Moin,
anbei ein Artikel aus der Rheinischen Post von heute. Da ich den geschrieben habe, zwar nicht ganz neutral, aber vielleicht rüttelt er den einen oder anderen Verein ja wach
Spiele ohne Schiedsrichter (aus RP-online vom
28.02.12)
VON WOLFGANG SCHNEIDER
Fußball (RP). Was in der Fußball-Kreisliga C längst die
Regel ist, wird auch in der Kreisliga B und beim Nachwuchs zur Normalität
werden. Vereinen drohen härtere Sanktionen: Punktabzug, Aufstiegsverbot.
"Ohne Schiri geht es nicht" – so lautete vor
einigen Jahren eine Kampagne des DFB, mit der neue Schiedsrichter geworben
werden sollten. Dem Fußballkreis Düsseldorf droht allerdings ein ganz anderes
Szenario - ohne Schiri muss es gehen. "Wir haben derzeit lediglich rund
160 Schiedsrichter, bräuchten allerdings ungefähr 250, um alle Spiele besetzen
zu können", bilanziert Schiedsrichterchef Bernd Biermann.
Die Folgen sind deutlich spürbar: In der Kreisliga C der
Herren kommt fast gar kein Unparteiischer mehr. Ein Schicksal, das jetzt auch
den Mannschaften der Kreisliga B droht: "Es ist beabsichtigt die
Durchführungsbestimmungen dahingehend zu ändern, dass die Kreisliga B spielen
muss, auch wenn kein Schiedsrichter da ist."
Strafen von 11 000 Euro
Dasselbe gilt für die Leistungsklassen der D- und C-Jugend –
immerhin die Ligen der besten Nachwuchsteams des Kreises. Dabei müssen die
Vereine Schiedsrichter stellen – wie viele, das hängt von der Anzahl der
gemeldeten Teams ab. Jeder fehlende Unparteiische wird mit Ordnungsgeldern
bestraft. Das spülte Anfang des Jahres alleine von den Vereinen des Kreises
Düsseldorf über 11000 Euro in die Kassen des Verbandes.
Doch das scheint den Vereinen egal zu sein. Ein kurz darauf
angebotener Lehrgang für Neulinge musste ausfallen, da gerade einmal fünf
Teilnehmer gemeldet wurden. Ein Novum in der bisherigen Geschichte der
Düsseldorfer Vereinigung.
"Nun müssen alle mit den daraus resultierenden
Konsequenzen leben", bilanziert Biermann, der für die Nichtstellung des
Schiedsrichtersolls härtere Strafen ins Gespräch bringt. "In anderen
Landesverbänden können als Strafen Punktabzüge, Zwangsabstiege oder
Nicht-Aufstiege der ersten Mannschaften ausgesprochen werden. Das sollten wir
hier am Niederrhein durchaus in Erwägung ziehen, vielleicht werden die Vereine
dann mal wach."
Dabei weiß der oberste Schiedsrichter durchaus, dass es
immer schwieriger ist, Ehrenamtler in den Vereinen zu motivieren – und nichts
anderes ist das Pfeifen, Aufwandsentschädigung hin oder her.
Aber es gibt noch ganz andere Gründe, warum immer mehr
Schwarzkittel die Pfeife an den Nagel hängen. "Meine Leute sind schon bei
den Zehnjährigen immer mehr Anfeindungen, Beschimpfungen und Bedrohungen
ausgesetzt", schüttelt Biermann den Kopf und berichtet von einer kürzlich
durchgeführten D-Jugend-Partie: "Da wurde dem jungen Unparteiischen von
anwesenden Zuschauer vorgeworfen, er sei gekauft worden." In anderen
Spielen sind es dann Beschimpfungen, Beleidigungen oder auch mal Drohungen – schlimmerweise
aber kaum von Spielern: "Unsere jugendlichen Schiedsrichter haben in der
Regel keine Probleme mit den Spielern. Mit den Aktiven sind sie auf Augenhöhe.
Es sind die Eltern und Zuschauer, also in der Regel Erwachsene, die sie so
heftig angehen. Statt den jungen Schiedsrichtern Respekt zu zollen und deren
Leistung anzuerkennen und zu unterstützen, werden diese noch zum Buhmann für
Niederlagen gemacht." Die Folge: Immer mehr junge Schiedsrichter hören
entnervt auf. Biermann zitiert einen 18-Jährigen, der nach fünf Jahren als
Pfeifenmann jetzt die Brocken hingeschmissen hat: "Das Pfeifen ist ein
Hobby, das Spaß machen soll. Und es macht mir keinen Spaß, jeden Sonntag von
Erwachsenen beschimpft, beleidigt und bedroht zu werden."
Vereine müssen selbst pfeifen
Schiedsrichter müssen ein dickes Fell haben. "Aber die
Vereine schicken uns meist nur 14-, 15-Jährige zu den Lehrgängen. Das
Mittelalter, so ab 30, das mehr Lebenserfahrung hat und mit solchen Situationen
umgehen kann, fehlt uns fast völlig", sagt Biermann, der bemüht ist,
seinen Anfängern erfahrene Kollegen als Paten an die Seite zu stellen:
"Und selbst diese ehrenamtlichen Paten, die dafür ihre Zeit opfern und
keinen Cent kriegen, werden noch von Eltern und Trainern beleidigt", so
der langjährige Vorsitzende der Düsseldorfer Schiedsrichter. "Nun erhalten
wir alle die Quittung von solchem Verhalten. Bald werden die Vereine mehr als
die Hälfte der Pflichtspiele am Wochenende selbst pfeifen müssen. Ob das dem
Sport dient, muss ernsthaft bezweifelt werden, ist aber leider nicht zu
ändern."