auf Kopfhöhe hoch und erwischte dabei einen Mitspieler seiner Mannschaft voll im Gesicht. Der Mitspieler musste dann mit einer blutenden Stirn und einer blutenden Nase vom Platz. Bei der Szene gab es noch nicht einmal gelb.


    Na ja, ich kenn die Regeln vom österreichischen Fußball nicht, aber mich würde interessieren, ob so etwas bei uns gelb geben würde, da man ihm bei einem solch hohen Fuß durchaus unterstellen könnten, dass der Spieler dabei Kollateralschaden in Kauf genommen hat, egal ob es nur seinen eigenen Mitspieler erwischt hat?


    Bin mal gespannt, was Ihr dazu zu sagen habt...

  • Nach der aktuellen Regelauslegung "Vergehen gegen Mitspieler" müsste es direkten Freistoß geben und mindestens gelb. Ohne die Szene selbst gesehen zu haben, natürlich schwer zu beurteilen.


    Wie war denn die Spielfortsetzung?

  • Nach der aktuellen Regelauslegung "Vergehen gegen Mitspieler" müsste es direkten Freistoß geben und mindestens gelb.

    Ja, direkter Freistoß. Stösst zwar auf Unverständniss aber so wird die Regelauslegung zumindest bei uns bisher gelehrt.


    Bedeutet aber auch: Strafstoß wenns im eigenem 16ner passiert.
    Dazu die konkrete Regelfrage, die nicht unbedingt konstruiert oder an den Haaren herbei gezogen ist:


    Der Verteidiger versucht per Fallrückzieher einen Ball aus dem Strafraum zu schlagen und trifft dabei einen Mitspieler am Kopf.

  • gefährliches Spiel gibt es nur ohne Kontakt und das ist bei deiner Schilderung eindeutig nicht der Fall!!!


    "FAD oder Verwarnung?" sollte hier die Frage lauten.

  • Danke - jegliche andersartige Rückmeldung hätte mein Weltbild erschüttert! Es gab bei diesem Spiel einen Schiedsrichterball.... Aber auch aus meiner Sicht war das falsch!

  • Der Verteidiger versucht per Fallrückzieher einen Ball aus dem Strafraum zu schlagen und trifft dabei einen Mitspieler am Kopf.

    Bei dieser Frage würde ich persönlich sagen: Strafstoß, Rot
    Bei der Situation in Österreich würde ich vermutlich auch ehr auf rot tendieren, aber auch ich habe sie leider nicht gesehen

  • Abseits ganz schwer zu entscheiden...


    Aber bei der Spielszene mit dem viel zu hohen Fuß - kann man da wirklich FaD auf Dauer geben, denn ein grobes Foulspiel setzt doch einen Vorsatz voraus, oder? Das war eher unglücklich, und aber auch rücksichtlos, denn wer so hoch den Fuß ansetzt, ohne sicher zu gehen, ob da noch jemand kommt, handelt rücksichtslos. Also :gelbe_karte:

  • Sorry, aber auf einen FaD komme ich hier nicht, die Verwarnung wäre das Mittel der Wahl gewesen. Die Rote Karte scheidet hier mit einer vielleicht merkwürdig anmutenden Erklärung aus, aber von einem Spieler, der im wahrsten Sinne des Wortes sehenden Auges in die Situation rennt, erwarte ich in gewissem Umfang schon ein "abbiegen", um dem eigenen Mitspieler den Ballkontakt zu ermöglichen (wäre es ein Gegner gewesen, müsste die Diskussion ganz anders geführt werden). Ich darf daran erinnern, dass wir uns nicht davon beeinflussen lassen dürfen, wie spektakulär eine Szene ist respektive welche Folgen sie hat, maßgeblich ist nur die Tat - und die wäre hier für meine Begriffe (zumindest, solange es sich um einen Mitspieler handelt) doch der Rücksichtlosigkeit weitaus näher als dem rohen Spiel.

  • Ich bin mir erstmal gar nicht sicher, dass man hier einen direkten Freistoß wegen Foulspiels verhängen kann. Ein Foulspiel an einem Mitspieler ist m.E. von den Regeln gar nicht abgedeckt.

  • Ich denke schon, dass das von den Regeln gedeckt ist, wobei sich da die Geister scheiden. Ich kenne viele SR, die gehen davon aus, dass ein Vergehen gegen einen Mitspieler nur bei einer Tätlichkeit geahndet werden muss und nicht bei einem normalen Foulspiel. Allerdings - und so sehe ich das - steht in den Regeln klipp und klar, dass ein Vergehen gegen einen Mitspieler mit dF oder Strafstoß geahndet wird. Und ein Foulspiel ist nunmal auch ein Vergehen. Ich finde, auch hier



    https://www.youtube.com/watch?v=ZYzdbIFmrjU']


    und das ist vielleicht ein noch besseres Beispiel, hätte es Freistoß und zumindest Gelb geben müssen.

  • Also ohne Zweifel gibt es grundsätzlich Vergehen, die man gegen den Mitspieler ahnden kann, die auch zu direkten Freistößen führen (Beispielsweise ein Faustschlag).


    Beim Foulspiel steht in Regel 12 aber zunächst mal (Hervorhebung durch mich):


    Zitat

    Ein direkter Freistoß wird gegeben, wenn der Spieler eines der folgenden
    Vergehen nach Einschätzung des Schiedsrichters gegenüber einem Gegner
    fahrlässig, rücksichtslos oder brutal begeht:

    • [...]
    • Tackling mit dem Fuß (Tackling) oder Angriff mit einem anderen Körperteil
      Beinstellen oder versuchtes Beinstellen


    Dementsprechend wäre ein Tackling gegen den eigenen Spieler also erstmal kein Foulspiel. Und auch im weiteren Verlauf finde ich nichts, weshalb das Tackling gegen den Mitspieler verboten sein soll, solange es sich nicht um eine Tätlichkeit / Unsportlichkeit handelt, die natürlich unabhängig des "Opfers" geahndet werden muss.


    Und auch der umgekehrte Fall gefällt mir nicht, denn was würde das für Konsequenzen haben, wenn Foulspiele auch gegen Mitspieler begangen werden können?! Jeder Abwehrspieler, der im eigenen Strafraum hinfällt und damit einen Mitspieler zu Fall bringt, verursacht einen Strafstoß. Und der Abwehrspieler, der seinen eigenen Torwart unfair rempelt, natürlich genauso. Das ist doch absurd.


    Also, da ich hier keine Absicht des Spielers erkennen kann und auch kein gefährliches Spiel vorliegt: M.E. hat der SR mit dem SR-Ball die einzig richtige Entscheidung getroffen - es sei denn, man konstruiert irgendwie eine Unsportlichkeit aus der Szene, aber das halte ich eigentlich für ziemlich abwegig, da ich das niemals für einen absichtlichen Tritt halte.

  • Interessant ist, dass es in den Schiedsrichterzeitungen bisher keine vergleichbare Regelfrage gab. Es ging immer nur um Tätlichkeiten gegenüber Mitspieler. Möglicherweise möchte man sich um diese Auslegung zwecks Unklarheit drücken?

  • [...] und auch kein gefährliches Spiel vorliegt: [...]

    Also wenn das kein gefährliches Spiel ist, dann erklär mir bitte, was für dich gefährliches Spiel ist. So weit oben(auf Brust/Halshöhe) hat das Bein ja nun definitiv nichts verloren.
    Ich persönlich bin auch der Meinung, dass der DFB bzw. die FIFA die Regeln für die Saison 16/17 so anpassen wollten, dass Vergehen gegen Mitspieler und Gegner auf ein Level gehoben werden sollen.


    Zitat

    Erklärung:
    Eine entscheidende Veränderung, die zukünftig Vergehen gegen Mitspieler und
    Auswechselspieler bezüglich der Spielstrafe auf die gleiche Stufe stellt wie Vergehen
    gegen Gegenspieler.

    Da dieses Vergehen gegen einen Gegenspieler mit :rote_karte: und df gewertet wird(zumindest von mir) müsst die Entscheidung bei einem Vergehen gegen Mitspieler genauso ausfallen.


    (wäre es ein Gegner gewesen, müsste die Diskussion ganz anders geführt werden)

    Genau das wollte der DFB bzw. die FIFA mit der Regeländerung abschaffen. Es soll die Ungleichbewertung von Vergehen gegen eigene und "fremde" Spieler aufgehoben werden. Bei einem Faustschlag wird ja auch immer gleich bewertet.


    [...]aber von einem Spieler, der im wahrsten Sinne des Wortes sehenden Auges in die Situation rennt, erwarte ich in gewissem Umfang schon ein "abbiegen", um dem eigenen Mitspieler den Ballkontakt zu ermöglichen [...]

    Da muss ich dir recht geben, aber es sieht auch für den Spieler bis zuletzt noch so aus, als ob sein Mannschaftskollege den Ball mit dem Kopf spielen wollen würde.


    So ich denke, dass meine Meinung zu dieser Szene nun genug kund getan ist, aber ich bin auch gern noch für weitere Diskussionen offen.

  • zettelbox
    Das ein Foulspiel ein Vergehen ist, darüber herrscht sicherlich beiderseitige Klarheit. Aber dieser Punkt in Regel 12:


    Zitat:
    "4. Spielfortsetzung nach Fouls und Vergehen
    • Wenn der Ball aus dem Spiel ist, wird das Spiel gemäß der vorangegangenen
    Entscheidung fortgesetzt.
    • Bei laufendem Spiel und einem Vergehen eines Spielers innerhalb des
    Spielfelds gegen:
    • einen Gegner – indirekter oder direkter Freistoß oder Strafstoß
    • einen Mitspieler, Auswechselspieler, ausgewechselten Spieler,
    Teamoffiziellen oder Spieloffiziellen – direkter Freistoß oder Strafstoß"

    lässt mich da zu einem anderen Schluss kommen. M.E. wäre mal wirklich eine Klarstellung nötig, um gewisse Unklarheiten und im Endeffekt unterschiedliche Regelauslegungen auszuschließen.

  • Also wenn das kein gefährliches Spiel ist, dann erklär mir bitte, was für dich gefährliches Spiel ist. So weit oben(auf Brust/Halshöhe) hat das Bein ja nun definitiv nichts verloren.


    Bislang (d.h. vor Beginn dieser Saison) war es so, dass gefährliches Spiel nur dann vorlag, wenn es nicht zum Körperkontakt gekommen war. Bei Körperkontakt wurde aus dem kontaktlosen gefährlichen Spiel ein Kontaktvergehen und damit ein Foulspiel, dadurch änderte sich die Spielfortsetzung aus indirekt zu direkt. Außerdem war es so, dass gefährliches Spiel immer eine Benachteiligung der gegnerischen Mannschaft zur Folge hatte: Entweder, der Gegenspieler hat die Aktion aus Angst vor einer Verletzung seinerselbst abgebrochen oder aus Angst, seinen Gegenspieler zu verletzen; dadurch wurde das gefährliche Spiel gegen sich selbst konstruiert. Ein gefährliches Spiel gegen den Mitspieler gab es bislang nicht.


    So klar geht das aus den neuen Regeln nicht mehr hervor. Vielleicht kann jetzt auch ein Kontaktvergehen als gefährliches Spiel geahndet werden? Das wäre aber schon eine handfeste Regeländerung, die bislang aber als solche nicht kommuniziert wurde.


    Wie auch immer: Solange wir übers gefährliche Spiel reden, kommt nur ein indirekter Freistoß in Betracht, das war hier in der Diskussion aber schnell raus, eben weil wir hier ein klares Kontaktvergehen vorliegen haben.


    Zitat

    Ich persönlich bin auch der Meinung, dass der DFB bzw. die FIFA die Regeln für die Saison 16/17 so anpassen wollten, dass Vergehen gegen Mitspieler und Gegner auf ein Level gehoben werden sollen.


    Dabei geht es aber doch nur um die Spielfortsetzung von Vergehen, die auch bislang gegen die eigene Mannschaft begangen werden konnten, weil sie sich grundsätzlich gegen den Charakter des Spiels richten. Also Unsportlichkeiten, Beleidigungen, Tätlichkeiten. Die Strafbarkeit von Vergehen wurde überhaupt nicht angetastet, nur die Spielfortsetzung selbst. Wie man daraus ableitet, dass auch die Strafbarkeit aller Vergehen gegenüber Mitspielern auf dieselbe Stufe wie gegenüber Gegenspielern gewertet werden soll, ist mir rätselhaft und finde ich reichlich abenteuerlich. Oder kann man neuerdings auch seinen Mitspieler ins Abseits stellen? 8)


    Zitat

    Da dieses Vergehen gegen einen Gegenspieler mit :rote_karte: und df gewertet wird(zumindest von mir) müsst die Entscheidung bei einem Vergehen gegen Mitspieler genauso ausfallen.


    Das betrifft die Spielstrafe bei Vergehen, die auch bislang schon gegen Mitspieler ausgeübt werden konnten.


    Nochmal die Frage: Wenn ein Abwehrspieler hinfällt und dadurch mit seinem Oberkörper einem Mitspieler ein Bein stellt, gibt es dann einen Strafstoß für die gegnerische Mannschaft? Und wenn nein, warum sollte es dann für Grätschen oder hohes Bein anders aussehen? Anders sieht es bei der Tätlichkeit aus, das bedingt aber einen Vorsatz, der hier offensichtlich nicht gegeben ist.


    zettelbox
    Das ein Foulspiel ein Vergehen ist, darüber herrscht sicherlich beiderseitige Klarheit.


    Dass ein Foulspiel ein Vergehen ist, ist klar. Vorher stellt sich aber die Frage, ob ein Kontakt, der bei einem Gegenspieler ein Foulspiel wäre, auch bei einem Mitspieler ein Foulspiel ist. Ich bezweifle das, weil die Definition eines solchen Foulspiels klar das Begehen gegen einen Gegenspieler bedingt. Bei einer Komplettüberarbeitung der Regeln hätte man diese Bedingung doch gestrichen, wenn sie nicht gewollt wäre. Erst danach tritt der Punkt in der Kausalkette ein, für die Dein Zitat einschlägig ist: Kommt man zu dem Schluss, dass ein Beinstellen des Gegners ein Foulspiel ist, dann muss dafür ein direkter Freistoß verhängt werden - es hakt aber eben schon zwei Prüfaspekte zuvor.


    Aber: Sehr interessante Diskussion. Vielleicht war es Zufall, dass in der SR-Zeitung diese eher unkonventionelle Situation noch nicht behandelt wurde, oder Mark trifft es ins Mark, wenn er vermutet, dass die Diskussion dieser Situation bewusst vermieden wurde.

  • Die gleiche Dikussion hatten wir doch hier schon mal.


    (Gefunden: Regel 16 muss man auch drauf haben (ist schon lange her ;))


    Ich bin hier ganz klar auf der Seite von zettelbox.


    Das "Foul" am Mitspieler ist nämlich gar kein Vergehen. Und damit kommt der Punkt aus Regel 12 gar nicht zu Geltung.


    Denn wie zettelbox richtig schreibt wird dafür ganz klar ein Gegenspieler "benötigt".
    Das "Tackling" gegen den Mitspieler ist gar kein Vergehen und kann/darf somit gar nicht geahndet werden.

    Bin kein Schiedsrichter, nur ein Spieler Trainer (wieder) Spieler  Irgendjemand Alt-Herren Spieler der sich für die Regeln seines Sports interessiert

  • Ich bin da bei Manfred, dass man unterscheiden muss zwischen der Situation Mitspieler/Gegenspieler und Mitspieler/Mitspieler. Handelt es sich um Mitspieler kann man erwarten, dass diese sich "einigen" wer an den Ball geht, auch in solch einer Situation. D.h. der Spieler mit dem hohen Bein muss nicht unbedingt damit rechnen, dass der Mitspieler ebenfalls an den Ball geht. Somit halte ich eine Verwarnung (rücksichtsloses Foulspiel) für die passende Entscheidung.


    Bei Mitspieler/Gegenspieler ist es eindeutiger, dass der Gegenspieler versuchen wird den Ball zu erreichen. Hier kommt es dann auf die genaue Wahrnehmung des SR an, ob eine Verwarnung wegen Rücksichtslosigkeit (noch) vertretbar ist, oder ob man hier auf "Übermäßige Härte" und damit Feldverweis entscheidet.


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    "Jetzt wechselt Jamaika den Torhüter aus!"
    (Gerd Rubenbauer, als der FIFA-Beauftragte am Spielfeldrand eine Minute Nachspielzeit anzeigte)