Gefährliches Spiel | aktuelle Auslegung

  • Ganz aktueller praktischer Leitfaden vom IFAB. Die Übersetzung ist mir leider zu aufwändig.


    Es wird klargestellt, dass ein Spieler auch sich selbst gefährdet, wenn er versucht den Ball mit Kopf zu spielen, der sehr am Boden ist und ihn ein Gegenspieler oder auch Mitspieler dabei treten könnte.


    Tatsächlich muss für GeSp kein Gegner aus Angst vor einer Verletzung am Spielen gehindert werden.


    Des Weiteren wird auch zum Zweikampf differenziert. Wenn beide um den Ball kämpfen, liegt kein geSp vor. Voraussetzung für GeSp ist neben dem fehlenden Kontakt auch, dass es in der Regel unabsichtlich erfolgt.


    GeSp selbst kann daher auch nicht direkt zu Karten führen, sondern nur die ggf. taktische Auswirkung.


    Offen bleibt leider z. B. immer noch, ab wann ein Spieler denn wirklich gefährdet ist.



    Hier das Original:


    Practical advice for referees


    Playing in a dangerous manner (PIADM) is any action that, while trying to play the ball, threatens injury to someone.


    OFFENCE / NO OFFENCE


    1️⃣ A player may be penalised for PIADM if the action threatens injury to the player themselves – this kind of offence is not only related to an opposing player.


    Example: a player attempts to play the ball with the head while the ball is low to the ground and puts themself at risk of being kicked by a team-mate/an opponent.


    2️⃣ Law 12.2 states that PIADM (…) ‘includes preventing a nearby opponent from playing the ball for fear of injury’, however, this does not have to occur for a player to be penalised!


    The player, who tries to play the ball and threatens injury to the opponent, may be penalised for PIADM even if their action does not prevent the opponent from playing the ball.


    3️⃣ A player may be penalised for a bicycle or scissors kick only if it is dangerous to an opponent.


    RESTART OF PLAY


    Playing in a dangerous manner is penalised with:

    ➡ an indirect free kick – if there is no contact with an opponent

    ➡ a direct free kick/penalty kick – if there is contact (no matter how small)


    SANCTION


    In principle, playing in a dangerous manner is NOT punished with a caution (yellow card, YC) or sending-off (red card, RC).


    A player is shown:

    ➡ a yellow card – if PIADM stops a promising attack

    ➡ a red card – if PIADM denies the opposing team a goal or an obvious goal-scoring opportunity


    PIADM / SIMILAR OFFENCES


    What is the difference between playing in a dangerous manner and…


    1️⃣ …a tackle/challenge for the ball?


    A challenge is an action when a player competes/contests with an opponent for the ball i.e. the challenge involves the opponent also trying to play/control the ball.


    Playing in dangerous manner may not be a challenge for the ball for example a bicycle kick which is dangerous to an opponent who is standing still and not moving towards the ball.


    2️⃣ …an attempt to kick, trip or strike an opponent?


    The attempted offences are deliberate. If a player attempts to kick, trip or strike an opponent in a manner considered by the referee to be careless, reckless or using excessive force, a direct free kick/penalty kick is awarded even if no contact is made.


    Playing in a dangerous manner is usually unintended (accidental) and thus only an indirect free kick offence if there is no contact.

  • Praktische Hinweise für Schiedsrichter


    Gefährliches Spiel (GS) ist jede Handlung, die bei dem Versuch, den Ball zu spielen, eine Person zu verletzen droht.


    VERGEHEN / KEIN VERGEHEN

    1️⃣ Ein Spieler kann für GS bestraft werden, wenn die Aktion eine Verletzung des Spielers selbst zur Folge hat - diese Art von Vergehen bezieht sich nicht nur auf einen gegnerischen Spieler.


    Beispiel: Ein Spieler versucht, den Ball mit dem Kopf zu spielen, während der Ball sich nahe am Boden befindet, und setzt sich der Gefahr aus, von einem Mitspieler/Gegner getreten zu werden.


    2️⃣ In Regel 12.2 heißt es, dass GS (...) " eine Aktion einschließt, durch die ein nahestehender Gegner aus Angst vor einer Verletzung am Spielen des Balls gehindert wird.", dies muss jedoch nicht der Fall sein, damit ein Spieler bestraft wird!


    Der Spieler, der versucht, den Ball zu spielen und dadurch dem Gegner eine Verletzung droht, kann wegen GS bestraft werden, auch wenn er den Gegner nicht daran hindert, den Ball zu spielen.


    3️⃣ Ein Spieler kann für einen Fallrückzieher oder Scherenschlag nur dann bestraft werden, wenn er einen Gegenspieler gefährdet.


    SPIELFORTSETZUNG

    Gefährliches Spielen wird mit einer Strafe geahndet:

    ➡ einem indirekten Freistoß - wenn kein Kontakt mit einem Gegner besteht

    ➡ einem direkten Freistoß/Strafstoß - wenn es zu einem Kontakt kommt (auch wenn dieser noch so gering ist)


    SANKTION

    Grundsätzlich wird das gefährliche Spiel NICHT mit einer Verwarnung (gelbe Karte) oder einem Platzverweis (rote Karte) geahndet.


    Einem Spieler wird gezeigt:

    ➡ eine gelbe Karte - wenn GS einen aussichtsreichen Angriff unterbindet

    ➡ eine rote Karte - wenn GS der gegnerischen Mannschaft ein Tor oder eine offensichtliche Torchance verwehrt


    GS / ÄHNLICHE VERGEHEN

    Was ist der Unterschied zwischen gefährlichem Spiel und...


    1️⃣ ...einem Tackling/einem Zweikampf um den Ball?

    Ein Zweikampf ist eine Aktion, bei der ein Spieler mit einem Gegner um den Ball konkurriert, d. h. der Gegner versucht, den Ball zu spielen/zu kontrollieren.

    Gefährliches Spiel muss darf kein Kampf um den Ball sein, z. B. ein Fallrückzieher, der für einen Gegner gefährlich ist, der still steht und sich nicht zum Ball bewegt.


    2️⃣ ...einem Versuch, einen Gegner zu treten, zu schlagen oder ihm ein Bein zu stellen?

    Die versuchten Vergehen sind vorsätzlich. Versucht ein Spieler, einen Gegner auf eine Weise zu treten, zu stolpern oder zu schlagen, die der Schiedsrichter als fahrlässig, rücksichtslos oder übermäßig hart ansieht, wird ein direkter Freistoß/Strafstoß verhängt, auch wenn es nicht zu einem Kontakt kommt.


    Eine gefährliche Spielweise ist in der Regel unbeabsichtigt (zufällig) und daher nur ein indirektes Freistoßvergehen, wenn kein Kontakt besteht.

  • Ich steuere jetzt mal eine Situation aus meinem letzten Spiel bei:

    Ein Verteidiger springt eine Grätsche seitlich in den Angreifer und verfehlt diesen nur zufällig, bei einem Treffer wäre das definitiv schwarzrot (so dunkel wäre das Rot geworden) geworden und der getroffene Spieler hätte wohl eine Reha gebraucht. Ein versuchtes Treten daraus zu konstruieren, sorry, die gesprungene Grätsche galt schon dem Ball, auch wenn der nicht getroffen wurde, letztlich ist das für mich ein Klassiker des "Gefährliches Spiel (GS) ist jede Handlung, die bei dem Versuch, den Ball zu spielen, eine Person zu verletzen droht.", auch wenn die Auslegungshinweise nicht dazu passen - und dafür keine Karte zu geben, sorry, hier liegt eine klare Gesundheitsgefährdung vor.

  • und dafür keine Karte zu geben, sorry, hier liegt eine klare Gesundheitsgefährdung vor

    Für eine reine Gesundheitsgefährdung ohne etwas anderes ist aber eine Verwarnung in den Regeln aber nicht vorgesehen.

    Gelb gibt es erst, wenn es ein rücksichtsloses (versuchtes) Treten ist, aber dafür muss der Angriff dem Mann und nicht dem Ball gelten.

    Vielleicht etwas paradox, aber das sind die Regeln.

  • KozKalanndok So einfach ist es nicht.


    Wie nahe muss ein Gegenspieler beim Scherenschlag oder Flugkopfball entfernt sein, damit jemand (nicht) verletzt werden könnte?


    Wo ziehst du beim (versuchten) Spielen des Balles mit der offenen Sohle ohne Kontakt mit dem Gegenspieler genau die Grenzen zwischen Weiterspielen, GeSp und Foulspiel?


    Das IFAB hat nämlich auch klargestellt, dass ein Kontakt beim Tackling/Zweikampf nicht zwingend erforderlich ist. Daher hätte Manfred den dF geben können. Dem GeSp soll ja in der Regel eben kein Zweikampf vorausgehen.


    Ohne einen Gegenspieler, der aus Angst vor einer Verletzung nicht zum Ball/in den Zweikampf geht, kann es eigentlich gar keine Gefährdung geben.


    Daher bleibt das GeSp für mich in der praktischen Umsetzung noch sehr nebulös hinsichtlich objektiver Kriterien.

  • In der Tat ist "Playing in dangerous manner may not be a challenge for the ball" eine sehr spannende Stelle.

    Ich hatte es erst mit "muss nicht" übersetzt, aber nach etwas mehr Recherche muss man es wohl doch mit "darf nicht" übersetzen.

    Und dann ist diese Auslegung schon sehr restriktiv und bedeutet wirklich, dass es grundsätzlich kein gefährliches Spiel sein kann, wenn beide versuchen den Ball zu spielen/kontrollieren.


    Und auch der Punkt bzgl. der Szene von Manfred ist interessant. Ich hätte ebenfalls gedacht, dass seine Entscheidung dort im Rahmen der Regeln ist.

    Aber anscheinend ist die Kombination aus Rot für übermäßige Härte und idF für gefährlichem Spiel nicht zulässig.


    Wäre spannend, was der DFB dazu sagt und inwiefern das im Lehrwesen aufgegriffen wird. Falls dies auch in Deutschland gelten soll, besteht wohl dringender Schulungsbedarf.


    Mark: Hast du noch eine Quellenangabe/Link für diese Anweisungen?

  • Aber anscheinend ist die Kombination aus Rot für übermäßige Härte und idF für gefährlichem Spiel nicht zulässig.

    Ich würde behaupten, dass die Anweisung sogar eindeutig ist. Ein GeSp kann nur hinsichtlich der taktischen Auswirkung sanktioniert werden. Ist die Aktion rücksichtslos oder übermäßig hart, haben wir automatisch ein Vergehen (Tackling/Angriff) nach 12.1 und dF.

  • Wenn man sich Regel 12.1 mal genauer anguckt findet man noch einen recht krassen Widerspruch.


    Dort ist auf der einen Seite festgelegt, dass (beispielsweise) versuchtes Treten strafbar ist, im direkt nachfolgenden Satz wird der dF aber nur für Vergehen mit Kontakt zugesprochen.

    Aber was wäre ein "versuchtes Treten mit Kontakt"? wäre das nicht schon ein vollendeter Tritt?

  • KozKalanndok Nö, das ist kein Widerspruch, nur unglücklich formuliert. Körperkontakt ist nur eine hinreichende aber keine notwendige Bedingung. Gemeint sind im Wesentlichen die Vergehen in 12.2, die ohne Körperkontakt eben nur zu idF führen.

  • Womit wir aber bei dem alten Lehrsatz wären: In dem Moment, in dem es zum Kontakt kommt, wird aus dem gefährlichen ein verbotenes Spiel.

  • Genau, die Frage war jedoch, wann eine kontaktlose, vermeintlich gefährliche Aktion kein GeSp mehr ist, sondern als Foulspiel gewertet wird oder gar als erlaubte Spielweise.

  • Was ist daran so schwer?

    Eine gefährliche Aktion ist genau dann kein gefährliches Spiel, wenn mindestens eine der folgenden Bedingungen erfüllt ist:


    - Es geschieht nicht beim Versuch den Ball zu spielen (in der Regel zwingende Bedingung)

    - Es tritt tatsächlich eine Verletzung ein (die Regel greift, wenn sich jemand verletzen könnte (im englischen Regelwerk: ...threatens injury...). Wenn sich jemand verletzt hat, dann ist es kein "threat" mehr. In dem Fall ist aber meist etwas anderes strafbar)

    - Der ausführenden Spieler gefährdet bei der Ausführung eines Fallrückziehers oder Scherenschlags ausschließlich Spieler seiner eigenen Mannschaft (Spezialregelung zu Fallrückziehern schlägt die Allgemeinregelung zu gefährlichem Spiel)


    Beispiele (übertrieben, aber nach Regeltext nicht falsch)

    Beispiel 1: Ein Spieler schlägt sich vor Wut vorsätzlich selbst den Kopf an den Torpfosten -> Kein GeSp, aber respektloses Verhalten gegenüber dem Spiel. Weiterspielen und Gelb in der nächsten Spielunterbrechung.

    Beispiel 2: Ein Spieler steigt auf der Torlinie am Torpfosten stehend zum Kopfball hoch um eine knapp geschossene Bananenflanke nur wenige mm neben dem Torpfosten abzuweheren -> GeSp, wegen Risiko der Kopfverletzung. IdF auf Torraumlinie

    Beispiel 3: Ein Spieler steigt auf der Torlinie am Torpfosten stehend zum Kopfball hoch um eine knapp geschossene Bananenflanke nur wenige mm neben dem Torpfosten abzuweheren, trifft aber den Torpfosten und bleibt bewusstlos auf dem Boden liegen -> kein GeSp, weil die Verletzung eingetreten ist. Aber sofortige Unterbrechnung, Behandlung und SRB.

    Beiispiel 4: Ein Spieler versucht einen Torschuss mittels Fallrückzieher nur wenige mm neben dem Torpfosten abzuwehren und sein Torwart ist in unmittelbarer Nähe -> kein GeSp, weil nur Selbstgefährdung bei Fallrückzieher. Weiterspielen.

  • KozKalanndok Nicht eines deiner abstrusen Beispiele erklärt die Fragestellung.


    Nochmal und hier ist Kopfkino erwünscht:


    Ein Spieler rutscht mit gestrecktem Bein Richtung Ball und trifft ihn auch mit der offenen Sohle, ohne dass ein Gegenspieler berührt wird. Wann jeweils Weiterspielen, idF oder dF?

  • dF: Gar nicht.

    idF: Wenn der Gegner aus Angst vor einer Verletzung den Kampf um den Ball abgebrochen hat.

    Weiterspielen: In allen anderen Fällen. (weil es nicht beim Versuch den Ball zu spielen geblieben ist sondern der Ball gespielt wurde...von dieser Regelung entstammt der Zuruf "Schiri, das war Ball gespielt")


    Und ergänzend:

    Wenn der Gegner den Zweikampf annimmt und ihm dabei das Bein vom Körper abgetrennt wird sind wir bei Krankenwagen, Karriereende, Knallrot und dF.

  • dF: Gar nicht.

    Falsch. Das IFAB sieht den dF auch vor, wenn es bei einem mindestens rücksichtslosen Tackling keinen Kontakt gibt. Insbesondere wenn er z. B. nur durch Hochspringen schlimmeres verhindert.


    idF: Wenn der Gegner aus Angst vor einer Verletzung den Kampf um den Ball abgebrochen hat.

    Genauer gesagt, wenn es deswegen erst gar nicht zum Zweikampf kommt.


    Weiterspielen: In allen anderen Fällen.

    Konkret wenn kein Gegenspieler in der Nähe ist oder der Spieler deutlich früher mit dem Stollen weitergerutscht ist, als dass überhaupt ein Kontakt möglich gewesen wäre.

  • wenn es bei einem mindestens rücksichtslosen Tackling keinen Kontakt gibt

    Du hast aber weder rücksichtsloses Tackling (gegen den Gegner gerichtet) noch ein versuchtes rücksichtsloses Tackling, sondern lediglich einen Kampf um den Ball ohne Kontakt beschrieben.

    Mein Kopfkino hat die Situationsbeschreibung nicht als Tackling wahrgenommen sondern lediglich einen Kampf um den Ball ohne Kontakt. Ich denke Du stimmst mir zu, dass damit meine Entscheidung hier richtig ist.

    Wenn Dein Kopfkino das als versuchtes rücksichtsloses Tackling wahrnimmt, dann ist natürlich dF und Gelb richtig (und meine Entscheidung falsch). Worauf ich hier aber raus will: Was genau vorliegt (und vor allem wo genau die Grenze ist) unterliegt hier der unanfechtbaren Wahrnehmung des Schiedsrichters und diese Grenze können wir hier wohl selbst mit der detailiertesten Beschreibung nicht exakt ziehen.

  • KozKalanndok Mir ging es darum, dass jeder sein eigenes Kopfkino beschreibt, bei der dann die jeweilige Spielfortsetzung erfolgt. Als geben gilt nur das Ballspielen mit gestrecktem Bein bzw. offener Sohle ohne Körperkontakt. Das Tackling ist dabei nur eine Möglichkeit.


    Was ich damit sagen möchte ist, dass es gar nicht einfach ist im Sinne der Regeln ein GeSp zu erkennen. Meistens lautet in der Praxis die Entscheidung weiterspielen oder es hätte den dF geben müssen.


    Beim zu hohen Fuß wird öfters richtig entschieden, außer wenn es sehr nahe am Tor des Täters erfolgt. Dann heißt es doch Ball gespielt, auch wenn der Ball dabei aus nächster Nähe dem Angreifer rücksichtslos an den Kopf geschossen wird. Es lag ja kein Kopfkontakt mit mit dem Fuß vor.


    Die Diskussion bei der Selbstgefährdung beim zu tiefen Kopf hatten wir schon. Und dort wird es noch komplizierter. Man stelle sich vor, der SR hätte das 2:1 vom VFB gegen Köln als GeSp gewertet.


  • In der Tat ist "Playing in dangerous manner may not be a challenge for the ball" eine sehr spannende Stelle.

    Ich hatte es erst mit "muss nicht" übersetzt, aber nach etwas mehr Recherche muss man es wohl doch mit "darf nicht" übersetzen.

    Und dann ist diese Auslegung schon sehr restriktiv und bedeutet wirklich, dass es grundsätzlich kein gefährliches Spiel sein kann, wenn beide versuchen den Ball zu spielen/kontrollieren.

    Ich kann mir ehrlich gesagt nicht vorstellen wie ein gefährliches Spiel aussehen soll, bei dem man nicht versucht den Ball zu spielen.

    Danach dürfte gefährliches Spiel quasi fast nie stattfinden.

    "Hohes Bein" ist meistens doch auch ein Versuch den Ball zu spielen.

    Bin kein Schiedsrichter, nur ein Spieler Trainer (wieder) Spieler der sich für die Regeln seines Sports interessiert :D