Der reine Ballbesitz an sich ist nicht zwangsläufig ein Vorteil, da stimme ich Dir zu. Im hier beschriebenen Fall wird aber ein Spieler gefoult und ein anderer Spieler kommt in Ballbesitz - bis hierhin nicht zwangsläufig Vorteil, aber zumindest möglich, dass daraus eine Vorteilssituation wird, ergo soll der SR seinen Spielraum nutzen und abwarten. Dieser zweite Spieler spielt den Ball nun aber kontrolliert ab - und damit entsteht eine neue Spielsituation, mit dem Abspiel ist die Möglichkeit einer nachträglichen Ahndung des Fouls mit einer Spielstrafe nicht mehr gegeben, eine eventuell zu verhängende persönliche Strafe wird bekanntlich in der nächsten Spielunterbrechung nachgeholt. Dabei spielt es nun keine Rolle, ob der dritte Spieler etwas mit dem Ball anfangen kann, diesen versemmelt oder eben nicht verwerten kann, da er im Abseits steht.
Neben dem von mir erwähnten rein pragmatischen Ansatz der "Schaltsekunde", der einen Nachpfiff grundsätzlich dennoch ermöglicht, kann ich als SR - allerdings abhängig von der Spielsituation - im Einzelfall durchaus zu der Auffassung gelangen, dass der Umstand, dass der Spieler erneut abgibt, nicht vorteilhaft ist und so kein Vorteil entstanden ist und nachpfeifen. Dies ist aber regelmäßig nur möglich, wenn die Ballabgabe allenfalls ansatzweise kontrolliert erfolgt, wofür die hier vorliegende Fallbeschreibung aber keinen Ansatz bietet. Natürlich ließe sich hier noch viel konstruieren, aber je mehr individuelle Annahmen hier jetzt getroffen werden, desto unübersichtlicher wird die Diskussion.
Daher: Die Ballabgabe des zweiten Spielers bedeutet eine neue Spielsituation, regeltechnisch ist die Möglichkeit des Nachpfiffes damit erledigt. Die korrekte Lösung lautet daher für das Foul auf "Vorteil - weiterspielen" und für die anschließende Ballabgabe auf idF wegen Abseits. Die "diplomatische" Lösung der Schaltsekunde bleibt, ist aber rein formal ein - meist nicht nachweisbarer - Regelverstoß.