Erst Vorteil, dann Abseits - was machen?

  • Der reine Ballbesitz an sich ist nicht zwangsläufig ein Vorteil, da stimme ich Dir zu. Im hier beschriebenen Fall wird aber ein Spieler gefoult und ein anderer Spieler kommt in Ballbesitz - bis hierhin nicht zwangsläufig Vorteil, aber zumindest möglich, dass daraus eine Vorteilssituation wird, ergo soll der SR seinen Spielraum nutzen und abwarten. Dieser zweite Spieler spielt den Ball nun aber kontrolliert ab - und damit entsteht eine neue Spielsituation, mit dem Abspiel ist die Möglichkeit einer nachträglichen Ahndung des Fouls mit einer Spielstrafe nicht mehr gegeben, eine eventuell zu verhängende persönliche Strafe wird bekanntlich in der nächsten Spielunterbrechung nachgeholt. Dabei spielt es nun keine Rolle, ob der dritte Spieler etwas mit dem Ball anfangen kann, diesen versemmelt oder eben nicht verwerten kann, da er im Abseits steht.


    Neben dem von mir erwähnten rein pragmatischen Ansatz der "Schaltsekunde", der einen Nachpfiff grundsätzlich dennoch ermöglicht, kann ich als SR - allerdings abhängig von der Spielsituation - im Einzelfall durchaus zu der Auffassung gelangen, dass der Umstand, dass der Spieler erneut abgibt, nicht vorteilhaft ist und so kein Vorteil entstanden ist und nachpfeifen. Dies ist aber regelmäßig nur möglich, wenn die Ballabgabe allenfalls ansatzweise kontrolliert erfolgt, wofür die hier vorliegende Fallbeschreibung aber keinen Ansatz bietet. Natürlich ließe sich hier noch viel konstruieren, aber je mehr individuelle Annahmen hier jetzt getroffen werden, desto unübersichtlicher wird die Diskussion.


    Daher: Die Ballabgabe des zweiten Spielers bedeutet eine neue Spielsituation, regeltechnisch ist die Möglichkeit des Nachpfiffes damit erledigt. Die korrekte Lösung lautet daher für das Foul auf "Vorteil - weiterspielen" und für die anschließende Ballabgabe auf idF wegen Abseits. Die "diplomatische" Lösung der Schaltsekunde bleibt, ist aber rein formal ein - meist nicht nachweisbarer - Regelverstoß.

  • Zitat von dennosius;167783

    Weiterspielen? Entweder Abseits oder man pfeift das Foul nach.



    Sorry! Mein Fehler!!! Da stand ich zweifach auf dem Schlauch!!


    Natürlich Abseits!!!!! Ich habe nur Freistoß gelesen und das natürlich auf das Foulspiel bezogen!


    Und daher: GANZ DICKES SORRY an schwarzerhund!!!!!!!!! Das war natürlich dann eine gewohnt knappe (und richtige) Antwort! :top:

  • Manfred
    Wenn der dritte Spieler den Ball vertändelt, ist der Vorteil verwirkt und es geht weiter, einverstanden.


    Aber das Abseits ist strafbar im Moment der Ballabgabe, auch wenn wir es ggf. (wait and see) erst später ahnden. Dann kann doch aber die Ballabgabe nicht den Vorteil ausmachen?


    Dann wäre der Vorteil ja wirklich nur noch, dass der zweite Spieler mit dem Ball etwas Vernünftiges hätte tun können. Das hätte er mit einem Freistoß aber auch. Dass der Spieler überhaupt die Möglichkeit hat, den Ball kontrolliert zu spielen, mag einen Vorteil erwarten lassen, da der aber im Moment der Ballabgabe nicht eintritt, muss m.E. nachgepfiffen werden - ebenso, wie wenn der zweite Spieler beim Versuch der Ballabgabe über seine eigenen Füße stolpert.

  • Zitat von dennosius;167783


    Pfeifekopp
    Welche Situation meint denn dann die Regel, wenn dort steht, dass man einen erwarteten Vorteil, der nicht eintritt, nachpfeifen soll?



    z.B.: Wenn das erste Abspiel beim Foul nicht zum eigenen Mann kommt.
    Sobald dieser den Ball aber bekommen hat, ist der Vorteil eingetreten. Die Mannschaft blieb ja kontrolliert im Ballbesitz.
    Alles was dann kommt, hat mit der Ursprungsszene nichts mehr zu tun, somit kann kein Foul mehr gepfiffen werden.

    Gott sei Dank habt ihr Schiedsrichter, sonst müsstet ihr eure Fehler ja bei euch suchen !

  • Es kann mich doch niemand zwingen, in einer wie auch immer gearteten Situation auf Vorteil zu entscheiden. Daher würde ich mich bei einer möglichen Vorteilsituation auch nie direkt festlegen, sondern immer einen kurzen Augenblick abwarten, ehe ich mich für Vorteil - dann auch mit deutlichem Handzeichen und Zuruf - oder Zurückpfeifen entscheide. Sollte dann der Vorteil nicht eintreten, kann natürlich nicht mehr zurückgepfiffen werden. Ansonsten bleibt im Zweifel immer noch die durch Manfred sog. "Schaltsekunde".


    Letzten Sonntag wurde der Linksaußen deutlich festgehalten, konnte aber den Ball noch kontrolliert zum völlig freien Stürmer abspielen. Wäre hier nicht die Abseitsfahne meines SRA gekommen, hätte ich Vorteil laufen lassen. So habe ich auf dir. Freistoß für die Angreifer entschieden.

    In einer Aktion prallten Grevelhörster und Gerick zusammen. Der FC-Stürmer blutete aus der Nase, aber Schiedsrichter Stefan Tendyck aus Gelsenkirchen konnte mit einem Taschentuch aushelfen. Gericks Torriecher wurde nicht in Mitleidenschaft gezogen: Er markierte das 1:3.


    Westfalen-Blatt (29.5.2017) :D

  • Ich hatte in meinem Spiel gestern eine Abwandlung unserer hier besprochenen Situation:


    Auf der linken Außenbahn steht Spieler B abseits, Spieler A nicht. Ein weiter Ball kommt auf Spieler A. Der wird von einem Gegenspieler bei der Ballannahme gefoult, wodurch beide zu Fall kommen.


    Spieler B war während des langen Balls zurück aus dem Abseits herausgelaufen (und zugleich ein Verteidiger etwas eingerückt) und nimmt den Ball jetzt an und kann frei aufs Tor marschieren. Spieler A hatte den Ball berührt, als Spieler B schon aus dem Abseits raus war, ein kontrolliertes Abspiel auf Spieler B war das aber nicht.


    Ich habe die Berührung von Spieler A als neuen Zeitpunkt der Ballabgabe gewertet, also kein Abseits und Vorteil gegeben. Richtig oder falsch?

  • Für meine Begriffe richtig, da mit dem Foul an Spieler A eine neue Spielsituation entsteht.

  • Du hast richtig entschieden, da es nicht mal einer (kontrollierten) Ballabgabe durch A bedarf, sondern eine bloße Berührung reicht.

    "Der Klügere gibt nach! Eine traurige Wahrheit, sie begründet die Weltherrschaft der Dummheit."
    (Marie von Ebner-Eschenbach, österreichische Schriftstellerin, *1830 +1916)


    "Mancher ist für die Wahrheit, solang die Wahrheit für ihn ist."
    (Charles Tschopp, schweizer Schriftsteller, *1899 +1982)