Spieler gibt Absicht zu

  • Folgendes Beispiel:
    Der Spieler geht mit zu hohem, gestreckten Bein in den Zweikampf und verfehlt den Gegenspieler nur knapp. Der Schiedsrichter entscheidet auf indirekten Freistoß und Gelb. Beim Aussprechen der Verwarnung kommt es zu folgendem Dialog:
    SR:"Da haben Sie aber Glück gehabt, wenn Sie Ihren Gegenspieler so getroffen hätten, wäre Feierabend für Sie gewesen."
    Spieler:"Mein Gegenspieler hat wohl eher Glück gehabt. Ich habe ihn ja leider nicht erwischt."
    Wie sollte der Schiedsrichter reagieren und warum?

  • Der SR sollte die Verwarnung zurücknehmen und einen Feldverweis aussprechen.
    Gleichzeitig wird aus dem idF ein dF/Strafstoß



    Begründung: Der SR hat die Situation falsch bewertet. Er hat nach seiner Wahrnehmung auf "gefährliches Spiel" erkannt. Der Spieler korrigiert durch seine Aussage die Wahrnehmung des SR und gibt zu, dass er den Spieler treten wollte. Ob er getroffen hat oder nicht, ist in diesem Fall unerheblich, weil bereits der Versuch strafbar ist. Bei einem Tritt in Kopfhöhe ist von übermäßiger Härte auszugehen, weshalb ein Feldverweis angesagt ist.

  • Wir müssen hier den regeltechnischen und den menschlichen Teil differenzieren.


    Regeltechnisch ist eine Änderung des Freistoßes vom indirekten in die direkte Variante möglich, da es sich um versuchtes Treten gehandelt hat; ob das opportun ist, hängt vom konkreten Fall ab. Mehr als eine Verwarnung ist aber mangels "Treffer" nicht drin. Selbst wenn ich in der Aussage eine Unsportlichkeit sehe, so handelt es sich um das Zugeben derselben, es ist aber kein separates Vergehen, so dass dies trotzdem nur mit einer Verwarnung zu bestrafen ist, auch eine Ampel ist daher nicht möglich.


    Menschlich ist der SR natürlich gefordert, hier die passenden Worte zu finden und auch auszusprechen - aber das muss jeder nach seinem Typ machen.

  • Ich sehe das - im Gegensatz zu Manfred - wie A_Kappi.
    Der Spieler gibt durch seine Äußerung klar zu erkennen, dass er versucht hat, ein grobes Foul zu begehen: :rote_karte:

    "Der Klügere gibt nach! Eine traurige Wahrheit, sie begründet die Weltherrschaft der Dummheit."
    (Marie von Ebner-Eschenbach, österreichische Schriftstellerin, *1830 +1916)


    "Mancher ist für die Wahrheit, solang die Wahrheit für ihn ist."
    (Charles Tschopp, schweizer Schriftsteller, *1899 +1982)

  • Das Problem ist nur, dass im Regelbuch nichts über versuchte Foulspiele steht (außer versuchtem Treten und Bein stellen, aber dafür gibt es nur einen Freistoß, das passt hier also nicht), hätte er getroffen wäre die Sache klar und eindeutig.


    Im Regelwerk steht: "Ein Spieler begeht ein grobes Foul, wenn er bei laufendem Spiel im Kampf um den Ball übermäßig hart oder brutal in einen Zweikmapf einsteigt. Gefährdet ein Spieler in einem Zweikampf die Gesundheit seines Gegner, ist dies als grobes Foul zu ahnden. Ein Spieler, der im Kampf um den Ball von vorne, von der Seite oder von hinten mit einem oder beiden Beinen in den Gegenspieler hineinspringt und durch übertriebene Härte die Gesundheit des Gegners gefährdet, begeht ein grobes Foul."


    Fangen wir mal von hinten an: Er springt nicht in den Gegenspieler, fällt also diese Möglichkeit schon einmal weg.
    Zweiter Satz: Der Sachverhalt gibt auch nicht her, ob der "Einstieg" geeignet war die Gesundheit des Gegners zu gefährden - dies ist zwar nach der Schilderung nicht auszuschließen, andererseits soll man aber in Regelfragen nichts hineininterpretieren, also schließe ich das auch aus, zumal wenn der Schiedsrichter dies so beurteilt hätte, wäre von vornherein der FaD zu verhängen gewesen.
    Erster Satz: Letztlich ähnlich wie beim zweiten Satz, offenkundig hat der SR dies nicht als übermäßig hart und brutal eingeschätzt, denn dann wäre auch sofort der FaD fällig gewesen. Der Spieler hat es zudem wohl entgegen seiner Aussage nicht wirklich auf einen "Treffer" angelegt, denn sonst hätte er mit ziemlicher Sicherheit auch getroffen, bei solchen Aktionen ist die "Fehlerquote" erfahrungsgemäß eher gering.


    Was bleibt also? Regeltechnisch ist das Eis für eine Änderung in einen FaD mehr als dünn, auch wenn es vertretbar wäre, wenn der Schiedsrichter die Situation nach der Äußerung anders bewertet, wovor ich aber warne.

  • Ja Braumeister, das Regelwerk spricht beim treten und Bein stellen von einer Strafbarkeit - aber eben auch nur vom Freistoß. Bei den persönlichen Strafen ist der Versuch nicht explizit erwähnt, sonst wäre die Beantwortung der Frage ja auch einfach ...

  • Zitat von Manfred;156670

    Der Spieler hat es zudem wohl entgegen seiner Aussage nicht wirklich auf einen "Treffer" angelegt, denn sonst hätte er mit ziemlicher Sicherheit auch getroffen


    Da interpretierst Du jetzt aber :)


    Wenn der Spieler diese Äußerung mit einem Grinsen im Gesicht abgibt (ich also merke, dass er nur einen Spaß machen will), dann bleibt es natürlich beim gefährlichen Spiel ;)


    Wie bestrafst Du einen Spieler, bei dem Du sicher bist, dass er absichtlich seinem Gegner gegen den Kopf treten will und diesen aber knapp verfehlt (evtl sogar, weil der Gegner den Kopf zurückzieht)?


    Gibt es eine größere Sicherheit als die Aussage des Spielers?

  • Mensch Manfred, versuchtes Treten gehört genauso zu einer roten Karte wie versuchte Tätlichkeit!
    Für Regelverstöße und unsportliches Verhalten werden verschiedene Strafen verhängt:


    Direkter Freistoß:


    Verhält sich ein Spieler rücksichtslos und besonders grob, etwa durch:
    # Treten des Gegners
    # Bein stellen
    # Anrempeln, Anspringen
    # Schlagen oder Stoßen
    # Anspucken


    oder verhält sich regelwidrig durch:


    # Berühren des Gegners vorm Ball beim Abblocken (Tackling)
    # Anhalten des Gegners
    # Handspiel,


    so freuen sich die Gegner über einen direkten Freistoß. Selbst der Versuch eines Fouls ist strafbar.
    Quelle: http://www.dfb.de/index.php?id=508078

    Es gibt Leute, die denken Fußball ist eine Frage von Leben und Tod. Ich mag diese Einstellung nicht. Ich kann ihnen versichern, dass es noch sehr viel ernster ist. (Bill Shankly)

  • Das Ändern einer Entscheidung zu ungunsten des Spielers, der etwas zugibt, halte ich für falsch. Dies wird z.B. auch nicht bei Handspiel auf der Torlinie gemacht, wenn der SR erst bei Nachfrage vom Spieler erfährt, dass er mit der Hand am Ball war. Dann gibt es auch nur den Strafstoß und keinen Feldverweis.


    In diesem Fall kann man einer solchen Äußerung nur mit seiner Persönlichkeit entgegentreten. Ich sehe hier keine Grundlage für einen Feldverweis. Wahrscheinlich sollte man als SR solche Dialoge nicht auf die Goldwaage legen.

  • Zitat von Nr.23;156661

    Spieler:"Mein Gegenspieler hat wohl eher Glück gehabt. Ich habe ihn ja leider nicht erwischt."


    big-mac
    Der o.g. geschilderte Fall liegt klar anders. Zum einen hat der SR den Spieler nicht befragt, sondern dieser hat sich ungefragt geäußert. Zum anderen kommt spätestens durch das Wörtlichen "leider" zum Ausdruck, dass er den Gegenspieler vorsätzlich verletzen wollte. Da sollte man m.E. die :rote_karte: nicht auf :gelbe_karte: abschwächen.

    "Der Klügere gibt nach! Eine traurige Wahrheit, sie begründet die Weltherrschaft der Dummheit."
    (Marie von Ebner-Eschenbach, österreichische Schriftstellerin, *1830 +1916)


    "Mancher ist für die Wahrheit, solang die Wahrheit für ihn ist."
    (Charles Tschopp, schweizer Schriftsteller, *1899 +1982)

  • Ich komme noch einmal darauf zurück - und das ist auch durch das Regelwerk abgedeckt: Wenn es nach der Wahrnehmung des Schiedsrichters von vornherein die Absicht war, den Gegner zu treffen, liegen die Tatbestandsmerkmale vor und es muss gleich die Rote Karte kommen.


    Eine Änderung von Verwarnung in FaD alleine auf die Aussage des Spielers zu stützen halte ich für sehr gewagt. Selbst das "leider", welches einen Vorsatz annehmen lässt, ist immer interpretationsfähig, denn es kann, wie A_Kappi andeutet, dies mit einem grinsen gesagt werden oder sogar im todernsten Tonfall dennoch ironisch gemeint sein - vor dem Sportgericht fällt man damit als SR unter Umständen ziemlich auf die Schauze; es hängt also auch hier wieder von der Wahrnehmung des Schiedsrichters ab. Ich wiederhole daher einfach noch einmal:

    Zitat

    ... auch wenn es vertretbar wäre, wenn der Schiedsrichter die Situation nach der Äußerung anders bewertet

    - aber ich bleibe dabei, dass dieses Eis dünn ist.

  • Zitat von Manfred;156725

    vor dem Sportgericht fällt man damit als SR unter Umständen ziemlich auf die Schauze; es hängt also auch hier wieder von der Wahrnehmung des Schiedsrichters ab.


    Hängen nicht alle Entscheidungen von unserer Wahrnehmung ab? Wir sind einer Meinung, dass die Aussage alleine keine Grundlage für einen Platzverweis darstellt, es kommt darauf an, wie man sie wahrnimmt (Körpersprache, Gestik). Ich bleibe dabei: wenn ich der festen Überzeugung bin, der Spieler meint das Ernst, bekommt er von mir keine Chance, das nächste Mal "besser" zu zielen. Wenn das Sportgericht hinterher der Meinung ist, dass meine Wahrnehmung falsch oder meine Reaktion überzogen war - damit könnte ich leben.
    Lasse ich den Spieler weiterspielen und er zielt zwei Minuten später tatsächlich "besser" - diese Verantwortung möchte ich nicht tragen.


    Würde ich damit einen Regelverstoß begehen, wäre dies natürlich eine andere Diskussionsgrundlage und ich müsste meine Einstellung überdenken - dieser Nachweis steht jedoch aus.

  • Ich geb mal ein anderes Beispiel, was uns ein Sportrichter erzählt hat:
    SR schreibt in seiner Meldung "rote Karte wegen groben Foulspiel"
    Sportrichter denkt sich mit der Meldung kann ich nichts anfangen, also Mindeststrafe ein Spiel.
    Dann kommt die Stellungnahme des Vereins, wo er sich für die Grätsche von hinten und die Verletzungsfolgen entschuldigt.
    Tja und schon kann der Sportrichter ein vernünftiges Strafmaß festlegen.


    Der Unterschied ist hier aber ganz einfach, dass dies hier schriftlich passiert und in Ruhe. Eine Aussage eines Spielers Mir gegenüber würde ICH nie negativ gegen ihn auslegen, außer sie ist eindeutig.

  • Mir fällt dazu nur ein Schutz der anderen Spieler, da lass ich den man gehen.
    Was das Sportgericht daraus macht interessiert mich einfach nicht mehr!

    Es gibt Leute, die denken Fußball ist eine Frage von Leben und Tod. Ich mag diese Einstellung nicht. Ich kann ihnen versichern, dass es noch sehr viel ernster ist. (Bill Shankly)