Freistoß-Spray

  • Was mich beim Profifußball dermaßen stört, ist, dass in Strafraumnähe die Möglichkeit der schnellen Spielfortsetzung schon direkt vom Schiedsrichter unterbunden wird, indem er sofort die „Radierschaumdose“ zückt.


    Jetzt meine Fragen:


    Wenn der Schiedsrichter zunächst nur den Ort der Spielfortsetzung markiert, aber die Angreifer noch gar keine Feststellung des korrekten Mauerabstandes gefordert haben, spricht doch nichts gegen die schnelle Spielfortsetzung? Oder gibt es irgendwo eine Anweisung, dass mit Zücken der Spraydose für die Spielfortsetzung zwingend der Pfiff erforderlich ist?

  • Inhaltlich bin ich völlig bei Dir, dies konterkariertdie Möglichkeit der schnellen Spiel Fortsetzung. Tatsächlich erfolgen Schulungen inzwischen jedoch auch so, dass je näher zum Strafraum das Vergehen, desto eher keine schnelle Spielfortsetzung zu lassen – ich finde das nicht in Ordnung.


    Zu Deiner tatsächlichen Frage:

    Es gibt eine Situation aus der Bundesliga oder der zweiten Liga (ich habe gerade versucht sie zu finden, geklappt hat das leider nicht). In dieser Situation entscheidet der Schiedsrichter auf Freistoß und nimmt das Spray aus der Halterung worauf hin die Mannschaft, gegen die der Freistoß ausgesprochen wurde anfängt die Mauer zu stellen. Tatsächlich führt die angreifende Mannschaft den Freistoß schnell aus und ein Tor wird erzielt und auch gegeben. Mir ist die Bewertung der Szene in der Schiedsrichterzeitung nicht genau erinnerlich, ich glaube sie wurde zumindest als unglücklich dargestellt.

  • Ich erinnere mich da an eine Szene, in der ein SR einen unerlaubten Rückpass gepfiffen hat, der Torwart zum SR rennt um sich zu beschweren und währenddessen gehen zwei Angreifer an den Ort des Vergehens, führen den idF korrekt(!) aus und Spielfortsetzung Anstoß :)


    So muss eigentlich Fußball :)

  • Sven meint wahrscheinlich dies hier (ab 2:00): SG Sonnenhof Großaspach vs Erzgebirge Aue [02.08.2015 Zusammenfassung] - YouTube

    Sehr unglücklich, dass der Kollege das Spray bereits in die Hand nimmt; das suggeriert natürlich, dass er es auch verwenden möchte.

    In einer Aktion prallten Grevelhörster und Gerick zusammen. Der FC-Stürmer blutete aus der Nase, aber Schiedsrichter Stefan Tendyck aus Gelsenkirchen konnte mit einem Taschentuch aushelfen. Gericks Torriecher wurde nicht in Mitleidenschaft gezogen: Er markierte das 1:3.


    Westfalen-Blatt (29.5.2017) :D

  • Ja, Körpersprache des Schiedsrichters und auch dass er zum Ort der Ausführung läuft, wie es sonst üblich ist beim Sperren des Balles, ist sehr unglücklich. Als der Schütze ihm offenbar mitteilt, dass er schnell ausführen will, eilt er vom Ball weg - stattdessen hätte er da sagen müssen, dass das leider nicht mehr geht, weil der Ball gesperrt ist.


    Eine vertrackte Situation. Ich wäre dafür, viel öfter die schnelle Ausführung zuzulassen. Gefühlt 80 % der Torhüter glauben ja sogar, sie haben ein Recht auf Mauerstellen und der SR müsste mit der Freigabe so lange warten, bis er zum dritten Mal nachkorrigiert hat. Ich rufe oft sogar "ich pfeife jetzt an" und gebe ihm noch ne Sekunde, wenn er immer noch am Pfosten steht - vielleicht auch schon zu viel.


    Im Video hätte der Torwart meiner Meinung nach übrigens vom Platz fliegen müssen, das ist nicht mehr "protestieren", das ist zu viel und darf so nicht geduldet werden. Aber das ist ein anderes Thema.

  • Im Video hätte der Torwart meiner Meinung nach übrigens vom Platz fliegen müssen, das ist nicht mehr "protestieren", das ist zu viel und darf so nicht geduldet werden.

    Warum sollte er sagen, dass der Ball gesperrt ist, obwohl er nicht gesperrt ist?

    Er selbst hat den Ball nicht gesperrt und die Verteidiger haben keinen Anspruch auf Sperrung des Balles.

    Anspruch auf Sperrung des Balles hat ausschließlich der Angreifer und das (rein regeltechnisch) nur auf "Antrag".


    Warum sollte man dem Begünstigten hier wegen Unkenntnis der Spielregeln seitens der Verteidiger den Nachteil der geordneten Verteidigung aufbürden?


    Im Video hätte der Torwart meiner Meinung nach übrigens vom Platz fliegen müssen, das ist nicht mehr "protestieren", das ist zu viel und darf so nicht geduldet werden.

    Den Gedanken hatte ich zunächst auch, aber dann habe ich mir die Frage gestellt:

    Wenn es schon nicht mehr protestieren ist, was ist es dann (vor allem welches den feldverweiswürdigen Vergehen)?


    Es ist keine DOGSO (in beiden Ausprägungen), kein grobes Foulspiel, kein Beißen oder Spucken, keine 2. Verwarnung und kein Betreten des VAR-Raums.


    Bleiben noch Tätlichkeit und anstößige/beleidigende/schmähende Äußerung oder Handlung.

    Beides sehe ich hier nicht.


    Und damti sind wir am Ende der abgeschlossenen Liste von feldverweiswürdigen Vergehen ohne dass ein Tatbestand einschlägig wäre. So paradox es ist, sehe ich hier keine Regelgrundlage für einen FaD.

  • Sehr unglücklich, dass der Kollege das Spray bereits in die Hand nimmt; das suggeriert natürlich, dass er es auch verwenden möchte.


    Deswegen die Frage hinsichtlich der Funktion des Sprays. Vielleicht will der SR ja nur den Ort der Spielfortsetzung markieren.


    Der Ball ist doch auch erst dann gesperrt, wenn der SR sichtbar für die Umstehenden auf die Pfeife zeigt, ein Verfahren für eine persönliche Strafe einleitet, einem Wechselvorgang zustimmt oder er sich offensichtlich um einen verletzten Spieler kümmert.

  • Warum sollte er sagen, dass der Ball gesperrt ist, obwohl er nicht gesperrt ist?

    Ufff dass du aber auch wirklich alles auf die Goldwaage legen musst.

    Ich meinte (natürlich!), dass der SR den Ball hätte sperren sollen, weil er durch seine Gestik ein Sperren des Balles impliziert.

    Und ohne Implizierungen kommen wir hier nicht aus, denn der SR hat nunmal kein Platzlautsprecher, mit dem er jedem auf dem Platz mitteilt, dass der Ball gesperrt ist. Wenn der SR an den Ort des Vergehens geht und sein Spray rausholt, kann m.E. jeder auf dem Platz davon ausgehen, dass der Ball gesperrt ist.


    Und genau das hätte er dem Schützen mitteilen sollen. Das Kind ist wenige Sekunden vorher schon in den (wesentlich flacheren) Brunnen gefallen, so macht der SR in guter Absicht alles erst richtig verwirrend und undankbar.


    Bleiben noch Tätlichkeit und anstößige/beleidigende/schmähende Äußerung oder Handlung.

    Wer den SR so angeht, handelt m.E. anstößig dem SR gegenüber, was einen FaD nach sich zieht, du hast es ja bereits aufgelistet.

  • Deswegen die Frage hinsichtlich der Funktion des Sprays. Vielleicht will der SR ja nur den Ort der Spielfortsetzung markieren.

    Ohne dass ich selbst mit Spray arbeite: Wenn der SR den Ort des Freistoßes mit dem Spray markiert, kann m.E. jeder davon ausgehen, dass der Ball gesperrt ist, auch wenn nicht auf die Pfeife gezeigt wurde (was auch beim Sperren des Balles regelmäßig unterbleibt).


    Das ist hier ja noch nicht erfolgt, aber mit dem Zücken des Sprays ist diese Handlung erkennbar begonnen, weshalb die Spieler durchaus davon ausgehen konnten, dass der Ball gesperrt ist. Auch wenn regeltechnisch hier wie gesagt natürlich alles richtig gelaufen ist.

  • Lass bitte den Duden in der Kabine, das ist ja noch schlimmer als der Schiedsrichter mit dem Regelbuch unterm Arm ;)


    Dann nimm du halt "schmähend" für die Situation.


    Ist auch völlig egal. Wer so auf den SR losgeht, sollte vom Platz fliegen - von den Regeln ist das defintiv gedeckt, abgesehen von Formulierungstricks gibt es daran doch wohl keinen Zweifel, oder?

  • "Anstößige Handlung" bzw. "sich gegenüber dem Spiel respektlos verhalten" sind halt Allround-Formulierungen, mit denen sich nahezu jede Rote bzw. Gelbe Karte irgendwie regeltechnisch begründen lässt, wenn man nur nach dem Wortlaut geht.

    Deshalb braucht es (leider?) immer über den Regeltext hinausgehende Anweisungen, wann jetzt eine Karte erforderlich/erwünscht ist und wann nicht.


    Bzgl. der Ausgangsfrage denke ich, dass die Markierung des Ausführungsort noch keine Sperre des Balls verursacht.

    Es ist doch eigentlich nichts anderes, als wenn der SR diesen Ort verbal oder durch Gestiken festlegt und steuert, von wo der Freistoß ausgeführt wird.

    Und durch diesen Prozess ist der Ball doch ziemlich sicher noch nicht gesperrt, oder?


    Praktisch sollte der SR das Spray wohl erst nutzen, wenn er sicher ist, dass er auch die Mauer stellen muss/will. Und dann wäre die korrekte Reihenfolge: Sperre des Balls kommunizieren, Ausführungsort markieren, Mauer stellen, Ball freigeben.

    Solange nicht die Mauer gestellt wird, kann der SR ja auch ohne Spray den richtigen Ort im Auge behalten.

  • Wir hatten letztens Freistoßmanagement. Dort hieß es: Wenn Du nicht weiter agierst, dann bleibt man vom Freistoßort entfernt und läuft auf Position. Alles andere impliziert, dass der SR den Ball sperrt. Mag nirgendwo im Regelbuch stehen, ist in der Praxis aber sinnvoll.

  • Anspruch auf Sperrung des Balles hat ausschließlich der Angreifer und das (rein regeltechnisch) nur auf "Antrag".

    Sry, dass ich das hier nochmal hervor krame, aber wo genau steht das im Regelbuch, dass der Angreifer das Recht auf Sperrung des Balles genießt, KozKalanndok ?

    (meinetwegen auch nur auf "Antrag"...)


    Wäre super, wenn du mich hier nochmal "erleuchten" könntest, Merci.

  • Ich denke, dass es aus den Regeln ableitend gemeint ist, da es ja festgelegte Punkte gibt, bei denen ein Freistoß gesperrt ist und es erst auf Pfiff weitergeht.


    Und neben den Dingen wie zB eine zuvor ausgesprochene persönliche Strafe ist es eben auch, wenn der Schütze vom SR fordert, die Mauer auf den korrekten Abstand zu bringen.


    Den Anspruch auf den korrekten Abstand hat der Angreifer ja nunmal und damit einher geht dann auch die Sperrung des Balls, der zuvor sonst ggf. noch frei gewesen wäre, weil eben kein anderer Sperrgrund vorlag.


    Somit steht das Recht auf Sperrung des Balls natürlich nicht wörtlich in den Regeln, aber so lässt sich das zumindest ableiten.


    Wenn auch natürlich der Angreifer nicht will, dass der Ball gesperrt wird, sondern die Mauer gestellt wird. Was aber nunmal im Einklang erfolgt.

    Dem Schiedsrichter zu widersprechen, das ist, wie wenn man in der Kirche aufsteht und eine Diskussion verlangt. (Dieter Hildebrandt)

  • Zumindest in Deutschland steht es sinngemäß in den zusätzlichen Erläuterungen des DFB zur Regel 13.


    In den IFAB-Regeln findet man nur im „Leitfaden für Spieloffizielle“:


    Der Schiedsrichterpfiff ist zwingend:

    • zur Fortsetzung des Spiels:

    • bei Freistössen, wenn die Mauer die vorgeschriebene Distanz einhalten muss,


    Es stellt sich hierbei auch die Frage, wann die Mauer die vorgeschriebene Distanz nicht einhalten muss?

  • Es stellt sich hierbei auch die Frage, wann die Mauer die vorgeschriebene Distanz nicht einhalten muss?

    Wenn der Schütze bei schneller (nicht genau definiert) Freistoßausführung auf den Abstand verzichtet.


    Die Grundregel ist ja, das ein Freistoß nicht angepfiffen werden muss!

    (wie am WE bei mir passiert)


    Der Schiedsrichterpfiff ist zwingend:


    • zur Fortsetzung des Spiels:

    • bei Freistössen, wenn die Mauer die vorgeschriebene Distanz einhalten muss,

    Ich ergänze mal, weil einiges sich aus anderen Regeln ableitet.
    Da ich ein Fan der schnellen Freistoßausführung -gerade in Strafraumnähe- bin habe ich diese Ableitungen inzwischen auswendig parat:


    Freistoß muss angepfiffen werden wenn:

    • In der Unterbrechung eine Auswechselung erfolgte (leitet sich ab aus Regel 3) Setzt voraus das der SR diese zulässt
    • Eine Disziplinarstrafe erteilt wurde (Siehe Disziplinarstrafen Regel 12) Achtung: Nur wenn der SR diese erteilt hat - Bei schneller Freiistoßausführung kann er dies auch in der nächsten Unterbrechung nachholen
    • Der SR den Mauerabstand korrigiert (merke der Schütze darf dies vom SR fordern)
    • Der SR die schnelle freistoßausführung aus anderen Gründen (bspw. Verletzungsbehandlung) nicht zulässt. (Allgemeines Recht des SR Regel 5)
  • Wenn der Schütze bei schneller (nicht genau definiert) Freistoßausführung auf den Abstand verzichtet.

    Das würde im Umkehrschluss implizieren, dass jeder nicht schnell ausgeführte Freistoß mit Mauer angepfiffen werden müsste.

  • Das würde im Umkehrschluss implizieren, dass jeder nicht schnell ausgeführte Freistoß mit Mauer angepfiffen werden müsste.

    Schlecht von mir ausgedrückt.

    Richtg muss es heissen: Durch die schnelle Freistoßausführung verzichtet der Schütze auf die Einhaltung der Freistoßabstandsregel. Wobei "SCHNELL" nicht genau definiert ist. Die Verteidiger haben den Freistoßabstand selbständig herzustellen, der SR korrigiert nur (wenn otwendig)

    Die Freistoßabstandsregel ist keine MUSS Bestimmung, hier ist parallel auch die Vorteilsregel für den Schützen (die Ausführende Mannschaft ) anzuwenden.


    Und nochmal, damit es klar ist:

    Für die Spielfortsetzung beim Freistoß ist der Pfiff grundsätzlich zunächst einmal nicht erforderlich.

  • Und neben den Dingen wie zB eine zuvor ausgesprochene persönliche Strafe ist es eben auch, wenn der Schütze vom SR fordert, die Mauer auf den korrekten Abstand zu bringen.

    Jo, hatte nen Denkfehler drin; im Kopf hatte ich i-wie "Abwehrspieler" (weil meistens Offensivspieler in der Mauer stehen^^) - alles klar nun, natürlich die angreifende Mannschaft ;)