Geschickt gelöst sieht da wohl anders aus

  • Bei einem Spiel am Wochenende kam es zu einer Situation bei der ich mal wieder nicht weiß, wie ich sie hätte besser oder anders gesagt „geschickter“ lösen können. Aber der Reihe nach… Tatort ist die 3. Kreisklasse (ist bei uns die unterste Spielklasse). Beide Mannschaften hatte ich in dieser Saison schon mal erleben dürfen. Die Heim-Mannschaft bei einem doch sehr hitzigen Spiel mit viel Gemecker und einem sehr engen Ausgang (3:3). Das vorherige Spiel der Gast-Mannschaft ließ sich leichter leiten. Zwar auch mit einem knappen Ausgang (1:2) für diese Mannschaft, aber das gesamte Spiel lief doch ruhiger ab.



    Nun zum Spiel vom letzten Wochenende. Das Spiel war gleich von der ersten Minute voll im Gange. Kein abtasten, keine Taktik, nichts! Gleich aufs Tor! Heim war von der Spielanlage und vom körperlichen Eindruck den Gästen bereits nach ca. 15 min deutlich überlegen. Aber durch die übertriebene Hast, die bei allen Aktionen nicht nur zusehen sondern auch deutlich zu hören war, gelang es Heim nicht ein Tor zu erzielen. Die Heim- Mannschaft war die komplette Zeit damit beschäftigt sich gegenseitig anzumeckern und anzuschreien. Die Gast-Mannschaft war, wie schon erwähnt in der Spielanlage und im körperlichen Eindruck etwas unterlegen, aber sie spielen als Mannschaft zusammen. So passierte, was passierten musste! Gast gelang es nach ca. 20 min die Überlegenheit von Heim auszugleichen. Der zweite Angriff von Gast. Der Ball hüpfte nach einen „Gurkenschuss“ durch den Strafraum von Heim und landete im Tor. Der Ausgleich für Heim fiel durch einen Strafstoß zum Ende der ersten Halbzeit. Bei dieser Entscheidung kam nur sehr leichter Protest. Der Spieler, der den Strafstoß verursachte sagte selber: „als ich den Kontakt gemerkt habe, wusste ich das der Pfiff kommt.“ Ja, so eine Einsicht…


    So ging es auch in die Pause. Bis dahin war es ein ruhiges Spiel. Keine bösen Fouls, keine Gelbe, kaum Gemecker und ein Unentschieden auf dem Zettel. Das sollte sich ab ca. der 70. min schlagartig ändern. Die zweite Halbzeit begann zunächst wie die erste aufgehört hatte. In der 50. min ein Angriff von Gast und der Ball kam wieder ins Tor von Heim. Kein sehenswerter Treffer. Genauso ein „Gurkentor“ wie das erste. Gurkentor, diesen Begriff gebrauchte der Torschütze übrigens selbst für seinen Führungstreffer zum 1:2. Der erneute Ausgleich fiel dann durch einen wirklich sehenswerten Kopfball aus ca. 7 m in den Winkel. Es war ein blitzsauberes Eigentor in der 65 min eines Abwehrspielers. Nun geriet das Spiel in eine sehr heiße Phase. Die erste Gelbe im Spiel fing sich ein Spieler von Heim. Der kommentierte die Situation mit den Worten. „Ist schon gut. War ein taktisches Foul. Da bleibt Dir ja nichts anderes übrig.“ Dieser Kommentar beschreibt die klare Karte am ehesten. Die erste Gelbe für Gast holte sich ein Spieler, der durch eine gewisse Übermotivation auffiel und bereits von mir ausdrücklich ermahnt wurde. Die zwei vorangegangenen Fouls waren beide nichts Wildes. Aber ich hatte ihn ermahnt und wenn er dann in zwei Min. das dritte Foul begeht, muss ich wohl meinen Worten Taten folgen lassen. Nun begannen die Foulspiele und Meckereien von beiden Seiten. Keine 5 min später wird der Spieler, der sich die erste Gelbe für Heim eingefangen hat, von einem Gegenspieler in einem Zweikampf von den Beinen geholt. Daraufhin springt er auf und schuppst den Abwehrspieler um. In wieweit der Abwehrspieler die Einladung annimmt und sich fallenlässt, kann ich nicht sagen. Aber die Ampel ist an dieser Stelle mehr als gerechtfertigt. Nach zwei bis drei Min. fällt nun das 2:3 für Gast. Der nächste sehenswerte Treffer, aber diesmal ins beabsichtigte Tor. Nun drehen alle auf dem Platz richtig auf. Keine Min. nach Wiederanpfiff meinen zwei Spieler von Gast mich aus vollem Hals anschreien zu müssen, weil sich mit einer Entscheidung nicht einverstanden sind. Es war keine Beleidigungen dabei. Aber anschreien lassen muss ich mich wohl echt nicht. Das waren dann die Gelben 2 und 3 für Gast.


    In der 92 Min. kam es zu der Szene, die im Nachhinein den meisten Klärungsbedarf hatte. Zwei Angreifer von Gast sind mit Ball durch und auf dem Weg mit dem Ball zum Tor. Ein Abwehrspieler läuft seitlich auch in den Strafraum. Der Torhüter kommt aus dem Tor und legt sich quer um den Ball abzufangen. Der TW, sein Abwehrspieler und ein Angreifer prallen zusammen. Der TW kann nur noch im Liegen den Ball von den Händen abklatschen lassen. Nun liegen der TW und beide Spieler im Strafraum. Und der zweite Angreifer schiebt in aller Ruhe den Ball ins Tor. Für mich war es ein reguläres Tor, da der TW aus seinem Tor kam und den Kontakt in Kauf genommen hat. Ich hatte sogar erst überlegt abzupfeifen und auf Strafstoß zu entscheiden, da der TW den ersten Angreifer ja sauber von den Beinen geholt hatte und erst im Liegen den Ball an die Hände bekommen hatte. Aber der zweite Angreifer nahm mir die „Arbeit“ ab. Klar dachte ich… Vorteil! Tor! Anstoß! Nun nimmt der Angreifer, der den Treffer erzielt hat den Ball auf und steckt ihn sich unters Trikot. Läuft so mit Ball unterm Trikot und dem Daumen im Mund in Richtung der Heim-Bank. Ich meine man kann seinen Gegner wohl nicht mehr verhöhnen. Viel unsportlicher geht’s wohl nicht in dieser Situation. Also klare Sache! Gelb für den Torschützen. Dummerweise ist das genau einer der Spieler, die sich einige Min. vorher eine Gelbe wegen Meckerns eingefangen hatten. Also gebe ich im Strafraum dem Angreifer Gelb/Rot und entscheide auf Tor. Anstoß! Da hatte ich echt Kirmes auf dem Platz. Bis das der letzte auch verstanden hatte vergingen gut 2 Min. Alle dachten ich gebe Gelb/Rot für das angebliche Foul am TW, aber im selben Moment entscheide ich auf Tor und Anstoß. Klar hätte man sogar noch Gelb für den TW auspacken können/müssen. Aber durch die Nähe des Abwehrspielers war eine klare Torchance doch etwas fraglich. Das Foul am Angreifer war nicht bösartig, sondern sagen wir mal etwas ungeschickt...


    Ich wusste im Moment in dem ich in den Strafraum lief schon, dass es heftige Proteste geben wird. Und dachte einen ganz kurzen Moment darüber nach, ob ich nicht auf Foul und Freistoß für den TW entscheiden sollte. Das wäre zwar gegen meine Wahrnehmung gewesen, aber so hätte ich die Hälfte an Portesten gehabt und es hätte ja immer noch (in der 92. Min!) 2:3 und nicht wie ich es dann auf dem Zettel hatte 2:4 gestanden. Dann noch die nötige Gelb/Rote für den Angreifer… Wenn ich die nicht gegeben hätte, hätte sich auch kaum einer beschwert. Ich musste ja vor allem der Heim-Mannschaft mit einigen Worten erklären, warum ich jetzt die Gelbe für den Angreifer auspacke. Also kurz und gut. Ich hätte mir die ganze Kirmes auch ersparen können. Aber nein! Ich musste ja wieder alles korrekt durchziehen. Geschickt gelöst sieht da wohl anders aus.


    Weiter ging es dann mit Anstoß für Heim. Die brachten noch einen sehenswerten Angriff zustande. Dieser brachte aber nichts ein. So endete das Spiel mit 2:4 in der 96 Min. Ach ja! Eines noch. Mit den Trainern konnte man nach dem Spiel ganz normal reden. Kein böses Wort oder ähnliches. Im Gegenteil! Der Heim-Trainer nach dem Spiel: „Wir haben heute scheiße gespielt und verdient verloren!“ Nur die letzte Aktion mit seinem TW, seinem Verteidiger und dem Angreifer hatte er natürlich anders gesehen. Der Trainer von Gast hatte dann noch eine dritte Version.


    Wie regelt ihr solche Situationen? Gibt es da geschicktere Lösungen? Hab ich mir da eine unnötige Baustelle aufgemacht? Wie gesagt: Wir sind in der 3. KK! Ich meine; wenn man in einer solchen Situation anders entscheidet, hat man seine Ruhe und am Ergebnis ändert sich ja auch nichts.


    PS: Ich grüble immer noch wo der Punkte war, an dem man früher oder härter hätte durchgreifen müssen, damit dieses Spiel gar nicht erst so hoch kocht. Das ist mir nun schon zum zweiten Mal passiert, dass ich nur mit Mühe so ein Spiel wieder einfangen konnte. Die den allerersten Spielen war ich zu zögerlich. Das weiß ich nun und habe das auch ganz gut abgestellt. Aber wie gesagt, manchmal findet ich den Punkt einfach nicht, an dem die Spieler mal einen Dämpfer brauchen.

    Spruch von: Jan-Aage Fjörtoft
    Der Trainer hatte nach den ganzen Ausfällen im Angriff nur noch die Wahl zwischen mir und dem Busfahrer. Da der Busfahrer seine Schuhe nicht dabei hatte, habe ich gespielt.

  • Der Klassiker. Immer wenn es zum Kontakt mit dem TW kommt, wollen alle Verteidiger ein Vergehen am TW erkannt haben. Und so entscheiden auch 90% der SR. Wenn hier im geschilderten Beispiel der TW zuerst den Zusammenprall verursacht und dann noch zufällig an den Ball kommt, dann hast Du alles richtig entschieden. Es gibt sogar noch einen Bonus-SR-Punkt für die korrekte Anwendung der Vorteilsbestimmung :top: .


    Vielleicht hilft zur Akzeptanz der Entscheidung eine kleine Pause zwischen Anzeigen des Tores und VW für den unsportlich jubelnden Angreifer. Ansonsten sollte man sich als SR hier nicht zu viel Gedanken machen. Schließlich reagieren wir hier nur auf die Aktionen der Spieler: 1. Foul des TW. und 2. Unsportlichkeit des Angreifers. Da müssen wir SR uns keinen Schuh anziehen, wenn Akteure der Betonklassen das zunächst nicht verstehen (wollen) und es kurzzeitig Zirkus gibt.


    Klar kann man auch in der 90. Minute abpfeifen. Klar kann man immer auf Fs für den TW entscheiden. Aber diese Dinge sollte man nicht überstrapazieren. Ersteres kam hier aufgrund des knappen Spielstandes nicht in Frage und zweiteres sorgt leider dafür, dass manche Torhüter sich in alles reinwerfen was da kommt und dann einen Freistoß verlangen.
    Ich begrüße Deine Entscheidungen.

  • Ob du den Torjubel verwarnst oder nicht, ist Gefühlssache. Aber wenn du das Gefühl hast, der Jubel wirkt unsportlich, dann ist sofort die Karte ziehen richtig und wichtig. Wenn du nämlich "taktisch" z.B. in der Nähe der Mittellinie wartest, um die Karte zu überreichen, dann geht das vielleicht sogar neunmal gut. Aber beim 10.Mal finden sich auf der Heimbank ein paar Holzköpfe, die dann rauskommen und dem Daumenlutscher wegen der "bösen Provokation" eins aufs Maul geben wollen. Und was dann kommt, dagegen ist das bisschen Gemecker und Erklären, was du hattest, Kindergeburtstag...

    Der Klügere gibt nach.


    Das erklärt, warum die Welt von den Dummen regiert wird.

  • Vielleicht hilft zur Akzeptanz der Entscheidung eine kleine Pause zwischen Anzeigen des Tores und VW für den unsportlich jubelnden Angreifer.


    Ich sehe das auch so wie BRiT. Wenn man es nicht gesehen hat, ist es natürlich schwer zu beurteilen. Beim Lesen habe ich allerdings den Eindruck erhalten, dass es hier an der Außenwirkung haperte. Entweder wurde die Aktion des Torschützen von der Heimmannschaft/-bank nicht wirklich als Provokation aufgenommen oder die Karte kam so schnell (womöglich noch mit Pfiff, der als Foulentscheidung interpretiert werden könnte), dass der Zusammenhang zum Jubel nicht klar wurde.


    Ansonsten würde ich das Spiel ganz entspannt sehen. Plumpes Gemecker gehört in den unteren Klassen häufig zum Standard und wurde ja von dir auch ausreichend sanktioniert.

    In einer Aktion prallten Grevelhörster und Gerick zusammen. Der FC-Stürmer blutete aus der Nase, aber Schiedsrichter Stefan Tendyck aus Gelsenkirchen konnte mit einem Taschentuch aushelfen. Gericks Torriecher wurde nicht in Mitleidenschaft gezogen: Er markierte das 1:3.


    Westfalen-Blatt (29.5.2017) :D

  • Ein ganz einfacher Rat: Rede mit dem Spieler - und zwar so laut, dass die Bank, vor der er den Mist aufführt, dies auch mitbekommt (aber natürlich ohne zu schreien). Sage ihm einfach, dass diese Form der Torjubels unsportlich sei und ihm doch wohl klar sei, was das für ihn bedeute - und schwupps wissen alle, wofür es die Ampel gab und jeglicher Mutmaßung ist die Grundlage entzogen.