ZitatAlles anzeigenFall 662: A-Junioren Verband-Spiel SC B - VfR G am 22.11.09.
Urteil:
I. Hinsichtlich des verursachten Spielausfalls durch SC B gemäß § 78 Abs. 3 RVO wird auf die Verhängung einer Geldstrafe verzichtet.
Das Spiel ist gemäß § 40 Abs. 1 SpO mit x:0 für SC B als verloren und für den Gegner als gewonnen zu werten.
II. Die Kosten des Verfahrens trägt der BFV. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
III. Stellungnahme lag vor.
Begründung:
Das A-Juniorenverbandsspiel SC B - VfR G am 22.11.2009 wurde in der 60. Spielminute beim Stand von 3:0 für den VfR G durch den Schiedsrichter P R abgebrochen. Da der eingeteilte Schiedsrichter nicht erschienen ist, übernahm der geprüfte Schiedsrichter P R gemäß § 20 Abs. 1a JO die Spielleitung, mit der sich beide Vereine einig verstanden.
In seinem Bericht über den Spielabbruch gibt der Schiedsrichter an, dass er das Spiel in der 2. Halbzeit abgebrochen hat, da sich die Reklamationen und unverschämten Bemerkungen seitens der Spieler des VfR G häuften. Im Grunde genommen wurde jede Entscheidung, die gegen den Gastverein getroffen wurde, kritisiert. Die Spieler verlegten sich zunehmend auf das Mittel der Belustigung. In der 58. und 60. Minute stellte der Schiedsrichter zwei Spieler des VfR G wegen wiederholten Auslachens mit Zeitstrafe vom Platz. Laut Aussage des Schiedsrichters 'freute sich der Spieler mit der Nr. 5 sich sogar riesig über seine eigene Hinausstellung und applaudierte kräftig (leider hatte ich keine Karten dabei).'
Beim anschließenden Freistoß wurde er von der gesamten Mauer ausgelacht, so dass er daraufhin das Spiel wegen allgemeiner Widersetzlichkeit der Spieler ab, er das Spiel nicht mehr im Griff hatte und er nicht mehr in der Lage war das Spiel ordnungsgemäß zu Ende zu bringen. Der Schiedsrichter gibt an: 'Ich hatte keine Autorität mehr und machte mich selbst und damit die Funktion eines Schiedsrichters lächerlich.'
Demnach wurde das Spiel abgebrochen seitens des Schiedsrichters.
Hinsichtlich des Spielabbruchs ist § 39 RVO maßgeblich, welcher regelt, wann ein Spielabbruch des Schiedsrichters gerechtfertigt ist.
Voraussetzung für einen Spielabbruch ist nach § 39 Abs. 1 SpO, dass eine ordnungsgemäße Durchführung des Spiels wegen ernsthafter Störung nicht mehr gewährleistet ist. Dabei ist nach dem Willen des Gesetzes eine ernsthafte Störung immer dann gegeben, wenn neben den einschlägigen Fällen des § 39 I a - c SpO aufgrund allgemeiner Widersetzlichkeit von Spielern oder Zuschauern mögliche Angriffe oder Ausschreitungen zu befürchten sind, (vgl. § 39 Abs. 1d SpO, vgl. Urteil des BSG Obb. vom 18.10.04, Prot. 78, Fall 500, hierzu Revisionsverfahren und Urteil des VSG vom 21.12.04, Prot. 7, Fall 21 und Urteil des VSG vom 27.11.2006, Prot. 6, Fall 10)
Die Störung muss sich, um einen Spielabbruch zu rechtfertigen immer richten entweder gegen die Ordnung im Spielablauf auf dem Spielfeld oder gegen die körperliche Integrität der am Spiel Beteiligten, wie Spieler, SR, SRA, Trainer oder Betreuer.
Die Entscheidung über einen Spielabbruch unterliegt keiner Ermessensentscheidung; es handelt sich hier um einen Beurteilungsspielraum bei der Feststellung des Sachverhaltes, d.h. der Voraussetzung für einen Spielabbruch, welcher stets überprüft werden kann (BVerwG 38, 105; 29, 280; BGH NJW 82, 1058, vgl. Urteil des VSG vom 04.03.1997, Prot. 18, Fall 44, abgedruckt im "bs" Nr. 11 vom 11.03.1997).
Nach § 39 Abs. 1c RVO ist ein Spielabbruch gerechtfertigt, wenn der Schiedsrichter, seine Assistenten oder Spieler tätlich angegriffen oder auf sonstige Weise in ihrer Gesundheit oder ihrer körperlichen Unversehrtheit gefährdet werden oder wenn nach § 39 Abs. 1d RVO aufgrund allgemeiner Widersetzlichkeit von Spielern oder Zuschauern mögliche Angriffe oder Ausschreitungen zu befürchten sind.
Aufgrund des Auslachens und der Kommentare seitens des Schiedsrichters, soweit man diese als wahr unterstellt, war zu keiner Zeit ein tätlicher Angriff auf den Schiedsrichter zu befürchten. Die körperliche Integrität des Schiedsrichters war nicht gefährdet, vielmehr hätte der Schiedsrichter durch entsprechende persönliche Strafen die Spieler beruhigen müssen. Wenn der Schiedsrichter angibt, er hätte die fehlbaren Spieler nicht des Feldes mit einer roten Karte verweisen können, da er keine Karten dabei hatte, so ist dies falsch. Er hätte Verwarnungen und Platzverweise auch mündlich aussprechen können. Dies muss und war auch dem langjährigen Schiedsrichter und ehemaligen Ausschussmitglied der SRVgg M klar gewesen sein, da er ein erfahrener Schiedsrichter ist. Hier hätte er sich zunächst dieser Mittel bedienen müssen und die mutmaßlichen Schiedsrichterbeleidigungen seitens der Spieler von G ahnden müssen. Dies hat er jedoch nicht getan, sondern vielmehr das Spiel voreilig abgebrochen. So ist ein Spielabbruch nicht gerechtfertigt, ohne vorher alle notwendigen Mittel in Form von Ermahnungen, FaZ und FaD anzuwenden und das Spiel nach nur zwei FaZ gegen den VfR G abzubrechen. Vielmehr hätte ein solch erfahrener Schiedsrichter die Partie zu Ende bringen müssen. Er hat seine Strafgewalt nur zu Bruchteilen ausgeschöpft und hätte durch einen oder ggf. auch mehrere FaD die Spieler sich beruhigen können - sollten die Beleidigungen und Äußerungen tatsächlich gefallen sein, was seitens des VfR G auch bestritten wird. Selbst wenn jedoch die Spieler gelacht haben sollten und den SR mit Worten wie 'Spaßvogel, schwul, Witzbold, Lachnummer, pfeift Scheißdreck' betitelt haben sollen, darf der Schiedsrichter nicht das Spiel ohne Ausschöpfung sämtlicher Strafgewalt abbrechen. Auch erscheint es dem JSG Oberbayern I seltsam, weshalb die Spieler in der 1. Halbzeit keine Äußerungen getätigt haben sollen und nachdem der VfR G drei schnelle Tore in der 2. Halbzeit geschossen hat, urplötzlich eine Stimmung gegen den Schiedsrichter aufkommt.
Die Voraussetzungen des § 39 Abs. 1 SpO lagen demnach nicht vor und der Spielabbruch war nicht gerechtfertigt.
Möglicherweise liegt sogar ein Verschulden des Spielabbruchs gemäß § 74 RVO vor, da der leitende Schiedsrichter P R zwar für den FC E pfeift, allerdings selbst Trainer der U19 und U18-A-Junioren sowie der U15-C-Junioren des SC B ist und somit auch die streitgegenständliche A2-Juniorenmannschaft des SC B trainiert. Vom VfR G wird vorgetragen, dass ihnen zugetragen wurde, dass das Spiel absichtlich abgebrochen wurde, da in einem möglichen Nachholspiel Spieler der A1-Junioren des SC B hätten eingesetzt werden können. Es wurde auch ein neutraler Zeuge genannt, welcher allerdings trotz Bemühungen durch das JSG Oberbayern I nicht ausfindig gemacht werden konnte. Ob nun Herr P R als Trainer im Lager des SC B steht und durch sein Verhalten als Schiedsrichter den Spielabbruch absichtlich vorgenommen hat und dadurch einen Spielabbruch verschuldet hat im Sinne des § 74 RVO konnte somit nicht nachgewiesen werden. Daher ist die Vorschrift des § 74 RVO nicht anzuwenden.
Folglich wäre das Spiel neu anzusetzen gewesen. Allerdings verzichtete der SC B mit Schreiben vom 24.11.2009 und 18.12.2009 auf die Wiederholung des Spieles, da der Verein die bessere Leistung des Gegners, des VfR G, anerkennt und eine Spielneuansetzung oder die Punkte am 'grünen Tisch' nicht wolle, sondern vielmehr das sportlich richtige Ergebnis zum Zeitpunkt des Spielabbruchs (3:0 für G) für richtig hält. Der SC B verzichtet daher auf die Neuansetzung.
Somit ist das Spiel gemäß § 40 Abs. 1 SpO mit x:0 für den VfR G zu werten. Auf eine Geldstrafe für den SC B wegen Nichtantretung zum Wiederholungsspiel wurde gem. § 78 Abs. 3 RVO aufgrund der besonderen Umstände seitens des JSG Oberbayern I selbstverständlich verzichtet.
Dieser SR hat sich schon eines Sportgerichtsverfahren durch Austritt entzogen. Warum er nun wieder offizieller SR ist, weis wohl nur der GSA.