Gängige Regelauslegung: Spieler steht beim Anstoß ungeahndet in der Hälfte des Gegners

  • In der Regel 8 steht eindeutig: Alle Spieler befinden sich beim Anstoß in ihrer eigenen Spielhälfte.


    Dennoch beobachte ich immer wieder die „Unsitte“, dass sich ein Spieler der anstoßenden Mannschaft bereits einen Meter in die fremde Hälfte stellt, um den Anstoß anzunehmen und dann zurück zu passen.

    Heute bei einem D-Jugend Turnier, in dem mein Jüngster mitspielte, stand ein Spieler (unserer Mannschaft) sogar regelmäßig zwei Meter in der gegnerischen Hälfte, ohne dass es einen der Schiedsrichter störte.

    Ein Schiedsrichterkollege, der ebenfalls Vater eines Mitspielers meines Sohnes ist, erklärte von mir darauf angesprochen, dass er diese Vorschrift gar nicht kenne, und dann schon seit 20 Jahren falsch pfeift.

    Wie haltet Ihr das? Mache ich mich lächerlich, wenn ich Spieler in ihre eigene Hälfte schicke? Ich habe das schon mehrfach getan, wurde komisch angeschaut, aber natürlich konnte ich mich bisher immer „durchsetzen“.

  • Wieder ein typischer Fall zwischen Theorie und Pragmatismus ...


    Formal ist es vollkommen zutreffend, dass sich alle Spieler in ihrer Hälfte befinden müssen, also auch die, die den Anstoß ausführen.


    Pragmatisch ist es aber tatsächlich so, dass es in nahezu allen Ligen mehr oder weniger stillschweigend geduldet wird, wenn sich ein Spieler der den Anstoß ausführenden Mannschaft ein paar Schritte in der gegnerischen Hälfte befindet, um den Anstoß zurückzupassen.

  • Also zu kleinlich würde ich nicht sein, aber wenn ein Spieler einen halben Meter in der gegnerischen Hälfte steht, spricht doch nichts dagegen, dass ich ihn vorher darauf hinweise. Einen Anstoß aber deshalb zu wiederholen finde ich keine gute Lösung, da man das hier schon im Vorhinein lösen kann. Und das sollen die Kleinen ruhig auch schon lernen.

  • Mache ich mich lächerlich, wenn ich Spieler in ihre eigene Hälfte schicke? Ich habe das schon mehrfach getan, wurde komisch angeschaut, aber natürlich konnte ich mich bisher immer „durchsetzen“.

    Kurz und knapp: Ja. In der besagten Regel sollte eigentlich auch stehen, dass der Anstoß nach vorne ausgeführt werden muss. Jetzt soll der Ball also nach vorne gepasst werden und der Kollege des ausführenden Spielers soll hinterherlaufen?


    Sorry, aber das wird so überall stillschweigend akzeptiert. Vielleicht hilft auch die Frage nach Sinn und Geist der Regel: Ich erkenne keinen wirklichen Vorteil, wenn ein Spieler, der den Ball erhält und auf den sich ohnehin alle konzentrieren, bei der Ballannahme ein Meter in der gegnerischen Hälfte steht.


    Okay, zwei Meter sind dann vielleicht etwas viel und man kann in dem Fall, denke ich, den Spieler ruhig bitten, ein paar Schritte zurückzugehen; aber sonst mache ich mir da nicht unnötig ein Fass auf. Ich bin heilfroh, wenn die Spieler wenigstens wissen, dass der Anstoß nach vorne ausgeführt werden muss.

  • "Nach vorne spielen" bedeutet nicht lotrecht zur Grundlinie, sondern kann auch quasi-parallel zur Mittellinie erfolgen. Ein Spieler, der exakt auf der Mittellinie steht, um den Ball anzunehmen, hat also keine Probleme.


    "Sinn und Geist" der Regel geht mir übrigens langsam wirklich gegen den Strich. Wenn ich überall den Sinn und Geist hinterfrage, kann ich anfangen, einige Regeln so aufzuweichen wie sie mir passen. Das ist Regelbeugung. Hier wird mittlerweile bei jeder zweiten Diskussion mit dem "Sinn und Geist" argumentiert, und das in Fragen, wo die Regel völlig eindeutig ist.


    Dass man in der Praxis den Anstoß auch dann zulässt, wenn ein Spieler einen halben Meter in der gegnerischen Hälfte steht, ist was anderes. Ich kontrolliere auch nicht, ob in meinem Rücken zwischen Pfiff und Ausführung des Anstoßes möglicherweise jemand zu früh die gegnerische Hälfte betritt. Zwei Meter, wie vom Threadersteller angesprochen, finde ich sehr viel, diese Situation ist mir allerdings glaube ich bislang auch noch nicht vorgekommen.


    Die Aussage des SR, er kenne diese Regel nicht, ist höchst fragwürdig.

  • Nach "Sinn und Zweck" der Regeln zu fragen halte ich selbst auch für ziemlich naiv. Da könnte ich jede Regel hinterfragen, und wenn mir eine bessere Lösung einfällt, meine eigene entwerfen und dann so anwenden.


    Eine Regel, die so klar formuliert ist, dass ALLE Spieler beim Anstoß in ihrer eigenen Hälfte sein müssen, kann man eigentlich ja nicht auslegen. Der Anstoßkreis sichert ja, dass alle den richtigen Abstand einhalten. Wer dann eben schnell genug ist, nach dem Anstoß die anstoßende Mannschaft zu stören, sobald sich der Ball bewegt hat, spielt regelgerecht. Ein weiterer Schutz der anstoßenden Mannschaft ist nun mal nicht vorgesehen.


    Ich habe mich jetzt schnell noch mal erkundigt, in den Lehrgängen für die Neulinge wird immer noch darauf hingewiesen, dass die Regel "in Kraft ist", auch wenn sich sogar Profis nicht mehr dran halten (inklusive der Top-Schiris).

  • Kurz und knapp: Ja. In der besagten Regel sollte eigentlich auch stehen, dass der Anstoß nach vorne ausgeführt werden muss. Jetzt soll der Ball also nach vorne gepasst werden und der Kollege des ausführenden Spielers soll hinterherlaufen?

    Worin liegt das Problem, wenn der Kollege dem Ball hinterherlaufen muss? Ich könnte mir höchstens eine Ausnahmeregelung für AH-Spieler vorstellen, die nicht mehr so gut zu Fuß sind (sorry für die Ironie, ich konnte leider nicht widerstehen)!

  • Ich habe mich jetzt schnell noch mal erkundigt, in den Lehrgängen für die Neulinge wird immer noch darauf hingewiesen, dass die Regel "in Kraft ist", auch wenn sich sogar Profis nicht mehr dran halten (inklusive der Top-Schiris).

    Vielleicht habt ihr während euren Spielen ja in der Tat so wenig zu tun, dass ihr euch mit so einem Kram auseinandersetzen könnt. Sorry, aber noch mal: Wenn er einen halben Meter, meinetwegen auch ein Meter in der gegnerischen Hälfte steht, lasst ihn doch da stehen. Wen stört das? Offensichtlich nicht mal die Regelexperten im obersten Häuschen.


    "Nach vorne spielen" bedeutet nicht lotrecht zur Grundlinie, sondern kann auch quasi-parallel zur Mittellinie erfolgen. Ein Spieler, der exakt auf der Mittellinie steht, um den Ball anzunehmen, hat also keine Probleme.

    Der Ball liegt auf dem Anstoßpunkt, welcher sich auf der Mittellinie befindet. Nun willst du mir also ehrlich sagen, dass der Ball in so einem Winkel gespielt werden soll, dass er sich zwar nach vorne, aber nicht weit weg von der Torlinie bewegt? Leute, manchmal weiß ich nicht, auf welche Ideen ihr kommt.


    "Nr. 10, gehen Sie bitte in Ihre eigene Hälfte zurück! Nr. 12, Sie spielen den Ball bitte so, dass er sich nach vorne bewegt, Ihr Mitspieler ihn im besten Fall aber noch erreichen kann. Und auch wenn Sie gleich argumentieren werden, dass die das in der Bundesliga auch anders machen: Im Gegensatz zu denen kenne ich die Regeln!" Wenn wir uns gleich zu Spielbeginn so präsentieren, weiß ich, warum manches in die Hose geht.

  • Vollkommen richtig. Es macht einfach rein praktisch keinen wirklichen Unterschied, ob er nun knapp in der Hälfte des Gegners steht oder eben noch in seiner eigenen. Wenn es nicht gerade die beschriebenen zwei Meter sind, ist das für mich voll okay. Wenn doch, dann bitte ich ihn einfach sich „ungefähr auf die Linie” zu stellen. Alles andere ist nun wirklich zu pingelig. Schließlich pfeift ihr auch nicht einen Einwurf weg, wenn der Spieler mit den Fußspitzen im Feld steht, oder?

  • Schließlich pfeift ihr auch nicht einen Einwurf weg, wenn der Spieler mit den Fußspitzen im Feld steht, oder?


    Natürlich nicht, solange er, wie es die Regeln fordern, mit einem Teil jeden Fußes entweder die Seitenlinie, oder den Boden außerhalb des Spielfeldes berührt.

  • Der Anstoß muss nach vorne gespielt werden und es ist kein Problem es zu machen ohne ihn gleich meterweit wegzutreten.


    Trotzdem, ich habe aufgehört darauf zu achten - für etwas mit so unglaublich wenig Relevanz im Spiel wiederhol ich nicht gefühlt jeden zweiten Anstoß.

  • Wo ist das Problem beim Anstoß zu dem Spieler zu sagen, dass er bitte in die eigene Spielhälfte zurück kommen soll?
    Manchmal werden aus Mücken einfach nur Elefanten zu machen.

    Gott sei Dank habt ihr Schiedsrichter, sonst müsstet ihr eure Fehler ja bei euch suchen !

  • Da in den Fußballregeln nicht genau definiert ist, wann ein Spieler "im Feld" steht, genügt ein Fuß auf der eigenen Linie. Und darauf weise ich die Spieler freundlich hin, wenn sie deutlich in der gegnerischen Hälfte stehen. Das folgende Augenrollen der Spieler kann ich ab. Ich rolle innerlich auch mit den Augen, weil die Spieler und der tolle Schiri (siehe oben) diese Regel nicht kennen. Die wollen nur spielen- also tun sie wie gebeten, ich sage artig "Danke" und zack gehts weiter mit Pfiff und Anstoß und alles ist gut. Die Spieler sollen ruhig wissen, dass ich auch auf Kleinigkeiten achte.

  • In meinen Spielen habe ich noch nie auf so einen Käse geachtet,ob der Spieler beim Anstoss einen halben Meter in der Gegnerischen Hälfte steht oder nicht.

  • In meinen Spielen habe ich noch nie auf so einen Käse geachtet,ob der Spieler beim Anstoss einen halben Meter in der Gegnerischen Hälfte steht oder nicht.


    Ab welcher Entfernung ist es kein "Käse" mehr? In welchen sonstigen Spielsituationen ist ein halber Meter ebenfalls egal?


    Ich finde diese Diskussion im Gegensatz zu manchen hier hochinteressant. Es geht um eine klar definierte Regel, die von Spielern nicht eingehalten wird, weil diese sie nicht kennen, und von den Schiedsrichtern nicht kontrolliert wird, weil man sie für unnötig hält.



    Ich vermute allerdings, manch einer, der dies als Käse abtut, will sich damit nur vor sich selbst rechtfertigen, weil er die Regel selbst vergessen, oder nie bewusst gekannt hat.


    Immer dran denken, es ist unsere Aufgabe, die Einhaltung der Regeln zu gewährleisten. Wenn diese Regel sinnlos ist, soll sie halt abgeschafft werden. Ich denke aber, das wird nie passieren!

  • Bist du jetzt die Schiri-Polizei oder was? Kannst dieses ja mal den Schiedsrichtern in der UCL oder Bundesliga erzählen. Die werden diesen Hinweis dankend annehmen :ironie:


    Bist du auf dem Spielfeld mit nem Zollstock unterwegs oder wie willst du sonst den 9.15m Abstand zur Mauer genau belegen. Dürfen ja keine 8.50 sein...
    Auch musst du ja die Höhe und Breite der Tore kontrollieren.


    Grundsätzlich hast du ja recht, aber wir sollten da kein Fass aufmachen und du solltest uns nicht maßregeln für etwas, was du nicht weißt. Ich denke sehr wohl, dass fast(Ausnahmen gibts immer) alle Schiedsrichter das wissen, dass die Spieler in der eigenen Hälfte stehen müssen.

    Ewald Lienen (Ehem. Trainer 1.FC Köln):
    Wir haben nicht das Recht, jede Entscheidung des Schiedsrichters zu kommentieren. Der lacht sich ja auch nicht tot, wenn wir einen Fehlpass spielen.

    Einmal editiert, zuletzt von derMoeller ()

  • Ich wäre ja froh, wenn alle Schiedsrichter wüssten, wie stark so ein Anstoß gespielt werden darf. Keine Ironie! Ich hatte mal versucht, meinen Jungs in der D-Jugend beizubringen, dass sie den Ball, wenn der Gegner unheimlich Druck macht und beim Anstoß die vordere Dreierreihe sofort zum Ballführenden sprintet, den Anstoß gleich lang in den Rücken der gegnerischen Spieler auf den Flügel zu spielen. Das Experiment habe ich abgebrochen, nachdem 4 von 6 Schiedsrichtern diese Variante zurückgepfiffen haben und meinen Spielern erklärten, sie müssten den Ball zuerst "anticken". (Wohlgemerkt, sie haben nicht bemängelt, dass unser Flügelspieler eventuell die gegnerische Hälfte zu früh betreten hätte, sondern sie haben ausdrücklich verboten, dass der Anstoß lang in des Gegners Hälfte geschlagen wird.)


    Zur Position der Spieler beim Anstoß: Da toleriere ich es, wenn der Spieler so ein kleines Stück in der Hälfte steht, dass man es nur durch sehr scharfes Hinsehen erkennen kann, oder wenn er erst bei meinem Pfiff den ersten Schritt macht. Dabei gehört die Mittellinie ja ohnehin zu beiden Hälften, d.h. wenn er wenigstens einen Fuß noch auf der Linie hat, steht er korrekt. Stellt er sich deutlich in die andere Hälfte, sage ich ihm freundlich, dass er ein Stück zurückkommen muss, bevor ich anpfeifen kann.

    Der Klügere gibt nach.


    Das erklärt, warum die Welt von den Dummen regiert wird.

  • also auf dem Feld sehe ich das auch nicht so eng. Nur 2m ist schon heftig und dahätte ich schon etwas gesagt.


    In der Halle wird aber genau darauf geachtet und auch ein falsches Anspiel wird konsequent zurückgepfiffen. Das muss man nur 2-3mal machen, dann klappt das für die restlichen Spiele.

  • Und ich bin froh wenn die Spieler den Ball beim Anstoß nach vorne kicken, ist mein Steckenpfert von Anfang an :whistling:
    Das hat eben was damit zu tun das der Ball sonst nicht im Spiel ist und weitere Verfahrensregeln damit verbunden sind.
    Zwei Meter in der Gegnerischen Hälfte ist natürlich schon zu viel, aber ein wenig Toleranz kann man schon zulassen. Gerade im Juniorenbereich.