Das Patentrezept lautet aus meiner Sicht: Sei du selbst und kopiere niemand anderen. Du musst für dich bei Situationen mit Ermessensspielraum wie Zweikampfbewertungen, Ermahnungen und persönlichen Strafen einen Stil finden, der zu dir passt. Wenn du der ruhige Typ bist, hol dir Spieler in aller Ruhe ran und erklär auch mal zwei Sätze, warum du dieses und jenes Verhalten in Zukunft nicht mehr sehen willst. Wenn du der energische Typ bist, machst du halt kurze zackige Ansagen. Alles andere ist wahnsinnig schwer durchzuhalten und stört die Konzentration auf die Spielleitung selbst.
Ich habe als U19-Landesliga-SR meine mit Abstand schlechteste Leistung bei einem Turnier abgeliefert, wo mir ein U13-Spiel komplett aus dem Ruder gelaufen ist. Da wurde vorher beim Briefing gesagt, wenn wir Spiele bei den "Kleinen" pfeifen, sollen wir besonders streng sein, um von vornherein Aggressionen aus dem Spiel zu nehmen. Also ich von Anfang an jeden Pups abgepfiffen, nur mit kurzen Anweisungen agiert, usw. - das war schon in den ersten Minuten sehr anstrengend und unschön, weil die Spieler auch mal ungewollt ineinanderrasseln und dann genervt sind, wenn sie beim dritten Versuch, den Ball zu spielen, den dritten Freistoß gegen sich bekommen, und selbst der Gegner nicht versteht, warum jetzt gepfiffen wurde. Und irgendwo nach einer Viertelstunde rutscht dann doch mal die "normale" Zweikampfbewertung durch, und dann geht es richtig ab, "Aber vorhin hast du doch in derselben Situation Mimimi..." Da war doch was mit streng sein? Ok, also gleich Zack wegen Meckern hinterher und dann kann man drauf warten, dass sich ein bereits verwarnter Spieler nicht rechtzeitig einkriegt und per Zeitstrafe fliegt. Am Ende waren alle (beide Mannschaften inklusive Trainer, die Zuschauer und natürlich der Schiedsrichter) unzufrieden und ich hab mir gedacht, ihr könnt mich alle mal, und habe die nächsten Spiele wieder mit meiner normalen Linie gepfiffen. Wären dann Trainer gekommen und hätten sich beschwert, hätte ich sie zur Turnierleitung geschickt, dass sie für ihre Spieler passendere SR angesetzt bekommen. Aber was soll ich sagen? Es kam niemand. Im Gegenteil.
Fazit: Finde deine Linie für dich, mit der du dich wohlfühlst. Bei manchen Sachen liegt dein Ermessensspielraum in den Regeln, bei manchen in der Wahrnehmung (Will ich wirklich sehen, dass der Spieler, der gerade eingewechselt wird, schon einen halben Meiter im Feld auf den Spieler wartet, der rausgeht?), und du musst für dich entscheiden, womit du am besten arbeiten kannst. Weil eins muss klar sein: Was du einmal sagst oder tust, musst du bis zur letzten Sekunde durchziehen.