ZitatAlles anzeigenFall 479: B-Junioren Bayernliga-Spiel SPVGG. W - SG Q F am 02.03.08. Einspruch durch SPVGG. W vom 02.03.08.
Urteil:
I. Der Einspruch gegen die Spielwertung des Verbandsspiels SPVGG. W - SG Q F vom 02.03.08 wird als unbegründet zurückgewiesen.
II. Die Einspruchsgebühr in Höhe von € 15,00 trägt SPVGG. W
III. Die Kosten des Verfahrens in Höhe von € 20,00 trägt SPVGG. W (----). Kostenentscheid gemäß §§ 32, 33 RVO i.V.m. § 11 FO.
IV. Stellungnahme lag vor.
Begründung:
Der Aussage des amtierenden SR vom 15.03.2008 zufolge verwies er in der 62. Spielminute bei einem Spielstand von 2:1 für die SpVgg W den Spieler Y.T., SpVgg W mit der gelb-roten Karte des Feldes. Proteste seitens der SpVgg W habe es bei dieser Entscheidung nicht gegeben (später hat der SR eingeräumt, daß es zwar Proteste gegeben habe, daß diese aber erst einige Minuten später erfolgt seien).
Während des bereits weiterlaufenden Spiels habe der SR seinen offensichtlichen Fehler bemerkt. Nach Ablauf von fünf Minuten, nachdem vorher die SG Q F zum 2:2 ausgeglichen hatte, sei er deshalb auf den Trainer der SpVgg W zugegangen und habe ihm gesagt, daß der zuvor mit gelb-rot des Feldes verwiesene Spieler jetzt wieder mitwirken könne. Auf dessen Antwort, dieser Spieler befinde sich bereits in der Umkleidekabine beim Duschen, habe er die Einwechslung eines anderen Ergänzungsspielers zugestanden. Diese Einwechslung habe sich dann etwa drei bis vier Minuten hingezogen, wobei die SpVgg W sich bei dieser Aktion sehr viel Zeit gelassen habe. Unmittelbar vor dieser Einwechslung habe die SG Q F einen weiteren Treffer zum 3:2 Endstand erzielt.
Diese Ablaufschilderung hat der amtierende SR erst auf ausdrückliche Anforderung des SG der Bayernliga abgegeben. Leider enthält der Spielberichtsbogen mit Ausnahme einer 5-Minuten-Zeitstrafe (€) keinen Hinweis auf irgendwelche besonderen Vorkommnisse.
Mit Schreiben vom 02.03.2008 legte die SpVgg W form- und fristgerecht Einspruch nach § 38, Absatz 1a RVO gegen die Spielwertung ein. Der Sachverhalt wird von der Einspruchsführerin weitgehend analog der Aussage des Schiedsrichters dargestellt; allerdings hätten mehrere Verantwortliche der SpVgg W sofort nach Zeigen der gelb-roten Karte immer wieder nachdrücklich und vehement, aber leider vergeblich darauf hingewiesen, daß eine gelb-rote Karte im Juniorenbereich nicht vorgesehen sei. Der amtierende SR habe hierauf nicht reagiert und sei wohl erst auf seinen Fehler aufmerksam geworden, als einer seiner Assistenten mehrere Minuten nach Erzielung des 2:2 Ausgleichs den Platz betreten und ihn hierauf aufmerksam gemacht habe. Der Aufforderung, für den ursprünglich mit gelb-rot hinausgestellten und nicht mehr verfügbaren Spieler einen anderen Akteur ins Spiel zu bringen, sei man sofort nachgekommen. Insgesamt habe das Unterzahlspiel etwa zehn bis zwölf Minuten gedauert.
Der Regelverstoß des SR habe spielentscheidenden Charakter gehabt, da die SG Q F während des Unterzahlspiels zwei Tore erzielt habe. Außerdem sei man gezwungen gewesen, einen taktischen Wechsel vorzunehmen, den es sonst nicht gegeben hätte.
Auch die SG Q F räumt in ihrer Stellungnahme vom 16.03.2008 das Zeigen der gelb-roten Karte ausdrücklich ein. Allerdings habe das gesamte Unterzahlspiel der SpVgg W insgesamt nur sieben Minuten gedauert; und der Siegtreffer der SG Q F sei erst zu einem Zeitpunkt gefallen, als sich die SpVgg W bereits auf die volle Spielerzahl von elf Spielern ergänzt hatte.
Daß das Zeigen einer gelb-roten Karte im Juniorenbereich einen Regelverstoß darstellt, ist unbestritten. Auch die Entscheidung des SR, nach erfolgter Spielfortsetzung eine Zeitspanne von fünf Minuten abzuwarten und dann die Wiederhereinnahme des mit gelb-rot bestraften Spielers oder ersatzweise die Einwechslung eines anderen Akteurs für diesen Spieler zuzulassen, ist keineswegs regelkonform.
§ 38, Absatz 1a RVO fordert, daß der Regelverstoß eines Schiedsrichters nur dann einen begründeten Einspruchsgrund darstellt, wenn er den Spielausgang mit hoher Wahrscheinlichkeit beeinflusst hat. An das Erfordernis einer hohen Wahrscheinlichkeit sind nach Auffassung des SG der Bayernliga sehr strenge Maßstäbe anzulegen, weil es hier immerhin um die Korrektur eines sportlich erzielten Spielergebnisses geht. Bei der Beurteilung, ob eine solche hohe Wahrscheinlichkeit vorliegt, sind somit auch allgemeine Grundsätze aus der sportlichen Erfahrung und nicht nur Geschehnisse aus einem konkreten Spiel heranzuziehen.
Vom Zeigen der gelb-roten Karte bis zur Einwechslung eines anderen Spielers ist eine Zeitspanne vergangen, die von den Beteiligten unterschiedlich beurteilt wird. Die Einspruchsführerin spricht von zehn bis zwölf Minuten, während die SG Q F von sieben Minuten ausgeht. Der amtierende SR dagegen gibt auf Anfrage diese Zeitspanne mit acht bis neun Minuten an. Geht man von diesem letzten Zeitraum aus, so hat der Regelverstoß des SR bewirkt, daß die SpVgg W das Spiel zu Unrecht maximal vier Minuten mit einem Spieler weniger bestritten hat. Die ersten fünf Minuten des Gesamtzeitraums (und damit der zweifellos in dieser Spielphase erzielte Ausgleichstreffer zum 2:2) sind nämlich dabei nicht zu berücksichtigen, weil der SR nach eigenem Bekunden bei richtiger Regelauslegung den Spieler Y.T. mit einer entsprechenden Zeitstrafe belegt hätte.
Es geht also letztlich um die Frage, ob das vierminütige Unterzahlspiel der SpVgg W (5 % der Gesamtspielzeit von 80 Minuten) spielentscheidenden Charakter hatte oder nicht. Diese Frage wäre sicher zu bejahen, wenn der Regelverstoß des SR direkt und unmittelbar zum Siegtreffer der SG Q F geführt hätte. Im vorliegenden Fall mag man zwar eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür annehmen, daß dieser Siegtreffer ohne Regelverstoß des SR und damit bei einer vollen Spielerzahl der SpVgg W nicht gefallen wäre; von einer hohen Wahrscheinlichkeit, wie sie § 38, Absatz 1a RVO unabdingbar fordert, kann allerdings nach Auffassung des SG der Bayernliga nicht ausgegangen werden. Für diese Annahme spricht auch die allgemeine sportliche Erfahrung, daß es in solchen Fällen zweifellos den meisten Mannschaften ohne Probleme gelingt, eine Unterzahlsituation namentlich über sehr kurze Zeiträume hinweg zu kompensieren.
Der von der Einspruchsführerin angeführte taktische Wechsel, der ohne Regelverstoß des SR nicht vorgenommen worden wäre, kann in diesem Zusammenhang keine Berücksichtigung finden, da es den Sportgerichten aus naheliegenden Gründen nicht zukommt, die sportliche Qualifikation einzelner Spieler zu beurteilen bzw. gegeneinander abzuwägen.
Nur am Rande sei noch erwähnt, daß die Tatsache, daß der Siegtreffer überhaupt noch zum Zeitpunkt des W'er Unterzahlspieles erzielt wurde oder erst später, zumindest umstritten ist, weil dem SG der Bayernliga zu diesem Punkt völlig gegensätzliche schriftliche Zeugenaussagen der beiden beteiligten Vereine vorliegen. Entscheidend für die Urteilsfindung war diese Frage für das Sportgericht allerdings ohnehin nicht.
Aus den genannten Gründen kommt das SG der Bayernliga zu der Überzeugung, daß die in § 38, Absatz 1a RVO geforderte hohe Wahrscheinlichkeit in diesem Fall nicht vorliegt. Der Einspruch der SpVgg W war daher kostenpflichtig zurückzuweisen und das Spiel seinem Ausgang entsprechend zu werten.
Also wäre entweder die Rücknahme in der gleichen Unterbrechung oder dann nur noch ein Eintrag im Spielbericht möglich gewesen?!