Bis heute erinnere ich mich an einen Vorfall aus meinen SR-Anfängertagen:
Damals (vor mehr als 30 Jahren, ich war 16 oder 17) war es bei uns üblich, dass man D- und C-Jugend hintereinander pfiff (die Spielzeit war zudem noch kürzer). An einem Tag hatte ich das Vergnügen auf einem - damals noch sehr weit verbreiteten - Hartplatz (andere nennen das Grand- oder Ascheplatz) pfeifen zu dürfen. Es regnete, regnete und regnete - und das auch nicht erst ab Spielbeginn, jedenfalls wurde der Platz immer weicher, die Pfützen immer größer und wir alle immer durchnässter. Das D-Jugendspiel neigte sich dem Ende entgegen, als mir immer klarer wurde, dass es keinen Sinn machen würde, die C-Jugend überhaupt anzupfeifen, da ein ordnungsgemäßes Spiel eigentlich schon jetzt nicht mehr möglich war.
Also Spiel zu Ende gebracht und beiden bereits umgezogenen Mannschaften mitgeteilt, dass das Spiel wegen Unbespielbarkeit des Platzes nicht mehr stattfinden werde. Dann ab ins Vereinslokal um die Spesen zu holen - und dann kam der Hammer: Der Wirt war der Auffassung, dass man sehr wohl hätte spielen können (äh, wer war draußen und 50 Minuten auf dem Platz unterwegs gewesen und wer stand trocken hinter seinem Tresen?) und wollte das unbedingt im Spielbericht vermerken (damals noch Papier), was ich in meiner Unbedarftheit auch zuließ; es versteht sich von selbst, dass ich das im Anschluss noch entsprechend kommentiert habe, ich habe auch nie wieder etwas davon gehört.
Warum schreibe ich das - und ausgerechnet im Forum für Neulinge? Es kann zwar in jedem Verband anders geregelt sein, meist betrifft das aber die "generellen" Absagen - wo es tatsächlich eine andere Regelung geben sollte, ist hier Schluss. In den allermeisten Fällen muss aber der SR vor Ort die finale Entscheidung treffen, ob ein Platz (noch) bespielbar ist (d.h. ein ordnungsgemäßes Spiel ist möglich oder nicht) - und das Recht sollte mit Vernunft ausgeübt werden. Natürlich spielen Alter und Leistungsklasse eine Rolle, im Erwachsenenbereich kann ich großzügiger sein als beispielsweise bei der D-Jugend, dennoch stehen wir in der Verantwortung - sowohl für die Durchführung eines Spiels als auch für die Absage oder den Abbruch - und lasst Euch dabei von niemandem hereinreden.
Wann ist ein ordnungsgemäßes Spiel möglich? Der Untergrund muss so beschaffen sein, dass sowohl hinreichende Griffigkeit gewährleistet ist als auch keine überdurchschnittliche Verletzungsgefahr besteht. Praktisch heißt das, dass Plätze mit gefrorenem Untergrund nicht bespielbar sind, aber auch Plätze, die zu weich sind. Außerdem muss der Ball zumindest weitgehend ordentlich gespielt werden können, d.h. wir können flache Pfützen in begrenztem Umfang durchaus akzeptieren, eine Seenlandschaft oder tiefe Pfützen (d.h. Wasserstand tiefer als die Schuhsohle mit Stollen/Noppen) jedoch nicht. Dabei ist zu beachten, dass unter Umständen durch abziehen, auffüllen etc. durchaus eine Bespielbarkeit hergestellt werden kann, gerade nach Regenfällen (insbesondere Sommergewittern) hilft auch manchmal eine Wartezeit, bis die Drainage das Wasser so weit abgeleitet hat, dass ein Spiel (wieder) möglich ist.
Wir haben uns an die Vorgaben zu halten: Ist ein Platz vom Eigentümer gesperrt, dürfen wir darauf kein Spiel leiten. Der Umstand der Sperre wird im Spielbericht vermerkt und fertig. Schwieriger wird es, wenn vor Ort irgendjemand erklärt, der Platz sei gesperrt - dann tun wir gut daran, dessen Namen und seine Funktion in Erfahrung zu bringen und einen Offiziellen der Heimmannschaft (ebenfalls unter Abfrage des Namens) zu befragen, ob dieser Mensch eine solche Erklärung abgeben darf, es könnte ja immerhin sein, dass uns da einer verar... will. Ist der Typ erklärungsberechtigt --> Vermerk im Spielbericht und Abfahrt, wenn nicht, kommt dieser Versuch sehr wohl in den Spielbericht, wir spielen aber trotzdem. Nicht vergessen: Gibt es einen Ausweichplatz auf derselben Sportanlage, der uns zur Verfügung gestellt wird und ist der bespielbar, so findet das Spiel dort statt (Vermerk im Spielbericht nicht vergessen), es sei denn, die Regularien Eures Verbandes schließen das aus (das soll in einigen Verbänden tatsächlich so sein, klärt das vorher).
Ach ja: Ich habe in den letzten Jahren durchaus Schlammschlachten geleitet, die Plätze waren grenzwertig und ich hatte beiden Seiten mitgeteilt, dass ich eine Absage vertreten könnte, aber wenn beide Seiten spielen wollen, bin ich nicht der Spielverderber. Und umgekehrt: Wegen Resten von Schneematsch wollte einmal eine Mannschaft nicht spielen, aber ich hatte mir schon ein eigenes Bild von dem Platz gemacht und den für bespielbar befunden, also wurde auch gespielt.
Und noch etwas: Lasst Euch nichts über eine Haftung erzählen, das Regelwerk schließt jede Haftung des Schiedsrichters aus (natürlich ist das kein Freibrief für Tätlichkeiten o.ä.).
