strafbares Abseits, wenn Spieler in Richtung Ball springt?

  • Jetzt muss ich aber doch noch einmal nachhaken:


    Ich habe mir die Ausführungen der FIFA sehr genau durchgelesen, vermisse aber Aussagen zu der Frage, was die FIFA denn nun unter der Aussage "... Bewegungen oder Gesten macht, die den Gegner nach Ansicht des Schiedsrichters behindern, täuschen oder ablenken." verstanden haben möchte - und das ist als IFAB-Entscheidung Teil des Regelwerkes.

  • Genau, Manfred, das frage ich mich schon länger:
    Sind mit "Bewegungen oder Gesten" bzw. "täuschen oder ablenken" nur Handlungen gemeint, die der Angreifer nur mit der Absicht vornimmt, die Verteidiger zu irritieren, z.B. Herumfuchteln mit den Armen, oder zählen dazu auch "natürliche" Spielhandlungen, wie z.B. das o.g. Hochspringen zum Kopfball. :confused:

    "Der Klügere gibt nach! Eine traurige Wahrheit, sie begründet die Weltherrschaft der Dummheit."
    (Marie von Ebner-Eschenbach, österreichische Schriftstellerin, *1830 +1916)


    "Mancher ist für die Wahrheit, solang die Wahrheit für ihn ist."
    (Charles Tschopp, schweizer Schriftsteller, *1899 +1982)

  • Hallo.
    Gab es seinerzeit im Zusammenhang mit dem Confed-Cup hier in Deutschland und der damals extrem angewandten wait-and-see-Regel nicht mal die Lehrmeinung, daß auch dann auf Abseits entschieden werden soll, wenn im Moment der Ballabgabe der abseits stehende Spieler als Einziger die klare Möglichkeit zum Ballkontakt vor dem Verteidiger haben wird und den Versuch unternimmt, den Ball zu spielen? Anlaß waren zwar die Sprintexesse, wo man den Stürmer erst nach 20 oder mehr Metern abgepfiffen hat.
    Aber: Soweit ich mich erinnern kann, wurde sie aber nicht expliziet aufgehoben, so daß sie immer noch ihre Gültigkeit hätte. Und hier käme diese dann aus meiner Sicht zum Tragen, da der Spieler (gemäß Schilderung der Ausgangslage)
    a) abseits steht,
    b) als Einziger im Moment der Ballabgabe den Ball spielen könnte,
    er c) zudem versucht, ins Spiel einzugreifen, dies jedoch nur aufgrund des schlechten Zuspiels oder Timings beim Absprung nicht wirklich zustandekommt.

    "Kondition ist nicht alles, aber ohne Kondition ist alles nix."
    Gerhard Theobald, ehemaliger Bundesliga-SR, zum Thema Grundlagen des Stellungsspieles

  • Richtig, diese Lehrmeinung gibt es immer noch und sie wurde auch von der FIFA so übernommen. Nur haben hier ja anscheinend zwei Spieler die Möglichkeit den Ball zu spielen und dann muß eben gewartet werden. Im Extremfall also bis zur Ballberührung, wenn es erst dann eindeutig feststellbar ist. Der Versuch, den Ball zu spielen, ist dieser Lehrmeinung entsprechend nicht strafbar.

    In einer Aktion prallten Grevelhörster und Gerick zusammen. Der FC-Stürmer blutete aus der Nase, aber Schiedsrichter Stefan Tendyck aus Gelsenkirchen konnte mit einem Taschentuch aushelfen. Gericks Torriecher wurde nicht in Mitleidenschaft gezogen: Er markierte das 1:3.


    Westfalen-Blatt (29.5.2017) :D

  • Gut, wobei sich für mich die Ausgangslage so liest, daß sich der heranlaufende Spieler im Moment der Ballabgabe deutlich hinter dem im Abseits stehenden Spieler befindet (weshalb er sich erst in Spielposition begeben muß) - und somit seine Schußmöglichkeit eher mit Glück (eben dem mißglückten Kopfball) zu tun hat als mit der Tatsache, daß beide gleichzeitig versuchen, den Ball zu erreichen.


    Es fehlen halt genauere Angaben hinsichtlich der Position der beiden Spieler um wirklich sicher entscheiden zu können.

    "Kondition ist nicht alles, aber ohne Kondition ist alles nix."
    Gerhard Theobald, ehemaliger Bundesliga-SR, zum Thema Grundlagen des Stellungsspieles

  • Stefan du bist ein Talent!:D


    So ist es! Es kommt auf den Kontakt an! Also warten was passiert! Keep Cool!

    Menschen, die sich nicht gewisse Regeln vorgesetzt haben, sind unzuverlässig. Man weiß sich oft nicht in sie zu finden, und man kann nie recht wissen, wie man mit ihnen dran ist."


    Immanuel Kant


    "Ein Sieger findet für jedes Problem eine Lösung."
    "Ein Verlierer findet in jeder Lösung ein Problem."


    Corneille

  • Zitat von Manfred;51005

    ... was die FIFA denn nun unter der Aussage "... Bewegungen oder Gesten macht, die den Gegner nach Ansicht des Schiedsrichters behindern, täuschen oder ablenken." verstanden haben möchte - und das ist als IFAB-Entscheidung Teil des Regelwerkes.


    Die Frage ist damit aber noch nicht beantwortet.

  • Zitat von Stefan;51096

    Richtig, diese Lehrmeinung gibt es immer noch und sie wurde auch von der FIFA so übernommen. Nur haben hier ja anscheinend zwei Spieler die Möglichkeit den Ball zu spielen und dann muß eben gewartet werden. Im Extremfall also bis zur Ballberührung, wenn es erst dann eindeutig feststellbar ist. Der Versuch, den Ball zu spielen, ist dieser Lehrmeinung entsprechend nicht strafbar.


    Ich betrachte das mal aus der Perspektive: ein Stürmer der zum Kopfball hochsteigt greift in das Spiel ein, er will also aus seiner Stellung einen Vorteil (sprich ein Tor) erzielen. Und hier sind wir in einem Bereich, wo er mit seinem Handeln (sprich Sprung zum Kopfball) die Aufmerksamkeit des Torhüters auf sich zieht (zumindest ich als Torhüter würde da hin schauen).
    Und wenn ich das recht bedenke gibt es für mich als SR nur eine Entscheidung: die heißt Abseits!

  • Das ist die Praxis, was die Theorie betrifft, hat Stefan schon recht.
    Ob er das in der praktischen Spielleitung auch immer so umsetzen kann, bleibt abzuwarten.:D

    :ironie: "Weil, so schließt er messerscharf, nicht sein kann, was nicht sein darf.":ironie:
    Christian Morgenstern

  • Achtung, ich trete nach:


    Was bitte bedeutet dann der Satz "... Bewegungen oder Gesten macht, die den Gegner nach Ansicht des Schiedsrichters behindern, täuschen oder ablenken ..." in der IFAB-Entscheidung 2 zur Regel 11?


    Der Sprung ist keine Behinderung, das ist klar. Aber was zählt dann als Täuschung oder Ablenkung? :confused:

  • Unter Täuschung oder Ablenkung des TW würde ich folgende Situation einordnen:
    Torschuß, ein Abseits stehender Spieler steht direkt vor den TW und versperrt ihm die Sicht. TW kann nicht mehr reagieren, Ball geht ins Tor.


    Nach diversen Schilderungen wäre es kein Abseits, da der Angreifer ja nicht den Ball berührt, aber durch die Ablenkung / Täuschung greift der Spieler aktiv in das Spiel ein ( auch ohne Ballberührung ) und ist somit strafbar ABSEITS.


    Genau so würde ich auch die Ursprungssituation beurteilen. :D

    "Der Schlüssel zum Erfolg ist Kameradschaft und der Wille, alles für den anderen zu geben."
    - Fritz Walter († 17. Juni 2002)

  • Zitat von Hallenser;51116

    Das ist die Praxis, was die Theorie betrifft, hat Stefan schon recht.
    Ob er das in der praktischen Spielleitung auch immer so umsetzen kann, bleibt abzuwarten.:D


    Wenn ich es schaffe, die Hand ruhig und somit unten zu halten, dann schon. :D


    In Videoschulungen zum Thema kam als "behindern, täuschen oder ablenken" bisher nur das Verdecken der Sicht des Torhüters vor. Sicher kann man da weitere Fälle konstruieren, grundsätzlich soll aber soviel wie möglich laufen gelassen werden.


    Ansgar, bis auf den letzten Satz gebe ich dir Recht. :D
    Da steht doch nirgendwo, daß er die Sicht versperrt. Bei einer Flanke in den Strafraum auch eher unüblich.

    In einer Aktion prallten Grevelhörster und Gerick zusammen. Der FC-Stürmer blutete aus der Nase, aber Schiedsrichter Stefan Tendyck aus Gelsenkirchen konnte mit einem Taschentuch aushelfen. Gericks Torriecher wurde nicht in Mitleidenschaft gezogen: Er markierte das 1:3.


    Westfalen-Blatt (29.5.2017) :D

  • Denke wenn direkt dahinter ein Abwehrspieler steht und dieser durch die Sprungbewegung abgelenkt wird und den Ball dadurch nicht wegschlagen/köpfen kann, dann liegt ein Eingriff und eine Ablenkung vor. Im beschriebenen Fall geht es aber wohl weiter, kein strafbares Abseits.

  • Zitat von Stefan;51121

    Ansgar, bis auf den letzten Satz gebe ich dir Recht. :D
    Da steht doch nirgendwo, daß er die Sicht versperrt. Bei einer Flanke in den Strafraum auch eher unüblich.


    Stefan: War ein anderes Beispiel in Bezug auf Ablenkung / Täuschung.
    Wollte damit nur die These, dass der Spieler den Ball berühren muß
    ( um strafbar abseits zu sein ) widerlegen.

    "Der Schlüssel zum Erfolg ist Kameradschaft und der Wille, alles für den anderen zu geben."
    - Fritz Walter († 17. Juni 2002)

  • Gestern gab es ein Tor in der 1.BuLi.


    Ich weiß nicht mehr welche Mannschaft es war.


    Freistoß aus Halb Linker Position. Flanke in Strafraum.


    Ein Stürmer (war nicht im Abseits) springt hoch zum Kopfball.
    TW konzentriert sich auf diesen Stürmer.


    Der Stürmer berührt den Ball nicht und der Ball geht direkt ins Tor.


    Der Treffer war natürlich regulär und wurde vom SR anerkannt.



    Was ich sagen will ist...
    Das Hochspringen + Versuchter Kopfball OHNE Berührung des Balles irritiert den TW, somit Abseits.

    "Ich entscheide über die wichtigen Dinge und meine Frau über die unwichtigen.:cool:
    Was aber wichtig bzw. unwichtig ist, entscheidet meine Frau.":p


    Zitat: Uwe Seeler

  • Danke Mustafa, ein Praktiker der nen Theoretiker (ich hab selbst nie aktiv Fussball in ner Mannschaft gespielt) unterstützt.

  • Ich versuche noch einmal eine Zusammenfassung:


    Grundsätzlich gilt in unklaren Abseits-Situationen "wait and see", das ist unstrittig.


    Ich denke auch, dass sich unsere Vorstellungen bezüglich des Punktes Behinderung decken, da damit sowohl das verdecken der Sicht, im Weg stehen etc. gemeint ist.


    Offen bleibt, was denn nun konkret mit "täuschen und ablenken" gemeint ist, denn diese Begriffe sind zusätzlich zum behindern im Regeltext enthalten. Die einzig konkrete Aussage hierzu kam bisher von Stefan:

    Zitat von Stefan;51121

    In Videoschulungen zum Thema kam als "behindern, täuschen oder ablenken" bisher nur das Verdecken der Sicht des Torhüters vor. Sicher kann man da weitere Fälle konstruieren, grundsätzlich soll aber soviel wie möglich laufen gelassen werden.


    Sollte das wirklich alles sein, hat man einen simplen Sachverhalt doch sehr wortreich umschrieben???

  • Der Amtierende SR entscheidet, ob das Hochspringen + versuchter Kopfball auch eine Irritation/Beeinflussung des Gegners darstellt.


    Auch wenn ich diesmal gegen Stefan sein muss, JA, er irritiert den Gegner !!!

    "Ich entscheide über die wichtigen Dinge und meine Frau über die unwichtigen.:cool:
    Was aber wichtig bzw. unwichtig ist, entscheidet meine Frau.":p


    Zitat: Uwe Seeler