Doppelter Regelverstoss

  • Bei uns im Kreis (in dem ich Lehrwart bin), hat ein SR in der 70. Minute einen Spieler, der noch keine :gelbe_karte: hatte, nach irritierenden Zurufen von Zuschauern direkt mit :gelbe_karte::rote_karte: vom Platz gestellt. Nach ca. 4 Minuten hat er seinen Fehler gemerkt und es dem Spielführer der benachteiligten Mannschaft mitgeteilt. Dieser sagte zu ihm: "Dann hohl ihn doch einfach wieder rein!". Und das hat er dann auch gemacht. :o


    Es war im Spiel 2. gegen 1. in der Bezirksklasse, der Gast, der 4 Minuten mit 2 Mann Unterzahl gespielt hat (ein Gästespieler war bereits vorher zum Duschen geschickt worden), hat 2:1 gewonnen. Und die Heimmannschaft hat jetzt Protest eingelegt, da sie gerne die letzten 20 Minuten mit 11 gegen 9 gespielt hätte.


    Unser SR ist eh der Ärmste, er hat seine Fehler direkt im Bericht vermerkt und legt zur Zeit eine Pause ein. Die Presse und die lokalen Foren sind voller Kommentare.


    Die Herausforderung hat jetzt das Sportgericht ...

  • Der Protest müsste m.E. abgeschmettert werden, da ja letztlich die unterlegene Mannschaft unter dem Strich - durch 4 Minuten lange zu große Überzahl - bevorteilt und nicht benachteiligt wurde.

    "Der Klügere gibt nach! Eine traurige Wahrheit, sie begründet die Weltherrschaft der Dummheit."
    (Marie von Ebner-Eschenbach, österreichische Schriftstellerin, *1830 +1916)


    "Mancher ist für die Wahrheit, solang die Wahrheit für ihn ist."
    (Charles Tschopp, schweizer Schriftsteller, *1899 +1982)

  • Naja, aber eigentlich wären sie ja mit 2 Mann in Überzahl gewesen - Tatsachenentscheidung des SR's (wenn man so argumentieren darf), auch wenn es regeltechnisch falsch war.


    Aber auch almikos Argumentation kann man nehmen.


    Viel Spaß dem Sportgericht :ironie:

  • Da das betroffene Spiel in ziemlicher Nähe zu meinem Kreis stattfand, haben wir das Thema auch bei unserem Lehrabend am Montag besprochen. Ohne mfs67227 was vorwegnehmen und zu viele Infos rausgeben zu wollen: Es sieht nach Neuansetzung aus, da es gleich ein doppelter Regelverstoß war.
    Der erste war der falsche Platzverweis, da der Spieler noch nicht verwarnt war. Der zweite war ganz klar, dass er den Spieler wieder zum Spiel zugelassen hat, obwohl das Spiel bereits mehrmals fortgesetzt war.
    Ist extrem dumm gelaufen, aber egal welche Mannschaft hier Protest einlegt, wird es wohl zu einer Wiederholung des Spiels kommen, da hier Regelverstöße begangen wurden, die spielentscheidend sind.

    Nur noch fünf Sekunden, nur noch die wenigen Stufen zum Spielfeld hinunter, und dann bleibst du allein, inmitten Tausender von Menschen...


    Pierluigi Collina

  • Genau den Fall gab es bei uns in Bayern in der Bezirksliga auch (hier waren sogar noch zwei Assistenten dabei), denen der doppelte Fehler hätte auffallen müssen. Der Protest wurde trotz des Regelverstoßes abgewiesen mit der Begründung er hätte das Spiel nicht entscheidend beeinflußt. Auszug aus den Gründen:


    Nach dem Bericht der Schiedsrichterin erhielt der Spieler B beim Spielstand von 2 : 1 für den FC G in der 82. Spielminute nach einem Foulspiel die gelb/rote Karte, obwohl dieser bis zu diesem Zeitpunkt noch keine Verwarnung mittels gelber Karte erhalten hat.
    Nach Spielfortsetzung kam es nach dem folgenden Spielzug zu einem Eckstoß für den FC G. Vor dem darauf folgenden Torabstoß stellte die Schiedsrichterin fest, dass der Spieler B die Rückennummer 6 trug und nicht wie von ihr irrtümlich angenommen die Nr. 10. Der Spieler P, Rückennummer 10, war zu diesem Zeitpunkt bereits mit der gelben Karte verwarnt worden.
    Durch die Schiedsrichterin wurde der Spieler B. auf das Spielfeld zurückgeholt und nahm wieder am Spiel teil.
    Der Meldung ist zu entnehmen, dass der Spieler B. ca. 30 Sekunden bis zu einer Minute vom Spiel ausgeschlossen war.
    Durch den Einspruchsführer wird diesbezüglich vorgetragen, dass der Ausschluss ca. 3 bis 4 Minuten dauerte.
    3. Zur Überzeugung des BSG Obb. liegt ein Regelverstoß vor. Ausgangspunkt der Frage ob eine Tatsachenentscheidung oder ein Regelverstoß vorliegt ist stets der subjektive Eindruck des Schiedsrichters. Dieser hat einen Sachverhalt festzustellen und auf diesen die Regel anzuwenden. Wenn die Sachverhaltsfeststellung des Schiedsrichters unzutreffend ist, ist dies als Tatsachenentscheidung hinzunehmen.
    Die amt. Schiedsrichterin hat keinen Fehler in der Sachverhaltsfeststellung gemacht, sondern auf den von ihr festgestellten Sachverhalt den Spieler B entgegen der Fußball-Regel des Spielfeldes verwiesen, obwohl dieser nachweislich bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht verwarnt worden war.
    Der Spieler B. wurde bis zur 82. Spielminute durch die amt. Schiedsrichterin nicht verwarnt.
    Nur nach vorheriger erster Verwarnung (gelbe Karte) wäre der Spieler nach einem weiteren feldverweiswürdigen Vergehen mit der gelb/roten Karte des Spielfeldes zu verweisen gewesen.
    Die Voraussetzungen des § 38 I lit a RVO liegen nur dann vor, wenn der Regelverstoß zugestanden wird und dieser auch mit hoher Wahrscheinlichkeit die Spielwertung beeinflusst hat.
    Zur Überzeugung des BSG Obb. war der Spieler B. ca. eine Spielminute tatsächlich vom Spiel ausgeschlossen. Dieser kurze Zeitraum spricht unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des Verbands-Sportgerichts und auch bei Zugrundelegung einer Ausschlussdauer von ca. 3 bis 4 Minuten wie vom Einspruchsführer vorgetragen, gegen eine hohe Wahrscheinlichkeit der Beeinflussung der Spielwertung.
    Es ist kein Anhaltspunkt ersichtlich, der darauf schließen lässt, dass der Verein D mit hoher Wahrscheinlichkeit noch den Ausgleich geschafft hätte. Die Chance auf ein Unentschieden reicht nicht für eine Neuansetzung nach § 38 I lit a RVO aus, vgl. Urteil des VSG vom 25.03.2003, Prot. 10, Fall 30, abgedruckt im Bayernsport Nr. 15 vom 08.04.2003.
    Der Einspruch des D war deshalb abzuweisen.

  • Das Urteil finde SEHR abenteuerlich!


    Ein Regelverstoß ist ein Regelverstoß und daher müsste das Spiel nach meinem Rechtsverständnis wiederholt werden.

  • Da ist ständige und höchstrichterliche Rechtsprechung in Bayern. Selbst auf FIFA-Ebene möchte man Wiederholungsspiele selbst bei Regelverstößen mit allen Mitteln vermeiden und die Argumentation ist in sich hier klar, logisch und verständlich.

  • Zitat von Christoph;93718

    Das Urteil finde SEHR abenteuerlich!


    Dies ist nicht abenteuerlich sondern von RVO in Bayern gedeckt:


    Zitat

    Einspruch
    § 38


    (1)Gegen die Wertung eines Spieles kann von einem an einem Spiel beteiligten Verein mit folgender sachlicher Begründung Einspruch erhoben werden:


    a) Regelverstoß des Schiedsrichters, wenn dieser die Spielwertung als verloren oder unentschieden mit hoher Wahrscheinlichkeit beeinflusst hat, oder ...


    Meinetwegen das Spiel hätte 15:0 gestanden und der SR begeht einen Regelverstoss Neuansetzung :confused:

  • Es ist auch in unserem LV/KV gängige Rechtssprechung, dass ein Regelverstoss des SR deutlichen Einfluss auf Spielverlauf / Spielwertung gehabt haben muss ,um eine Neuansetzung zu ermöglichen.
    Das ist in meinen Augen auch nur logisch.

    'Dann würden einigen Stammtischen die Themen ausgehen.' (Hoffenheims Verteidiger Christian Eichner über die Folgen einer Einführung des TV-Beweises)

  • Auch in Berlin gibt es eine Neuansetzung nur, wenn der Regelverstoß auch unmittelbaren Einfluss auf das Endergebniss hat.

    ...so langsam sterben die letzten Opa's aus,
    die ihren Enkeln von der letzten Schalker Meisterschaft erzählen können

  • Ich habe das offizielle Urteil noch nicht gesehen, aber es gab einen Zeitungsartikel, indem geschrieben wurde, dass das Spiel neu angesetzt wird. Die Einspruchsfrist endet am Montag.

  • Das Spiel wird nicht wiederholt, der Sieger ist somit Meister, der Verlierer geht in die Relegation zum Aufstieg in die Bezirksliga.


    Sobald ich die Urteilsbegründung habe, gebe ich Euch einen Update.

  • Ich hole noch mal das Thema hervor, da es auch bei uns im Landesverband Brandenburg passiert ist. Das Sportgericht hat nun entschieden:


    Zitat von Urteil 70-2008/09

    I. Die Berufung gegen Urteil 23 des Fußballkreises S. wird statt gegeben.
    II. Das Ergebnis vom Pflichtspiel bleibt bestehen.
    III. Die Verfahrenskosten der ersten und zweiten Instanz trägt S.


    Begründung: Mit dem Urteil 70-2008/09 wurde der Berufung des S. gegen das Urteil des Sportgerichtes des Fußballkreises stattgegeben. In der Beweisaufnahme wurde festgestellt, dass der Schiedsrichter im Spiel der Kreisliga zwei Regelverstöße begangen hat, indem er einen Spieler zunächst unberechtigt mit der gelb/roten Karte des Feldes verwiesen hatte und diesen nach zwei Minuten wiederum unberechtigt am Spiel teilnehmen ließ. In dieser Spielzeit fielen keine spiel entscheidenden Handlungen statt. Das Spiel wurde beim Stand von 2:2 fortgesetzt und in der Folgezeit fielen noch insgesamt drei Tore, die zum Endstand von 4:3 für S. führten. Das Pflichtspiel der Kreisliga bleibt mit dem am Spieltag erzielten Ergebnis in der Wertung.