• Und daraus schlussfolgerst Du was? Noch einmal: Die Regelentwicklung - das erlaube ich mir als älterer Schiri zu wiederholen - geht klar weg von irgendwelchen Sonderlocken für den Torwart, genau so stellt sich das Regelwerk auch dar. Und Du weißt genau so gut wie ich, dass Regeltheorie und -praxis manchmal abweichen, der Klassiker ist die Verwarnung beim Abstand beim Freistoß, wo nach dem Buchstaben alle Spieler zu verwarnen sind (ob die Verwarnung nur eines Spielers dabei dem Geist des Fußballs entspricht, darüber ließe sich trefflich streiten). Auch hier: Die Regellage ist eindeutig, auch beim Torwart ist nur bei der Annahme ernsthafter Verletzung zu unterbrechen.

  • Die Regellage ist eindeutig, auch beim Torwart ist nur bei der Annahme ernsthafter Verletzung zu unterbrechen.

    Und das liegt im Ermessensspielraum des Schiedsrichters. Offenbar hat der Kollege sofort eine „ernsthafte Verletzung“ wahrgenommen, obwohl die lebensrettenden Soforthilfe-Maßnahmen bis zur Wiederauferstehung keine 30 Sekunden gedauert haben. :)

  • Womit er dann bewusst die Regel gebeugt hätte ... und Du mir bezüglich der Regellage zustimmst.

  • Manfred Schau dir die Regel 5.3 genau an. Der SR hat das Spiel weiterlaufen zu lassen, wenn ein Spieler nur leicht verletzt ist und hat es zu unterbrechen, wenn ein Spieler ernsthaft verletzt ist.


    Weder „leicht“ noch „ernsthaft“ sind definiert. Des Weiteren lässt sich daraus ableiten, dass er zwischen leicht und ernsthaft verletzt unterbrechen kann, wenn er es für erforderlich hält.


    Den Grad einer Verletzung kann formal sowieso nur eine Mediziner während der Behandlung sicher feststellen. Somit hat der Schiedsrichter mit der Unterbrechung eine absolut regelkonforme Tatsachenentscheidung getroffen.

  • Aber Manfred, möchtest Du wirklich sagen, dass du bei einem am Boden liegenden Torhüter dieselben Maßstäbe anwendest wie bei einem am Boden liegenden Feldspieler?


    Ich händele das jedenfalls völlig anders. Wenn ein Feldspieler zwei Meter neben der Seitenauslinie am Boden liegen bleibt, kein Kopftreffer und auch sonst nichts für mich erkennbares einer schweren Verletzung, und das gegnerische Team weiterspielt, lasse ich meistens weiterlaufen, insbesondere wenn sich eine gute Spielsituation für den Gegner ergibt.


    Bei einem Torhüter käme ich nicht auf die Idee. Da wird unterbrochen, sobald das irgendwie möglich ist. Ich lasse jede Sekunde nachspielen, wenn sich das Gefühl des Zeitspiels auftut, aber hier würde ich nicht einfach das Spiel weiterlaufen lassen mit der Begründung "ist nicht ernsthaft verletzt, dem tut nur der Finger weh".


    Und das aus der Regelhistorie abzuleiten finde ich schwierig. Sonderlocken für den Torhüter zu streichen, hat ja eine ganz andere Motivation als die beschriebene Situation. Der Torhüter hat per Aufgabe eine extreme Sonderlocke im Spiel und spielt ein Team auch nur eine Minute ohne Torhüter, bekommt es mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ein Gegentor. Das ist ja mit den übrigen Spielern nicht einmal im Ansatz vergleichbar.

  • Und wie weit geht ihr beim abpeifen wenn der TW verletzt ist?

    Was ist wenn der TW in der Mitte seiner eigene Hälfte steht und z.B. versucht einen Ball abzulaufen (so Manuel Neuer Style) und sich dabei verletzt und nun der Stürmer allein auf's Tor zulaufen kann.

    Was wenn er nur aus seinem 16 rausläuft und sich dabei verletzt?

    Oder was ist wenn der TW in den letzten Minuten mit im Angriff war und sich dann im gegnerischen 16er verletzt und ein Konter läuft?


    Hier hätten wir ein Beispiel:
    https://www.youtube.com/watch?v=uJetRsuUfUY


    Lässt sich halt auch mit fair play lösen:
    https://www.youtube.com/shorts/MQZYc7JzYw8

    https://www.youtube.com/watch?v=SwjkvmYbJ7M (Wobei man hier die Frage stellen kann, würde er das auch machen wenn sie nicht 1:0 führen würden)


    Rein regeltechnisch sehe ich keinen Grund hier z.B. abzupeifen (und die Profi-SR in den Fällen scheinbar auch nicht). Man könnte natürlich argumentieren das die Verletzung ernsthaft waren. Oder geht es bei ernsthaften Verletzungen vorallem um quasi "lebensbedrohlich".

    Bin kein Schiedsrichter, nur ein Spieler Trainer (wieder) Spieler Irgendjemand der sich für die Regeln seines Sports interessiert

  • Wie schon anfangs beschrieben, muss man das im Einzelfall Entscheiden. Zunächst einmal muss man natürlich auch überzeugt sein, dass der Torwart auch wirklich verletzt ist, also unpässlich ist um als Torhüter zu agieren.


    Dann muss er für mich auch tatsächlich eine nicht nur theoretische Chance haben, in der unmittelbar anschließenden Situation ein Tor zu verhindern. Ansonsten lasse ich die Angriffssequenz zu Ende spielen und pfeife jedoch sofort ab, bevor auch nur Ansatzweise eine neue Spielsituation oder Torchance entsteht.


    Wenn der Torhüter den Strafraum jedoch absichtlich verlassen hat, dann hat er sich auch dafür entschieden Spieler zu sein bzw. dass seine Mannschaft aus taktischen Gründen ohne Torhüter spielt. Dann wäre ich tatsächlich eher ein Manfred :).

  • Naja in dem Beispiel mit der Torhüterin verlässt sich ja den Strafraum gar nicht freiwillig.. eigentlich will sie drin bleiben.

    Reißst sich halt beim Ball stoppen das Kreuzband. Ohne die Verletzung hätte sie den ball am Fuß gehabt


    Hättest du abgepfiffen in der Situation oder weiter laufen lassen?

    Bin kein Schiedsrichter, nur ein Spieler Trainer (wieder) Spieler Irgendjemand der sich für die Regeln seines Sports interessiert

  • amfa: Wie Mark schon sagt - der Einzelfall entscheidet. Das Beispiel Di Canio hätte man als SR auch direkt abpfeifen können, als der TW "zusammenbricht". Denn da ist kein Angreifer in unmittelbarer Nähe und das ist auch keine Schauspielerei, das weiterlaufen zu lassen ist komplett unfair.


    In anderen Situationen sieht es anders aus. Wenn der TW rausstürmt, sich dabei verletzt und unmittelbar ein Angreifer an den Ball kommt, pfeife ich natürlich nicht ab.


    Und wenn er sich in den gegnerischen Strafraum begibt, sowieso nicht. Da hat er für mich eher den Charakter eines Feldspielers und geht das Risiko auch bewusst ein.


    Das ist alles nicht in den Regeln beschrieben, aber jeweils von den Regeln gedeckt. Da ein gutes Mittelmaß zu finden, macht eben dann einen guten Schiedsrichter aus. Keine klare Torchance wegpfeifen, aber offensichtlich unfair wirkende Aktionen (Di Canio) gar nicht erst entstehen lassen. Analog natürlich das Beispiel der Torhüterin - so eine offensichtliche Verletzung pfeife ich als SR einfach direkt ab, noch bevor da ein Gegner zum Ball rennt, da habe ich auch keine Diskussionen auf dem Platz und gleichzeitig ist alles im Sinne des Fußballs.

  • Bei der Torhüterhin hätte ich abgepfiffen. Sie verlässt den Strafraum um den Ball zu holen und die Gegnerin hätte ohne die Verletzung den Ball nicht erobert.


    Bei der zweiten Szene hätte ich auch abgepfiffen, schon weil der Ball Richtung Eckfahne rollt. Die Entscheidung hier ein Simulieren wahrzunehmen und deswegen weiterspielen zu lassen, würde ich auch akzeptieren. Könnte man so interpretieren.


    Bei der letzten Szene hätte ich in Echtzeit weiterlaufen lassen, wenn ich nicht auf Foulspiel entschieden hätte, da die Torchance unmittelbar erfolgt. Ein Torhüter, der beim erfolglosen Versuch den Ball zu fangen, auf dem Boden landet, der braucht sowieso 1-2 Sekunden, um sich zu „berappeln“.

  • Aber Manfred, möchtest Du wirklich sagen, dass du bei einem am Boden liegenden Torhüter dieselben Maßstäbe anwendest wie bei einem am Boden liegenden Feldspieler?

    Und jetzt kommen wir wieder in ein anderes Fahrwasser:
    Rein regeltechnisch verfahre ich genau so und nicht anders - weil eben die Regellage so ist. In der Praxis ist das situationsabhängig, da richtet sich das nach Spielcharakter, Umgang miteinander (Mannschaften unter sich und mit mir) und allgemeiner Fairness, ...

  • das weiterlaufen zu lassen ist komplett unfair.

    Das ist mir halt zu unklar.


    Was ist, wenn der letzte Verteidiger den Ball hat und sich verletzt während der TW (warum auch immer) nicht in seinem Tor steht?

    Die Situation ist genauso "unfair" wie wenn es der TW wäre. Mir gefällt die Begrenzung auf den TW hier halt nicht. Auch wenn der natürlich eine gewisse Sonderolle hat.


    Es kann aber auch genauso unfair sein wenn der Abwehrspieler während seine Mannschaft im Angriff ist sich plötzlich das Knie verdreht und dadurch der Gegenspieler den Ball bekommt und plötzlich allein auf's Tor laufen kann. (Für's Kopfkino: Wenn man den Stürmer jetzt foult wäre es DOGSO)


    Warum ist das weniger unfair?


    Müsste man dann nicht jedesmal abpfeifen wenn sich ein Spieler verletzt und der Gegner daruch eine GSO bekommt?


    Der SR ist halt nicht dafür da für "Fair Play" zu sorgen (Zumindest nicht mehr als es die Regeln hergeben). Dann müsste man halt die Regeln anpassen, dass der SR doch unterbrechen muss einer Verletzung, aber das führt dann zwangsläufig zu sehr viel mehr Schauspielerei.



    Ich bin ja grundsätzlich bei euch, das es fair wäre hier zu unterbrechen.. aber so ganz verstehe ich nicht auch fair für den Gegner, dass er daraus einen Vorteil ziehen kann.

    Ist für mich genauso fair wie bei jedem anderen verletzten Spieler auf dem Feld.

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