Bayern: Hass und Rassismus werden künftig vom Verband angezeigt

  • Der bayerische Fußballverband und die Generalstaatsanwaltschaft haben vereinbart, dass der BayFV künftig selbst Strafanzeigen bei Hassverbrechen und Rassismus bei der Generalstaatsanwaltschaft stellt - auf Basis der Spielberichte: Bericht Eine im Grundsatz gute Idee, muss sich der Betroffene damit nicht mehr herumschlagen - aber hoffentlich sind die Sonderberichte der Schiedsrichter auch entsprechend tauglich, was man diesbezüglich manchmal hört ...

  • Könnte auch nach hinten losgehen.

    Lass mal die ersten drei Spielberichte als ungeeignet auffliegen und schon schreibt niemand mehr etwas in die Spielberichte.

    Sorry wir Schiedsrichter sind Schiedsrichter und keine Staatsanwälte.

  • Na ja, ganz so ist es nun auch nicht:
    Aus einem anständigen Spielbericht geht hervor, wer was gesagt/getan hat, der Rest muss ohnehin durch Polizei/Staatsanwaltschaft ermittelt werden. Das gilt zwar auch in den Fällen, in denen die Spielberichte das nicht im Detail hergeben, aber da dürfte vieles im Sande verlaufen, so dass möglicherweise die Staatsanwaltschaft die Reißleine zieht.

  • Es kommt ganz darauf an wie es umgesetzt wird. Ich gehe mal davon aus, dass der Schiri selbst irgendwo die Option hat "Melden JA oder NEIN" Wie es bei Diskriminierung und Gewaltvorfällen ist. Dann hat es der Schiri selbst in der Hand. Ich finde die Idee gut.

  • Ich gehe stark davon aus, dass letztlich das "Ja" im Spielbericht bei Gewalt und/oder Diskriminierung den Ausschlag geben wird, dass sich jemand - im BFV oder bei der Staatsanwaltschaft - den Sonderbericht genauer anschauen wird.

  • Ich weiss nicht, also die Strafrechtsverfolgung geht ja dahin, dass sie zwar nie wirklich opferorientiert sein wird, aber, dass man den Opfern zumindestens die Autonomie geben will selbst entscheiden zu dürfen ob sie es schaffen können hier ein Verfahren durchzumachen. Das widerspricht zwar etwas dem Prinzip der Priorisierung des öffentlichen Interesses vor der Entscheidungsautonomie der Opfer (die Nebenkläger sind), aber ist halt langsam so normal geworden.

    Das würde diesen Fortschritt auf den sich die Justiz schon recht gut eingestellt hat, wieder wegnehmen. :/

    Evtl. gibts ja sowas wie nen Button "Bitte um Vorprüfung für eine Strafanzeige" oder so. Das dass dann die Justiz macht würde mich irgendwie, mangels Ressourcen wundern, auch in Bayern. Würde eher denken, dass es einen Referenten im BFV geben wird. Die Spannung steigt.

  • Das widerspricht zwar etwas dem Prinzip der Priorisierung des öffentlichen Interesses vor der Entscheidungsautonomie der Opfer (die Nebenkläger sind), aber ist halt langsam so normal geworden.

    Bei Bejahung des öffentlichen Interesses (und bei Rassismus auf dem/am Fußballplatz sehe ich das eigentlich gegeben) hat das Opfer keine Entscheidungshoheit mehr darüber, ob es strafrechtlich verfolgt wird. Das Opfer hat in diesem Fall auch keine rechtliche Handhabe mehr die Zeugenaussage zu verweigern.

    Im Übrigen ist bei Rassismus und Diskriminierung aus dem Zuschauerraum oder auch auf dem Feld meiner Meinung nach durchaus auch der Verband ein Opfer der Straftaten und damit möglicherweise ohnehin sogar antragsberechtigt.


    Im Übrigen: EIn Tatopfer wird nur dann Nebenkläger, wenn es auch sein will.

  • Bei Bejahung des öffentlichen Interesses (und bei Rassismus auf dem/am Fußballplatz sehe ich das eigentlich gegeben) hat das Opfer keine Entscheidungshoheit mehr darüber, ob es strafrechtlich verfolgt wird. Das Opfer hat in diesem Fall auch keine rechtliche Handhabe mehr die Zeugenaussage zu verweigern.

    Im Übrigen ist bei Rassismus und Diskriminierung aus dem Zuschauerraum oder auch auf dem Feld meiner Meinung nach durchaus auch der Verband ein Opfer der Straftaten und damit möglicherweise ohnehin sogar antragsberechtigt.

    Das ist in der strafrechtlichen Praxis schon lange nicht mehr so, im Bereich in dem es um echten Opferschutz geht. In vielen Bundesländern bekommt man nochmal die Dinge die z.B. am Tatort von den Ermittlungsbehörden aufgenommen wurden und dann wird es dem Opfer freigestellt ob die Strafanzeige weitergeführt werden soll, bzw. juristisch gesprochen ob man die Aussage so bestätigen kann, wenn nicht, dann ist in vielen Fällen auch direkt eine Einstellung des Verfahrens die Folge. So sieht die Praxis aus, aus der ich aus erster Hand sprechen kann.

    Uns ist allen Klar, dass der Föderalismus da in den Ländern unterschiedliche Blüten treibt, lokal sehr unterschiedliche Umstände Herrschen und diejenigen die staats- und rechtsphilosophisch hohe Ansprüche haben, denen rollen sich natürlich die Zehennägel hoch. Für die Opferarbeit ist es aktuell aber wichtig, dass es in vielen Bereichen so gemacht wird.


    Ich denke, dass viele Schiris noch nicht viel mit Strafrecht zutun hatten und auch wenn man es als normale Zivilcourage ansehen mag, Strafrechtsbestände aufzudecken und anzuzeigen so würde so eine Pflicht jeden strafrechtlich relevanten Fall über den Spielbericht zu melden doch sehr abschreckend für den jungen und auch sonst Jungschiedsrichternachwuchs sein und könnte auch überfordern.

    Auch eine Folge wäre, dass z.B. Spiele mit hohem Gewaltpotenzial im Rassismus diversen Phobias, dann wirklich niemand mehr pfeifen möchte der noch halbwegs ruhig leben möchte ausserhalb seiner Schiris-Zeit. Auch wenn es ein paar Tapfere gibt, schreckt das einfach einen sehr großen Teil der Schiris ab. GGf. hat man dann noch neben dem Job und ein zweimal im Monat einen Zeugentermin vor Gericht? Absolut okay für Beamte etc, aber es gibt auch Arbeitnehmer deren Chef zwar freistellen muss, aber anderweitige Nachteile produziert werden.


    Viele Tätlichkeiten im Fußball hätte man auch jetzt schon ohne diesen neuen Mechanismus strafrechtlich melden müssen, nach der reinen Lehre, nach der es sich bei Dir oben anhört, hätte das jeder Zeuge und somit auch IMMER jeder Schiri melden müssen und zwar direkt polizeilich wenn z.B. im Rahmen einer Tätlichkeit an den Haaren gezogen wurde oder Beleidigt wurde, angespuckt wurde. Hab ich aber noch nicht besonders häufig davon gehört. Soweit ich das sehe haben das weder Verbände noch Schiris im niederschwelligen Bereich als ihre Aufgaben gesehen. Auch im DiskriminierungsBereich herrscht doch auch trotz den Handreichen Verwirrung wann es eine Diskriminierung ist.


    Es gibt halt auch ein Menge Unsicherheiten, wie ganz banale Dinge, dass wenn es sich um eine Straftat Spieler zu Spieler handelt und der Täter kann sich nicht ausweisen, in wie weit darf ich dann Daten aus dem Spielberichtsbogen nutzen und weitergeben. Darf ich die Daten aus dem Spielerpass nutzen, dann darf ich ihn nicht festhalten, darf ich den nicht nutzen, dann darf ich ihn auch nach StPO festhalten bis die Polizei da ist oder er sich irgendwie ausweisen kann usw. und das Strafrecht kann ja auch schnell mal gegeneinen ausgelegt werden wenn es hier zu einer strafrechtlichen Eskalationsspirale kommen sollte, dann muss man als Schiris vor jedem Spiel prüfen ob die Rechtsschutz noch gültig ist.


    Ich kann nur sagen, wenn es einen Automatismus ohne Mitspracherecht des Schiris geben sollte, dann würde ich Spiele anders leiten in Konfliktsituationen und die Ideen die mir da gerade kommen wären keine Verbesserung.


    Im Strafrecht sind für so viele (nicht-Juristen) Menschen Dinge nicht über Logik zu erschließen, dass es sehr viele Unsicherheiten gibt. Deswegen bin ich echt auf die Sache in Bayern gespannt. Ich glaub ja an den BFV und die bayerische Polizei und Justiz, dass sie da was Gutes gemacht haben.

    Im Übrigen: EIn Tatopfer wird nur dann Nebenkläger, wenn es auch sein will.

    Das ist korrekt, hatte ich so gemeint, aber nicht explizit so geschrieben, da hast Du recht.

  • Du verkennst aber, dass bei Rassismus und Diskriminierung auf dem Platz nicht nur die beleidigten/diskriminierten/etc. Personen Opfer sind sondern auch der Veranstalter, dessen Aufgabe es ist für Ordnung zu sorgen.

    Der hat also damit ein eigenes Verfolgungsinteresse und dürfte meiner Meinung nach durchaus auch antragsberechtigt sein.

  • Antragsberechtigt ist grundsätzlich nur der Geschädigte, den Veranstalter da gleichfalls subsumieren zu wollen, würde das Gesetz klar überdehnen, das ist allenfalls in Ausnahmefällen möglich.

  • Der hat also damit ein eigenes Verfolgungsinteresse und dürfte meiner Meinung nach durchaus auch antragsberechtigt sein.

    Eindeutig nein, das ist auch keine Meinungsfrage, sondern klar geregelt, siehe Manfred. In dem beschriebenen Fall ist das auch keine Auslegungssache, sondern absolut eindeutig.

  • Ich denke, die Regelung über den Verband nimmt eher Druck von den betroffenen SRn weg. Bisher war nach Vorfällen für den Täter klar: Kommt nachher noch etwas von Polizei und/oder Staatsanwaltschaft, dann muss der SR Anzeige erstattet haben. Das könnte gerade im ländlichen Raum, wo man nicht ganz so anonym ist, recht unangenehm sein. Zudem werden juristisch nicht so bewanderte Opfer unsicher sein, ob ihr Fall gravierend genug ist, um bis zum Ende verfolgt zu werden.


    Kommt die Anzeige jetzt vom Verband, hat sie ein ganz anderes Gewicht. Dann hat nämlich, wenn auch nicht bei jedem Einzelfall, zumindest bei der Erstellung der Leitlinien, was zur Anzeige kommt, ein Volljurist draufgeguckt. Und die Täter müssen schon auf dem Platz damit rechnen, dass es bei der Überschreitung von bestimmten Grenzen automatisch eine Strafanzeige vom Verband gibt. Damit bekommt man zwar nicht die impulsiven Täter, wohl aber diejenigen, die berechnend vorgehen.

    Der Klügere gibt nach.


    Das erklärt, warum die Welt von den Dummen regiert wird.