Neustrukturierung des Schiedsrichterwesens beim DFB

  • Als Folge des „Amerell-Skandals“ werden ja diverse Personen (und Modelle) diskutiert. Ich will einfach mal eine provokative Frage in den Raum werfen:


    Ist eigentlich jeder, der als Schiedsrichter erfolgreich war/ist, auch geeignet, als Beobachter und/oder Funktionär tätig zu sein?


    Es ist schon irritierend, dass mit einem mal alle „abgehalfterten“ Schiris (gleich ob Fandel, Merk o.ä.) hier gehandelt werden. Ohne jede Frage haben die viel Erfahrung, dennoch sollte vor der Übergabe eines nunmehr ohnehin schon lädierten Amtes an wen auch immer für meine Begriffe unbedingt geprüft werden, ob die Person dafür geeignet ist. Praktische Erfahrung auf dem Spielfeld ist eine Sache, ein Schreibtischjob eine andere … Ich will nicht ausschließen, dass die potenziellen Kandidaten geeignet sein können, mir wäre aber wohler, wenn dieser Aspekt nicht aus lauter Not die Lücke schnell schließen zu wollen/müssen unbeachtet bliebe - und das ist zumindest in der öffentlichen Diskussion bisher der Fall.

  • Für mich ist MM ein absoluter Fachmann. Ob er allerdings in einen SR-Ausschuss mit HF passt, bezweile ich doch sehr. Beide waren sich noch nie 100%ig grün. MM ist ein Leadertyp, der sich auch nicht unterordnen wird. Sein Wissen und seine Kompetenz ist unbestritten, aber für einen funktionierenden Ausschuss muss noch mehr stimmen.

  • Häufig passen in die "Funktionärs-Etage" auch Kameraden, die vielleicht nicht so hoch gepfiffen haben, dafür aber vielleicht andere Qualitäten haben ( sei es EDV, Rhetorik, guten Draht zu Vereinen, Vereinigungen, etc....)

  • Ist Euch noch nicht aufgefallen, dass das bei DFB nicht relevant ist? Dort werden die Posten nur nach Nase und Beziehungen vergeben.

  • Das würde ich so unterstreichen Udo.
    Zur Frage :
    Herbert Fandel wird dieses Amt übernehmen, ich denke es hätte schlimmer kommen können.
    Er kennt sich im Geschäft gut aus und sollte vor dem Publikum immer die richtigen Töne treffen ;)

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    Für den DFB gilt es nun, bestehende Strukturen dahingehend zu verändern, dass so etwas nicht mehr so einfach vorkommen kann. Die ersten Schritte dafür sind getan, ich bin überzeugt, dass dies keine leichte Aufgabe wird und ein Umwälzprozess über Jahre erforderlich ist, bin aber guter Dinge, dass sich in diesem Bereich etwas tut und die Gesamtsituation betreffend Aufstieg von SR ein Stückchen gerechter wird.

  • Bezüglich der Erfolgsaussichten der bevorstehenden Restrukturierung bin ich allerdings eher skeptisch:


    Das Schiedsrichterwesen besitzt weltweit eine gewisse Monopolstellung: Wer innerhalb seines Landes Karriere machen möchte, kann dies ausschließlich im jeweiligen Landesverband tun. Und hier wird es immer subjektiv empfundene (oder auch objektive) Ungerechtigkeiten geben, bei denen man nur die Alternative hat, sich damit abzufinden oder aber die Konsequenzen zu ziehen und auszutreten.


    Es kann sein, dass die Leistungen am Spielfeld für den Schiedsrichter A sprechen, während dennoch Schiedsrichter B forciert wird, weil er beispielsweise besser Englisch spricht, was für eine etwaige internationale Karriere vorteilhaft ist - diesen Umstand könnte man noch in einem Scoringmodell berücksichtigen, bei dem verschiedene Einflussfaktoren mit unterschiedlichen Gewichtungen einfließen.


    Was ist aber, wenn etwa ein Schiedsrichter aus dem Bundesland A bei einem Bundesligaspiel von einem Beobachter aus dem Bundesland B bewertet wird, während gleichzeitig auch ein Schiedsrichter aus dem Bundesland B als Kandidat für höhere Aufgaben gilt? Dass der Beobachter hier vielleicht tendenziell einen halben Notengrad abzieht, den er ansonsten nicht finden würde, lässt sich nicht ganz ausschließen.


    Ebenso bin ich mir nicht sicher, wie unabhängig ein Schiedsrichtersenat tatsächlich agieren kann: Die meisten Kollegen kennen einander bereits seit mehreren Jahrzehnten aus ihrer aktiven Zeit in der Bundesliga und haben vermutlich bereits damals Freund- oder Feindschaften entwickelt, die sich auch später fortsetzen und in Egoismen - etwa zwischen den regionalen Verbänden - münden könnten.


    Aktuell können sich ja nicht einmal Volker Roth und Franz-Xaver Wack darauf einigen, ob entsprechende Meldungen über Missstände erfolgt sind oder nicht. Ebenso wurde in den letzten Tagen Hellmut Krug in den Medien mehrmals als Intimfeind Volker Roths bezeichnet. Ob diese Behauptungen nun zutreffen oder nicht, so zeigt es zumindest auf, dass es scheinbar doch gewisse Animositäten geben dürfte.


    Wenn man annimmt, dass Herbert Fandel als Person mit besonderer Integrität gilt und nur Personen nominiert, die seinen Vorstellungen gerecht werden, dann würde dies zwar vielleicht dazu führen, dass mehr "miteinander" anstatt "gegeneinander" gearbeitet wird. Andererseits würde dann sofort der Vorwurf laut, dass das Gremium nur mit Personen aus dem Dunstkreis von Herbert Fandel besetzt ist.


    Interessant, aber leider immer noch unbeantwortet, ist für mich die Frage, wie man sich am besten verhält, wenn man Probleme mit seinem eigenen Vorgesetzten hat und nicht seine Karriere riskieren möchte. Klar kann man in Abhängigkeit vom behaupteten Delikt den Rechtsweg beschreiten, aber den Chef des Chefs zu informieren, der vielleicht dessen bester Freund ist, ist eine eher theoretische Option.


    Konkret also die hypothetische Frage: Angenommen, Michael Kempter hätte sich bereits vor 8 Jahren sexuell belästigt gefühlt. In seiner damaligen Funktion in einer niedrigeren Liga konnte er sich nicht an Volker Roth wenden, der seinerzeit noch nicht sein unmittelbarer Vorgesetzter war. Wen hätte er also informieren sollen? Direkt den DFB-Präsidenten, weil das behauptete Vergehen zwingend Chefsache ist?

  • Wo Menschen wirken, wird es Ungerechtigkeiten geben. Erschwerend kommt hinzu, dass es noch weitere externe Faktoren gibt wie etwa einen zu beachtenden Proporz, wo die Leistungsunterschiede dann schon gewaltig sein müssten, um diesen zu übergehen.
    Die Auflösung von Konflikten, die sich auf die Karriere auswirken können, wird immer problematisch bleiben. Hier möchte ich aber mal ganz bewusst eine Anleihe machen: Nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG), welches auf einer EU-Richtlinie basiert und im Kern, wenn auch wahrscheinlich unter anderen Namen in ganz Europa gültig ist, ist eine Zentrale Beschwerdestelle zu installieren, die auch ohne Einhaltung des "Dienstweges" angesprochen werden darf und kann. Noch länger etabliert ist in Deutschland bei der Bundeswehr der Wehrbeauftragte des Bundestages, an den sich auch jeder Soldat ohne Einhaltung des Dienstweges unmittelbar werden kann.
    Übertragen auf den DFB wäre dieser also gut beraten, wenn eine zentrale Anlaufstelle geschaffen würde, die sich genau um solche Dinge kümmert, es muss nicht zwangsläufig der Präsident selber sein, aber wenigstens ihm unmittelbar nachgeordnet und nur ihm rechenschafts- und berichtspflichtig.

  • Viele der von whistler angesprochenen Punkte sind grundsätzlich richtig, und ich stimme Manfred zu: Es wird bei Urteilen von Menschen über menschliche Persönlichkeiten immer etwas Subjektivität bleiben.
    Aber man könnte das eine oder andere vermeiden, indem man zumindest die entscheidenden Kriterien auch öffentlich macht. Wenn ein SR auf DFB-Ebene erfolgreich sein will, muss er auch damit umgehen können, dass seine Stärken/Schwächen nicht nur von Vorgesetzten, die die Entscheidungen treffen, diskutiert werden. Auch die Kollegen, an der Thematik interessierte Spieler/Trainer und auf höchster Ebene auch der Presse, sollen doch auf der gleichen Grundlage mitreden können. Das gehört zur Persönlichkeitsentwicklung auf der Ebene dazu. Wenn einem Aufsteiger in die BL dann eben gegenüber einem nahezu gleichwertigen Konkurrenten bessere Sprachkenntnisse zugute kommen, was spricht dagegen, das auch offen auszusprechen?
    Ein Trainer tut dies bei seinen Spielern, die er aufstellt oder verpflichtet, doch auch. Das ist ein Teil des Leistungssports - und das ist auch die Schiedsrichterei spätestens auf DFB-Ebene. Deshalb sollte man sich in den Strukturen diesen Gedanken anpassen - so werden interne Günstlingsspielchen am besten verhindert.