Dient türkischer Fussball dem Nationalismus?

  • Das sagt der türkische Literatur-Nobelpreisträger Orhan Pamuk. Er kritisiert das Verhalten von türkischen Spielern und Medien nach Niederlagen und sieht den Fussball in der Türkei als "eine Maschine zur Produktion von Nationalismus, Fremdenhass und autoritärem Denken"


    der Bericht

  • Heikles Thema!


    Es gibt auf jeden Fall bei Türken "Dinge" die man sich herausnimmt, die ein Deutscher nie für sich beansprüchen dürfte. Die beschriebene Haltung kenne ich auch von Fussballplätzen in Deutschland; da wird sogar vor nicht- deutschen Schiris kein Halt gemacht.


    Vielleicht bewirkt das Ganze ja doch ´was gutes; mann erinnere sich an Südkorea, Spiel um Platz drei. :top:

  • Also ih durfte beim kürzlich vergangenen D-Jugendspiel, das ich geleitet habe, mitbekommen wie sehr sich die Mitspieler gegenseitig wehemend mit den Worten:"Halt die Fresse","Fick dich ins Knie, du Hurensohn!" beleidigt haben. Die Elf bestand aus jungen türkischen Spielern.


    Ich finde es ehrlich gesagt sehr schade, dass solche Wörter schon bei 11-12 jährigen Kindern rauskommen muss. Was wird denn wenn die sich zu Erwachsene entwickeln werden?! :(


    Da hat meiner Meinung nach der Betreuer nun wirklich nicht seine Hausaufgaben gemacht.


    Eigentlich sollten die türkischen Mannschaftskollegen wie Brüder halten, aber stattdessen maulen die sich gegenseitig an. Die gegnerische Mannschaft hat sich dabei einfach nur kaputtgelacht.

  • Zitat von fussirichter;57736

    Also ih durfte beim kürzlich vergangenen D-Jugendspiel, das ich geleitet habe, mitbekommen wie sehr sich die Mitspieler gegenseitig wehemend mit den Worten:"Halt die Fresse","Fick dich ins Knie, du Hurensohn!" beleidigt haben. Die Elf bestand aus jungen türkischen Spielern.


    Wie bist du dagegen vorgegangen ?
    :rote_karte::rote_karte: ??

    "Der Schlüssel zum Erfolg ist Kameradschaft und der Wille, alles für den anderen zu geben."
    - Fritz Walter († 17. Juni 2002)

  • Ich habe mir zunächst während einer Spielunterbrechung den Mannschaftsführer von der entsprechenden Mannschaft geschnappt und ihm mitgeteilt, dass ich solche Wörter auf dem Platz nicht mehr dulden werde und er bitte zu sorgen hat seinen Mitspielern mitzuteilen diese Beschimpfungen zu unterlassen.


    Leider hatte dies nicht den vollen Erfolg gehabt, sodass ich einen Spieler von denen FAZ von 5 Minuten gab. Danach gabs entgütlig Ruhe.

  • Hmmm, ich ha zwar sicher weniger Erfahrung als du, aber ich hätte
    1.) bei einem Angriff der betreffenden Mannschaft abgepfiffen, und dann den Kapitän zu mir geholt.
    2.) bei "Fick dich, du Hurensohn" sofort die rote Karte rausgeholt. Sowas können sie zu Hause machen, aber nicht auf dem Sportplatz! Ich glaube "Hurensohn" ist (besonders für einen Türken) die schlimmste Beledigung, die es überhaupt gibt.

  • Da hast du vollkommen recht. Normalerweise hätte sich keiner beschweren dürfen, wenn ich den Spieler dauerhaft des Feldes verwiesen hätte. Aber ich wollte es lieber erzieherisch belassen und ihm dafür eine Denkzeit von 5 Minuten geben.


    Aber wie ich es schon bereits erwähnt habe, betraff das nicht nur einem Spieler sondern die ganze Mannschaft, sodass ich mich entschloss mit dem Mannschaftsführer (Kapitän) ein ernstes Wörtchen darüber zu reden.

  • Freunde!


    Mein Deutschleher hätte Euch wahrscheinlich die Note "ungenügend2 (6) für die Postings gegeben:confused:


    Das Thema betrifft nicht das schlechte oder nicht vorhandene Verhalten der Kinder. Es geht hier um viel mehr um Themen wie: "Nationalismus", "totalitäres Denken"...


    Welche Erfahrungen habt Ihr hierzu?

  • Ich denke das das Problem auch etwas mit der Deutschen Vergangenheit zu tun hat... Wenn ich Spiele leite wo zb. 2 Türkischen Mannschaften hat man in den meisten Fällen sehr wenig Probleme das kommt man mir sehr wenig :gelbe_karte: oder :rote_karte: aus ( eigene Erfahrung)


    Das Problem ist meistens wenn Deutsche Teams auf Türkische Mannschaften treffen ( oder andere Ausländischen Mannschaften) da werden die Gegner oder auch die SR bei Kniffligen Situationen ( was zu ungunsten der Ausländischen Mannschaften ist) sehr schnell als Rassist und Parteiisch abgestempelt.


    Und dann kommt auch noch das Temprament der Südländer dazu es ist auch bekannt. die bei einigen Situationen ein wenig anders reagieren als vieleicht manche Deutsche Teams.


    Aber man kann es auch nicht verallgemeinern...In den 8 Jahren wo ich jetzt als SR unterwegs bin von Stuttgart bis zum Bodensee sind mit soche Situationen halt schon öters aufgefallen!!


    Vielleicht haben andere SR auch die gleichen Erfahrungen gemacht wenn Ja??
    Würde das mich interessieren!!

    [SIGPIC][/SIGPIC]Diese Angaben sind wie immer ohne Gewähr!!:D

  • Ich bin mir nicht sicher, aber ich glaube es liegt auch daran wie man an die Sache rangeht. Bei uns gibt es eine Türkische Mannschaft, die stand in der letzten Saison unter Verbandsaufsicht. D. h. jedes Spiel mit Gespann, und vom Kreisvorstand war jemand anwesend, der alles beobachtete. Und das in der Kreisliga A. Ich habe diese Mannschaft schon mehrfach gepfiffen, auch in der letzten Saison, bevor sie unter Verbandsaufsicht standen, und habe dort noch nie Probleme gehabt, obwohl ich dort auch schon Rote bzw. Gelb/Rote Karten gezeigt habe. Wenn ich dann sehe, dass es Schiedsrichterkameraden gibt, die vor dem Spiel selbst den Trainer von der Trainerbank schicken wollen, dann darf ich mich auch nicht wundern, wenn die Spieler und Offiziellen etwas muffig reagieren.

  • Ich finde das Verhalten der Türken nach dem Spiel gegen Schweiz nicht richtig.
    Der Trainer hat versucht (wie viele andere Trainer) die Schuld von sich zu schieben.
    Natürlich war der SR daran schuld...


    Ich glaub aber nicht, dass der Nationalismus dadurch gefördert wird.


    Außerdem wurde Terim als "Extrem-Nationalist" beschrieben.


    Wenn es so wäre, dann würde er nur "Ur-Türken" im Kader haben, wie z.B. Mehmet Aurelio :)

  • Die Aussage bezieht sich ja nicht nur auf das Verhalten der Spieler/Trainer/Funktionäre sondern auch insbesondere auf das Verhalten der Presse. Hier habe ich keinen Überblick, ob es in der Türkei auch neutrale, objektive Berichterstattung gibt-kann mir aber nicht vorstellen, dass dem nicht so wäre.


    Ich denke aber, dass in jedem Land der Fussball -insbesondere die Berichterstattung- nationalistische Züge hat. Führend hierbei ist meiner Meinung nach auch das Aushängeschild des Deutschen Journalismus - das "Bild Dir Deine Meinung" - Blättchen.


    Das man sich mit "seinem" Land und "seiner" Mannschaft identifiziert ist normal und meines Erachtens nach in der Türkei nicht stärker ausgeprägt als anderswo.

  • In der aktuellen "11Freunde"-Ausgabe ist ein interessanter Artikel von Pascal Zuberbühler über das Qualifikationsspiel zur WM 2006 am 16.11.2005 Türkei-Schweiz enthalten, der ein wenig Auskunft über die Einstellung der damaligen Gastgeber zum Fußball gibt. Sehr empfehlenswert.

    :ironie: "Weil, so schließt er messerscharf, nicht sein kann, was nicht sein darf.":ironie:
    Christian Morgenstern

  • Jetzt muss ich doch mal ein paar ganz grundsätzliche Gedanken vom Stapel lassen:


    Sport hatte eigentlich schon immer eine Doppelfunktion - einerseits körperliche Ertüchtigung, andererseits (Wett)Kampf(vorbereitung). Wobei die körperliche Ertüchtigung eigentlich wiederum nur dem Kampf und dessen Vorbereitung diente. Wettkämpfe "unter Gleichen" fanden nur sehr selten statt, meist war der sportliche Wettkampf mehr oder weniger Ersatz für den Kampf verschiedener Völker/Gruppen o.ä.


    Warum wundern wir uns also, wenn sich Leute zu kampfähnlichem Verhalten verleiten lassen, wenn "ihre" Mannschaft spielt - und wenn es dann noch die Nationalmannschaft ist, wobei alleine der Zusatz "National" ja schon impliziert, dass hier eine Art Ersatzkampf stattfinden wird, gehen die Emotionen natürlich noch mehr hoch. Je ausgeprägter ein Nationalgefühl ist, desto stärker wird hier im Geiste mitgekämpft (übrigens soll auch die deutsche Sportpresse oft genug auch nicht gerade neutral berichten).


    Ergo wird es eigentlich verständlich, wie es zu solchen Einstellungen und Auswüchsen kommen kann - was diese dennoch nicht rechtfertigt, weil die Kunst ja gerade darin besteht, dass der "Kampf" eben unter normierten Regeln und nur auf dem "Kampfplatz" (Fußballplatz) stattfindet und die Zuschauer eben nur zuschauen, aber nicht aktiv teilnehmen dürfen. Zu den Regeln gehört eben auch, eine Niederlage zu akzeptieren und Entscheidungen des neutralen Kampfrichters (Schiedsrichter) zu akzeptieren.


    Je nach nationaler Besonderheit ist das Nationalgefühl eben unterschiedlich stark ausgeprägt, hinzu kommt die persönliche Identifikation mit der jeweiligen Sportart. Merke: Jede Sportart ist geeignet, den Nationalismus zu fördern - nur fällt dieser Samen eben auf unterschiedlich fruchtbare Böden.