Rückpass - oder doch nicht?

  • Folgende Situation aus meinem letzten Spiel:


    Nach einem Eckstoß kommt der Ball etwa auf Höhe des Torraumes an. Dort steht ein Abwehrspieler, der den Ball sicher nicht mit vollem Willen, nach meinem Eindruck aber auch nicht unkontrolliert in Richtung Tor spielt (er wollte den Ball wohl ins Aus klären und hatte verpeilt, dass er ein wunderbares Eigentor schießen würde). Genau da, wo der Ball ins Tor gehen würde, steht nun aber der Torwart und nimmt den Ball in die Hand. Rückpass oder nicht? (Meine Entscheidung verrate ich später.)

  • In dem von Dir geschilderten Fall wurde m.M. nach der Ball nicht kontrolliert zurückgespielt. Der Torhüter, daher auch der Name, ist dazu da Tore zu verhindern, nicht nach einer verunglückten Aktion den Ball ins Tor zu lassen, weil ein vermeintlicher Rückpass vorliegt.

    Alle sagten das geht nicht.




    Und dann kam einer und hat es gemacht.

  • In dem von Dir geschilderten Fall wurde m.M. nach der Ball nicht kontrolliert zurückgespielt. Der Torhüter, daher auch der Name, ist dazu da Tore zu verhindern, nicht nach einer verunglückten Aktion den Ball ins Tor zu lassen, weil ein vermeintlicher Rückpass vorliegt.


    Da stimme ich voll zu. Der Spieler hatte ja wohl eher nicht die Absicht, dem TW den Ball zuzuspielen bzw. in seine Nähe zu spielen (sodass der TW den Ball evtl. aufnehmen könnte) - es riecht eher nach einer verunglückten Situation, daher würde ich lt. der Beschreibung weiterspielen lassen.

  • Und ich habe auf indirekten Freistoß entschieden und sehe mich auch in Übereinstimmung mit dem Regelwerk.


    Dort steht unter Regel 12:
    "Der Torwart ... Er berührt den Ball, den ihm ein Mitspieler mit dem Fuß absichtlich zugespielt hat, mit der Hand."
    Gut, über die Absicht kann man noch unterschiedlicher Auffassung sein. Allerdings muss ich gestehen, dass ich, vor die Wahl gestellt, ob der Spieler ein Eigentor schießen oder den Ball zu seinem Torwart spielen wollte, doch Zweifel bekomme. Aber unterstellen wir mal zu Gunsten des Spielers, dass seine wahre Intention war, den Ball ins Aus zu spielen.


    Nun kommen aber die DFB-Anweisungen zur Regel 12 ins Spiel:
    "10. Das unabsichtliche Ablenken des Balles mit dem Fuß oder den Füßen (der Ball wird von einem Mannschaftskollegen des Torhüters ungewollt abgefälscht oder nicht richtig getroffen) ist kein Rückpass im Sinne der Regel."
    Diese Ausführungen helfen uns nicht wirklich weiter, ungewollt abgefälscht war der Ball nicht, auch nicht richtig getroffen möchte ich ausschließen, denn versehentlich wurde der Ball nun wahrlich nicht in diese Richtung dirigiert. Also lesen wir weiter:
    "11. Situationen, in welchen der Ball von einem Mannschaftskollegen mit dem Fuß zwar nicht direkt in Richtung des Torhüters, jedoch absichtlich so gespielt wird (beispielsweise neben das Tor), dass der Torhüter den Ball annehmen kann, sind im Sinne dieser Regel als absichtliche Rückpässe an den Torhüter zu werten. Berührt der Torwart in solchen Fällen den Ball mit den Händen, ist ein indirekter Freistoß zu verhängen. Ein indirekter Freistoß ist auch dann zu verhängen, wenn ein Mitspieler des Torhüters den Ball mit dem Fuß absichtlich stoppt und der Torhüter diesen Ball mit der Hand berührt."
    Und nun sind wir bei des Pudels Kern angekommen. Es mag sein, dass der Spieler den Ball tatsächlich nicht mit Absicht zum Torwart zurückspielt. Allerdings geht der Ball doch eindeutig in Richtung des Torwartes (sogar ganz direkt), der ihn dann auch aufnimmt. Damit war für mich diese Bestimmung gegeben und ich habe auf indirekten Freistoß an der Torraumgrenze entschieden (auf der Torlinie ging es ja schlecht :whistling: ).


    Es versteht sich von selbst, dass die verteidigende Mannschaft sich komplett auf der Torlinie aufgebaut hat und die Angreifer das Ding tatsächlich voll in die Mauer gehämmert haben, ein leichter Lupfer wäre wohl besser gewesen - aber das soll mir egal sein.

  • Aus Deinem Satz " Es mag sein, dass der Spieler den Ball tatsächlich nicht mit Absicht zum Torwart zurückspielt." geht für mich hervor, dass Weiterspielen richtig gewesen wäre. Die Anweisung Nr. 11 soll ja nur verhindern, dass die eigentliche "Rückpaßregel" dadurch umgangen werden kann, dass ein Verteidiger den Ball einige Meter neben das Tor passt und der Torhüter dort hin läuft und den Ball, der nicht direkt zu ihm gespielt wurde, aufnehmen kann.

    "Der Klügere gibt nach! Eine traurige Wahrheit, sie begründet die Weltherrschaft der Dummheit."
    (Marie von Ebner-Eschenbach, österreichische Schriftstellerin, *1830 +1916)


    "Mancher ist für die Wahrheit, solang die Wahrheit für ihn ist."
    (Charles Tschopp, schweizer Schriftsteller, *1899 +1982)

  • 11. Situationen, in welchen der Ball von einem Mannschaftskollegen mit dem Fuß zwar nicht direkt in Richtung des Torhüters, jedoch absichtlich so gespielt wird (beispielsweise neben das Tor), dass der Torhüter den Ball annehmen kann, sind im Sinne dieser Regel als absichtliche Rückpässe an den Torhüter zu werten. Berührt der Torwart in solchen Fällen den Ball mit den Händen, ist ein indirekter Freistoß zu verhängen. [...]"
    Und nun sind wir bei des Pudels Kern angekommen. Es mag sein, dass der Spieler den Ball tatsächlich nicht mit Absicht zum Torwart zurückspielt. Allerdings geht der Ball doch eindeutig in Richtung des Torwartes (sogar ganz direkt), der ihn dann auch aufnimmt. Damit war für mich diese Bestimmung gegeben und ich habe auf indirekten Freistoß an der Torraumgrenze entschieden (auf der Torlinie ging es ja schlecht [...]). [...].
    [Zitat verändert: Schriftart geändert, Klammerleerschritt gelöscht.]


    Da ist für mich ein Widerspruch: Wenn der Spieler den Ball nicht absichtlich in die Nähe des TWs gespielt hat, kann es kein Rückpass im Sinne der Regel sein!

  • Ganz pragmatisch gedacht: Wenn ein Spieler einen Ball in Richtung Torlinie spielt, nimmt er dann nicht explizit (also billigend) in Kauf, dass der Torwart diesen auch aufnimmt? Unabhängig davon, ob dem Spieler nun bewusst war, dass sein Schuss klar ins Tor gegangen wäre, es musste ihm klar sein, dass das zumindest eine knappe Angelegenheit werden wird, bei der sich der Torwart mit hoher Wahrscheinlichkeit einschaltet. Da mit der Ballannahme ein klares Tor verhindert wurde, sehe ich die Absicht eines Rückpasses, der angenommen werden kann, durchaus als gegeben an.


    Allerdings will ich nicht leugnen, dass man das auch so wie Du (almiko) sehen kann, womöglich gibt es zwei richtige Lösungen, da die Wertung eine entscheidende Rolle spielt.

  • Einen Rückpass aus dem Torraum nach einer Ecke? Das ist wohl der absolute Ausnahmefall. Im Torraum stehen nach einer Ecke meistens so viele gegnerische Spieler rum dass ein gezielter Rückpass unglaublich dumm wäre, entweder weil ein Gegner zwischenfunkt oder weil der Ball aus der kurzen Distanz einfach nicht mehr verarbeitet werden kann und praktisch kann ich mich nie an so eine Szene, weder als Spieler noch als SR, erinnern.


    Ich will nicht damit ausschließen dass es ein Rückpass war, aber mit doch für mich sehr hoher Wahrscheinlichkeit eine missglückte Klärung und damit kein Rückpass.


    Wenn überhaupt kann ich mir vorstellen dass ein Spieler den Ball für den Torwart "stoppt"...aber als Pass Richtung Tor? Für mich mindestens 99% aller Fälle: Nein.