Kommt die "Europäische Sportpolizei"?

  • Gestern trafen sich in Brüssel Vertreter der EU, der Mitgliedsländer und der UEFA, um gemeinsam Strategien zum Schutz des Sportes vor gewaltbereiten Hooligans zu entwickeln.


    Platini fordert eine bessere internationale Zusammenarbeit und einheitliche Verbotsregeln. Er strebt eine Sport-Polizei an, die International einsetzbar ist.


    der Bericht



    Erschreckend. Das liest sich für mich eher wie ein Einsatzplan zur Landesverteidigung.


    Nüchtern betrachtet dennoch ein guter (und notwendiger) Ansatz, insbesondere die einheitliche Regelung und die internationale Zusammenarbeit machen sicherlich Sinn.

  • Das macht schon nachdenklich, was ist aus unserem schönen Fußball geworden....??

    Alle sagten das geht nicht.




    Und dann kam einer und hat es gemacht.

  • Das Problem wurde zu lange ignoriert - und genau das rächt sich jetzt. Man hörte ja von solchen Typen aus England, auch die Vorfälle im Brüsseler Stadion (mit damals etlichen Toten) waren eben nur ein bedauerlicher Einzelfall, der auf bauliche Mängel und falsche Polizeitaktik zurück zu führen war ...


    Ich möchte mal einen neuen Punkt in die Diskussion bringen, der so neu gar nicht ist, aber einen anderen Aspekt beleuchtet:


    Wie wäre es, wenn - wie bei vielen anderen Veranstaltungen ebenfalls üblich - primär die Vereine für die Sicherheit in den Stadien zuständig wären? Eine alte Idee, der Charme liegt aber an einer anderen Stelle: Bis heute kann es den Vereinen relativ egal sein, was ihre "Fans" so alles anstellen, bei Umsetzung dieses Vorschlages würde aber jede erforderliche Sicherheitsmaßnahme den Verein Geld kosten - was oft am besten wirkt. Manch Vereinsoberer käme dann sicher mal auf die Idee, dass man besser auf manchen "Fan" verzichten sollte, weil dessen Eintrittskarte weit weniger einbringt als kostet, man könnte mehr Geld in Fanprojekte investieren, weil sich diese Investition womöglich - im Gegensatz zu heute - unmittelbar rechnen könnte.


    Ich plädiere nicht dafür, dass wir hier einen rechtsfreien Raum schaffen bzw. alles privaten Sicherheitsdiensten überlassen - aber wenn die Vereine mehr Anreiz hätten, auf das Verhalten ihrer Fans einzuwirken, könnte dies doch nur von Vorteil sein.


    Zweifellos ist auch dieser Vorschlag nicht das Ei des Kolumbus und es darf nicht übersehen werden, dass der Fußballplatz für diese Leute mehr Anlass als Ursache ist und die Ursachenbekämpfung extrem schwierig ist - aber besser etwas getan als weiterhin unbeteiligt zugesehen.


    Wie gut internationale Zusammenarbeit funktionieren kann wurde bei der WM 2006 doch bestens vorgeführt, als englische Bobbys beispielsweise in Frankfurt gemeinsam mit deutschen Polizisten Streife liefen und auch mit den notwendigen Befugnissen ausgestattet waren. Aber ich wehre mich dagegen, alles der Polizei zuzuschieben.

  • Bei großen Vereinen unterstütze ich Manfreds aussagen!


    Was aber bei den kleinen, die kein Geld haben, aber dennoch einen relativ hohen Zuschauerpegel?


    Wie willst du als Verein, der gerade so seinen Saisonetat decken kann, noch Sicherheitskräfte bezahlen?


    Und welchen Einfluss soll das auf die Fans haben? Mit solchen Aktionen würde man die kleinen Vereine kaputt machen. Dann haben in Deutschland nur noch die großen Vereine eine Chance. Die da oben in den hohen Ligen bekommen millionen an Sponsorengeldern etc. Sowas gibts in den unteren Klassen nich.


    Unser BFC dient doch als gutes Beispiel hierfür. Der Verein hat einen Saisonetat von 300k€. Davon müssen Spilergehälter, Trainergehälter, Jugendspielbetrieb, Schiedrichter, Cateringservice, Ordnungsdienste usw. bezahlt werden.


    Diese 300k€ macht der Verein aber nur durch die Zuschauer und Sponsorengelder. Im Schnitt haben wir ca. 500 zZ. Was 4000€ pro Heimspiel, also 8000€ pro Monat macht.


    Wenn der Verein jetzt noch ZUSÄTZLICHE Ordnungsdienste beauftragen müsste, könnte er seine ALtlasten nicht abbauen, welches einen eventuellen Lizenzverlust bedeuten könnte. Demnach könnte man nicht aufsteigen und würde keine Fernsehgelder und keine höheren Sponsorengelder sowie höhere Zuschauerzahlen einkassieren. Also ein Teufelskreis.


    Vereine aus der BL, wie der FC Bayern, die mal so eben 80 Mio. € ausgeben um sich Spieler zu kaufen, die können sich locker selber nen Ordnungsdienst leisten.


    Dann gibt es da noch ein Problem: Nur ein Beamter darf Gewalt anwenden. Nur ein Beamter hat das recht, jemanden festzunehmen, seine Personalien aufzunehmen und anschließend ein Verfahren einzuleiten. Das alles dürfen keine Privaten Sicherheitsdienste. Ergo müsste dann doch wieder die Polizei kommen. Und das würde wieder dem Steuerzahler kosten.


    Man kann die Polizeieinsätze auch nicht den Vereinen auferlegen, da die ja nicht der Verurssacher einer Straftat sind. Das sind die Gewalttätigen Fans. Und denen erlegt man mal nicht ebenso einen Polizeieinsatz auf.


    Das Gewaltproblem ist kein Problem der Vereine, sondern ein gesellschaftliches Problem, welches man sehr gern in Richtung der Vereine schiebt. Der Fußball ist nur eine von vielen Plattformen, wo die Gewalt sich präsentiert. Eben wie eine Bühne.

  • Kevin


    Ich hatte ganz bewusst geschrieben, dass PRIMÄR die Vereine in der Pflicht sein sollten. Selbst ein unterklassiger Verein kann, ganz unabhängig vom Etat, oft eine ganze Menge tun. Aber wie dort gedacht wird kann man den Stellungnahmen der Vereine beispielsweise bei Spielabbrüchen doch klar und deutlich entnehmen: Bei uns ist alles in Ordnung, allenfalls gibt es ausnahmsweise mal einen Vorfall und den meist nur, weil wir provoziert wurden/der Schiri schlecht war etc. Und genau an dieser Einstellung müssen ganz viele Vereine arbeiten - vollkommen unabhängig vom Etat und in jeder Spielklasse. Die BL-Vereine geben da übrigens oft ein ganz schlechtes Vorbild ab, weil in den Pressekonferenzen nach dem Spiel ja oft ebenfalls alles mögliche zu einem verlorenen Spiel erzählt wird, aber nur sehr selten der Umstand, dass man eben schlecht gespielt hat.


    Was das Gewaltmonopol des Staates anspricht, welches Du ansprichst, verweise ich auf meine Aussage:
    "Ich plädiere nicht dafür, dass wir hier einen rechtsfreien Raum schaffen bzw. alles privaten Sicherheitsdiensten überlassen - aber wenn die Vereine mehr Anreiz hätten, auf das Verhalten ihrer Fans einzuwirken, könnte dies doch nur von Vorteil sein."
    Auch dies gilt wieder für die Vereine aller Klassen - und sei es nur in der Ersparnis für Strafen und Rechtsausschusssitzungen wegen Spielabbrüchen durch Zuschauerunruhen.

  • Ich gebe Kevin Recht. Aus meiner Sicht führt der Weg, den Vereinen in erster Linie den Hauptteil der Verantwortung aufzubürden, in eine Sackgasse. Was die Gesellschaft insgesamt nicht lösen kann (Familie, Schule etc.) kann doch ein, zum Großteil ehrenamtlich geführter Verein (zumindest bis Oberliga) erst recht nicht schultern. Da schlägt man doch nur den Sack.

    :ironie: "Weil, so schließt er messerscharf, nicht sein kann, was nicht sein darf.":ironie:
    Christian Morgenstern

  • Ich habe auch nicht geschrieben, dass man dies ausschließlich auf die Vereine abwälzen kann und darf. Aber die Entschuldigungsmentalität, Ichbinprovoziertworden-These bzw. Vogel-Strauß-Politik unterstützt solche Tendenzen statt sie zu bekämpfen. Dies müssen auch die Vereine mittragen und mitleisten. Nebenbei geht es nicht nur darum, solche schon vorhandenen Auswüchse zu bekämpfen, sondern sie möglichst präventiv zu verhindern!

  • Bei den meisten Vereinen hier in Mitteldeutschland kann ich aus eigener Erfahrung sagen, dass niemand den Kopf in den Sand steckt, sondern im Gegenteil sehr viel Arbeit und Engagement in die Arbeit mit den Fans investiert wird; gerade im Hinblick auf die zurückliegenden Ereignisse, egal ob in Berlin, Dresden, Halle oder Leipzig. Hier stoßen die Vereine einfach an ihre Grenzen und die lassen sich auch nicht mit dem "primären Abwälzen" von, z. B., Kosten oder Delegierung von Sicherheitsmaßnahmen überschreiten.
    Das Thema ist nicht einfach und wird immer sehr konträr diskutiert werden; und ich denke, zu einem Ergebnis werden auch wir hier nicht kommen. So traurig das Ganze an sich schon ist.

    :ironie: "Weil, so schließt er messerscharf, nicht sein kann, was nicht sein darf.":ironie:
    Christian Morgenstern