Vor genau einem Jahr habe ich meine Schiedsrichterprüfung abgelegt, Zeit für einen kleinen Rückblick:D:
Ich und Schiedsrichter? Niemals, eher friert die Hölle zu. So dachte ich bis vor ca. einem Jahr, Schiedsrichter waren für mich grundsätzlich Lebewesen, die einem gestandenen Kreisliga-Profi jeden Spaß am Spiel nehmen wollen. Zuhause stehen sie unter der Knute ihrer Frauen und haben nix zu melden, dafür stehen sie am Wochenende auf dem Sportplatz und drangsalieren harmlose Fußballspieler. Lauffaul, arrogant, hinterlistig, besserwisserisch, und keine Ahnung vom Fußball.
Das entsprach so ungefähr meinem Weltbild vom Schiedsrichter und seiner Tätigkeit. Ich hatte immer viel Spaß wenn ich selber gegen den Ball (und den Gegner) treten durfte, um die Spannungen der wöchentlichen Arbeitsroutine abzubauen.
Mein neues Leben als Schiedsrichter begann an einem Montag im Januar im Getränkemarkt. Dieser gehört nämlich dem Jugendleiter des SC Fortuna Bonn, der auch gleichzeitig der Trainer meines Sohnes ist. Während ich also einen Kasten Kölsch kaufte kamen wir auf den Verein zu sprechen, und Jörg klagte mir sein Leid mit dem SR-Untersoll. Bei 3 Senioren- und einer Damenmannschaft kam die Fortuna nur auf 2 aktive Schiedsrichter, und eine entsprechende monatliche Abrechnung des FVM. Ich fragte ihn nur beiläufig, wann den der nächste Anwärterlehrgang wäre, Interesse in diese Richtung hatte ich absolut nicht. 2 Stunden später rief Jörg mich auf dem Handy an und teilte mir voller Stolz mit, dass der Anwärterlehrgang schon in 2 Tagen starten würde. Vorsorglich hätte er mich dort mal angemeldet. Mein Einwand, dass ich das erst zuhause klären müsste, wischte er beiseite: "Das mache ich schon für dich."
Na toll, wo bist du da wieder reingeraten?
Na ja, wenn mich mein Verein dort mal anmeldet, dann könnte ich eigentlich auch hingehen. Nur mal zum gucken, über Fußball wußte ich ja schon alles. Als ich dann abends mal ein wenig mit Google experimentierte, kam ich in dieses Forum und das Amt des Schiedsrichters begann mich zu interessieren.
Also erschien ich am Mittwoch kreuzpünktlich mit Stift, Mappe, und meinem Fußballsachverstand im "Ristorante Ferrari" im Tennisclub zu Tannenbusch. Zuerst fiel mir der wirklich nette und kollegiale Umgang der Lehrwarte mit uns Anwärtern auf, auch der Vorsitzende des KSA Bonns wies auf die wirklich tolle Kameradschaft unter den Bonner Schiedsrichtern hin. Geduldig ließ ich das alles über mich ergehen und staunte nicht schlecht: Es gab Dinge die ich nicht wußte! Unmöglich! Mit fortlaufender Lehrgangsdauer wurde aus dem Interesse eine Fastzination. Wie wäre es wohl, wenn ich mal Karten verteile anstatt zu kassieren? Mein Ehrgeiz war geweckt und ich büffelte für die Schiedsrichterprüfung mehr, als für meine Kaufmannsprüfung damals vor der IHK.
Am Tage der Prüfung war ich nervös wie ein Teenager vorm ersten Sex. Letztlich ging alles gut, obwohl der Verbandslehrwart, der uns die Prüfung abnahm, von meinem HSV-Pulli ziemlich angewidert war. "Da haben wir ja den ersten Streichkandidaten" waren seine Worte als überzeugter Bayern-Fan (Bayern hatte an dem Wochenende gegen den HSV verloren). Nachdem ich in der Zwischenprüfung am Vorabend als Bester abgeschnitten hatte, legte ich meine Prüfung mit 58 v. 60 Punkten ab.
Nun war ich also ein schwarzer Mann, zumindest auf dem Papier. Die Ausrüstung meines Vereins kam eine Woche später, und verwandelten den "Bad Boy" in einen "Mann des Gesetzes".
Mein erstes Spiel war ein D-Jugend-Spiel, und ich war nervös wie ein FIFA-SR vor einem Endspiel. Auch dort ging alles glatt, nach dem Anpfiff war mein 2. Pfiff als Schiedsrichter gleich ein Strafstoßpfiff. Toller Einstand.
Durch die ersten Partien wurde ich von erfahrenen Kollegen aus dem Kreis begleitet, die allesamt meine Väter hätten sein können. Bis auf eine Ausnahme: Körnerbrötchen a.k.a. Pascua. Es war für mich etwas völlig neuartiges mir etwas von einem knapp 18-jährigen erzählen und erklären lassen zu müssen. Er hat mir in der Situation (Anpfeifen bei extremen Löchern und Regen) durch seine Ruhe und Besonnenheit sehr geholfen, mir aber die alleinige Entscheidung überlassen. Nachdem ich das Spiel dann nicht angepfiffen hatte bestätigte mir unser aller Körnerbrötchen, dass meine Entscheidung auch die seine gewesen wäre. Nochmals vielen Dank dafür.
Es folgten Steigerungen bis in die A-Jugend, und seit dem Sommer auch Einsätze im Herrenbereich. Die Erfahrungen im Seniorenbereich habe ich allerdings schon seit April im Betriebssport gesammelt. Ich fahre auch recht häufig in der BZL als Assistent mit, besonders die Fahrten mit meinem Freund Salvatore aus Köln sind immer lustige und interessante Highlights. Auch unserem Körnerbrötchen durfte ich schon mit der Fahne assistieren, und mache es jederzeit wieder gerne. Das Usertreffen in Mainz-Kastel war ein Highlight für mich, soviel Spaß hatte ich auf dem Sportplatz lange nicht.
Was bleibt sind das Karriereende als aktiver Spieler im Sommer 2009, sowie eine grundlegende Änderung meines Verhaltens im Sportbereich. Ich habe als SR gelernt mich auf dem Platz zurückzuhalten, bin aber nie um einen blöden Spruch verlegen, wobei die Sprüche allerdings immer positiv ankommen. Soviel Menschenkenntnis habe ich um sowas einschätzen zu können. Ich habe gelernt mich zu konzentrieren und "Nebengeräusche" während eines Spiels komplett auszublenden. Ich gelte als Schiedsrichter mit einer "englischen bis schottischen" Zweikampfbewertung, gleichzeitig auch als absolut kleinlich bei verbalen Ausfällen und Tätlichkeiten. Meine bisherigen Platzverweise waren ausnahmslos Verbalfouls und ein Faustschlag ins Gesicht.
FAZIT: Mir macht das Amt des SR´s riesigen Spaß und es gibt mir mehr positive Feedbacks von allen Seiten, als ich als aktiver Spieler jemals hatte. Ich habe im KSA Bonn einige neue Freunde gefunden und mich persönlich weiterentwickelt durch mein Amt. Mein Dank geht an die Kameraden im KSA Bonn, besonders erwähnt seien hier: Salvatore C., Thomas S., Pascua T., Martin P., Sascha R., Sascha S., Gunnar M., Harald V., Männes M., Antonio L., Thomas K., Dirk S., und "good old" H.-Robert J.
Weiterhin geht der Dank an die überwiegende Mehrheit der User hier im Forum, für ihre Hilfe in Regelfragen und ihre Freundschaft.
So genug gefühlsduselt, zurück zum Tagesgeschäft:D