Liebe Spieler, Trainer und Zuschauer,
irgendwie brennt es mir unter den Nägeln, Ihnen mal ein paar Worte zur Vorteilsbestimmung zu schreiben. Vielleicht stutzen Sie schon jetzt, denn was soll Vorteilsbestimmung sein, es gibt doch nur die Vorteilsregel. Lassen Sie uns hier nicht in Wortklaubereien einsteigen, wichtig ist jedoch, dass das Regelwerk dem Schiedsrichter aufgibt, auf die Ahndung einer Regelübertretung zu verzichten, wenn das für die Mannschaft, die eigentlich "geschädigt" wurde, von Vorteil ist.
Kennen Sie das nicht? Der blöde und blinde Schiri sieht das klare Handspiel oder Foul nicht und lässt weiterspielen. Davon abgesehen, dass bei weitem nicht jeder Kontakt des Balles mit der Hand regelwidrig ist und auch manche Situation aus Sicht des Schiedsrichters kein Foul ist, so haben doch fast alle Schiedsrichter die ich kenne weit mehr Spielverständnis, als man ihnen von außen zutraut - und deshalb lassen sie auch manch echtes Foul oder Handspiel ungeahndet, weil die Spielsituation eben durchaus vorteilhaft ist oder zumindest werden kann. Hier sind wir genau am nächsten wichtigen Punkt: Der Schiedsrichter kann (und soll) einige Sekunden abwarten, ob der erwartete Vorteil auch eintritt, ansonsten kann er immer noch "nachpfeifen". Wenn Sie aber draußen dann schon toben, wirkt dies schnell so, als pfeife der SR auf Zuruf, obwohl er alles richtig macht.
Noch ein Wort zur vorteilhaften Situation: Der SR wird immer die Mannschaft und nicht den einzelnen Spieler sehen. Außerdem muss er zwingend taktische Erwägungen einfließen lassen: Im eigenen Strafraum gibt es beispielsweise grundsätzlich keinen Vorteil und bestimmte Fouls, das ist abhängig vom Spielcharakter, müssen geahndet werden, selbst wenn dadurch womöglich im Einzelfall ein Vorteil verloren gehen kann. Dazu ein Beispiel: Mir ist es einmal passiert, dass ein Verteidiger, der bereits verwarnt war, ein verwarnungswürdiges Foul begeht. Der gefoulte Angreifer bleibt im Ballbesitz und sieht sich im Vorteil, ich hingegen halte die Möglichkeit für bestenfalls mittelmäßig, so dass ich zum Ergebnis komme, hier ist die Ampelkarte und die daraus entstehende Überzahl der größere Vorteil ist. Im ersten Augenblick mault der Angreifer, nachdem er sieht, dass sein Gegner vom Feld muss, stimmt er mir aber zu, dass das hier der größere Vorteil war.
Daher mein Rat und meine Bitte: Stellen sie bis zum Pfiff des Schiedsrichters das spielen nicht ein, der Typ weiß in aller Regel, was er tut. Und auch als Trainer oder Zuschauer, schlucken Sie erst einen Moment und Sie werden sehen, gar nicht so selten ist es wirklich ein Vorteil oder der Pfiff kommt noch.