Aufgrund der Diskussion über die Situation Marin/ Franz (Link) gestern im Spiel Eintracht Frankfurt - Werder Bremen möchte ich hier einmal den Blick auf ein Problem des Angreifers richten.
Schnell heißt es in den Medien "übertrieben theatralisch gefallen" oder "geschickt eingefädelt" oder oder. Dies unterstellt ein Fehlverhalten des Angreifers. Zudem wird der Eindruck erweckt, es handelte sich bei der Aktion nicht um ein Foulspiel des Abwehrspielers.
Beides sind meiner Meinung nach falsche Schlüsse.
Das Beispiel Marin/ Franz gestern ist gut geeignet, die Problematik aus Sicht des Angreifers zu betrachten.
Marin legt sich den Ball vor und setzt diesem nach. Aus dem Augenwinkel sieht er Franz von rechts angeflogen kommen. Jetzt hat Marin genau drei Möglichkeiten:
- Er konzentriert sich weiter auf den Ball und läuft unbeeindruckt weiter
- Er springt hoch, um nicht getroffen zu werden
- Er fädelt ein, um dem SR zu zeigen, dass hier eine regelwidrige Aktion von Herrn Franz vorliegt.
Erste Variante ist sehr gefährlich. Wie wir insbesondere von Herrn Franz wissen, nimmt er Verletzungen des Gegenspielers bei seinen Zweikämpfen billigend in Kauf.
Deutschland spielt in diesem Jahr eine WM. Werder Bremen ist noch im internationalen Wettbewerb und im DFB-Pokal vertreten. Und da soll Marin seinen Fuß hinstellen, wo Sense Franz gerade seine ganze "Fußballkunst" auspackt?
Ergo: Variante eins kommt für Marin nicht in Frage.
Zweite Variante wird dazu führen, dass es zu keinem Kontakt kommt aber Marin "aus dem Tritt" und somit die Torchance geringer bzw. der Ball sogar ins Toraus rollt.
Werder hat 2 Spiele in Folge verloren und bemüht sich dringend um Anschluss an die vorderen Bundesligaplätze. Marin möchte auch im nächsten Jahr international mit seinem Verein spielen.
Ergo: Variante zwei kommt auch nicht in Frage.
Bleibt Variante drei. Und so geschieht es. Dass man jetzt die Schauspielkunst von Herrn Marin als "Abheben", "Einfädeln" oder "Theatralik" diffamiert, finde ich angesichts der Alternativen eins und zwei nicht richtig.
Der Angreifer steht hier grundsätzlich vor dem Problem, dass er entweder dem Kontakt ausweicht oder eine Verletzung riskiert, die der Verteidiger entweder aufgrund mangelnder Fußballfertigkeiten unabsichtlich oder noch schlimmer vorsätzlich/ billigend in Kauf nimmt.
Deswegen hier mein Insistieren auf Bewertung der Aktion des Verteidigers unabhängig davon, was der Angreifer tut. Fällt die Aktion des Verteidigers unter "verbotens Spiel" nach Regel 12, und dazu gehört neben Treten und Beinstellen eben auch Bedrängen sowie der Versuch zu treten oder ein Bein zu stellen.
Bei obiger Situation von Herrn Franz handelt es sich m. E. um ein Bedrängen, welches mit einem Stafstoß hätte geahndet werden müssen.
Herrn Marin kann man angesichts der drei oben beschriebenen Varianten nur empfehlen: Fädele nächstes Mal wieder ein, aber falle weniger theatralisch.
Daran sind wir SR nicht unschuldig. Siehe Thema Vorteilsauslegung im Strafraum - Elfmeter
Wie in diesem Thema unter anderem erwähnt, werden "leichte Fouls", die im Mittelkreis gepfiffen würden und dort von allen Beteiligten widerspruchslos als Foul akzeptiert würden, im Strafraum leider von SR oft anders bewertet. Das führt bis zur Aussage von SR, es müsse im Strafraum schon "richtig krachen", bevor sie auf Strafraum entscheiden würden.
So eine Handlungsweise ist gleich doppelt falsch. Erstens gibt es keine "leichten" Fouls. Es gibt Foul oder nicht Foul, und entsprechend ist die Spielfortsetzung nach der Regel.
Und zweitens bedarf es zum Foulspiel nicht einmal einer Berührung. Auch der Versuch oder ein Bedrängen ist strafbar. Und zwar beides mit direkten Freistoß oder Strafstoß.
Wie mein Lehrwart schon sagte: Regel 12 beherrschen die wenigsten.
Vom Dilemma des Angreifers einmal abgesehen- soll er eine Verletzung oder den Ballverlust in Kauf nehmen?
Ergo: Der Angreifer springt hoch, aber eben nur ein bisschen, und sucht dann quasi den ungefährlichen Kontakt ("einfädeln").
Deshalb hier mein Aufruf an alle SR, einschließlich Herrn Michael Weiner: Foul ist Foul und ist von uns SR entsprechend der Regel 12 zu ahnden. Dabei spielt die Heftigkeit der Berührung oder anschließende Theatereinlagen des gefoulten Spielers keine Rolle. Auch keine Rolle spielt der Ort des Geschehens. Lediglich bei der Spielfortsetzung gibt es je nach Ort 2 unterschiedliche Varianten.
Ob das ganze dann spielentscheidene Auswirkungen hat, ist nicht das Problem des SR, sondern das Problem des Verursachers, nämlich des foulenden Spielers.