Beiträge von Nr.23

    In der Regelfrage steht eigentlich noch nicht mal, dass es ein strafbares Handspiel ist. Also der Arm könnte ja auch in einer eindeutig natürlichen Haltung unabsichtlich den Ball abwehren.

    Scheinbar gilt dann aber trotzdem, dass es keine Torverhinderungsaktion ist und das Abseits somit aufgehoben wird.

    Also dann weiterhin Tor+Anstoß, aber natürlich ohne Gelb.


    Wirklich eine spannende Frage.

    Wenn wir wettbewerbsspezifische Anweisungen außen vor lassen:


    Bzgl. der Strafbarkeit sehe ich es wie du: Der Arm wird absichtlich in die Flugbahn des Balles gehalten, damit sind alle anderen Bedingungen hinfällig und es ist auf jeden Fall ein Vergehen.


    Bzgl. der Roten Karte ist es etwas komplizierter: Wenn es wirklich klar ist, dass der Ball ohne das Handspiel an den Körper gegangen wäre und dadurch weder ein Tor noch eine klare Torchance entstanden wäre, kann man rein nach Regeltext wohl auf die Karte verzichten.

    Ich denke aber, dass in Deutschland die gängige Auslegung ist, solche Handspiele immer als Verhinderung einer klaren Torchance zu werten.

    Ich finde, streng nach Regeltext kommt bei b) auch SR-Ball für den TW von Gast in deren Strafraum in Frage.

    Denn auch in b) ist Gast das verteidigende Team und die letzte Ballberührung erfolgte im Strafraum (auch wenn es der andere Strafraum ist).


    Ist vermutlich nicht im Sinne der Regel (oder doch? - der Strafraum von Gast liegt schließlich dichter am Ort der Unterbrechung...), aber rein textlich finde ich dies die logischere Schlussfolgerung.

    Ich würde sagen, um das Tor abzuerkennen, muss der Schiedsrichter ausreichend sicher sein, dass der Ball schon vor dem Übertreten der Torlinie defekt war. Insbesondere kann das Tor nicht aberkannt werden, wenn der SR vorher kein Indiz auf einen defekten Ball gesehen hat. Einen Unterschied zwischen a) und b) sehe ich dabei nicht.


    Die Frage ist dann noch, was ist "ausreichend sicher". Meiner Meinung nach sollte dabei die gleiche Schwelle gelten, wie bei einer sonstigen Toraberkennung (Abseits, Foul, Hand). Und die ist meiner Meinung nach sehr individuell. Manche SR geben z.B. Abseits schon, wenn sie nur eine Tendenz dahin sehen, andere nur, wenn sie sich nahezu sicher sind. So weit ich weiß, gibt es dazu auch keine Vorschriften oder Anweisungen.

    Zu 1: Also die Grenze sollte spätestens dort sein, wo der Spieler durch sein Halten oder Zerren einen Vorteil erlangt - im Normalfall dadurch, dass sein Gegner daran gehindert wird, den Ball zu spielen. Solch Situationen sollten immer gepfiffen werden. Die Beurteilung im Einzelfall bedarf natürlich einer Interpretation durch den SR, wie viel Einfluss das Halten hat.

    Bei allen weiteren Haltevergehen hat der SR Spielraum, seine eigene Linie dafür festzulegen. Da kann man durchaus etwas ausprobieren, wie es für einen am besten funktioniert. Hauptsache, auf beiden Seiten gleich.

    Wobei es natürlich immer passieren kann, dass man so etwas nicht sieht, weil der Körper eines Spielers dazwischen ist - die sogenannten "versteckten Fouls". Da hilft dann die beste Linie nichts.

    Auch wenn es sich geklärt hat zur Klarstellung:
    Ein eingewechselter Spieler darf immer auch durch einen neuen Spieler ersetzt werden - selbst in einem Punktspiel mit nur drei Wechseloptionen.

    Würde auch sagen, dass das nicht besonders EM-spezifisch ist, sondern alle Punkte auch z.B. in der Bundesliga regelmäßig zu beobachten sind.

    Sollte mMn dann vom Verantwortlichen auf der Ebene, auf der man pfeift (z.B. Kreislehrwart) vorgegeben werden, wie streng so etwas geahndet werden soll. Also eher eng am Regeltext oder so locker wie in den oberen Spielklassen.


    Was gefällt euch denn an den Einwürfen in der Bundesliga nicht?

    Also welche der Bedingungen "stehen", "Gesicht in Richtung des Spielfelds", "beide Füße berühren zumindest teilweise den Boden" und "mit beiden Händen über den Kopf" seht ihr häufig als nicht erfüllt an?

    Bzgl. der ebenfalls in diesem Thread diskutierten Handspiel-Situation aus dem EM-Eröffnungsspiel gibt es neue Erkenntnisse:

    Rosetti would even have liked to have seen one more penalty awarded. He said Italy should have been awarded a penalty for handball against Turkey in the opening game.

    Für die UEFA war das Handspiel also doch strafbar. Dies gibt denjenigen Recht, die sagen, dass sich praktisch durch die neue Formulierung nichts an der Auslegung ändert. Auch die Video-Beispiele in der oben von mir verlinkten Präsentation deuten ja in die Richtung, dass für die unnatürliche Vergrößerung der Körperfläche letztlich doch die Kriterien aus der Vorsaison gelten sollen, auch wenn diese jetzt nicht mehr explizit in den Regeln stehen.


    Da DFB-Lehrwart Lutz Wagner die Entscheidung auf Weiterspielen in der ARD als korrekt bewertet hat, besteht hier aber offensichtlich noch Klärungsbedarf zwischen den Verbänden.

    Manfred Das sehe ich wiederum anders. Durch die Regeländerung sind nur noch Handspiele des Torschützen relevant. Wenn dies einem Mitspieler (Gegenspieler natürlich erst recht) ist das nun kein Grund mehr, das Tor abzuerkennen.


    • Ein unabsichtliches Handspiel eines Mitspielers, infolgedessen das Team dieses Spielers ein Tor erzielt, oder ein unabsichtliches Handspiel, infolgedessen es zu einer Torchance kommt, sind keine Vergehen mehr.


    Die Problematik bzgl. des konkreten Torschützen bei möglichen Eigentoren sehe ich auch. Ich würde im Moment (also ohne Klarstellung dazu) sagen, dass dort der SR bewerten muss, wer der Torschütze ist. Da es dazu keine Hinweise in den Regel gibt, muss dies wohl subjektiv nach Spielverständnis des SRs geschehen.

    Zur Szene aus dem CL-Finale: Nein, keine Absicht, aber ich bin mir relativ sicher, dass so etwas als unnatürliche Vergrößerung des Körpers gewertet werden soll. Die Vergrößerung dürfte nur durch zum Spiel gehörige Bewegungen "natürlich" werden. Steht dort zwar nicht explizit, sollte aber doch eindeutig den Sinn der Regel darstellen.


    Edit, um es doch mit dem Regeltext zu begründen: Die Armhaltung ist sicherlich keine Folge der (sonstigen) Körperbewegung des Spielers.

    Vielleicht ist das der entscheidende Punkt auch für andere Situationen: Wenn die Armhaltung nicht zur sonstigen Bewegung passt, ist die Vergrößerung der Körperfläche strafbar. Insbesondere ist dies somit immer der Fall, wenn der Spieler still steht (weil es dann keine Körperbewegung gibt).

    Anlass ist der Strafstoß für Portugal gestern, aber mich würde es allgemein (also als Regelfrage) interessieren:


    Wenn bei der Verhinderung einer klaren Torchance im Strafraum gleichzeitig ein Halten und ein ballorientiertes Beinstellen vorliegt, gibt es dann Gelb oder Rot?


    Für Rot spricht: Das schwerere Vergehen muss bestraft werden

    Für Gelb spricht: Die Gesamtaktion ist gewissermaßen ballorientiert


    Was überwiegt?

    Streng nach Regeltext (21/22)

    "Eine unnatürliche Vergrößerung des Körpers liegt vor, wenn die Hand-/Armhaltung weder die Folge einer Körperbewegung des Spielers in der jeweiligen Situation ist noch mit dieser Körperbewegung gerechtfertigt werden kann. "

    ist für die "unnatürliche Vergrößerung des Körpers" gar keine Vergrößerung der Körperfläche mehr nötig, sondern jegliche Armhaltung, die nicht zur sonstigen Bewegung passt, wäre strafbar. Dann wäre es auch kein Problem, darüber die Schutzhand zu bestrafen, da es dort ja in der Mauer keine rechtfertigende Körperbewegung gibt.


    Ich bin mir ziemlich sicher, dass das nicht so gemeint ist - aber es zeigt, dass auch die neue Formulierung der Regel nicht zu Ende gedacht und sauber formuliert ist.

    Bzgl. Absicht ist das richtig.

    Aber spätestens mit den neuen Regeln gibt es einen weiteren Punkt, der auch hinreichend ist.

    D.h., wenn der SR zu dem Ergebnis kommt, dass der Arm die Körperfläche unnatürlich vergrößert hat, sind sämtliche Überlegungen zur Absícht hinfällig.

    Und es kann durchaus Situationen geben, wo dieser Punkt leichter analysiert werden kann als der Punkt mit der Absicht.

    Mir ist dazu noch ein anderer Gedanke gekommen:

    Es gab ja bisher schon den Begriff "unnatürlich vergrößert" als eigenständigen Grund für ein strafbares Handspiel. Danach folgten diverse weitere Punkte, die ein Handspiel strafbar machen, aber der Begriff selbst wurde nicht definiert.

    Deshalb war es bisher eine relativ freie Interpretation (die dann durch Auslegungsbeispiele etc. geformt wurde), wann der Körper unnatürlich vergrößert wurde. Eine Szene wie gestern wäre da üblicherweise als strafbar bewertet worden, weil der Arm im Moment des Kontakts deutlich vom Körper absteht.


    In der neuen Formulierung gibt es nun aber eine Definition von "unnatürlich vergrößert", nämlich "wenn die Bewegung der Hand bzw. des Armes keine Folge der Körperbewegung des Spielers für diese spezielle Situation ist oder durch diese vertretbar ist"

    Damit haben wir - im Gegensatz zur allgemeinen Tendenz - in diesem speziellen Punkt sogar eine (begrüßenswerte) Präzisierung der Handspielregel.

    Um ein Handspiel als strafbar zu bewerten, muss man nun explizit einen Grund finden, warum die Armhaltung nicht durch die allgemeine Körperbewegung vertretbar ist. Wobei diese Bewertung dann natürlich durch den SR erfolgen muss.

    Da es bei der Szene gestern plausibel ein Teil der normalen Laufbewegung sein konnte, ist es somit nach neuer Regel kein strafbares Handspiel mehr.

    Ja, aber könnte ein Musterbeispiel für die neue Regel sein (wenn das im Turnier so durchgezogen wird).

    Die Vergrößerung der Körperfläche wird akzeptiert, wenn sie Teil der natürlichen Bewegung ist, also keine explizite Bewegung um den Ball aufzuhalten.

    Lutz Wagner hat es in der Halbzeit ja auch gut erklärt.


    Dass die neue Regel dem SR wieder mehr Interpretationsspielraum gibt, war ja gewollt.

    Wirts: "Es gibt kein Handspiel außerhalb des Spielfelds"

    Zumindest ist dies nicht regelwidrig :P , weil klar ist, dass es das nicht sein kann, denn der Ball ist dann zwangsläufig aus dem Spiel.

    Wenn der Ball auf der Linie ist (und somit im Spiel), kann man ihn trotzdem mit der Hand außerhalb des Spielfelds berühren. Es sollte relativ klar sein, dass so etwas trotzdem regelwidrig sein kann - und es steht auch nirgendwo explizit in den Regeln, dass Handspielvergehen außerhalb des Spielfelds erlaubt sind.

    Die Frage ist nur, ob das Handspiel in dem Fall auch außerhalb des Spielfelds ist - oder nur der Handkontakt. Aber das ist ja gerade der Punkt, der hier diskutiert wird - und leider im Regelheft nicht eindeutig geklärt ist.