Neues Vergütungssystem für Spitzenschiedsrichter?

  • Der DFB lehnt Profi-Schiedsrichter ab, denkt aber derzeit über eine Veränderung im Vergütungssystem der Spitzen-Schiedsrichter nach.


    So ist es eine Überlegung, eine "Grundabsicherung" zu zahlen und diese mit Prämien pro Einsatz aufzustocken (wie in Italien).


    zum Bericht


    Sinnvoll? Was denkt ihr?

  • Definitiv sinnvoll. Wie auch schon im Bericht steht kann ein SR sich verletzen oder krank werden und dann würde er für eine Tätigkeit in die er viel Zeit und Fleiß investiert hat leer ausgehen.
    Aber trotzdem wäre für mich der Schritt zu Profischiedsrichtern angebracht.

  • Man ist eben auf der Suche nach der eierlegenden Wollmilchsau ...


    Mein erster Gedanke war, dass ist eigentlich ein Schritt in Richtung Profi-SR. Nach einigen Augenblicken weiterer Nachgedanken wurde mir das Modell aber sympathischer, da es die Risiken für den SR - gleich ob aus Verletzungsgründen oder wegen "schlechter" Leistungen - reduziert, aber eben genau den Schritt zum Profi-SR nicht tut.


    Es ist aus meiner Sicht durchaus nicht ungünstig, wenn ein SR auch einen Beruf hat und ausübt, schließlich kann das Ende immer sehr schnell kommen - und der DFB oder auch die DFL möchte sicher keine lange Liste mit Frührentnern führen, alternativ müssten die Kollegen dann zum Arbeistamt. Der Absicherung kommt übrigens auch eine gewisse Schutzfunktion in punkto Anfälligkeit für Bestechungen zu. Im übrigen erinnere ich daran, dass auch Halb-Profis durchaus hervorragende Leistungen bringen können: Uwe Seeler war zu seiner aktiven Fußballzeit - wie alle damaligen Bundesliga-Spieler - wie selbstverständlich auch berufstätig. Bekanntlich erreichte eine solche "Freizeitkicker"-Nationalmannschaft bei der WM 1966 Platz 2 und 1970 Platz 3. Natürlich haben sich die Verhältnisse seit damals verändert - aber wenn ich wirkliche Profi-SR will, dann muss ich die auch wie Fußballer bezahlen, d.h. die müssen am Ende der Karriere ausgesorgt haben (können) - ob das jemand bezahlen will?

  • Was ist eigentlich ein "Profi-SR"? Diejenigen, von denen wir reden, werden aufwändig aus- und fortgebildet, verbringen mit dieser Tätigkeit (einschließlich Aus- und Fortbildung, Vor- und Nachbereitung, Training) den wahrscheinlich größten Teil ihrer Zeit und erzielen ein Einkommen, das den Lebensunterhalt selbst in Ermangelung anderer Einkommensquellen decken könnte.


    Andere Kriterien für Professionalität (d.h., Berufsmäßigkeit) wollen mir nicht einfallen. Das dann nicht so zu nennen, kann eigentlich nur geradezu ideologische Gründe haben.


    Das mit dem Grundentgelt ist sicher aus den hier im Thread genannten Gründen in der Sache vernünftig. Allerdings sehe ich da ein Risiko auch für Amateur-SR:


    Ich will mir da keine abschließende Meinung erlauben, aber die Zahlung eines leistungsunabhängigen Grundentgelts macht es jedenfalls wahrscheinlicher, dass die SR steuer- und sozialversicherungsrechtlich als Arbeitnehmer qualifiziert werden. Und wenn dieser Damm einmal gebrochen ist, wird vielleicht auch irgendwann mal jemand die Frage stellen, ob das denn wirklich nur am Grundentgelt hängt. Dann hätten wir im Amateurfußball ein Kostenproblem.


    Besser wäre es daher wohl, der DFB würde sich mit der Versicherungswirtschaft mal zusammensetzen und ein vernünftiges, spezielles Versicherungsmodell gegen Verletzungszeiten und Invalidität entwickeln, und die SR in seinem Bereich dann zwingen, so eine Versicherung abzuschließen (und meinetwegen die durchschnittliche Prämienhöhe rechnerisch auf die Einsatzentgelte umlegen).

  • Ja, das Problem liegt im Arbeitsrecht. Wobei die hier angedeutete Regelung auch schon sehr schwer in die Richtung fix angestellter Beschäftigung geht.
    Das Problem wird sein, dass sich der DFB einen ganzen Haufen fixes Zusatzpersonal samt Lohnzusatzkosten wie Krankenstand, Urlaub, usw. nicht leisten will oder kann.


    Bei uns in Österreich ist das Problem noch viel größer. Nach Abzug der Einkommenssteuern und Sozialversicherung, im Blickpunkt zum gesamten Aufwand und Flut an Verpflichtungen, lohnt sich das vom finanziellen Standpunkt nicht mehr.
    Das muss reine Liebhaberei sein. Das wäre dann aber alles andere als professionell. Das Fixum gab es in Österreich schon in der Form eines Trainingsgeldes. Aus den arbeitsrechtlichen Gründen, hat man es wieder abgeschafft.


    Es gibt aber auch noch einen anderen Gesichtspunkt. Will ich als Schiedsrichter überhaupt Vollprofi werden? Immerhin ist in der heutigen Arbeitswelt nach 3 Jahren im Beruf alles verändert. Das sehen wir doch bei allen karenzierten Frauen, die beim Wiedereinstieg Probleme haben.

    Menschen, die sich nicht gewisse Regeln vorgesetzt haben, sind unzuverlässig. Man weiß sich oft nicht in sie zu finden, und man kann nie recht wissen, wie man mit ihnen dran ist."


    Immanuel Kant


    "Ein Sieger findet für jedes Problem eine Lösung."
    "Ein Verlierer findet in jeder Lösung ein Problem."


    Corneille

  • Zitat von redrefer;178017

    Nach Abzug der Einkommenssteuern und Sozialversicherung, im Blickpunkt zum gesamten Aufwand und Flut an Verpflichtungen, lohnt sich das vom finanziellen Standpunkt nicht mehr.


    Das gilt in Deutschland im Grunde für so ziemlich jeden Job ;)


    Und wie bei jedem anderen Job gilt: Je schlechter man bezahlt, desto wahrscheinlicher ist, dass diejenigen, die die besten für den Job gewesen wären, sich etwas anderes suchen.

  • Ich vergleiche das immer mit den Spielern! Werden die besser, je mehr Geld die bekommen? Genauso ist es bei den Schiris, die pfeifen mit mehr Geld sicherlich auch nicht besser!
    Ab welcher Liga soll denn der Profischiri eingeführt werden? Für einige ist halt bei der 3., oder 2. Liga Schluss, es kann nicht jeder in die 1. Liga kommen.
    Wie lange pfeift ein Schiri in seiner höchsten Klasse? Nehmen wir den 30 jährigen Felix Zwayer. Der hat maximal, wenn alles optimal läuft, noch 15 Jahre als Schiri vor sich. Dann wird hier geschrieben, dass nach 3 Jahren sich im Berufsleben viel verändert hat. Was hat sich dann nach 15 Jahren verändert?
    Profischiri ja, wenn jeder SR am Ende seiner Laufbahn finanziell abgesichert ist, gleich wann und warum er ausscheidet (Verletzung, Leistung, Krankheit usw.)!
    Es kann ja nicht sein, dass dann ein Ex- Schiri keinen Job mehr findet, weil die Qualifikation oder sonst was fehlt, oder er mit 45 Jahren einfach zu alt ist und er dann auf's Amt rennen muss!
    Zu diesem Thema wurde auch im "Fachorgan Kicker" eine Umfrage gestartet, bei den Profifußballern, die den Profi- SR begrüßen würden. Wie der bezahlt werden soll, darüber haben sie sich nicht ausgelassen.

    Alle sagten das geht nicht.




    Und dann kam einer und hat es gemacht.

  • Zitat von kanarien3;178026

    Werden die besser, je mehr Geld die bekommen?


    Natürlich. Freilich nicht der einzelne Spieler, sondern man bekommt für mehr Geld eben bessere (andere) Spieler. Wenn es beim FC Bayern nur 400-Euro-Jobs gäbe, würde Herr Schweinsteiger womöglich gar nicht Fußball spielen, sondern z.B. bei der Sparkasse Immobiliendarlehen bearbeiten.


    Wobei Fußballer ein ziemlich schlechtes Beispiel sind, weil ihnen das Vorurteil anhaftet, dass bei ihnen die Diskrepanz zwischen ihrem Einkommen und dem hypothetischen Einkommen bei einer Alternativbeschäftigung besonders hoch ist. Richtig dürfte sein, dass diese Diskrepanz jedenfalls im Durchschnitt höher ist als bei (hochklassigen) Schiedsrichtern.

  • Er meinte das anders. Die Schiedsrichter die jetzt in der DFL pfeifen sind die besten die wir haben. Die werden aber nicht besser wenn sie mehr Geld verdienen. Das einzige was ich mir vorstellen könnte in dem Bereich, damit die Leistung noch besser wird(wobei sie sowieso schon im Vergleich zu anderen Ligen weltklasse ist) das sie nur noch der Schiedsrichterei nachgehen. Sprich sich voll und ganz darauf konzentrieren. dann gibts aber halt das Problem, was danach kommt.Man kann keinen 45 jährigen nach mindestens 15 Jahren Berufsabstinenz einfasch so in die Arbeitswelt zurückschicken. Da müssen dann Modelle entstehen wie man sowas auffangen kann. Ich hab aber gar keine Ahnung wie das aussehen soll.

    Ewald Lienen (Ehem. Trainer 1.FC Köln):
    Wir haben nicht das Recht, jede Entscheidung des Schiedsrichters zu kommentieren. Der lacht sich ja auch nicht tot, wenn wir einen Fehlpass spielen.

  • Was macht der Bundesligaschiedsrichter wenn er Profi ist und man nach zwei Jahren feststellt, dass er für diese Spielklasse nun doch nicht geeignet ist und er absteigen muss?

    Gott sei Dank habt ihr Schiedsrichter, sonst müsstet ihr eure Fehler ja bei euch suchen !

  • Das Problem besteht doch für alle anderen Profisportler genauso...wenn man drauf achtet die Diskrepanz zwischen der Bundesliga und Liga 2 und 3 nicht zu hoch werden zu lassen bricht da auch nicht gleich nach einem Abstieg die Welt zusammen.
    Die Entscheidung Vollzeit-Schiedsrichter zu werden sollte sowieso erst nach konsistent guten Leistungen getroffen werden, es muss nicht automatisch jeder der Bundesliga pfeift sofort Profi sein - aber das Ziel sollte es sein einen Kader an professionellen Schiedsrichtern aufzubauen.


    Ich kann mir nicht vorstellen dass ein erfahrener Bundesligaschiedsrichter nach Ablauf seiner Karriere keinen Job finden würde und selbst wenn: Die Anzahl an Profischiedsrichtern wäre nicht hoch, die Anzahl an Profis die in einem gegebenen Jahr ihre Karriere beenden wäre noch geringer und wenn davon tatsächlich einer keinen Beruf finden sollte wäre eine DFB-interne Weiterbeschäftigung sicher möglich.


    Aber Top-Schiedsrichter sind in meinen Augen genauso Spitzensportler wie die Akteure die sie pfeifen, da ist ein Teilzeitjob auch irgendwo einfach nicht passend.


    Bei jeder mir bekannten Sportart ist intensives Training leistungsfördernd, warum sollte dies für einen Schiedsrichter im Fußball nicht gelten? Man kann die Entwicklung in England natürlich abwarten und erst dann die Entscheidungen treffen, aber es braucht sicher Jahre um die Effekte einer derartigen Veränderung wirklich messen zu können.


    Ich hab keinen Zweifel daran dass die jetztigen Schiedsrichter, gerade in Deutschland, auch als nicht-Profis einen sehr guten Job tun. Aber bei den Millionen die im Fußball stecken sollte man wenn es eine Möglichkeit gibt die Top-Schiedsrichter zu verbessern sie zumindest stark in Betracht ziehen oder sogar austesten.
    Denn: Ich kann mir nicht vorstellen dass ein Schiedsrichter sich durch diesen Schritt verschlechtern könnte.

  • Zitat von derMoeller;178030

    Die Schiedsrichter die jetzt in der DFL pfeifen sind die besten die wir haben.


    Statisch betrachtet mag das (im Rahmen des geltenden Auswahlsystems, aber das ist ein gaaanz anderes Thema) stimmen. Wenn aber Du oder ich, mein Nachbar oder Dein Arbeitskollege in jüngeren Jahren nicht Pilot, Anwalt oder Arzt, sondern Schiedsrichter hätten werden wollen, würden diese Personen da jetzt vielleicht stehen, weil sie besser wären. Das hängt eben vom Berufsbild ab (d.h., es muss das als Berufsbild überhaupt erstmal geben) und vom Image des Berufs, das wiederum nicht nur, aber auch vom erzielbaren Einkommen abhängt sowie von der Frage der Absicherung (Arbeitsplatzsicherheit, soziale Sicherung).


    Wer weiß denn, wie viele wirklich gute Schiedsrichter - die es vielleicht besser könnten, als die, die das derzeit an der Spitze machen - wir verlieren, weil sie selbst oder die Eltern auf den Trichter kommen, dass es viel zu riskant ist, einen "anständigen" Beruf (oder gar schon die Ausbildung dazu) sausen zu lassen, um sich auf die Schiedsrichterei zu konzentrieren?

  • naja. Die meisten werden schon Schiedsrichter bevor sie überhaupt das Berufalter erreicht haben. Und wenn sie gut sind, pfeifen die schon mit 20-21 Junioren-Bundesliga. Das heisst mit 25 wenn das Studium meistens zum Ende naht pfeifen die schon 2.bzw 3 Liga und können dann garnicht erst voll einsteigen in die Berufswelt.
    Und ich denke, dass sich das genau wie bei den Profifussballern verhält. Entweder man hat das Zeug dazu(das merkst du dann mit ca 18 Jahren oder halt nicht. Ich glaube nicht, dass es zu einer Steigerung der Qualität in ungeahnten Ausmaßen kommt, wenn man den Schiedsrichter zu einen Beruf macht.


    Wie läuft das eigentlich in England???

    Ewald Lienen (Ehem. Trainer 1.FC Köln):
    Wir haben nicht das Recht, jede Entscheidung des Schiedsrichters zu kommentieren. Der lacht sich ja auch nicht tot, wenn wir einen Fehlpass spielen.