Handspiel auf der Torlinie

  • Verhindert ein Spieler durch ein absichtliches Handspiel ein Tor oder eine klare Torchance des gegnerischen Teams, wird er des Feldes verwiesen.


    Nimmt ein Spieler dem gegnerischen Team durch Zurückhalten eines Gegners eine klare Torchance, wird er des Feldes verwiesen.


    Verhindert ein Spieler durch gefährliches Spiel eine klare Torchance, wird er vom Schiedsrichter des Feldes verwiesen.


    Verhindern eines Tors oder Vereiteln einer Torchance
    Das Verhindern einer eindeutigen Torchance des gegnerischen Teams wird mit einem Feldverweis bestraft. Dabei ist unerheblich, ob das Vergehen im Strafraum erfolgte oder nicht.
    Entscheidet der Schiedsrichter bei einer klaren Torchance auf Vorteil und entsteht daraus direkt ein Tor, obwohl ein Gegner den Ball mit der Hand gespielt oder einen angreifenden Spieler gefoult hat, kann der betreffende Spieler nicht des Feldes verwiesen, kann jedoch verwarnt werden.


    Alle relevanten Passagen aus dem Regelbuch.


    Alles bis auf Handspiel bezieht sich auf "klare Torchance", Handspiel aber auch auf "Tor". Dann müsste eigentlich wenn bei einem Vorteil nach Foulspiel die klare Torchance bestehen bleibt die Verhinderung einer klaren Torchance nicht gegeben sein, hingegen beim Handspiel kann wenn nicht nur die klare Torchance sondern direkt das Tor verhindert wird das nur durch ein Tor aufgewogen werden und wenn der Vorteil der klaren Torchance vergeben wird müsste Rot nachgezogen werden.


    Theoretisch. Praktisch würd ich das auf jeden Fall anders lösen wollen.

  • redrefer
    Die englische FIFA Regelauslegung,
    Interpretation of the 2012/2013 issue, Laws of the Game and Guidelines for Referees


    Law 12 - Fouls and Misconducts,
    Denying a goal or an obvious goalscoring opportunity
    Page 126, 2nd Paragraph


    "If the referee applies advantage during an obvious goalscoring opportunity and a goal is scored directly, despite the opponent's handling the ball or fouling an opponent, the player cannot be sent off but he may still be cautioned.


    Die Bedeutung liegt auf "... he may still be cautioned." Das bedeutet nicht, das er verwarnt werden muss.
    Die deutsche Interpretation sagt, dass der Spieler verwarnt werden muss ... was nicht der Fall ist.

  • Nummer4
    Deine Beschreibung "... kann jedoch verwarnt werden" wird wohl die neue sein. Ich bezog mich auf redrefer's Übersetzung der Regeln auf Seite 127, wo ..."muss gegeben werden..." steht.


    Zum Handspiel. Wenn der Verteidiger am Torpfosten steht und den Ball mit der Hand blockt, der Ball springt dann bis zum Stürmer an der 5-m Linie. Dieser steht mutterseelenallein vor den leeren Tor und braucht den Ball nur einzuschieben. Aber der Stürmer versucht einen Trick, hebt den Ball mit den Fuss hoch, dann donnert er den Ball über die Querlatte.


    In den Fall pfeife ich nicht das Handspiel, der Verteidiger bekommt jedoch die gelbe Karte ... und der Stürmer einen Rüffel von seinen Mitspielern.

  • Beim Asien-Cup gab es eine interessante Situation, die zeigt dass die weit verbreitete Meinung "Handspiel auf der Torlinie ist Rot" nicht immer zutreffend ist.
    Leider hat der omanische Schiedsrichter Al-Hilali trotzdem nach dieser Maxime gehandelt und den Spieler vom Platz gestellt.
    Ich denke aber, dass hier keinesfalls ein Tor oder eine klare Torchance verhindert wurde und dies deshalb falsch war. Selbst Gelb erscheint mir nicht zwingend, aber möglich.

  • Über Rot kann man aus meiner Sicht nicht geteilter Meinung sein. In der Konstellation finde ich hier Rot aufgrund des gesamten Hergangs begründet : Der Verteidiger nimmt die Arme gezielt zum Blockieren des Balls hoch. Die Tatsache, dass die Torverhinderung erst nach dem Abprallen von der Latte geschieht ändert nichts an der Tatsache, dass gezielt versucht wurde, den Ball mit der Hand zu spielen. Erst durch die Berührung mit der Hand wird die Flugrichtung des Balls eindeutig beeinflusst - und hierbei auf den Torerfolg eingewirkt.

    "Kondition ist nicht alles, aber ohne Kondition ist alles nix."
    Gerhard Theobald, ehemaliger Bundesliga-SR, zum Thema Grundlagen des Stellungsspieles

  • Über Rot kann man aus meiner Sicht nicht geteilter Meinung sein. In der Konstellation finde ich hier Rot aufgrund des gesamten Hergangs begründet : Der Verteidiger nimmt die Arme gezielt zum Blockieren des Balls hoch. Die Tatsache, dass die Torverhinderung erst nach dem Abprallen von der Latte geschieht ändert nichts an der Tatsache, dass gezielt versucht wurde, den Ball mit der Hand zu spielen. Erst durch die Berührung mit der Hand wird die Flugrichtung des Balls eindeutig beeinflusst - und hierbei auf den Torerfolg eingewirkt.


    Und wie begründet das auf Grundlage der Regeln eine rote Karte? "Gezieltes Hochnehmen" spricht zunächst für gelb, absichtliches Handspiel allein begründet nur den Strafstoß. Für eine rote Karte sehe ich keine Grundlage. In der Geschwindigkeit aber um Gottes Willen keinen Vorwurf an den SR, das war extrem schwierig zu entscheiden. Aus der bequemen Position vom Bildschirm und mit Zeitlupe sehe ich aber keinerlei Regelbasis für den FaD.

  • Also für Rot sehe ich da auch absolut keine Grundlage. Der Spieler hat zwar die grob unsportliche Absicht das Tor mit dem Handspiel zu verhindern, berührt den Ball dabei jedoch zunächst nicht. Eine Berührung ist aber Grundlage, dass wir den Spieler bestrafen können. Daraufhin prallt der Ball gegen die Latte und daraus entsteht für mich eine "neue Spielsituation". Strafstoß sicher noch gerechtfertigt aufgrund der unnatürlichen Handhaltung, Gelb kann man vielleicht noch vertreten, ist für mich aber auch nicht zwingend.


    Offensichtlich hat ja der SRA in der Situation dem SR das Zeichen gegeben. Es lag also entweder eine mangelhafte Kommunikation vor oder der SRA hat einfach aus der Entfernung nicht genau gesehen, dass der Ball zunächst an der Latte war.

  • Eine klasse Situation zum Diskutieren :top: .


    Ich denke auch, dass der Strafstoß aufgrund der unnatürlichen Armhaltung gegeben werden muß. Da der Ball aber von der Latte ins Spielfeld zurückprallt, ist es weder ein Torschuß noch eine Torverhinderung, ergo muß man auch keine persönliche Strafe aussprechen. Strafstoß wegen ungeschickten Agierens (kurz Dummheit) des Verteidigers ...

  • Hatten wir es nicht gerade erst mit dem unsportlichen Handspiel? Eine Verwarnung wäre auf jeden Fall vertretbar, m.E. sogar zwingend.

  • Da versucht ein Spieler mit absichtlichem Handspiel ein vermeintliches Tor zu verhindern. Das ist unsportlich.

  • Versuchtes Handspiel ist niemals strafbar - das haben wir oft genug diskutiert. Deshalb steht ja bei 3 Vergehen (Schlagen, Treten, Beinstellen) explizit und beim Spucken in den Erläuterungen dabei, dass auch der Versuch zu bestrafen ist und beim Handspiel eben nicht. Erfolgt keine Berührung und Du unterbrichst das Spiel trotzdem, kann es nur einen SR-Ball geben.

  • Da versucht ein Spieler mit absichtlichem Handspiel ein vermeintliches Tor zu verhindern. Das ist unsportlich.


    Nach gesundem Menschenverstand sicherlich, aber mfs hat völlig Recht: versuchte Torverhinderung per Hand ohne Ball-Hand-Kontakt ist immer weiterspielen. Das ist die erste Situation, bis der Ball an die Latte fliegt.


    Dann fliegt der Ball von der Latte an die Hand, es ist ein absichtliches Handspiel wegen der Armhaltung und der vorherigen Absicht. Ob hier die "Unsportlichkeit" aus der ersten Situation noch weiterzählt? Sicher ein guter Grund zu diskutieren, ich tendiere zu ja - Strafstoß und gelb.


    Rote Karte fürs Handspiel gibt es nur bei Verhinderung eines sicheren Tores oder einer klaren Torchance durch absichtliches Handspiel - ich sehe hier beides nicht mehr gegeben, daher fällt rot m.E. sicher raus.

  • Der Spieler reißt die Arme absichtlich nach oben um ein Tor zu verhindern, dass er die Arme nach dem Lattentreffer noch nicht unten hat ist sein Pech und somit gelb wegen Unsportlichkeit.

  • Sezieren wir das doch mal der Reihe nach:


    Der Spieler reißt die Arme in klar unsportlicher Absicht nach oben - wäre es da zum Kontakt gekommen, gäbe es wohl keine Zweifel, wie zu verfahren wäre. Nun trifft der Ball zuerst die Latte und dann den Spieler - diesen Kontakt hat der Spieler sicher nicht gewollt, was gegen eine Absicht spräche, aber durch die vorherige Aktion zumindest billigend in Kauf genommen, denn eigentlich wollte er ja durchaus unsportlich agieren. Es widerspricht für meine Begriffe daher dem Sinn und Geist der Regel, wenn der Spieler hier "Glück" hat, insoweit wirkt die Unsportlichkeit nach, das - jetzt nicht mehr gewollte - Handspiel werten wir ja auch noch als "Absicht".


    Anders wäre das nur zu bewerten, wenn der Spieler schon aktiv dabei wäre, die Arme wieder in die normale Position zurückzuholen, d.h. er eindeutig zu erkennen gäbe, dass der Handkontakt jetzt nicht mehr gewollt ist. Damit wäre zwar klar, dass eine unsportliche Aktion nicht mehr gewollt ist (ob das dennoch "nachwirken" würde können wir jetzt einmal offen lassen), aber würde ernsthaft jemand auf die Ahndung des Handspiels (Stichtwort unnatürliche Körperhaltung) verzichten, obwohl sogar klar erkennbar ist, dass das Handspiel nunmehr eindeutig nicht mehr absichtlich erfolgt? Da sehen wir doch auch eine "Nachwirkung", weil die normale Position eben noch nicht wieder erreicht ist, vielleicht nicht mehr bei der Unsportlichkeit, aber zumindest noch beim Handspiel.


    Warum also sollte das - immerhin ohne jegliche Bemühung um "Schadenminderung" (was in der Kürze der Zeit zugegebenermaßen auch ziemlich unmöglich sein dürfte) - bei der Beurteilung der Unsportlichkeit im Originalfall anders sein?

  • Handspiel kann nur geahndet werden wenn ein Ballkontakt vorliegt, in diesem Fall wäre es ein Regelverstoß.

  • Sehr außergewöhnliche Situation.
    Ich tendiere hier natürlich zu Strafstoß ( wohl unstrittig ) und keine Gelbe Karte. Der Spieler versucht zwar den Ball durch ein Handspiel unsportlich aufzuhalten, da ihm dies allerdings nicht gelingt kann er hierfür auch nicht belangt werden. Das der Ball dann von der Latte so blöd zurückkommt, das der Spieler ihn an den ausgestreckten Arm bekommt ist aus meiner Sicht nicht mehr unsportlich, sondern einfach nur dumm gelaufen. Alleine durch die Armhaltung ist der Strafstoß vollkommen berechtigt.

  • Wir hatten mal in einer Regelschulung von einem englischen Spiel von Arsenal eine Szene in der ein Torschuss kam der daneben gegangen wäre, der Verteidiger wehrt diesen aber in der Vermutung eines sicheren Tores ab und sieht Rot. Bzw der SR hat die damals dem falschen Spieler gegeben. Aber diese Rote war richtig unabhängig davon ob der Ball jetzt rein gegangen wäre.


    Weil der Ball hier schon wieder zurückkommt wird die Argumentation der Verhinderung der Torchance unabhängig des Erfolges hier aber nicht greifen.

  • Also für mich ist das keine Verhinderung eines Tores oder einer Torchance, denn der Ball war vorher eindeutig an der Latte und die Torchance kommt doch gerade erst durch das Handspiel "zurück".


    Denn die Torchance war in dem Moment des Lattentreffers vorbei.
    Der Elfmeter ist durchaus korrekt das Handspiel kann man als Absicht bezeichnen (auch wenn es so wie es am Ende passiert ist wohl nicht mehr ganz absichtlich war).


    Aber die rote Karte sehe ich hier als falsch an.

    Bin kein Schiedsrichter, nur ein Spieler Trainer (wieder) Spieler Irgendjemand der sich für die Regeln seines Sports interessiert

  • Wir hatten mal in einer Regelschulung von einem englischen Spiel von Arsenal eine Szene in der ein Torschuss kam der daneben gegangen wäre, der Verteidiger wehrt diesen aber in der Vermutung eines sicheren Tores ab und sieht Rot. Bzw der SR hat die damals dem falschen Spieler gegeben. Aber diese Rote war richtig unabhängig davon ob der Ball jetzt rein gegangen wäre.


    Weil der Ball hier schon wieder zurückkommt wird die Argumentation der Verhinderung der Torchance unabhängig des Erfolges hier aber nicht greifen.


    Bei Chelsea - Arsenal befand sich der Ball aber auf dem Weg ZUM Tor HIN. Und man hat auch erst in der Zeitlupe aus bestimmten Winkel sehen können, dass der Ball knapp vorbei gegangen wäre. In dieser Situation aber bewegt sich der Ball im Moment der Regelübertretung VOM Tor WEG. Von daher könnte es allerhöchstens eine Torverhinderung sein, wenn da unmittelbar ein Stürmer stehen würde, der ihn reindrücken kann. Aber selbst dann stellt sich noch die Frage der Ballkontrolle. Für mich kann es hier auch nur den Strafstoß ohne persönliche Strafe geben. Da er im Moment der Regelübertretung keine unsportliche Absicht mehr verfolgt.

  • Ich begründe die meiner Meinung nach zwingende VW einmal anders:
    Durch das absichtliche Handspiel wird verhindert, dass der Ball in Richtung der der heranstürmenden 3 (!) Angreifer zurückprallt. Diese Situation kann man als gute Torschussmöglichkeit bewerten (auch wenn da noch 2 Verteidiger herumlaufen). Insofern ist die VW hier zwingend.


    Argument für die Praxis: Wer hier die VW stecken lässt hat später im Spiel bei einer eventuell zwingenden Pflichtverwarnung für den Gegner richtig Zirkus.