Verletzter weiterspielender Spieler

  • Mir geht derzeit die Szene mit Felix Brych und Dede nicht aus dem Kopf. Brych hat dafür "gesorgt", dass Dede nach einem schweren Zusammenprall ausgewechselt wird. Ich weiß nicht, was Felix Brych jetzt wem gesagt oder veranlasst hat, aber trotzdem ergeben sich mir zwei Fragen aus dieser Situation.


    1. Wenn Ihr bei einem Spieler der Meinung seid, dass er das Feld besser verlassen sollte (ihn vor sich selber schützen), macht Ihr das?


    2. Ist diese Vorgehen durch die Regeln gedeckt?


    Meine Antworten lauten in beiden Fällen: Ja


    Und Eure?

  • wenn ein Spieler - wie Dede - sichtlich benommen ist, macht weiterspielen keinen Sinn. Du kannst ihn wohl nicht selbst auswechseln ;) aber zumindest die Bank darauf hinweisen.

    Gott sei Dank habt ihr Schiedsrichter, sonst müsstet ihr eure Fehler ja bei euch suchen !

  • Frage 1 - auf jeden Fall, mangels praktischer Auswirkung (im Fall der Nichtbefolgung) ist aber auch keine regeltechnische Grundlage erforderlich.


    Frage 2 - sehr schwierig, weil das Eis sehr dünn ist. Wenn ich das zu Ende denke, muss ich dann auch einen Spieler vom Feld weisen (natürlich ohne formalen Feldverweis), wenn dadurch seine Mannschaft in Unterzahl kommt, z.B. weil das Wechselkontingent erschöpft ist oder kein Auswechselspieler mehr zur Verfügung steht. Wie willst Du das regeltechnisch begründen?

  • Meine regeltechnische Begründung wäre Regel 5 Punkt 8
    "...die Partie zu unterbrechen, wenn einen Spieler für ernsthaft verletzt hält, und zu veranlassen, dass dieser vom Spielfeld gebracht wird."
    Und FIFA-Anweisung:"...der SR erlaubt.. Rückkehr....wenn er überprüft hat, dass der Spieler wieder einsatzbereit ist."


    Und wenn jemand taumelt, wegen Gehirnerschütterung (wie im Falle Dede) denke ich schon, dass das ganze von den regeln gedeckt ist.

  • Ich bleibe dabei, dass das Eis dünn ist - offensichtliche Knochbrüche sind unproblematisch, blutende Wunden lassen sich auch regeltechnisch anders begründen ... aber alles andere ist schwierig, da steht man immer mit einem Bein vor dem Sportgericht (so man mit der Diagnose nicht richtig liegt).

  • Ja klar hat man als SR nicht viel Spielraum, aber wenn der Trainer ihn nicht auswechseln kann/will, dann ist das durch die Regelauszüge die Michael hier gepostet hat, recht gut zu begründen.

    Dem Schiedsrichter zu widersprechen, das ist, wie wenn man in der Kirche aufsteht und eine Diskussion verlangt. (Dieter Hildebrandt)

  • Also ,ich fand es recht gut ,wie Brych hier reagiert hat. Er hat mit Dede geredet ,und hat wohl festgestellt ,das was mit ihm nicht stimmte. Ich hab mir das Spiel angesehen und nach dieser Situation kam mir Dede ziemlich rampuniert vor. Und wenn ich dass wirklich richtig mitbekommen hab, soll sich Dede in der Kabine übergeben haben. Aber Manfred hat Recht ,es ist wirklich gefährlich sowas zu entscheiden.

  • Ich habe gerade einmal meinen BSL angemailt. Mal sehen, was ich von dieser Seite als für mich verbindliche Antwort erhalte. Ich bin wirklich gespannt.

  • Ich würde ebenfalls sagen, dass ein Spieler in so einem Zustand vom Feld gebracht werden sollte, denn er stellt nicht nur eine Gefahr für sich selbst, sondern u.U. auch für die anderen Spieler dar (Unberechbarkeit in Zweikämpfen etc.). Regeltechnisch wurden hier ja auch die relevanten Stellen zitiert und ich meine mich an eine ähnliche Diskussion in unserem Kreis (allerdings schon etwas länger her) zu erinnern, in der ein solcher Fall besprochen wurde. Ähnlich wie ihr hat auch unser Lehrwart die Auffassung vertreten, dass es nicht zumutbar bzw. sogar gefährlich ist, keine Rausnahme des Spielers zu veranlassen, auch nicht in dem Fall, dass eine Mannschaft nur noch 10 Spieler hätte. Es ist ja auch in den Regeln definiert - ein großer Teil aller Bestimmungen/Anweisungen in der Regel 5 beschäftigt sich damit -, dass ein Schiedsrichter die Gesundheit der Spieler zu schützen hat, und hier muss das Wohlergehen dieses Spielers über dem Spielverlauf stehen.

    Nur noch fünf Sekunden, nur noch die wenigen Stufen zum Spielfeld hinunter, und dann bleibst du allein, inmitten Tausender von Menschen...


    Pierluigi Collina

  • Es hat sich ja auch hinterher bestätigt, dass er eine Gehirnerschütterung hatte. Und wenn es ihm da nicht wirklich gut geht, was man ja eindeutig sehen konnte, nimmt man ihn sofort runter.

  • Und hier nun die Antwort meines BSL, der sich beim VSL rückversichert hat, wie bei uns mit solch einer Situation umgegangen werden soll:


    Wenn ich als SR feststelle, dass ein Spieler aufgrund seines Verhaltens (er torkelt, er "bricht zusammen", ...) ernsthaft verletzt (nicht betrunken!!) ist, lasse ich ihn unter Einbeziehung der Teamverantwortlichen vom Feld bringen (damit haben wir "unserer Fürsorgepflicht" genügt). Diese Verantwortliche haben dann die Aufgabe, den Gesundheitszustand dieses Spielers zu analysieren. Wenn sie der Meinung sind, dass der Spieler weiter am Spiel teilnehmen kann, müssen wir dies zulassen. Eine Auswechslung dieses Spielers dürfen wir als SR in keinster Weise verlangen - nur die Mannschaft (bzw. deren Verantwortliche) können diesen Spieler auswechseln!!


    Damit weiß ich zumindest, wo bei uns die Grenzen gesehen werden.

  • Also bin ich als Schiedsrichter dazu berechtigt den Spieler gar nicht erst wieder auf das Feld zu lassen, wenn er versucht sich wieder anzumelden. Gut. Aber die andere Frage, da wir ja zu 95% keine Ärzte sind :p ... Platzwunden, in Der Bundesliga und noch einiges darunter werden die "Geflickt" und dann gehts weiter...also ich als Fürsorgerperson muss ehrlich sagen, würde den Spieler NUR wieder mit machen lassen wenn professionell Hand angelegt wurde, und unter Landesliga bei uns ist das fast unmöglich, ist das dann richtig oder falsch?!

    Die Größte Annerkennung der SR Leistung wird gar nicht erwähnt, sie verschwindet im nichts...aber genau dann weißt du als SR, du warst gut und hast nichts falsch gemacht!

  • Ich hatte einmal einen ähnlichen Fall vor langer Zeit bei einem A-Jugend Spiel. Dort prallten 2 Spieler mit den Köpfen aneinander, worauf beide zu Boden gingen. Der eine war recht schnell wieder auf den Beinen und auch voll bei Sinnen. Der andere stand zwar auch auf, hatte aber einen Blick, der nicht zu beschreiben war. Ich nahm ihn zu mir, fasste ihn an beiden Schultern, guckte ihm ihn die Augen und fragte ihn, ob alles in Ordnung sei. Er versicherte mir, dass alles ok sei, woraufhin ich ihn losließ. Daraufhin kam er sofort ins Schwanken und fiel fast zu Boden, wenn ich ihn nicht abgefangen hätte. Nach langem hin und her stellte sich letztlich raus, dass er eine Gehirnerschütterung davongetragen hatte.


    Also meine Meinung: Lieber 1x zu oft runtergeschickt, als 1x zu wenig. Wie das genau regeltechnisch aussieht, dürfte eigentlich auch klar sein. Ich denke nicht, dass es dein Recht ist, jemanden des Feldes zu verweisen, sofern kein Regelverstoß vorliegt, der dies rechtfertigen würde. Du kannst es ihm/seiner Mannschaft/Bank etc. höchstens nahe legen.


    Ich für meinen Teil denke ich solchen Fällen aber auch nicht wirklich darüber nach, ob das regeltechnisch alles so konform ist. Wenn ich sehe, dass es jemandem nicht gut geht, (ich rede nicht von blauen Flecken nach 'nem "normalen" Foul) versuche ich zu helfen, bzw. möglichst schnell Hilfe zu vermitteln.

  • Was ja auch moralisch gesehen absolut richtig ist. Und ich würde mal behaupten, dass 90 % aller Trainer so vernünftig sind, einen derart offensichtlich verletzten Spieler dann auch vom Feld zu nehmen. Und bei den restlichen 10 % wird sich ein schlauer Mitspieler/Betreuer/Vorstand etc. darum kümmern.
    Die Regeln, die Michael hier gebracht, decken das auch. Und ich denke, in anderen Bezirken & Verbänden dürfte das nicht krass unterschiedlich sein. Natürlich liegt die Verantwortung und Entscheidung letztlich bei den zuständigen Funktionären der jeweiligen Mannschaft, aber wir Schiedsrichter sollten in solchen Fällen die Augen nicht schließen.

    Nur noch fünf Sekunden, nur noch die wenigen Stufen zum Spielfeld hinunter, und dann bleibst du allein, inmitten Tausender von Menschen...


    Pierluigi Collina

  • Um die Frage von vorher nochmal aufzugreifen:
    Muss ich nen Spieler vom Platz bitten, auch wenn die Mannschaft dann ij Unterzahl ist?
    Grade bei knappen Spielen und vielleicht noch in den letzten 10 min. stell ich mir das sehr kritisch vor.

    Geh nicht nur die glatten Straßen. Geh Wege, die noch niemand ging, damit du Spuren hinterlässt und nicht nur Staub.
    (Antoine de Saint-Exupery)

  • Du kannst einfach zum Trainer gehen und sagen:


    "Ihr Spieler wirkt wirklich benommen, er könnte bei dem Zweikampf eine schwerere Verletzung davon getragen haben. Ich kann Sie nicht zwingen den Spieler auszuwechseln/(oder wenn das nicht mehr möglich ist) runterzunehmen. Schauen Sie sich den Spieler aber an und urteilen Sie dann selbst, inwiefern Sie den Spieler weiterspielen lassen wollen.
    Die Entscheidung liegt bei Ihnen, aber denken Sie doch bitte über eventuelle Folgeschäden des Spielers nach."


    So, oder etwas anderes könntest du ihm sagen... im Endeffekt entscheidet der Trainer... aber du kannst immer an seine Vernunft appellieren.

  • Klingt gut, was du da sagt :top::top::top:

    Geh nicht nur die glatten Straßen. Geh Wege, die noch niemand ging, damit du Spuren hinterlässt und nicht nur Staub.
    (Antoine de Saint-Exupery)

  • Und schon entdecke ich den ersten und einzigen Vorteil in unserer Kreisausschreibung. Bei uns dürfen nämlich ausgewechselte Spieler auch wieder eingewechselt werden, und zwar beliebig oft. Somit kann bei uns ein Trainer locker einen angeschlagenen Spieler auswechseln und einen anderen einwechseln.

  • Diese Regelung gibt es bei uns nur im Jugend-Bereich bis zur Kreisliga A. Alles darüber + Senioren unterliegt der normalen Auswechselbestimmung.

  • Diese Regelung gilt bei uns für die gesamte Jugend und bei den Herren nur in der Kreisliga D.

    "Wenn man aus Fehlern lernt, werden Umwege zu Abkürzungen!"


    "Nicht das Erzählte reicht, sondern das Erreichte zählt!"


    Herbert Fandel hatte den selben Mathelehrer wie ich, ein gutes Omen?!? :D