Freistöße - Quell ewiger Probleme

  • Ich denke, alle Schiris kennen das: Um Freistöße - speziell in Tornähe - gibt es immer Aufregung - und offenkundig riesige Defizite darüber, was Spieler dürfen und was nicht. Ähnlich wie beim Abseits habe ich mal versucht, ein kleines Aufklärungsblatt zu entwerfen - Eure Meinung dazu ist gefragt.



    Freistöße – wirklich so schwierig?


    Unter Spielern gibt es oft Verwirrung und fatale Unkenntnis über Freistöße, Mauerabstände usw. Dabei ist die Materie doch gar nicht so schwer.


    Zunächst gibt es unterschiedliche Freistöße:
    Den direkten und den indirekten Freistoß. Der einzige Unterschied (abgesehen von dem Grund, warum der Freistoß verhängt wurde) zwischen beiden Freistoßtypen liegt darin, dass aus dem direkten Freistoß eben direkt ein Tor erzielt werden kann, aus dem indirekten Frei¬stoß gilt ein Tor nur dann, wenn mindestens ein weiterer Spieler – gleich welcher Mannschaft – den Ball berührt hat. Für Spieler ist der Unterschied an der Armhaltung des Schiedsrichters erkennbar: Beim indirekten Freistoß wird ein Arm senkrecht in die Höhe gestreckt (und ei¬gent¬lich so lange, bis die zweite Berührung erfolgt ist), was beim direkten Freistoß unter¬bleibt.


    Alle anderen Regeln sind bei Freistößen identisch!


    Der Freistoß soll der Mannschaft, welcher der Freistoß zugesprochen wurde, den größt¬mög¬lichen Vorteil bringen. Daher darf jeder Freistoß stets unmittelbar ausgeführt werden, es sei denn
    • der Schiedsrichter sperrt den Ball,
    • es ist eine persönliche Strafe (z.B. Gelbe Karte) auszusprechen oder
    • der Schütze wünscht die Stellung der Mauer.
    Keinesfalls muss gewartet werden – weder vom Schützen noch vom Schiedsrichter – bis sich eine Mauer formiert oder der Torwart diese „gestellt“ hat!


    Alle Spieler der Mannschaft gegen die der Freistoß verhängt wurde, sind verpflichtet, sich ohne Aufforderung die vorgeschriebenen 9,15 Meter vom Ball zu entfernen. Wenn ein Spieler dies nicht tut, so kann er auch ohne vorherige Aufforderung vom Schiedsrichter verwarnt wer¬den (Gelbe Karte). Beim Freistoß ist der Ball im Spiel, sobald er sich bewegt hat. Erst dann dürfen sich verteidigende Spieler dem Ball wieder auch im Radius von 9,15 Metern um den Ball nähern. Läuft ein Verteidiger vorher in diesen Radius wird der Freistoß – unter Be¬achtung eines eventuellen Vorteils für die Mannschaft, die den Freistoß ausgeführt hat – wie¬derholt, wobei der zu früh sich nähernde Spieler verwarnt werden kann.
    Besonderheit: Beim Freistoß im eigenen Strafraum ist der Ball erst im Spiel, wenn er den Strafraum verlassen hat.


    Nur der Schütze hat das Recht, die Stellung der Mauer zu verlangen. Nimmt er dieses Recht wahr, so muss er mit der Ausführung des Freistoßes warten, bis der Schiedsrichter selbigen per Pfiff freigegeben hat. Es ist belanglos, was Verteidiger oder andere Mitspieler des Schüt¬zen verlangen.


    © Manfred von www.fussball-sr.de


    Weitere Verwendung in nicht-kommerziellen Printmedien unter Quellenangabe gestattet, Belegexemplar erbeten. Jede andere Nutzung bedarf der vorherigen Genehmigung des Autors.

  • Dein Text finde ich :top: und ist es sehr verständlich.:top:

    Ich habe keine Ablenkung durch die Geräuschkulisse.
    Ich bin komplett konzentriert auf das, was ich sehe


    Gehörloser Schiedsrichter -
    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten.

  • Zum eigenen Verständnis:


    Wenn ich nun einen Freistoß pfeife und der Torwart oder einer seiner Mitspieler rufen "Stellt die Mauer", muss ich das nicht beachten? Wenn nun aber der Schütze will das eine Mauer gestellt wird, nur dann ist die Mauer zwingend stellen zu lassen?

  • Richtig verstanden!

    "Der Klügere gibt nach! Eine traurige Wahrheit, sie begründet die Weltherrschaft der Dummheit."
    (Marie von Ebner-Eschenbach, österreichische Schriftstellerin, *1830 +1916)


    "Mancher ist für die Wahrheit, solang die Wahrheit für ihn ist."
    (Charles Tschopp, schweizer Schriftsteller, *1899 +1982)

  • Die Mauer ist nicht "stellen zu lassen", sondern der 9,15m-Abstand ist durch den SR herzustellen, sofern dies vom Schützen gewünscht wird. Ob diese sich nun als Mauer oder einzeln hinstellen, hat den SR nicht zu interessieren. Sobald der Abstand hergestellt ist, kann der Ball freigegeben werden. Dazu ist es unerheblich, ob die Verteidiger in der vom TW präferierten Position stehen.

    In einer Aktion prallten Grevelhörster und Gerick zusammen. Der FC-Stürmer blutete aus der Nase, aber Schiedsrichter Stefan Tendyck aus Gelsenkirchen konnte mit einem Taschentuch aushelfen. Gericks Torriecher wurde nicht in Mitleidenschaft gezogen: Er markierte das 1:3.


    Westfalen-Blatt (29.5.2017) :D

  • Interessant, war mir so bisher nicht bewusst

  • Sehr interesante Text. Auch sehr verständlich. :top: Manfred.
    Doch ich glaub ,dass du was vergessen hast.
    Du hast geschrieben :

    Zitat


    Der Freistoß soll der Mannschaft, welcher der Freistoß zugesprochen wurde, den größt¬mög¬lichen Vorteil bringen. Daher darf jeder Freistoß stets unmittelbar ausgeführt werden, es sei denn
    • der Schiedsrichter sperrt den Ball,
    • es ist eine persönliche Strafe (z.B. Gelbe Karte) auszusprechen oder
    • der Schütze wünscht die Stellung der Mauer.
    Keinesfalls muss gewartet werden – weder vom Schützen noch vom Schiedsrichter – bis sich eine Mauer formiert oder der Torwart diese „gestellt“ hat!


    Doch wie ist das bei einer Auswechselung?Dort auch.

  • Schönes Blatt!!!

    Geh nicht nur die glatten Straßen. Geh Wege, die noch niemand ging, damit du Spuren hinterlässt und nicht nur Staub.
    (Antoine de Saint-Exupery)

  • Viel besser hätte man es glaube ich nicht zusammenfassen können.


    :top:

  • So, ich habe die Anregungen aufgenommen und hier und da etwas gekürzt bzw. ergänzt. Die Stellung der Mauer habe ich vorerst so belassen, da der Adressatenkreis die Spieler sind, welche die formal korrekte Bezeichnung "Herstellung des vorgeschriebenen Abstandes" nicht verstehen werden. Nun die aktuelle Version, konstruktive Vorschläge sind immer willkommen:



    Freistöße – wirklich so schwierig?


    Unter Spielern gibt es oft Verwirrung und fatale Unkenntnis über Freistöße, Mauerabstände usw. Dabei ist die Materie doch gar nicht so schwer.


    Es gibt unterschiedliche Freistöße:
    Den direkten und den indirekten Freistoß. Der einzige Unterschied (abgesehen davon, warum der Freistoß verhängt wurde) zwischen beiden Freistoßtypen liegt darin, dass aus dem direkten Freistoß direkt ein Tor erzielt werden kann, aus dem indirekten Frei¬stoß gilt ein Tor nur, wenn mindestens ein weiterer Spieler – gleich welcher Mannschaft – den Ball vor Überquerung der Torlinie berührt hat. Beim indirekten Freistoß wird der Schiedsrichter einen Arm senkrecht in die Höhe strecken (und eigentlich so lange, bis die zweite Berührung erfolgt ist), was beim direkten Freistoß unterbleibt.


    Alle anderen Regeln sind bei Freistößen identisch!


    Der Freistoß soll der Mannschaft, welcher der Freistoß zugesprochen wurde, den größtmöglichen Vorteil bringen. Keinesfalls muss gewartet werden – weder vom Schützen noch vom Schiedsrichter – bis sich eine Mauer formiert oder der Torwart diese „gestellt“ hat! Daher darf jeder Freistoß stets unmittelbar ausgeführt werden, es sei denn
    • der Schiedsrichter sperrt den Ball,
    • es ist eine persönliche Strafe (z.B. Gelbe Karte) auszusprechen oder
    • der Schütze wünscht die Stellung der Mauer.
    Der Schiedsrichter wird den Ball sperren, wenn er der Ansicht ist, dass sich ein Spieler behandlungsbedürftig verletzt hat oder wenn eine Auswechslung stattfinden soll. Allerdings wird der Schiedsrichter die Auswechslung regelmäßig nur dann zulassen, wenn die „geschädigte“ Mannschaft diese wünscht, ein Spieler verletzungsbedingt nicht mehr am Spiel teilnehmen kann oder ein Vorteil aus einer schnellen Ausführung des Freistoßes ohnehin nicht mehr zu erwarten ist.


    Alle Spieler der Mannschaft gegen die der Freistoß verhängt wurde, sind verpflichtet, sich ohne Aufforderung zügig die vorgeschriebenen 9,15 Meter vom Ball zu entfernen. Wenn ein Spieler dies nicht tut, so kann er auch ohne vorherige Aufforderung vom Schiedsrichter verwarnt werden (Gelbe Karte).


    Nur der Schütze hat das Recht, die Stellung der Mauer zu verlangen. Nimmt er dieses Recht wahr, so muss er mit der Ausführung des Freistoßes warten, bis der Schiedsrichter selbigen per Pfiff freigegeben hat. Es ist belanglos, was Verteidiger oder andere Mitspieler des Schützen verlangen.


    Beim Freistoß ist der Ball im Spiel, sobald er sich bewegt hat. Erst dann dürfen sich verteidigende Spieler dem Ball wieder auch im Radius von 9,15 Metern um den Ball nähern. Läuft ein Verteidiger vorher in diesen Radius wird der Freistoß – unter Beachtung eines eventuellen Vorteils für die Mannschaft, die den Freistoß ausgeführt hat – wiederholt, wobei der zu früh sich nähernde Spieler verwarnt werden kann.
    Besonderheit: Beim Freistoß im eigenen Strafraum ist der Ball erst im Spiel, wenn er den Strafraum verlassen hat.



    © Manfred von www.fussball-sr.de


    Weitere Verwendung in nicht-kommerziellen Printmedien unter Quellenangabe gestattet, Belegexemplar erbeten. Jede andere Nutzung bedarf der vorherigen Genehmigung des Autors.

  • Zitat von Matze;117118

    Doch wie ist das bei einer Auswechselung? Dort auch.


    Die Auswechslung mußt Du zulassen, wenn ein offensichtlich verletzter Spieler ausgetauscht werden soll. Bei taktischen Wechseln, insbesondere wenn das Spiel verzögert werden soll, darf man auch mal weghören.


    Manfred: Druckreif für den DFB-Lehrbrief :top:

  • Zitat von Manfred;117999


    Alle Spieler der Mannschaft gegen die der Freistoß verhängt wurde, sind verpflichtet, sich ohne Aufforderung zügig die vorgeschriebenen 9,15 Meter vom Ball zu entfernen. Wenn ein Spieler dies nicht tut, so kann er auch ohne vorherige Aufforderung vom Schiedsrichter verwarnt werden (Gelbe Karte).


    Nur der Schütze hat das Recht, die Stellung der Mauer zu verlangen. Nimmt er dieses Recht wahr, so muss er mit der Ausführung des Freistoßes warten, bis der Schiedsrichter selbigen per Pfiff freigegeben hat. Es ist belanglos, was Verteidiger oder andere Mitspieler des Schützen verlangen.


    1. Muss ich dann also nicht anpfeifen wenn der Schütze die Stellung der Mauer nicht fordert?


    2. Wenn der Schütze die Stellung der Mauer verlangt, dann heißt dass ja, dass die Verteidiger den vorgesehenen Abstand nicht einhalten. Und es heißt aber auch dass die Spieler die den Abstand nicht einhalten, ohne Vorwarnung verwarnt werden können. Also darf ich jeden Spieler in der Mauer verwarnen der nich den Abstand einhält?

    Dem Schiedsrichter zu widersprechen, das ist, wie wenn man in der Kirche aufsteht und eine Diskussion verlangt. (Dieter Hildebrandt)

  • 1. Nein! Der Freistoß soll einen Vorteil für die angreifende Mannschaft darstellen. Daher muß ihr die Möglichkeit eingeräumt werden, den Freistoß schnell auszuführen. Am Sonntag habe ich es wieder erlebt, daß die Mauer sich von selbst auf 12m gestellt hat. Der Schütze hat also sofort den Ball ins Tor geschossen, ohne daß ich vorher den Ball blockieren bzw. wieder freigeben mußte.


    2. Prinzipiell hast du Recht, taktisch ist es aber alles andere als klug, wahllos und ohne Vorwarnung Verwarnungen auszusprechen. Damit bringst du eher Unruhe ins Spiel. Eine Verwarnung wirst du im Regelfall nur dann aussprechen, wenn ein Verteidiger sich weigert, den Abstand einzunehmen, vor Freistoßausführung aus der Mauer vorläuft oder sich unmittelbar vor den Ball stellt.

    In einer Aktion prallten Grevelhörster und Gerick zusammen. Der FC-Stürmer blutete aus der Nase, aber Schiedsrichter Stefan Tendyck aus Gelsenkirchen konnte mit einem Taschentuch aushelfen. Gericks Torriecher wurde nicht in Mitleidenschaft gezogen: Er markierte das 1:3.


    Westfalen-Blatt (29.5.2017) :D

  • Zu 1.
    Richtig, wenn KEINER der zwingenden Gründe für den SR-Pfiff (siehe FIFA-Anweisung zu Regel 5) gegeben ist, brauchst Du einen Freistoß nicht anpfeifen.


    Zu 2.
    Nur aus der Forderung des Schützen nach Stellen der Mauer kann man ja nicht ableiten, dass der Abstand nicht eingehalten ist, manche Schützen reklamieren auch, obwohl der Abstand korrekt ist. Verteidigende Spieler würde ich bezgl. Freistoßabstand in der Praxis nur verwarnen, wenn sie
    - sich weigern, den korrekten Abstand einzunehmen
    - meine Aufforderung, sich vom Ball zu entfernen, "überhören"
    - zu früh aus der Mauer laufen.
    Ansonsten sehe ich auch eine Analogie zur jüngeren Regelauslegung für den Fall, dass mehrere Spieler auf den Zaun klettern bzw. ihre Trikots ausziehen, d.h. wenn mehrere verteidigende Spieler den Abstand nicht einhalten, würde ich nur einen verwarnen, entweder einen erkennbaren "Rädelsführer" oder denjenigen Spieler, der den Abstand am stärksten verkürzt.

    "Der Klügere gibt nach! Eine traurige Wahrheit, sie begründet die Weltherrschaft der Dummheit."
    (Marie von Ebner-Eschenbach, österreichische Schriftstellerin, *1830 +1916)


    "Mancher ist für die Wahrheit, solang die Wahrheit für ihn ist."
    (Charles Tschopp, schweizer Schriftsteller, *1899 +1982)

  • OK Danke almiko und Stefan.
    Wieder was dazu gelernt!:D

    Dem Schiedsrichter zu widersprechen, das ist, wie wenn man in der Kirche aufsteht und eine Diskussion verlangt. (Dieter Hildebrandt)

  • Sehr guter Text, mir fällt trotzdem noch eine Frage ein:


    Wie verhält es sich, wenn der Schütze schnell ausführt, jedoch einen Gegenspieler anschießt, der noch nicht mehr als 9,15m weg ist, weil er noch gar keine Zeit hat, den Abstand einzunehmen?