Was ist bloß auf den Sportplätzen los?

  • Matze, damit hast Du sicherlich recht - wieder der geheimnisvolle "Schiedsrichter von letzter Woche":p
    Nein, jetzt ernsthaft, das ist sicherlich richtig. Doch das kann nicht die Rechtfertigung sein, endlos zu diskutieren, zu meckern oder auszurasten. Und dieses Problen ist ja auch nicht neu, sondern so alt, wie es Fussball gibt.
    Und die Schiedsrichter müssen sich auch jede Woche auf die "neuen" Linien der Spieler und Mannschaften einstellen, was auch nicht einfach ist. Ich stelle mir folgendes vor: Ein Spieler begeht ein rüdes Foul, ich als Schiedsrichter flippe völlig aus und brülle rum: "Verdammt noch mal, die Mannschaften von voriger Woche haben sich nicht so benommen!!!":ironie: Auf die Gesichter der Spieler wäre ich jedenfalls wirklich sehr gespannt...

  • Das soll auch keine Entschuldigung sein, sondern eine Erklärung. Die SRs haben ja ansich nix falsch gemacht. Nur denken die Spieler, dass mit zweierlei Maß gemessen wird. Denn sie denken alle, dass wir alle gleich pfeiffen und die gleiche Linie haben, was bekanntlich ja nicht stimmt.

  • Zitat von Borsig_SR;170887


    [...]Irgendwie bewegt sich der Fussballsport immer mehr in die Richtung altrömischer Gladiatorenspiele, Erfolg um jeden Preis ist das Motto.[...]


    Schöner hätte ich es nicht ausdrücken können.


    Aber ich muss dir vollkommen Recht geben: die derzeitige Entwicklung ist echt erschreckend.



    @ Matze:
    Zum Teil geb ich dir Recht. Aber: nicht jeder SR pfeift gleich! Das bei uns ungeliebte Wort "Fingerspitzengefühl" sagt da mehr als 1000 Worte. Es gibt einfach Situationen in einem Spiel, die beurteile ich u.U. anders als du oder ein anderer SR-Kollege. Ist einfach so und daran wird sich auch mMn nichts ändern. Es ist unbestritten, dass eine Tätlichkeit einen FaD zur Folge hat, aber nehmen wir mal ein Foulspiel ausgeführt seitlich in den Gegenspieler ohne Aussicht den Ball zu spielen. Spontan fallen mir da SR ein, die sprechen einen FaD aus, aber auch SR die eine Verwarnung aussprechen.
    Und was ein anderer SR-Kollege im Spiel davor gepfiffen hat, interessiert mich ehrlich gesagt nicht die Bohne - mich interessiert nur die Beurteilung der Szenen, die sich in meinem Spiel ereignen.

  • Zitat von Borsig_SR;170887

    Sollte das Eingehen und Reden auf Spieler und Trainer nichts helfen, so muß eben die gesamte "Härte des Gesetzes" konsequent zur Anwendung kommen.



    Leider habe ich es sowohl als SR als auch als SR-Ansetzer wiederholt erlebt, dass bei einem Anstieg von Feldverweisen von Staffelleitern und Verbandsvorständen die Ursache dieses ungeliebten Phänomens in der Regel nicht bei den Spielern und Mannschaften, sondern bei den SR gesucht wird. Es kommen dann Beschwerden wie z.B. "SR X hatte in den ersten 3 Saisonspielen schon 5 Feldverweise!" oder "SR Y und Z machen mir meine ganze FairPlay-Tabelle kaputt, bitte diese SR nicht mehr in meiner Staffel ansetzen!". Die gesamte "Härte des Gesetzes", die ich befürworte, lässt sich nur dann durchziehen, wenn Spielausschuss, Sportgericht und Vorstand dahinter stehen.

    "Der Klügere gibt nach! Eine traurige Wahrheit, sie begründet die Weltherrschaft der Dummheit."
    (Marie von Ebner-Eschenbach, österreichische Schriftstellerin, *1830 +1916)


    "Mancher ist für die Wahrheit, solang die Wahrheit für ihn ist."
    (Charles Tschopp, schweizer Schriftsteller, *1899 +1982)

  • Zitat

    Denn sie denken alle, dass wir alle gleich pfeiffen und die gleiche Linie haben, was bekanntlich ja nicht stimmt.


    Matze, ich denke, dieser Kernsatz von Dir birgt das eigentliche Problem.
    Keine Spielszene wird sich genau so in einem anderen Spiel wiederholen, so daß ein Vergleich keinen Sinn macht. Und wie @pasu passend dazu sagt, sind wir Schiedsrichter keine Maschinen, sondern alle unterschiedlich. Daher werden wir nie alle gleich pfeifen.
    Doch sicher ist es häufig ein Problem, daß es Kollegen gibt, die viele Fouls und andere Unsportlichkeiten in einem Spiel einfach durchlaufen lassen, und der Kollege eine Woche darauf muß es ausbaden. Daß das nicht gut ist, da stimme ich mit Dir absolut überein.
    Doch das Entscheidende ist der Satz: "Dann denken sie alle..." - Fussball hat aus meiner Sicht auch etwas mit Intelligenz zu tun, nicht nur mit Hormonen. Und eigentlich sollte doch jeder Spieler ein Mindestmaß an Verstand und Selbstkritik besitzen, um auch zu erkennen, wie unrealistisch diese Denkweise ist.

  • Ich gestehe ganz offen: Ich pfeife nicht alle Spiele gleich - aber das hat einen guten Grund! Auch ich versuche mich auf die Spieler einzustellen. Es gibt Spiele, in denen läuft es und dort kann man Dinge durchgehen lassen und auf Vorteil entscheiden, wo schon alleine aus Gründen der Beruhigung der Gemüter in anderen Spielen zwingend ein Pfiff erfolgen muss. Meist hat man als SR doch in den ersten 5 Minuten schon raus, welche Linie man heute fahren muss, eine Anpassung an die Möglichkeiten des Spiels halte ich aber für wünschenswert, auch wenn ich als SR damit potenziell dazu beitrage, dass womöglich ein und derselbe Sachverhalt in der nächsten Woche gepfiffen wird; das Problem liegt hierbei aber nicht in der Wertung, sondern in der Konsequenz (Vorteil versus Freistoß). Gleiches gilt für Verwarnungen wegen Spielverzögerung etc., wo es eben keine festen Maßstäbe geben kann.


    Was ich aber versuche - und das wird mir immer wieder bestätigt -, ist eine einheitliche Linie in einem Spiel zu pfeifen; damit bin ich für die Spieler berechenbar - und darauf kommt es an. Ich neige dazu, tendenziell eher kleinlich zu pfeifen - aber damit müssen die Spieler eben zurecht kommen, im Umkehrschluss muss ich ja auch akzeptieren, dass Mannschaft A auf Abseits spielt und Mannschaft B ihr Glück immer in langen Pässen sucht etc.


    Das Problem ist, dass eine einheitliche Regelauslegung spätestens in der Vorteilsbestimmung ihr Ende findet - denn dann war die Regelauslegung durchaus gleich, die Auswirkung ist aber dennoch sehr unterschiedlich.


    Sicher wäre mehr Regelkenntnis bei Spielern, Trainern und Zuschauern nicht nur wünschenswert, sondern könnte auch manch brenzlige Situation vermeiden. Ein Allheilmittel wäre sie aber dennoch nicht, ich erinnere nur an die Diskussionen hier im Forum wenn es um verschiedene Entscheidungen in der Bundesliga geht und wie sehr einige Kameraden dann doch offenkundig eine Vereinsbrille tragen.


    Um aber dennoch nicht nur destruktiv zu wirken möchte ich einen konkreten Punkt benennen: Alle Beteiligten sollten sich von der Devise verabschieden, dass die Zuschauer mit ihrem Eintritt einen faktischen Freibrief erworben haben. Es kann eben nicht sein, dass 2 Meter neben dem Spielfeld die Scharfmacherei beginnt und sich niemand darum kümmert. Zwar kann und soll der Schiedsrichter nicht hier auch noch für Ordnung sorgen, aber das wäre zumindest mal ein Ansatz, der einen der ganz kritischen Punkte etwas entschärfen könnte. Es bleibt daher nur die Frage, wie man das am geschicktesten angehen könnte, denn da sind zweifelsohne die Vereine ganz massiv gefordert.

  • Für wichtig halte ich Manfreds Hinweis auf die scharfmachenden Zuschauer. Theoretisch wurde bei uns das Problem erkannt bzw. sogar gelöst: In den Festlegungen unseres Kreises zur Platzordnung und zum Ordnungsdienst heißt es u.a. "Die Verantwortung umfasst auch die Verpflichtung, die Zuschauer zu einem sportlichen Verhalten anzuhalten." Praktisch greifen die Ordner gegen Beleidigungen bzw. Bedrohungen seitens der Zuschauer - zumindest unaufgefordert - nicht ein. Kürzlich war ich, was selten vorkommt, mal als Zuschauer bei einem Spiel in der höchten Herrenspielklasse unseres Kreises und musste erleben, wie ein Ordner (zugleich Juniorentrainer des Vereins) durch Zurufe nicht nur wiederholt vom SR Verwarnungen für Gästespieler forderte, sondern sowohl Gästespieler als auch Gästezuschauer durch beleidigende Äußerungen provozierte. Als ich in der Halbzeitpause den Abteilungsleiter des Vereins auf diese Problematik ansprach, äußerte ein danebenstehender anderer Juniorentrainer desselben Vereins: "Das ist im Kreis normal."
    Da stellt sich mir doch die Frage: Was soll man angesichts solcher Ordner von den Zuschauern erwarten?

    "Der Klügere gibt nach! Eine traurige Wahrheit, sie begründet die Weltherrschaft der Dummheit."
    (Marie von Ebner-Eschenbach, österreichische Schriftstellerin, *1830 +1916)


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    (Charles Tschopp, schweizer Schriftsteller, *1899 +1982)

  • Ich komme gerade von meinem Altherren-Kreisliga-Spiel nach Hause. Gute, durchaus niveauvolle Begegnung, Heim führt 2:1. In der 68' Minute pfeife ich ein Allerwelts-Stürmerfoul gegen Gast (Gegenspieler mit dem Arm weggeschoben). Der schuldige Gast-Spieler kommt auf mich zu, ruft "Schiri, du spinnst ja" und zeigt mir einen "Wischer", klarer Fall für eine rote Karte, die er auch sofort bekommt. Während ich notiere, schimpft der Gast-Trainer auch "Schiri, spinnst du, oder was" und so weiter. Auch ein klarer Fall: Innenraumverweis. Daraufhin beleidigt er mich übel (ich erspare mir den Wortlaut), geht auf mich los und spuckt mir ins Gesicht.


    Ich pfeife ab und fliehe Richtung SR-Kabine, es braucht mehrere Mann, um den Trainer festzuhalten. Der Gäste-Torwart ruft mir auch noch eine Nettigkeit hinterher (gottseidank noch, als ich auf dem Platz bin, so konnte ich den Pass gleich einziehen).


    Mann, mann, mann. In der Altherren-Kreisliga! Und ich dachte bisher, meine stattliche Statur bewahrt mich wenigstens vor tätlichen Übergriffen.

  • Mein Beileid und viel "Spaß" beim Sonderbericht! Unfassbar...haben die Leute etwas in den letzten drei Wochen bemerkt? Denken die noch irgendwas?
    Vielleicht nur ein Vorurteil und zu pauschal: Je niederklassiger, umso schlimmer!

  • Bei uns hat der Obmann jetzt beschlossen, dass die untersten Junioren sowie Herrenklassen nicht mehr mit Schiedsrichtern besetzt werden.


    Grund ist auch der Mangel an SR, aber auch die rauen Sitten, ums mal nett zu sagen, auf dem Platz. So wie ich mitbekommen habe, wurden in der letzten Saison 3-4 Jungschiedsrichter mit Eskorte vom Platz geholt. Bin mal gespannt was das gibt.
    Bisher kann ich was meine Spiele angeht sagen, dass alles bestens lief. Kein FaD, gute Gespräche hernach usw.

  • Zitat von dennosius;170958

    ...., geht auf mich los und spuckt mir ins Gesicht.



    Ich hoffe und wünsche mir, dass du eine Strafanzeige wegen Körperverletzung eingeleitet hast
    ( auch wenn es, wie in meinem Fall, eh nicht viel bringt ),
    denn Spucken gehört zu den widerlichsten Angriffen, die man sich vorstellen kann !!

    "Der Schlüssel zum Erfolg ist Kameradschaft und der Wille, alles für den anderen zu geben."
    - Fritz Walter († 17. Juni 2002)

  • @ dennosius


    Das mit dem Spucken ist ganz fies. Erstatte auf jeden Fall Strafanzeige.
    Ansonsten drücke ich Dir die Daumen, auch dafür, dass Du das ganze (auch mental) gut bewältigst.


    Viele Grüße
    sindisis

  • Zitat von A_Kappi;170968

    Ein m.E. nach recht guter Artikel zum Thema (bezugnehmend auf den Fall in Wiesbaden) findet sich im Wiesbadener Tagblatt.


    zum Bericht



    Klasse Bericht auch sehr offen mit der Sache umgeht! Selten soviel Wahres gelesen, insbesondere die Geschichte mit den Jugentrainer/Betreuer!

    Es gibt Leute, die denken Fußball ist eine Frage von Leben und Tod. Ich mag diese Einstellung nicht. Ich kann ihnen versichern, dass es noch sehr viel ernster ist. (Bill Shankly)

  • Bei uns gabs glaub ich vor zwei Jahren einen der größeren Vereine der Region (TSG Balingen) die den Nachwuchsbereich (A-C Jugend, Spieler und Betreuer) dazu "verdonnert" hatten einen Neulingslehrgang zu machen nachdem es vermehrt Undiszipliniertheiten gegeben hatte. Da hätte ich auf Anhieb eine Handvoll Vereine im Kopf bei denen das viel Sinn machen würde :)



    Mein Positiverlebnis des heutigen Tages war nach dem D-Jugend Spiel der Gästetrainer, der sich genau einmal beschwert hatte nachdem ich Abseits gepfiffen hatte. Der kam nach dem Spiel tatsächlich noch her und hat sich bei mir entschuldigt.
    Dafür dann die gegnerische Mannschaft wo mich schon der Trainer nicht zu mögen scheint (auch wenn ich keine Ahnung habe warum eigentlich) und der an fast jeder Abseitsentscheidung was zu mäkeln hatte... da hat man deutlich gemerkt wie zickig auch die Mannschaft wurde... in älteren Jugenden wäre sowas definitiv kritisch geworden.

  • Zitat von dennosius;170958


    Daraufhin beleidigt er mich übel (ich erspare mir den Wortlaut), geht auf mich los und spuckt mir ins Gesicht.
    Mann, mann, mann. In der Altherren-Kreisliga! Und ich dachte bisher, meine stattliche Statur bewahrt mich wenigstens vor tätlichen Übergriffen.



    dennosius


    Mein Beileid für Dich und hoffentlich Null Mitleid mit den Trainer durch die Verantwortlichen !!!!


    Spiele ja selber Ü32. Darüber, dass es immer 1-2 Id.oten in einigen Mannschaften gibt wurde ja schon geschrieben.
    Also weg mit diesen Einzeltätern. Zur Abschreckung und um Wohle aller Fussballer und SR.

  • Euch allen vielen Dank für die Aufmunterungen.


    Sonderbericht ist geschrieben, Staffelleiter, Spielausschussvorsitzender, KSO und Ansetzer informiert und der Strafantrag ist auch fertig (läuft wohl "nur" auf tätliche Beleidigung hinaus, weil beim Anspucken die Erheblichkeitsschwelle zur Körperverletzung nicht erreicht wird - Strafantrag habe ich natürlich dennoch für beides gestellt). Schei$ Papierkram wegen sowas.


    Edit:
    Ich hatte heute übrigens als Spieler (Ersatztorwart ohne Einsatz heute) ein sehr nettes Spiel zum Ausgleich. Knappe Kiste im Tabellenkeller, aber total fair und nett. Es gab 2 gelbe Karten für den selben Gegenspieler, wobei dem SR-Kameraden bei der 2. leider ein Regelverstoß unterlaufen ist (der Spieler hat aus dem Spiel heraus, noch in Führung liegend, in Bedrängnis den Ball absichtlich über den Zaun gebolzt - aber wie gesagt aus dem laufenden Spiel heraus, darf er ja).

  • "Wegbolzen" aus dem laufenden Spiel kann unsportlich sein und mit :gelbe_karte: geahndet werden, wenn der Spieler den unsportlichen Charakter mit Worten oder Gesten zum Ausdruck bringt. Das Thema hatten wir hier im Forum schon einmal.

    "Der Klügere gibt nach! Eine traurige Wahrheit, sie begründet die Weltherrschaft der Dummheit."
    (Marie von Ebner-Eschenbach, österreichische Schriftstellerin, *1830 +1916)


    "Mancher ist für die Wahrheit, solang die Wahrheit für ihn ist."
    (Charles Tschopp, schweizer Schriftsteller, *1899 +1982)

  • Würde mich zu Fortbildungszwecken auch interessieren, hab's auch nicht gefunden.


    Der Spieler war aber wie gesagt in Bedrängnis und hat nichts gesagt und keine besonderen Gesten gezeigt, sondern wollte sich einfach wieder in seine Viererkette (ja, sowas habe ich bei den Altherren auch zum ersten Mal gesehen) einsortieren.