Einwurf und Vorteil

  • Hier eine aktuelle Regelfrage vom IFAB


    Zum Zeitpunkt des Einwurfs hat der einwerfende Spieler einen Fuß vollständig außerhalb und den anderen vollständig innerhalb des Spielfeldes stehen. Der eingeworfene Ball wird nun innerhalb des Spielfeldes von einem Gegenspieler erobert. Wie lautet die korrekte Entscheidung?

  • Du wirst uns sicher wieder mit einer unerwarteten Antwort überraschen. ;)


    Mit meinem bescheidenen Regelwissen sage ich, dass bei einer falschen Spielfortsetzung kein Vorteil möglich und somit der Einwurf gemäß Regel 15 durch den Gegner zu wiederholen ist.

    In einer Aktion prallten Grevelhörster und Gerick zusammen. Der FC-Stürmer blutete aus der Nase, aber Schiedsrichter Stefan Tendyck aus Gelsenkirchen konnte mit einem Taschentuch aushelfen. Gericks Torriecher wurde nicht in Mitleidenschaft gezogen: Er markierte das 1:3.


    Westfalen-Blatt (29.5.2017) :D

  • Aus einer vorherigen Regelfrage, die auch beim IFAB zur Klärung gestellt wurde, wissen wir, dass Vorteil immer gegeben werden kann, wenn es eben ein Vorteil ist.


    So würde ich das auch hier sehen. Wenn der Gegner, nach der Balleroberung eine bessere Lage hat als ein Einwurf, würde ich das als gültigen Vorteil sehen.

    Der Ball ist bei Einwurf nämlich im Spiel, sobald er im Feld ist.


    Mein Fazit: Vorteilsauslegung ist möglich.


    Allerdings rein der Form halber müsste man auch bewerten, ob der (falsch) einwerfende Spieler nicht vielleicht sogar noch ein Handspielvergehen begeht (ist bei der Beschreibung ein Fuß ganz draußen, ein Fuß ganz drinnen naheliegend...bei einer Fußspitze auf der Linie würde ich das anders sehen). Denn er muss eigentlich die Hände vom Ball weg haben bevor dieser im Spiel ist. Und im Spiel ist er, sobald auch nur ein Teil des Balles über der Seitenlinie ist. Da wäre dann ggf. ein direkter Freistoß ein größerer Vorteil als der Einwurf in die andere Richtung oder auch das einfache Weiterspielen.

  • Meiner Ansicht nach ist der Ball nicht regelkonform ins Spiel gebracht worden, also bleibt nur die Entscheidung "falscher Einwurf" und damit Einwurf für den Gegner.

    Eine Vorteilsauslegung gäbe es nur bei korrekt ins Spiel gebrachtem Ball.

  • Überraschenderweise sieht das IFAB beim „falschen Einwurf“ nur ein Vergehen, bei dem man auf Vorteil entscheiden kann. Der Ball ist offenbar im Spiel, sobald er, egal wie, geworfen wurde und im Spielfeld ist.


    Stefan Standardfragen machen doch keinen Spaß. ;)


    KozKalanndok Für ein Handspiel müsste der Ball zunächst die Hände verlassen, sodass es zu einer Doppelberührung kommt. Und bitte nicht wieder darüber diskutieren.


    Mich würde interessieren, wie das deutsche Lehrwesen das sieht. Zumindest auf Facebook wird es kontrovers diskutiert.


  • Der Ball ist im Spiel, wenn er im Spielfeld ist.

    Im Spielfeld ist er, wenn ein Teil von ihm über der Linie ist.

    Und wenn während der Ball im Spiel ist eine Hand dran ist, ist das ein Handspielvergehen.

    Dass der Ball die Hand verlassen muss ist nicht Bedingung für das ins Spiel bringen.

    Ist halt einfach die logische Konsequenz, wenn man sagt der Ball ist im Spiel und dafür kann es Vorteil geben.

  • Man kann diese Auslegung schon mit dem Regeltext rechtfertigen. In Regel 15 ist schließlich nicht explizit festgelegt, dass die korrekte Ausführung des Einwurfs Bedingung dafür ist, dass der Ball wieder im Spiel ist - sondern es reicht, dass er sich im Spielfeld befindet. Und dann kann bei Vergehen eben auf Einwurf für den Gegner oder auch auf Vorteil gemäß Regel 5 entschieden werden.


    KozKalanndok: Das kann dann aber ja auch bei regelgerechten Einwürfen passieren, dass die Hand über der Linie noch am Ball ist.

    Meines Erachtens kann man daraus zwei mögliche Schlussfolgerungen ziehen

    a) Regel 15 übersteuert die Handspiel-Regel, weil zur Ausführung des Einwurfs explizit eine Berührung mit der Hand erlaubt (sogar gefordert) ist. Damit ist für den gesamten Einwurfs-Prozess das "Handspiel" erlaubt

    b) Für einen regulären Einwurf müssten die Spieler den Ball so früh loslassen, dass sie in dem Moment, wo der Ball über der Linie ist, schon keine Hand mehr am Ball haben. Ob das mit "Füße berühren Linie" und "Ball über den Kopf" vereinbar ist, müsste man untersuchen - mit genug Übung wahrscheinlich schon.

    Die Praxis zeigt meiner Meinung nach deutlich, dass Variante a) die gelebte Auslegung dazu ist.

  • Der Ball ist im Spiel, wenn er im Spielfeld ist.

    Im Spielfeld ist er, wenn ein Teil von ihm über der Linie ist.

    ....

    Wenn das so einfach wäre.

    Beim Abstoss, beim Freistoss, beim Eckstoss (hab ich noch was vergessen?) ist der Ball auch im Spielfeld und sogar der ganze Ball, aber im Spiel ist er erst mit der korrekten Ausführung

  • Beim Abstoss, beim Freistoss, beim Eckstoss (hab ich noch was vergessen?) ist der Ball auch im Spielfeld und sogar der ganze Ball, aber im Spiel ist er erst mit der korrekten Ausführung

    Nein, da schreibt die Regel vor, dass er im Spiel ist, wenn er mit dem Fuß gespielt wurde und sich eindeutig bewegt.

    Beim Einwurf ist ausdrücklich festgelegt, dass der Ball im Spiel ist, wenn er im Spielfeld ist.


    Ob man das als Handspiel geben kann oder nicht, da hat Mark recht, ist für diesen Themenbereich wirklich off-topic und das müssen wir denke ich hier jetzt nicht weiter ausdiskutieren. Ich wollte nur noch auf den Hintergrund meiner Ansicht hinweisen, weil eben der Teil, der mich zu diesem Gedanken gebracht hat eben direkt mit dem Thema zu tun hat:


    Nämlich die Frage ab wann der Ball eigentlich im Spiel ist, so dass man einen Vorteil geben kann.

    Und hier haben wir tatsächlich einen eklatanten Unterschied zu den *-Stößen.

    Während bei den Ab-, Eck-, An- und Freistößen (Strafstöße haben nochmal speziellere Ausführungsbestimmungen) der Ball erst dann im Spiel ist, wenn er mit dem Fuß gespielt wurde und sich eindeutig bewegt, reicht es beim Einwurf schon, dass der Ball im Spielfeld ist.

    Das führt dann zu dem Unterschied, dass ein falsch ausgeführter Freistoß (mit dem Knie z. B.) wiederholt werden muss, auch wenn dadurch ein Vorteil für den Gegner entsteht. Der Ball war dann nämlich noch nicht im Spiel.

    Anders beim Einwurf, weil der Ball schon im Spiel ist.

  • Beim Einwurf muss der Ball natürlich „einwurfmäßig“ geworfen werden. Wenn der Ball mit einer Hand von unten ins Spielfeld zu einem Mitspieler geworfen wird, der dann dem Einwurf ausführen soll, würde ich es nicht als Einwurf bezeichnen.


    Spannend sind natürliche auch „Stoßvergehen“, bei denen der Ball zwar mit dem Fuß gespielt wird, aber am falschen Ort oder der Ball nicht ruhte, hinsichtlich Vorteil, wenn er direkt zum Gegenspieler rollt.

  • Nein, da schreibt die Regel vor, dass er im Spiel ist, wenn er mit dem Fuß gespielt wurde und sich eindeutig bewegt.

    Beim Einwurf ist ausdrücklich festgelegt, dass der Ball im Spiel ist, wenn er im Spielfeld ist.

    .....

    Eine Situation, die man in fast jedem Spiel sieht:

    Ball im Aus, ein Spieler holt ihn, will aber den Einwurf einem Anderen überlassen, wirft ihn dem noch im Spielfeld auf ihn zu Laufenden zu, der fängt ihn.

    Ich habe noch keinen Schiedsrichter gesehen, der hier dann ein Handspiel pfeift, obwohl ja der Spielball ja "schon im Spielfeld" ist.

    ob Optimist oder Pessimist, der Mist ist immer der gleiche

    Einmal editiert, zuletzt von gebi () aus folgendem Grund: Teppfuhler versucht auszumerzen

  • Ball im Aus, ein Spieler holt ihn, will aber den Einwurf einem Anderen überlassen, wirft ihn dem noch im Spielfeld auf ihn zu Laufenden zu

    Rein nach dem Regeltext ist das aber ein falscher Einwurf, was mindestens zu einer Wiederholung des Einwurfs durch den Gegner führen müsste.

    Das wurde übrigens in den 90ern als ich aktiv gespielt habe von Trainern ausdrücklich so gelehrt...den Ball niemals aufs Spielfeld werfen, weil das ein falscher Einwurf wäre.

    Ging dann damals auch mit "Einwurf für Gegner" weiter.

  • @ KozKalanndok:

    Das hab ich meinen jungen Fußballern auch so erzählt, hat bloß niemanden interessiert.


    Nur müsste es nach deiner Argumentationskette eigentlich ein Handspielvergehen sein

    ob Optimist oder Pessimist, der Mist ist immer der gleiche

    Einmal editiert, zuletzt von gebi ()

  • Jein.

    Es ist ein falscher Einwurf, aber durch die Vorteilsbestimmung (dF ist größerer Vorteil als Einwurf) würde dieser legitimiert und der Fänger würde ein Handspiel begehen.


    Damals war der Gedanke noch, dass das Spiel nicht fortgesetzt (also der Ball nicht im Spiel) ist und deshalb die Vorteilsbestimmung nicht angewendet werden kann. Stattdessen kam nur die spezielle Regel für Ausführungsvergehen in Betracht.

    Jetzt steht aber im Raum (laut IFAB), dass auch ein falsch ausgeführter Einwurf unter Anwendung der Vorteilsbestimmung als Spielfortsetzung in Betracht kommt.

  • Eine Situation, die man in fast jedem Spiel sieht:

    Ball im Aus, ein Spieler holt ihn, will aber den Einwurf einem Anderen überlassen, wirft ihn dem noch im Spielfeld auf ihn zu Laufenden zu, der fängt ihn.

    Ich habe noch keinen Schiedsrichter gesehen, der hier dann ein Handspiel pfeift, obwohl ja der Spielball ja "schon im Spielfeld" ist.

    Das gleiche Problem hast du doch auch mit dem ewigen Ball hin und her bewegen mit dem Fuß vor einem Eck/Frei/Ab-Stoß. Streng genommen könnte man das alles als Doppelberührung abpfeifen.

    Macht auch keiner weil man auf die "richtige" Ausführung wartet.

    Deshalb werfen Torhüter beim Abstoß den Ball ja jetzt auch immer zum Mitspieler wenn die am 5er stehen, damit bloß keiner auf die Idee kommt das könnte schon die Ausführung gewesen sein.

    Bin kein Schiedsrichter, nur ein Spieler Trainer (wieder) Spieler  Irgendjemand Alt-Herren Spieler der sich für die Regeln seines Sports interessiert

  • Aber genau das könnte auch ein gewievter Trickspielzug sein.

    Den Eckstoß zu einem langsam heranschneldernden Spieler kicken und rollt sich den Ball mit dem Fuß wieder gemächlich in den Viertelkreis und wartet und wartet und wartet und wartet...

    Einfach nur um den Gegner darüber zu täuschen, dass der Eckstoß ausgeführt und der Ball im Spiel ist. Das ist kein Zeitspiel.

    Der Gegner muss selbst drauf kommen, dass der Eckstoß schon ausgeführt wurde.


    Beim Abstoß ist das auch noch gar nicht so lange ein Problem.

    Früher war der Abstoß erst im Spiel, wenn der Strafraum verlassen wurde. Da konnte er durch ein solches "ich kick mir den Ball zurecht"-Manöver gar nicht ins Spiel kommen.

    Dann wurde die Regel geändert, so dass der Abstoß im Spiel ist, wenn der Ball sich bewegt und das wurde zu einem Problem, weil eben genau das auch ein Trickspielzug sein kann.

  • Rein nach dem Regeltext ist das aber ein falscher Einwurf, was mindestens zu einer Wiederholung des Einwurfs durch den Gegner führen müsste.

    Das wurde übrigens in den 90ern als ich aktiv gespielt habe von Trainern ausdrücklich so gelehrt...den Ball niemals aufs Spielfeld werfen, weil das ein falscher Einwurf wäre.

    Ging dann damals auch mit "Einwurf für Gegner" weiter.

    Rein nach dem Regeltext ist jede Art, die ein Spieler des ausführenden Teams nutzt, um den Ball auf das Spielfeld zu befördern, mindestens ein falscher Einwurf, ob er den nun wirft, rollt, trägt oder von hinter dem Zaun zurückbolzt. Der Schiedsrichter sollte hier im Sinne des Fußballs entscheiden, ob der Ball durch den Versuch eines Einwurfs ins Spielfeld gelangte oder ob es noch der Versuch war, den Ball zum Einwurf bereitzustellen.

  • Was ist der Sinn des Fußballs?

    Das ist eine andere und eher philosophische Frage, als „im Sinne des Fußballs“ oder wie gemeint „dem Geist des Fußballs und der Spielregeln“. 😉