Spielabbruch nach Rettungshubschrauber Einsatz

  • Bei einem Testspiel vor einigen Wochen trug sich gegen Ende der ersten Halbzeit eine etwas unschöne Szene zu. Zwei spieler, je einer von Heim und Gast, sprangen, als sie einen Ball in der Luft erreichen wollten, gegeneinander. Dabei konnte keiner von beiden den jeweils anderen sehen und so kam es wie es kommen musste: 5 Leute im Umkreis, darunter ich selbst, haben ein unschönes Knacken gehört. Nun, der betroffene Spieler hat das Spielfeld verlassen und die letzten Minuten bis zur Halbzeit konnten ohne Probleme weitergespielt werden. Da ich keine besonderen Anmerkungen seitens der Mannschaft des verletzen Spielers nach Abpfiff der ersten Hälfte gehört habe, ging ich normal in die Kabine. Zu unserem Erschrecken haben Gast, Heim und ich selbst feststellen müssen, dass in der Zwischenzeit ein Krankenwagen eingetroffen ist, da der betroffene Spieler (um den sich Heim und Gast beide vorbildlich gekümmert haben, beide waren auch sichtlich schockiert und betroffen), wohl einen Schlüsselbeinbruch erlitten hat. Nun wollte ich das Spiel nicht wieder anpfeifen, bevor ich mich nicht bei der Manschaft des verletzen Spielers erkundigt hatte und auch eine kurze Rücksprache mit dem Rettungsteam gehalten habe. Dieses klärte mich auf, dass Aufgrund eines Mangels an Notärzten, welcher hier notwendig war, einer mit einem Rettungshubschrauber eingeflogen werden muss (alle anderen, welche mobil mit Auto unterwegs sind, ware bereits im Einsatz). Ich habe mich dann geweigert, das Spiel wieder anzupfeifen, da ich wusste, dass es für den Hubschrauber, welcher auf dem Feld landen würde, wieder unterbrochen werden müsste. Auch sah ich dies als ein potenzielles Sicherheitsrisiko. Nachdem mehr als eine halbe Stunde vergangen war und keiner wirklich mehr Lust hatte, Fußball zu spielen, da wir alle noch den Hubschrauber auf dem Feld sehen konntenn und es wirklich unschöne Eindrücke waren, entschied ich mich, das Spiel abzubrechen (nach Rücksprache mit beiden Manschaften, die beide ein vorzeitiges Ende befürworteten).
    Da es nur ein Testspiel war, hat es auch im Nachhinein, weder Sportegericht, noch sonstige Führungskräfte im Kreis gestört.
    Meine Frage ist jedoch, wie das richtige Vorgehen in einem Ligaspiel gewesen wäre. Wäre die geschilderte Situation ein Grund genug für einen Abbruch, oder hätten mir Beobachter und/oder Sportgericht vorgeworfen, dass man das Spiel noch hätte weiterführen können?


    Danke im Vorraus :)

  • Da würde ich auch in einem Pflichtspiel keine andere Entscheidung treffen. Wenn wegen einer schweren Verletzung der Rettungshubschrauber kommen muss und der ganz sicher auch nicht nach kürzester Zeit wieder wegfliegt würde ich auf jeden Fall abbrechen. Was dann Beobachter oder gar das Sportgericht dazu sagen würde mich nicht aufregen.

  • Ich würde nicht die Verantwortung für den Spielabbruch auf mich nehmen, auch wenn ein Abbruch aus Sicht des gesunden Menschenverstands völlig richtig ist.


    Beide Kapitäne/Mannschaftsverantwortliche unterschreiben lassen und auf deren Wunsch hin das Spiel abbrechen.

  • Da ich aktuell zu Spielabbrüchen einen Lehrvortrag gehalten habe hier ein Auszug aus den Lehrbriefen des DFB:


    Kommt es während eines Spiels zu einem Todesfall unter den Spielern oder Zuschauern oder einer gravierenden Verletzung eines Spielers, sollte der Schiedsrichter das Spiel abbrechen, wenn ihn die Spielführer beider Mannschaften darum bitten.“ (Gabor, SR-Ztg. 2/02, Seite 17)


    Da wird Dir kein Sportgericht etwas vorwerfen.


    VG Sven

  • Ein Schlüsselbeinbruch rechtfertigt m.E. keinen Spielabbruch in einem Pflichtspiel. Wenn der Spieler vom Platz transportiert werden kann, geht es danach weiter. Und wenn der Hubschrauber landen muss, gilt die 30 Minuten-Regel mit Kulanz, so wie es im Regelwerk beschrieben ist.


    Wir hatten den Fall sogar bei unserem letzten SR-Turnier, als sich ein SR Kollege das eh schon vorbelastete Knie beim Kicken verdreht hat. Er wurde vom Platz gebracht, der Notarzt kam aber per Hubschrauber, da nur er das Schmerzmittel verabeichen darf und dann wurde der Kollege mit dem Rettungswagen ins Krankenhaus gefahren. Nach 15 Minuten ging das Turnier weiter, keiner wollte das einen Abbruch.


    Noch zu Sven75: Der zitierte Lehrbrief ist aus dem Jahr 2002, bei Todesfall und einer gravierenden Verletzung (offener Bruch, Bewußtlosigkeit etc.) würde ich genauso handeln !

  • Ich sehe hier auch nicht wirklich einen Grund, wegen eines Schlüsselbeinbruches ein Meisterschafts- oder Pokalspiel abzubrechen. Selbst dann nicht, wenn der RHS landen muß. Dann wird eben nochmal unterbrochen. Wenn aber beide Spielführer die Bitte äußern, das Spiel abzubrechen und mir das auf dem Spielbericht per Unterschrift bestätigen ( im Juniorenbereich die Betreuer ), soll es an mir nicht liegen. Ich würde aber im SB meine Einschätzung einbringen. Für mich ist eine solche Verletzung ein -wenn auch im Fußball zum Glück seltener- ganz normaler Sportunfall. Ich setze das gleich mit einem Bänderriss oder einer Meniskusverletzung. Beide Verletzungen sind für die Betroffenen mindestens so schmerzhaft, wie ein Schlüsselbeinbruch aber deshalb habe ich noch nie ein Spiel abgebrochen. Solch eine Verletzung kommt in anderen Sportarten viel häufiger vor, z.B. beim Radrennsport. Wenn sich dort ein Rennfahrer beim Sturz das Schlüsselbein bricht aber ansonsten wohlauf ist, wird doch auch nicht das Rennen abgebrochen. Ich habe in meiner langen Laufbahn schon deutlich schlimmere Verletzungen erlebt ohne dass abgebrochen wurde. Allerdings war -zum Glück- noch nie eine lebensbedrohliche Situation oder ganz schwere Verletzung ( offener Bruch ) dabei gewesen. Das wäre dann natürlich die rote Linie, wo definitiv Schluß wäre. Ein Freundschaftsspiel ist eine ganz andere Geschichte. Da verständigt man sich dann halt einvernehmlich, dass das Spiel an der Stelle beendet ist. Das hat aber auch dann keine weiteren Auswirkungen im Gegensatz zu einem Pflichtspiel.

    35 Jahre Schiri :saufbrüder: ( und immer noch nicht genug davon )
    1981 bis 2016

  • Also wegen eines Schlüsselbeinbruchs würde ich ein Spiel sehr wohl abrechen, wenn mich der betroffene Verein darum bittet.
    Ich hatte in einem Privatspiel so einen Fall, als man den Bruch über den ganzen Platz hörte. Es ist ja nicht so einfach, einen derart verletzten Spieler vom Platz zu bringen. So wurde der Sanka gehohlt. Nur, die konnten ihm die Schmerzen auch nicht nehmen. So musste der Notarzt nachalamiert werden. So dauerte es über eine Stunde, bis das Spiel fortgesetzt werden konnte. Mich hat keiner gefragt, ob man abbrechen soll, also ging es weiter, ich hätte selbstverständlich abgebrochen. Nur, ich kann nicht sagen, wir brechen hier ab und die wollen weiter machen und sich die Knochen vollklopfen.

    Alle sagten das geht nicht.




    Und dann kam einer und hat es gemacht.

  • Die Frage bezog sich aber auf Pflichtspiele. Und da ist es m.M.n. nicht so einfach. Es sollten schon beide Mannschaften mit dem Abbruch einverstanden sein. Dann wird das Spiel neu angesetzt und gut. Ist aber die nicht betroffene Mannschaft nicht mit einem Abbruch einverstanden, wird's schwierig. Sollte sich die betroffene Mannschaft dann weigern, weiterzuspielen, könnte ihnen das schwer auf die Füsse fallen. Ich rede hier jetzt nicht von Moral oder unsportlichem Verhalten der anderen Mannschaft. Das ist eine andere Sache. Aber man stelle sich vor, der Tabellenletzte führt zwanzig Minuten vor Schluß 3:0 gegen den Ersten und dann verletzt sich ein Spieler des Ersten und bricht sich das Schlüsselbein. Und diesen -zugegeben schlimmen- Unfall nimmt jetzt dessen Mannschaft zum Anlaß, den Spielabbruch zu fordern. Kann man es dem Letzten dann verdenken, wenn er von dessen Forderung nichts hält und den Abbruch ablehnt? Und wenn das der Fall ist, dann habe ich als SR keine Handhabe das Spiel abzubrechen. Außerdem hätte so ein Abbruch doch ein ziemliches Gschmäckle.
    Privat - oder Freundschaftsspiele sind, wie ich schon sagte, eine ganz andere Baustelle.

    35 Jahre Schiri :saufbrüder: ( und immer noch nicht genug davon )
    1981 bis 2016

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  • Wenn beide Vereine bei einem Pflichtspiel darum bitten, dass Spiel abzubrechen, unterschreiben die mir das auf dem Spielbericht und ab unter die Dusche.

    Alle sagten das geht nicht.




    Und dann kam einer und hat es gemacht.

  • Schwere Verletzung plus Rettungshubschraubereinsatz? Da tendiere ich (auch beim Pflichtspiel) eindeutig zum Spielabbruch, insbesondere in unteren Ligen wo der Hobbycharakter überwiegt. Würde ich auch so vor dem Sportgericht vertreten. Wenn die das anders sehen, akzeptiere ich dies, das ändert aber nichts an meiner Einstellung.


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    "Jetzt wechselt Jamaika den Torhüter aus!"
    (Gerd Rubenbauer, als der FIFA-Beauftragte am Spielfeldrand eine Minute Nachspielzeit anzeigte)

  • Das kommt darauf an, weshalb der RHS kommt. Kommt er weil akute Lebensgefahr besteht und alles sehr schnell gehen muss, ist es doch gar keine Frage. Dann brauche ich eigentlich keine Zustimmung mehr von irgendjemandem, weil ich selbst dann möglicherweise nervlich und emotional so angegriffen bin, dass ich gar nicht mehr in der Lage wäre, weiter zu pfeifen.
    Kommt er aber nur um den Notarzt einzufliegen, weil dieser zu weit weg war und alle anderen im Einsatz sind, damit er -weil als einziger berechtigt- dem Verletzten die notwendigen Schmerzmittel verabreichen kann und ihn damit transportfähig macht, dann wird gewartet und wenn der Hubschrauber nach einer gewissen Zeit wieder weg ist, wird weitergemacht. Ich hatte vor ein oder zwei Jahren ein Erlebnis in einem Meisterschaftsspiel der Herren A-Klasse, wo sich ein Spieler richtig übel verletzt hat. Später erfuhr ich, dass er sich das Schien- und Wadenbein gebrochen hatte. Wir hatten 40 Min. Spielunterbrechung, weil die Sanitäter zwar da waren aber wegen der Schmerzen des Spielers musste auf den Notarzt gewartet werden, der noch in einem anderen Einsatz war. Keiner wagte es, den Spieler anzupacken um zu versuchen, ihn auf die Trage zu legen. Allen Beteiligten tat dieser Spieler zwar leid und alle litten mehr oder weniger mit aber niemand, wirklich niemand, dachte an einen Spielabbruch. Das Wort fiel noch nichtmal. Deshalb bin ich der Meinung, dass mit Abbrüchen bei Verletzungen von Spielern sehr vorsichtig umgegangen werden muß.

    35 Jahre Schiri :saufbrüder: ( und immer noch nicht genug davon )
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  • Moment:


    Wenn ich mich nach einem Rettungshubschraubereinsatz nervlich nicht mehr in der Lage sehe, das Spiel noch zu Ende zu leiten, ist eben Schluss - da wird das Sportgericht zwar eine Neuansetzung anordnen, aber das war es auch schon. Wobei ich ausdrücklich betone, dass es dabei nicht auf den Grund der Hubschrauberlandung ankommt, aber ebenso, dass ein Abbruch keinesfalls zwingend ist - alleiniger Entscheidungsgrund ist mein Nervenkostüm, denn wenn es da nicht mehr stimmt, werde ich auch keine vernünftige Spielleitung mehr hinbekommen. Daher sage ich auch klar, dass selbst eine schwere Verletzung kein zwingender Abbruchgrund ist - wenn die Mannschaften und ich damit klarkommen, spielen wir weiter.

  • auch ich hatte mal so einen Fall, allerdings bei den A - Jun. Bei einem Zweikampf wurde der TW der Heimmannschaft so unglücklich am Kopf getroffen, dass er eine Gehirnerschütterung, eine Nasenbeinbruch, eine offene Lippe hatte und noch die Zunge verschluckte. Zuerst kam der Krankenwagen, und anschließend noch der RHS die ihn in die Klinik flog.
    Ich holte beide Spielführer zu mir, und erklärte ihnen, dass ich das Spiel nicht abbrechen kann, da ich ja nicht geschädigt wurde. Beide Spielführer sagten übereinstimmend, in Rücksprache mit ihren Trainern, dass sie nicht weiterspielen wollen. Daher habe ich das Spiel abgebrochen. Später erfuhr ich, dass beide Mannschaften das Spiel als verloren gewertet bekamen, weil sie einen Spielabbruch verursacht haben. Über dieses Urteil war ich erstaunt, denn ein Wiederholungsspiel wäre für mich sinnvoller gewesen.

  • Das ist genau das, was ich meine, wenn ich sage, es ist eben nicht so einfach, ein Pflichtspiel abzubrechen wegen eines Schlüsselbeinbruches oder einer vergleichbaren Verletzung. Und der Spruchkammer ist hier kein Vorwurf zu machen, handelt sie doch nach den Vorgaben gemäß der Bestimmungen.

    35 Jahre Schiri :saufbrüder: ( und immer noch nicht genug davon )
    1981 bis 2016

  • Und der Spruchkammer ist hier kein Vorwurf zu machen, handelt sie doch nach den Vorgaben gemäß der Bestimmungen.


    Das sehe ich anders. Wenn Junioren nachvollziehbar erklären, sie sehen sich nicht in der Lage, ein Spiel ordnungsgemäß zu Ende zu spielen, dann kann die Spruchkammer die Abbruchgründe auch als hinreichend bewerten und die Partie neu ansetzen.
    Ich vermute eher, dass hier die Spruchkammer weitere Gründe gesehen hat, die Teams zu bestrafen.

  • Dann schreibe ich als Schiedsrichter in so einem Fall, dass ich das Spiel abgebrochen habe, da auch ich mich persönlich nicht in der Lage sah, das Spiel weiterzuführen.


    Wenn beide Mannschaften darum bitten, nicht weiterspielen zu müssen, dann wird das Spiel abgebrochen. Und wenn es wirklich so schlimm war, dass es einem davon "mulmig" warden kann, dann wird es dem SR doch auch so gegangen sein.

    Gott sei Dank habt ihr Schiedsrichter, sonst müsstet ihr eure Fehler ja bei euch suchen !