Von persönlichen Krisen und anderen Gemeinheiten

  • Ich bin mittlerweile in meinem achten Jahr als aktiver Schiedsrichter. Von März 2011 bis August 2014 beim Südbadischen Fußballverband in Freiburg, von März 2015 bis März 2018 beim Fußballverband Rheinland im Westerwald und seit März 2022, nach einer vierjährigen Pause, wieder beim Bayerischen Fußballverband in München.


    Doch momentan habe ich eine wirklich tiefe Krise mit meiner Tätigkeit als Schiedsrichter.


    Meine letzte vier Spiele, alles Herren, drei Freundschaftsspiele und ein Pokalspiel, sind allesamt wirklich sehr, sehr schlecht gelaufen und das in vielerlei Hinsicht.


    Ich hatte in diesen Spielen das ganz große Problem, dass nichts mehr wirklich gut aber dafür alles extrem schlecht war. Die Akzeptanz für meine Entscheidung ist nicht mehr da, meine Autorität als Spielleiter wird nicht mehr anerkannt. Ich bin jetzt 33 und hatte noch nie so große Probleme, mich durchzusetzen und die Spiele angemessen zu leiten, wie momentan. Das war vor zehn Jahren, mit 23 und knapp einem Jahr Erfahrung, deutlich leichter.


    Am schlimmsten war das vorletzte Spiel. Ein Freundschaftsspiel im benachbarten Stadtteil; 1:8 als Endergebnis aber dennoch sechsmal Gelb, einmal Gelb-Rot und einmal glatt Rot für die Heimmannschaft. Schon nach vier Minuten ging das Gebrülle, Gemecker und Gezetere in einer Vehemenz los, die ich so bislang nicht kannte. Meine Entscheidungen werden nicht akzeptiert, mit lautem Brüllen und wildem Gestikulieren quittiert, der Trainer brüllt an der Seitenlinie, dass ich mir bloß nicht einbilden solle, für diese Scheiße auch nur einen einzigen Cent an Spesen zu erhalten etc. Bei dem Spiel hatte ich zwischenzeitig wirklich das Gefühl, es könnte kurz vor dem Abbruch stehen.


    Dass meine Autorität schlicht nicht mehr da ist, zeigte sich auch darin, dass es zum Beispiel schon recht schwierig war, auch nur eine Mauer zu stellen. Der einfache Hinweis "bis auf meine Höhe bitte" wird mit diversen abfälligen und höhnischen Kommentaren bedacht. Bei eigentlich recht harmlosen Pfiffen gibt es lautes und missverständliches, höhnisches Gelächter, so als könnten die Spieler den Mist, den ich pfeife, überhaupt nicht begreifen. Einen Angreifer weise ich darauf hin, dass er beim Eckball einen gewissen Abstand zum Torhüter einhalten und diesen nicht im Fünfmeterraum bedrängen soll. Der betroffene Spieler lacht lauthals los, läuft in Richtung der Trainerbank und ruft: "Ey Kalle, ich hab gerade eine neue Regel gelernt: Ich darf beim Eckball nicht mehr beim Torhüter stehen." und drückt damit aus, wie absolut absurd er meine Aussage fände.


    Bei meinem letzten Spiel war wieder der übliche eine Provakateur dabei, der jede, absolut jede Entscheidung mal lautstark, mal kleinlaut kommentiert und sich schlicht geweigert hat, sich meine Ansage anzuhören. "Es ist interessiert mich nicht, was du mir sagen möchtest. Gib mir Gelb und lass mich in Ruhe." Das bekomme ich von einem Spieler in einem Freundschaftsspiel nach 20 Minuten beim Stand von 0:0 zu hören.


    Ich bin ziemlich ratlos. Dass es mal Gemecker und Gemotze gibt bin ich gewohnt. Das ist normal und gehört dazu. Aber in dieser absolut krassen Ausprägung, wie es momentan der Fall ist, habe ich das bislang noch nicht erlebt und ich rätsle über die Gründe. Meine Freundin schiebt es auf das migrantisch geprägte Großstadklientel, das ich in Freiburg und dem Westerwald in der Form vielleicht nicht hatte; meine Mutter meint, es läge allgemein daran, dass die Menschen in diesem Land und die Gesellschaft durch Corona und jetzt die Energiekrise allgemein unfassbar angespannt und aggressiv sei.


    Jetzt hoffe ich auf Besserung nach meinem Urlaub. Im besten Fall hatte ich einfach nur großes Pech mit schwierigen Mannschaften. Im schlimmsten Fall waren meine Leistungen wirklich so schlecht, dass die üblen Reaktionen und Anfeindungen daher rührten. Falls letzteres der Fall ist, müsste ich mir wirklich Gedanken machen, da ich persönlich in meiner Spielleitung eigentlich keinen wirklich Unterschied zu früher erkennen kann und früher war es doch auch besser. So kann es auf jeden Fall nicht weitergehen, denn so macht es definitiv keinen Spaß und hat auch keinen Wert mehr.

  • Da ich selber ja nicht pfeife kann ich dir leider nicht direkt helfen.

    Da aber niemand von uns dabei war, können wir natürlich nicht beurteilen wie deine Leistungen denn nun waren.


    Allerdings kenne ich das auch, dass wenn ich den Eindruck habe der SR weiß nicht was er da tut, dass ich ohn leider immer weniger ernst nehmen kann. (Wobei das bei mir eher in ungläbiges Kopfschütteln als in verbaler Eskalation endet.)


    Aber eine Sache ist mir aufgefallen

    Einen Angreifer weise ich darauf hin, dass er beim Eckball einen gewissen Abstand zum Torhüter einhalten und diesen nicht im Fünfmeterraum bedrängen soll.

    Wo steht das denn?

    Das wäre für mich auch eine neue Regel.

    In Regel 17 steht dazu nichts, und auch ansonsten ist der TW ein ganz normaler Spieler, wenn also die anderen Spieler sich berühren dürfen warum nicht auch der TW?

    Bin kein Schiedsrichter, nur ein Spieler Trainer (wieder) Spieler  Irgendjemand Alt-Herren Spieler der sich für die Regeln seines Sports interessiert

  • Insgesamt hast Du vielleicht einfach nur mehrmals in Folge Pech gehabt als der Ansetzer die Spiele "verlost" hat. Sprich vielleicht mal mit Deinem Ansetzer ob der Dich von den betroffenen Mannschaften vielleicht ein bisschen fernhalten kann.


    dass es zum Beispiel schon recht schwierig war, auch nur eine Mauer zu stellen. Der einfache Hinweis "bis auf meine Höhe bitte" wird mit diversen abfälligen und höhnischen Kommentaren bedacht.

    Da würde ich die Spieler einfach mal in die Falle reinlaufen lassen daran erinnern, dass sie selbst für das Einhalten des Abstandes verantwortlich sind. Die Verteidiger haben keinen Anspruch darauf, dass der Abstand ausgemessen wird. Wenn die ihre Mauer zu nah stellen, gibt's halt ggf. Wiederholung. Wenn die Angreifer das einfordern, gibt es für jeden, der sich nicht unverzüglich auf die mindestens 9,15m begeben hat eben :gelbe_karte:, auch wenn er nur 9,14m vom Ball weg war.


    dass er beim Eckball einen gewissen Abstand zum Torhüter einhalten und diesen nicht im Fünfmeterraum bedrängen soll

    Da muss ich auch sagen, da hatte der Spieler recht. Das einzige Sonderrecht, was der Torwart im Strafraum hat ist, dass er von Handspielvergehen befreit ist. Der 5-Meter-Raum hat nur eine Bedeutung wenn es um die Festlegung des Ortes einer Spielfortsetzung geht. Den Kommentar des Spielers würde ich dann eher auf die ohnehin aufgeheizte Stimmung schieben.


    schlicht geweigert hat, sich meine Ansage anzuhören. "Es ist interessiert mich nicht, was du mir sagen möchtest. Gib mir Gelb und lass mich in Ruhe."

    Die Einladung hätte ich angenommen :)

    Dem hätte zunächst die vorher verdiente :gelbe_karte: bekommen und direkt noch ne :gelbe_karte: (und natürlich damit auch :rote_karte: ) dazu. Wenn er dann fragt warum denn, wäre die Antwort ganz lapidar "weil es Dich nicht interessiert hat, was ich Dir sagen wollte". Das ist sogar regelkonform. So eine Ansage des Spielers ist meiner Meinung nach als "respektloses Verhalten gegenüber dem Spiel" ausdrücklich als eine verwarnungspflichtige Unsportlichkeit klassifiziert. Aber das interessiert den Spieler ja nicht.

  • Vielleicht bist Du zu harmoniebedürftig - und die Spieler merken das ... Es gibt Spiele, da ist eben die Rampensau gefragt, das macht keinen Spaß, schafft aber klare Verhältnisse.

    der Trainer brüllt an der Seitenlinie, dass ich mir bloß nicht einbilden solle, für diese Scheiße auch nur einen einzigen Cent an Spesen zu erhalten

    Haue einen Pflock ein, der geht sofort mit der Roten Karte - selbst wenn das Sportgericht die aufheben sollte, das ist mir egal. Und wenn der von außerhalb des Innenraumes weiter macht, kommt mein Standardspruch zum Kapitän "Ordnungsdienst - der Herr möchte gehen", das Spiel geht garantiert nicht weiter, bevor der weg ist, wenn das nicht in angemessener Zeit passiert, bin ich weg, aber so weit hat es noch kein Verein kommen lassen.

    Der einfache Hinweis "bis auf meine Höhe bitte" wird mit diversen abfälligen und höhnischen Kommentaren bedacht.

    Dann schnappe ich mir den ersten Spieler - hier ausnahmsweise auch gerne den, der schon verwarnt ist - und zeige Gelb, klappt das dann immer noch nicht, geht das weiter - wenn die Spieler merken, dass man sich das nicht gefallen lässt, ändert sich oft der Tonfall.

    Einen Angreifer weise ich darauf hin, dass er beim Eckball einen gewissen Abstand zum Torhüter einhalten und diesen nicht im Fünfmeterraum bedrängen soll. Der betroffene Spieler lacht lauthals los, läuft in Richtung der Trainerbank und ruft: "Ey Kalle, ich hab gerade eine neue Regel gelernt: Ich darf beim Eckball nicht mehr beim Torhüter stehen." und drückt damit aus, wie absolut absurd er meine Aussage fände.

    Die Aussage war jetzt auch nicht ganz glücklich von Dir, das ist regeltechnisch dünnes Eis - im Zweifel lass den da stehen und pfeife einfach einen Freistoß.

    "Es ist interessiert mich nicht, was du mir sagen möchtest. Gib mir Gelb und lass mich in Ruhe."

    Da bin ich doch gerne behilflich - und zwar mit der Ampelkarte; Gelb für seine Meckerei und Gelb-Rot für diese unsportliche Äußerung.


    Wenn ich Deine Angaben studiere, so fällt mir auf, dass Du eher im ländlichen Bereich unterwegs warst, Freiburg ist nun auch keine Großstadt - da ist München ein anderes Pflaster, nicht nur, weil das Bayern ist, sondern weil es in Großstädten oft etwas anders zugeht; auf einen groben Klotz gehört ein grober Keil, das macht keinen Spaß, aber manchmal muss das sein.


    Bei mir war es übrigens genau umgekehrt: Vor Saisonende habe ich mich mehrfach gefragt, was eigentlich los ist, ich war, im Gegensatz zu mancher Mannschaft, mit meiner Spielleitung ganz zufrieden - aber seit der neuen Saison klappt es wieder richtig gut, nicht nur ich, sondern auch die meisten Mannschaften sind zufrieden, ich habe sogar schon wiederholt gehört, dass man mich gerne mal wieder hätte.

  • Wo steht das denn?

    Das wäre für mich auch eine neue Regel.

    In Regel 17 steht dazu nichts, und auch ansonsten ist der TW ein ganz normaler Spieler, wenn also die anderen Spieler sich berühren dürfen warum nicht auch der TW?


    Da muss ich auch sagen, da hatte der Spieler recht. Das einzige Sonderrecht, was der Torwart im Strafraum hat ist, dass er von Handspielvergehen befreit ist. Der 5-Meter-Raum hat nur eine Bedeutung wenn es um die Festlegung des Ortes einer Spielfortsetzung geht. Den Kommentar des Spielers würde ich dann eher auf die ohnehin aufgeheizte Stimmung schieben.


    Die Aussage war jetzt auch nicht ganz glücklich von Dir, das ist regeltechnisch dünnes Eis - im Zweifel lass den da stehen und pfeife einfach einen Freistoß.

    Und wie regelt man so etwas in der Praxis? Ich hatte es in den letzten Spielen häufiger, dass der Angreifer beim Eckball ganz dicht am Torhüter steht, der Torhüter schubst den Angreifer weg, der Angreifer den danebenstehenden Verteidiger, der Angreifer bedrängt wieder den Torhüter, der schubst erneut, beschwert sich bei mir über den Angreifer, der da genau neben ihm steht und so geht es bei jedem Eckball weiter, bis er dann endlich mal ausgeführt wird. Das wollte ich unterbinden, mehr nicht. In der Bundesliga sieht man auch regelmäßig Schiedsrichter, die Eckbälle unterbrechen und sich die Spieler in der Mitte zur Brust nehmen. Was genau erzählen sie denen denn dann in diesem Moment, außer, Abstand zueinander zu lassen? Ich hatte bei solchen Szenen in der Vergangenheit öfters das Bedürfnis, da irgendwie einschreiten zu müssen.


    Zitat

    Da bin ich doch gerne behilflich - und zwar mit der Ampelkarte; Gelb für seine Meckerei und Gelb-Rot für diese unsportliche Äußerung.Die Einladung hätte ich angenommen :)

    Zitat

    Dem hätte zunächst die vorher verdiente :gelbe_karte: bekommen und direkt noch ne :gelbe_karte: (und natürlich damit auch :rote_karte: ) dazu. Wenn er dann fragt warum denn, wäre die Antwort ganz lapidar "weil es Dich nicht interessiert hat, was ich Dir sagen wollte". Das ist sogar regelkonform. So eine Ansage des Spielers ist meiner Meinung nach als "respektloses Verhalten gegenüber dem Spiel" ausdrücklich als eine verwarnungspflichtige Unsportlichkeit klassifiziert. Aber das interessiert den Spieler ja nicht.

    Das wäre dann meiner Meinung nach schon wieder zu früh zu stark hocheskaliert. Das wäre regeltechnisch zwar möglich gewesen (wobei man da dann auch wieder diskutieren kann, ob die konkrete Mecker-Aktion, für die ich die erste Gelbe Karte geben möchte und die Weigerung, sich meine Ansage anzuhören, nicht zur selben Unsportlichkeit gehören, die man nicht zweimal verwarnen darf).


    Bei meinem einzigen Pflichtspiel hat sich gegen Mitte der zweiten Halbzeit auch angefangen, die Gastmannschaften zu beschweren, wieso ich es zulasse, dass die Spieler der Heimmannschaft so mit mir reden würden. Ich hatte dieselbe Mannschaft drei Tage vorher bei einem Testspiel und konnte dort schon einmal einen Vorgeschmack bekommen, wie die so drauf sein können. Hätte ich jede gelbwürdige Unsportlichkeit in meine Richtung auch konsequent mit Gelb geahndet, hätte ich das Spiel nach 60 Minuten wohl abbrechen müssen, weil die Mannschaft nur noch zu sechst gewesen wäre. Ich habe danach mal im DFB-Net geschaut, wie viele Verwarnungen die Mannschaft letzte Saison so gesammelt hatte und es waren glaub einmal Rot, einmal Gelb-Rot und die übliche Menge an Gelben Karten. Die Mannschaft wäre also in meinen beiden Spielen mit deutlich mehr persönlichen Strafen rausgegangen, als es in der Vorsaison im Schnitt der Fall war. Da fange ich dann schon an, mir Gedanken darüber zu machen, ob es nicht vielleicht doch an mir liegen könnte.


    Tiefpunkt war auch hier die 89. Minute, als ein bereits verwarnter Spieler nach einem taktischen Foul eine Zehn-Minuten-Zeitstrafe bekommen hat (die gibt es in Bayern wieder). Der Kapitän, der auch schon Gelb hatte, hat sich daraufhin auch wieder in einer schlicht inakzeptablen Art und Weise aufgespielt und als ich ihn fragte, ob er ebenfalls zehn Minuten runter wollte, reagierte er mit "Oh, buhuhu, flenn halt rum, die kleiner Schiri" und hat sich mit den Fingern an die Augen gegriffen, um Tränen nachzustellen. Der ist dann auch für zehn Minuten runter (und konnte überhaupt nicht nachvollziehen, warum er das jetzt müsse). Es geht auch um die Art und Weise, wie die Spieler neuerdings mit mir reden, wie sie sich mir gegenüber benehmen, die ein völlig neues "Niveau" erreicht hat.


    Muss dann wohl auch einfach mal die neue Saison nach dem Urlaub abwarten. Vielleicht liegt es tatsächlich an der rauen Großstadt...

  • Und wie regelt man so etwas in der Praxis? Ich hatte es in den letzten Spielen häufiger, dass der Angreifer beim Eckball ganz dicht am Torhüter steht, der Torhüter schubst den Angreifer weg, der Angreifer den danebenstehenden Verteidiger, der Angreifer bedrängt wieder den Torhüter, der schubst erneut, beschwert sich bei mir über den Angreifer, der da genau neben ihm steht und so geht es bei jedem Eckball weiter, bis er dann endlich mal ausgeführt wird. Das wollte ich unterbinden, mehr nicht. In der Bundesliga sieht man auch regelmäßig Schiedsrichter, die Eckbälle unterbrechen und sich die Spieler in der Mitte zur Brust nehmen. Was genau erzählen sie denen denn dann in diesem Moment, außer, Abstand zueinander zu lassen? Ich hatte bei solchen Szenen in der Vergangenheit öfters das Bedürfnis, da irgendwie einschreiten zu müssen.


    Wenn sich der Ausführung eines Eckstoßes sich eine solche "Rudelbildung" anbahnt, dann gibt es eine klare Ansage. Stößt der Torhüter nach Ausführung den Stürmer, dann gibt es eben einen Strafstoß. Und kommt der Stoß vom Angreifer, dann eben den Freistoß. Das müssen manche erst noch durch Schmerz lernen, aber das ist dann nicht mein Problem.


    Das wäre dann meiner Meinung nach schon wieder zu früh zu stark hocheskaliert. Das wäre regeltechnisch zwar möglich gewesen (wobei man da dann auch wieder diskutieren kann, ob die konkrete Mecker-Aktion, für die ich die erste Gelbe Karte geben möchte und die Weigerung, sich meine Ansage anzuhören, nicht zur selben Unsportlichkeit gehören, die man nicht zweimal verwarnen darf).

    Bei solchen Aussagen kann es kein zu früh geben, das ist für mich unsportlich gegenüber mir und dem Spiel.

    Und dann geht er eben mit Gelb/Rot, das hat er sich redlich verdient.

  • Ich habe den Eindruck, Du bist unsicher, was Deine eigene Leistung und Deine Entscheidungen betrifft. Unsicherheit können Spieler riechen :) Sprich mit einem Mitglied des SR-Ausschuss, mit dem Du gut klar kommst oder mit einem SR, der das Vorspiel oder das Spiel nach Dir pfeift, sich Deine Spielleitung mal anzuschauen. Entweder bekommst Du da Hinweise, oder aber die Bestätigung, dass es nicht an Dir liegt.
    Bei der Sache mit dem Torwart handhabe ich das immer so: "Nummer 11, bist Du sicher, dass Du so nah am Torwart stehen willst? Wenn Du ihn behinderst, pfeife ich das ab."

  • Vielleicht kann ich Frischling dir auch einen Tipp geben, wenn du unsicher bist, ob deine eigene Leistung für den Spielverlauf mitverantwortlich war. Frag doch mal deinen Ansetzer, ob er dir nicht mal einen Kollegen - sprichwörtlich - zur Seite stellen kann, der deine Spielführung bewerten kann. Mein "begleitetes" Pfeifen hat mir sehr geholfen, gerade auch um meine eigenen, eher negativen Eindrücke wieder gerade zu rücken.

  • Und wie regelt man so etwas in der Praxis?

    Ganz simpel: "Auseinander Ihr Zwei" - und wenn das nicht fruchtet, zitiere ich die beiden Kontrahenten zu mir und erzähle denen, dass wir Fußball spielen und nicht beim Wrestling sind oder so etwas ähnliches, einfach frei Phantasie.

    Das wäre dann meiner Meinung nach schon wieder zu früh zu stark hocheskaliert. Das wäre regeltechnisch zwar möglich gewesen (wobei man da dann auch wieder diskutieren kann, ob die konkrete Mecker-Aktion, für die ich die erste Gelbe Karte geben möchte und die Weigerung, sich meine Ansage anzuhören, nicht zur selben Unsportlichkeit gehören, die man nicht zweimal verwarnen darf).

    Und da wäre, das von mir konstatierte Harmoniebedürfnis. Eigentlich bist Du lange genug im Geschäft, um zu wissen, dass sich manches Spiel nach der ersten Roten Karte oder Ampelkarte plötzlich völlig ändert, wenn die Spieler merken, dass der Schiri nicht nur bellt, sondern auch beißt - das muss keineswegs eskalieren, manchmal muss man Unruhestifter eben entsorgen.

    Hätte ich jede gelbwürdige Unsportlichkeit in meine Richtung auch konsequent mit Gelb geahndet, hätte ich das Spiel nach 60 Minuten wohl abbrechen müssen, weil die Mannschaft nur noch zu sechst gewesen wäre.

    Na und? Weniger Spiel für das gleiche Geld - ist es mein Problem, wenn die sich nicht benehmen können? Was steht in Regel 5? Der Schiedsrichter hat für die Durchsetzung der Regeln zu sorgen - dafür bin ich da, das mache ich. Ansonsten verweise ich auf den vorherigen Absatz, manch Feldverweis ändert ein ganzes Spiel, man spürt die geänderte Stimmung förmlich.

    Die Mannschaft wäre also in meinen beiden Spielen mit deutlich mehr persönlichen Strafen rausgegangen, als es in der Vorsaison im Schnitt der Fall war. Da fange ich dann schon an, mir Gedanken darüber zu machen, ob es nicht vielleicht doch an mir liegen könnte.

    Passiert mir auch manchmal, kann ich nicht ändern. Entweder waren die Kollegen nicht so konsequent wie ich oder die Mannschaften haben sich, warum auch immer, besser benommen. Ich schmeiße nicht mit Karten um mich, gerade am letzten Usertreffen konnten die Teilnehmer sehen, dass ich auch sehr klare Ansagen mit dem Mundwerk hinbekomme, aber wer wissen will, ob ich die Karten dabei habe, dem zeige ich sie ... Es gibt, wenn auch wenige, Spiele, da kommt man ganz ohne Karte aus, aber zwei bis drei Verwarnungen pro Mannschaft und Spiel sehe ich jetzt nicht als kritisch an, letzten Sonntag hatte Heim deren drei, Gast keine, also habe ich am ersten Spieltag schon die Statistik versaut; na und, die haben sich entsprechend verhalten, nicht ich.

    Da fange ich dann schon an, mir Gedanken darüber zu machen, ob es nicht vielleicht doch an mir liegen könnte.

    Ich betrachte jedes Spiel, gleich ob gut oder schlecht gelaufen, im Rückblick, anders kann man nicht lernen - aber immer bei Abseits und manchem Foul/taktischen Pfiff, ja, das hätte man anders machen können/sollen, interessanterweise wird diese Erkenntnis bei Karten aber immer seltener, eher ärgere ich mich gelegentlich, dass ich eine Karte stecken ließ.

    Der Kapitän, der auch schon Gelb hatte, hat sich daraufhin auch wieder in einer schlicht inakzeptablen Art und Weise aufgespielt und als ich ihn fragte, ob er ebenfalls zehn Minuten runter wollte, reagierte er mit "Oh, buhuhu, flenn halt rum, die kleiner Schiri" und hat sich mit den Fingern an die Augen gegriffen, um Tränen nachzustellen. Der ist dann auch für zehn Minuten runter (und konnte überhaupt nicht nachvollziehen, warum er das jetzt müsse).

    Du bist zu nett - das wäre bei mir eine Schiedsrichterbeleidigung gewesen, ergo eine glatte Rote; "kleiner Schiri" reicht dafür.


    P.S.
    Komme doch nächstes Jahr mal zum Usertreffen, da bekommst Du fachkundiges Feedback bis zum abwinken - ich genieße das, auch wenn es mal nicht so gut ausfällt; jeder Teilnehmer ist da bisher mit einem Lerneffekt wieder nach Hause gefahren, selbst wenn das nur die Erkenntnis ist, wie man auch/anders pfeifen kann.

  • Ich habe in rund 14 Jahren Schiedsrichtertätigkeit schon mehrere verschiedene Stress-Phasen hinter mich gebracht. Phasen, in denen ich kaum Kritik bekam und Phasen, in denen ich in jedem 2. Spiel irgendeinen Zirkus hatte. Seit ich mich seit 3 Jahren gefühlt auf meiner "Abschiedsturnee" befinde (ich weiß einfach, dass die Knie irgendwann nicht mehr mitmachen) geht die Sonne auf. Fehler werden mir verziehen, Einladungen zum Bier danach häufen sich, die Gesichter während und nach dem Spiel werden immer freundlicher.
    Das hat irgendwas mit Ausstrahlung / Aura / Gelassenheit zu tun- genau festmachen kann ich es nicht. Ich lese aus bei Deinen Schilderungen zwischen den Zeilen, dass Deine mittlerweile angespannte Einstellung zum Spiel einen Teil zu den Respektlosigkeiten beiträgt. Das meine ich nicht kritisch sondern einfach als Vermutung.
    Ich bin definitiv bei A_Kappi : Nimm einmal jemanden mit, der sich auskennt und der Dir ein Feedback geben kann. Allein mit "Härte" und "Konsequenz" kommst Du vermutlich nicht aus dem Teufelskreis hinaus.

  • Bei meinem einzigen Pflichtspiel hat sich gegen Mitte der zweiten Halbzeit auch angefangen, die Gastmannschaften zu beschweren, wieso ich es zulasse, dass die Spieler der Heimmannschaft so mit mir reden würden. Ich hatte dieselbe Mannschaft drei Tage vorher bei einem Testspiel und konnte dort schon einmal einen Vorgeschmack bekommen, wie die so drauf sein können. Hätte ich jede gelbwürdige Unsportlichkeit in meine Richtung auch konsequent mit Gelb geahndet, hätte ich das Spiel nach 60 Minuten wohl abbrechen müssen, weil die Mannschaft nur noch zu sechst gewesen wäre. Ich habe danach mal im DFB-Net geschaut, wie viele Verwarnungen die Mannschaft letzte Saison so gesammelt hatte und es waren glaub einmal Rot, einmal Gelb-Rot und die übliche Menge an Gelben Karten. Die Mannschaft wäre also in meinen beiden Spielen mit deutlich mehr persönlichen Strafen rausgegangen, als es in der Vorsaison im Schnitt der Fall war. Da fange ich dann schon an, mir Gedanken darüber zu machen, ob es nicht vielleicht doch an mir liegen könnte.

    Und warum lässt du sowas mit dir machen bzw. so mit dir umgehen? Ich würde die so dermaßen in den Senkel stellen, dass den Hören udn Sehen vergeht und das sie nicht mit mir umzugehen haben.

    Sollte dies keinen Erfolg haben, hole ich mir beide Kapitäne zu mir, und erkläre ihnen, dass Sie zwei Möglichkeiten haben. Entweder Sie lassen mich jetzt in Ruhe, oder Sie müssen damit rechnen, dass das Leben ein Geben und Nehmen ist. Geben die Spieler mir -- sinngemäß -- Respeltlosigkeiten, müssen Sie eine Karte nehmen. Und eins kannst du mir glauebn: an dieser Aussage wirst du als Schiedsrichter gemessen.


    Mir kommt es aber so rüber, als ob die Spieler mit dir machen konnten, was Sie wollen und du im Zweifel keine rote Karte geben würdest.

  • "Nummer 11, bist Du sicher, dass Du so nah am Torwart stehen willst? Wenn Du ihn behinderst, pfeife ich das ab."

    Auf welcher Regelgrundlage? Ich darf als Stürmer doch stehen wo ich will auch 5 cm vor dem Torwart. Ich darf den TW auch regelkonform behindern.

    Oder hab ich wieder irgendeine Regel gerade nicht im Kopf? (Ich glaube es stand früher mal was dazu in den Regeln, aber in den aktuellen konnte ich dazu nichts finden)

    Und wie regelt man so etwas in der Praxis? Ich hatte es in den letzten Spielen häufiger, dass der Angreifer beim Eckball ganz dicht am Torhüter steht, der Torhüter schubst den Angreifer weg, der Angreifer den danebenstehenden Verteidiger, der Angreifer bedrängt wieder den Torhüter, der schubst erneut, beschwert sich bei mir über den Angreifer, der da genau neben ihm steht und so geht es bei jedem Eckball weiter, bis er dann endlich mal ausgeführt wird. Das wollte ich unterbinden, mehr nicht. In der Bundesliga sieht man auch regelmäßig Schiedsrichter, die Eckbälle unterbrechen und sich die Spieler in der Mitte zur Brust nehmen. Was genau erzählen sie denen denn dann in diesem Moment, außer, Abstand zueinander zu lassen? Ich hatte bei solchen Szenen in der Vergangenheit öfters das Bedürfnis, da irgendwie einschreiten zu müssen.

    Also in deinem Beispiel geht das Problem dann ja wohl vom Torhüter aus.

    Der Angreifer darf da stehen, der TW ihn aber nicht schubsen.

    Das ist erst mal die Grundsituation.


    Klar solltest du dann erst mal die Eckball ausführung unterbrechen und dem TW halt sagen, dass der Angreifer da stehen darf und wenn er ihn schubst wenn der Ball im Spiel ist, dass es dann Elfmeter gibt.

    Und dem Angreifer sagen, wenn er schubst gibt's Freistoß.


    Im Zweifel schubst/drückt der Stürmer sowieso im Grau- bis Illegalbereich und du pfeist einfach sofort Freistoß für die Verteidiger.

    Ist wahrscheinlich immer die bessere Variante.



    Das problem bei dir kommt dann daher, dass du den Angreifer da wegschickst obwohl er (zu erst) gar nichts verbotenes getan hat.

    Da würde ich mir auch ein bisschen blöd vorkommen, wenn ich geschubst werde und dafür vom SR auch noch belangt werde.


    Es geht nicht darum, dass die Abstand halten.. sondern dass sie nur in erlaubter Weise rempeln. Man darf seinen Gegner ja prinzipiell berühren im Zweikampf

    Bin kein Schiedsrichter, nur ein Spieler Trainer (wieder) Spieler  Irgendjemand Alt-Herren Spieler der sich für die Regeln seines Sports interessiert

  • Man darf sich halt nicht in den Weg eines anderen Spieler stellen. Das nennt man Behindern 12.2 und ist strafbar.


    Und als SR sehe ich sehr wohl, ob ein Angreifer dem TW nur im Weg steht oder ob er sich ihm in den Weg stellt. Insbesondere wenn er den Bewegungen des TW folgt oder ihn rempelt, ohne dass der Ball in spielbarer Nähe ist. Im Zweifel pro TW.

  • Der Knackpunkt ist hier wohl wer wann wohinläuft.


    Solange der Ball nicht im Spiel ist, darf jeder Spieler stehen und gehen wo er will.

    Wenn ein Spieler einen Platz freimacht, darf ein anderer dort hin gehen.


    Sobald der Ball im Spiel ist darf aber ein Spieler sich nicht mehr so bewegen, dass er damit einen anderen Spieler behindert. Stehenbleiben wo er war, darf er aber durchaus.

  • Solange der Ball nicht im Spiel ist, darf jeder Spieler stehen und gehen wo er will.

    Auch dann darf man nicht behindern oder rempeln. Es kann eben nur nicht mit Freistoß bestraft werden. Wenn der Angreifer rempelt oder behindert, wird er ermahnt und im Wiederholungsfall dann eben verwarnt. Wenn einer rücksichtslos agiert, gibt es direkt Gelb.


    Wenn sich der Angreifer kurz vor der Ausführung dem TW in den Weg stellt, insbesondere wenn er ihn dabei auch berührt, und kurz nach der Ausführung ihn der TW weg stößt, wird die Ausführung wiederholt.

  • Mark hat es richtig erläutert. Zitat aus Regel 12:

    "Behindern des Gegners ohne Kontakt

    Behindern des Gegners liegt vor, wenn sich ein Spieler in den Weg eines Gegners stellt, ihn auflaufen lässt oder zum Abbremsen oder zu einer
    Richtungsänderung zwingt, wobei der Ball für beide Spieler nicht in spielbarer Distanz ist. Jeder Spieler darf seine Position auf dem Feld selbst bestimmen. Er darf dem Gegner zwar im Weg stehen, sich ihm jedoch nicht in den Weg stellen."


    Deshalb sage ich dem Spieler auch nicht, dass er weg gehen soll, sondern weise darauf hin, dass ich es abpfeife, wenn er den TW behindert. Als netten Nebeneffekt bekommt der Spieler und nicht ich Mecker von seinen Kameraden, falls ich tatsächlich abpfeife. Nach dem Motto: "Der Schiri sagt Dir noch Bescheid, dann bleib doch weg" :)

  • Haue einen Pflock ein, der geht sofort mit der Roten Karte - selbst wenn das Sportgericht die aufheben sollte, das ist mir egal. Und wenn der von außerhalb des Innenraumes weiter macht, kommt mein Standardspruch zum Kapitän "Ordnungsdienst - der Herr möchte gehen", das Spiel geht garantiert nicht weiter, bevor der weg ist, wenn das nicht in angemessener Zeit passiert, bin ich weg, aber so weit hat es noch kein Verein kommen lassen.

    Vor Gericht und auf hoher See ... Aber einen ähnlichen Fall hatte ich kürzlich noch, das hat dem Verantwortlichen eine saftige Geldstrafe (in Gesamthaftung mit dem Verein) eingebracht. Würde mich sehr wundern, wenn das Sportgericht über so eine rote Karte schulterzuckend hinwegsieht. Das ist schon eine verbale Verfehlung der mittelschweren Art - allein, weil das Thema Schiedsrichter und Geld leider etwas sensibel ist und daher nicht über den Platz gebrüllt gehört, insbesondere mit einem Bezug zur Schiedsrichterleistung (nach dem Motto: pfeifst Du für uns, gibts viel Geld; gefällt mir die Leistung in meinem Sinne nicht, gibts keine Kohle - so explizit nicht gesagt, das schwingt aber irgendwo mit). Der Trainer muss eher aufpassen, dass das Sportgericht hier keine indirekte Bestechlichkeit erkennt. So einen Fall hatte ich vor inzwischen einigen Jahren in einem A-Jugend-Spiel mal ("Ach Schiri, wie viel Geld kriegst Du denn für diese Leistung?" nach einem Pfiff gegen sein Team - 500 Euro und 6 Monate Betätigungsverbot waren das Resultat nach mündlicher Verhandlung inkl. mir und ihm als geladene Zeugen).


    Und noch was zum eigentlichen Thema: Ich tippe auch, dass Du hier in einer Spirale gefangen bist. Einige unglückliche Spiele (die jeder mal hat, teilweise wegen anstrengender Spieler/Offizieller/Umfeld, aber schlicht auch einfach wegen schlechter eigener Leistung, schlechte Spieler hat JEDER mal dazwischen), die zu einiger Unsicherheit und fehlendem Selbstbewusstsein bei Dir geführt haben. Und wenn dann ein 33-jähriger, der wegen seines Alters keinen Welpenschutz mehr genießt, mit möglicherweise verunsichertem Auftreten und ohne starke nach außen getragene Persönlichkeit am Spielort ankommt, fällt das Kind schon in dem Moment in den Brunnen. Dazu ein paar Schlitzohren oder Arschlöcher auf dem Platz - und schon entgleitet Dir das Spiel, ohne dass Du auch nur einen falschen Pfiff gemacht hättest. Dies scheint eine erhebliche (Mit-) Ursache bei Dir zu sein.

  • dass ich es abpfeife, wenn er den TW behindert

    Is aber auch nicht ganz richtig, wenn ich mich vor den TW stelle und da stehen bleibe und der TW dadurch behindert wird ist das einfach Pech für den TW rein regeltechnisch.


    Das das im echten Leben sehr dynamisch ist und sich vermutlich jeder ein bisschen bewegt und man fast immer argumentieren kann, dass der Stürmer sich bestimmt ein paar Centimeter in den Weg des TW bewegt hat ist mir auch klar.

    Bin kein Schiedsrichter, nur ein Spieler Trainer (wieder) Spieler  Irgendjemand Alt-Herren Spieler der sich für die Regeln seines Sports interessiert

  • Also gerade diese Situation ist doch sehr eindeutig aufzulösen. Der Spieler stellt sich vor den Torwart. Entweder guckt er dann Richtung Ball, dann ist alles in Ordnung und ich gebe höchstens dem Torwart einen Hinweis seine Finger bei sich zu behalten, wenn er keinen Strafstoß verursachen will. Oder der Spieler guckt zum Torwart, womit er gar nicht deutlicher machen kann, dass ihn den Ball gar nicht interessiert und er nur den Torwart behindern will. Dann bekommt der Spieler den entsprechenden Hinweis und selbst wenn sich der Spieler doof stellt, haben das mindestens 7 oder 8 Spieler seiner Mannschaft genau verstanden...

    Der Klügere gibt nach.


    Das erklärt, warum die Welt von den Dummen regiert wird.

  • Doch momentan habe ich eine wirklich tiefe Krise mit meiner Tätigkeit als Schiedsrichter.

    Ich glaube ja, dass man immer wieder mal Phasen hat, in denen es besser oder schlechter läuft.

    Ich hatte in diesen Spielen das ganz große Problem, dass nichts mehr wirklich gut aber dafür alles extrem schlecht war. Die Akzeptanz für meine Entscheidung ist nicht mehr da, meine Autorität als Spielleiter wird nicht mehr anerkannt. Ich bin jetzt 33 und hatte noch nie so große Probleme, mich durchzusetzen und die Spiele angemessen zu leiten, wie momentan. Das war vor zehn Jahren, mit 23 und knapp einem Jahr Erfahrung, deutlich leichter.

    Auch wir Schiedsrichter sind nur Menschen, die auch mal einen schlechten Tag erwischen, an dem dann alles Mögliche schief geht. Ich versuche mich durch so ein Spiel durchzubeißen und einfach an den kleinen positiven Momenten in dem Spiel wieder hochzuziehen. Sich durchzusetzen ist aus meiner Sicht auch immer eine Frage des persönlichen Charakters. Dass man mit mehr Erfahrung sich da schwerer tut, kann ich teilweise nachvollziehen (kann es aber nicht so nachvollziehbar begründen, einfach nur ein Gefühl).

    Am schlimmsten war das vorletzte Spiel. Ein Freundschaftsspiel im benachbarten Stadtteil; 1:8 als Endergebnis aber dennoch sechsmal Gelb, einmal Gelb-Rot und einmal glatt Rot für die Heimmannschaft. Schon nach vier Minuten ging das Gebrülle, Gemecker und Gezetere in einer Vehemenz los, die ich so bislang nicht kannte. Meine Entscheidungen werden nicht akzeptiert, mit lautem Brüllen und wildem Gestikulieren quittiert, der Trainer brüllt an der Seitenlinie, dass ich mir bloß nicht einbilden solle, für diese Scheiße auch nur einen einzigen Cent an Spesen zu erhalten etc. Bei dem Spiel hatte ich zwischenzeitig wirklich das Gefühl, es könnte kurz vor dem Abbruch stehen.


    Dass meine Autorität schlicht nicht mehr da ist, zeigte sich auch darin, dass es zum Beispiel schon recht schwierig war, auch nur eine Mauer zu stellen. Der einfache Hinweis "bis auf meine Höhe bitte" wird mit diversen abfälligen und höhnischen Kommentaren bedacht. Bei eigentlich recht harmlosen Pfiffen gibt es lautes und missverständliches, höhnisches Gelächter, so als könnten die Spieler den Mist, den ich pfeife, überhaupt nicht begreifen. Einen Angreifer weise ich darauf hin, dass er beim Eckball einen gewissen Abstand zum Torhüter einhalten und diesen nicht im Fünfmeterraum bedrängen soll. Der betroffene Spieler lacht lauthals los, läuft in Richtung der Trainerbank und ruft: "Ey Kalle, ich hab gerade eine neue Regel gelernt: Ich darf beim Eckball nicht mehr beim Torhüter stehen." und drückt damit aus, wie absolut absurd er meine Aussage fände.

    Ich habe auch schon erlebt, dass in solch aggressiven Spielen auch eine gezielte Ansprache an Spieler nichts hilft und man im Zweifel dann die Schwelle bei den Disziplinarstrafen etwas niedriger ansetzen muss. So Spiele wird man immer wieder haben, in denen man mehr Disziplinarstrafen aussprechen muss, weil es die Spieler einfach nicht anders lernen wann eine Grenze erreicht oder überschritten ist.


    Wenn bei mir ein Trainer solche Worte wählt, dann nehme ich die erstmal zur Kenntnis und gehe in der nächsten Unterbrechung direkt zu ihm hin und zeige ihm dafür die :gelbe_karte: verbunden mit dem Hinweis, dass er bei einer erneuten solchen Äußerung den Rest des Spiels aus dem Zuschauer-Bereich verfolgen darf. Sowas musst du dir nicht bieten lassen. Der Ton macht immer die Musik und alleine aus deinen Worten erkenne ich da eine gewisse "Grundaggressivität" bei dem Trainer.


    Wenn die Spieler bei einem einfachen Mauer stellen sich schon so benehmen, dann hole ich mir den Kapitän und weise ihn darauf hin, dass ich bei wiederholten unsportlichen Kommentaren diese entsprechend ahnden werde. Dass Spieler unsere Pfiffe bzw. Entscheidungen nicht immer verstehen und es dadurch zu einem solchen Verhalten kommt, ist durchaus möglich. Wir werden die Charakter nicht ändern können. Den 5-Meter-Raum und die darin befindlichen Spieler muss man während eines Eckballs möglichst genau im Blick behalten und dann halt die entsprechende Entscheidung treffen. Aber wegschicken würde ich ihn nicht. Das Recht gibt uns keine Regel.

    Bei meinem letzten Spiel war wieder der übliche eine Provakateur dabei, der jede, absolut jede Entscheidung mal lautstark, mal kleinlaut kommentiert und sich schlicht geweigert hat, sich meine Ansage anzuhören. "Es ist interessiert mich nicht, was du mir sagen möchtest. Gib mir Gelb und lass mich in Ruhe." Das bekomme ich von einem Spieler in einem Freundschaftsspiel nach 20 Minuten beim Stand von 0:0 zu hören.

    Ich hatte in meinem Spiel letzten Samstag auch einen Spieler, der sich mit einem leichten Foul eingeführt und danach regelmäßig meine Entscheidungen kritisiert hat. Ich habe ihn darauf hingewiesen, dass er sich auf seine Rolle als Spieler konzentrieren soll und ich der Schiedsrichter bin. Das ging so bis zur 29. Minute und einer Entscheidung von mir auf Abstoß. Ich stand am 16er bei meiner Entscheidung und er am Mittelkreis und schrie quer über das ganze Feld. Dafür habe ich ihm die :gelbe_karte: gegeben. Allerdings konnte er trotzdem nicht an sich halten und hat auch in der 2. Halbzeit weiter immer in schöner Regelmäßigkeit seinen Unmut über meine Entscheidungen kundgetan. Ich habe ihn im laufenden Spiel dann darauf hingewiesen, dass es beim nächsten Mal die 10 Minuten gibt. In der 76. Minute habe ich dann auf Eckstoß entschieden und er wollte vorher ein Foul gesehen haben (da wurde definitiv der Ball gespielt) und hat sich einfach nicht beruhigen können. Da habe ihn dann mit den 10 Minuten vom Feld geschickt. In Summe hat er nach dem Wieder-Eintritt nach Ablauf der 10 Minuten dann auch nichts mehr gesagt.

    Ich bin ziemlich ratlos. Dass es mal Gemecker und Gemotze gibt bin ich gewohnt. Das ist normal und gehört dazu. Aber in dieser absolut krassen Ausprägung, wie es momentan der Fall ist, habe ich das bislang noch nicht erlebt und ich rätsle über die Gründe. Meine Freundin schiebt es auf das migrantisch geprägte Großstadklientel, das ich in Freiburg und dem Westerwald in der Form vielleicht nicht hatte; meine Mutter meint, es läge allgemein daran, dass die Menschen in diesem Land und die Gesellschaft durch Corona und jetzt die Energiekrise allgemein unfassbar angespannt und aggressiv sei.


    Jetzt hoffe ich auf Besserung nach meinem Urlaub. Im besten Fall hatte ich einfach nur großes Pech mit schwierigen Mannschaften. Im schlimmsten Fall waren meine Leistungen wirklich so schlecht, dass die üblen Reaktionen und Anfeindungen daher rührten. Falls letzteres der Fall ist, müsste ich mir wirklich Gedanken machen, da ich persönlich in meiner Spielleitung eigentlich keinen wirklich Unterschied zu früher erkennen kann und früher war es doch auch besser. So kann es auf jeden Fall nicht weitergehen, denn so macht es definitiv keinen Spaß und hat auch keinen Wert mehr.

    Ich weiß nicht, ob man das Gemecker und Gemotze (was leider mittlerweile manchmal normal ist) auf allgemeine gesellschaftliche Probleme zurückführen kann. Das finde ich etwas hochgegriffen, auch wenn einen das natürlich auf mentaler Ebene etwas beeinflusst. Und darüber sollten wir Schiedsrichter uns nicht den Kopf zerbrechen finde ich. Natürlich sollte man wissen, mit wem man es zu tun hat. Trotzdem werden wir nie in einen Menschen hineinsehen können. Ich sage das immer wieder nach einem Spiel zu einem Trainer, wenn er mich fragt, warum ich in gewissen Situationen so oder so entschieden habe. Ich sage dann immer, dass ich nur das Handeln des Spielers auf dem Platz beurteilen kann und nicht weiß, was er in dem Moment denkt. Vielleicht hilft dir das etwas.


    Es wird immer solche Spiele geben, bei denen Mannschaften etwas schwieriger handzuhaben sind. Da muss man dann auf mentaler Ebene irgendwo eine Grenze ziehen und vielleicht auch mal das eine oder andere bewusst überhören. Vielleicht machst du dir da zu viele Gedanken. Da erwische ich mich manchmal auch dabei und muss mich selbst ermahnen.


    Ich wünsche dir in jedem Fall dass du nach deinem Urlaub erholt an die nächsten Spiele rangehst und dann wieder den gewohnten Spaß an der Sache findest.

    "Nicht nur vor Gott sind alle gleich. Auch vor dem Schiedsrichter."


    Einige Aktivitäten und Bilder von mir sieht man auch in meinem FuPa Profil.