Foul bei Abseitsstellung (Regelfrage aus SR-Zeitung)

  • In der aktuellen SR-Zeitung (5/2021) findet sich die Regelfrage 14:

    Zitat

    Ein strafbar im Abseits stehender Spieler wird angespielt und möchte den Ball annehmen. Dabei wird er von seinem Gegenspieler jedoch in rücksichtsloser Weise zu Fall gebracht. Entscheidung?

    Für mich ist das ein Fall einer sehr unglücklichen Regelfrage. Einerseits soll mit dem Attribut "strafbar" bei der Abseitsstellung assoziiert werden, dass die Abseitsstellung zu ahnden ist, andererseits passt aber die Beschreibung "möchte den Ball annnehmen" nicht dazu, denn die reine Absicht einer Ballannahme ist eben nicht automatisch ein Spieleingriff, damit liegt keine zu ahndende Abseitsstellung vor - es sei denn, ich nehme, ohne dass sich aber erschließt, warum das so sein sollte (ohne Ballkontakt oder anderweitigen Eingriff ist eine Abseitsstellung nun einmal nicht strafbar), die Feststellung "strafbar" als gesetzt an.


    Die in der SR-Zeitung gegebene Antwort (IdF wegen Abseits, Verwarnung wegen der Rücksichtslosigkeit) geht offenkundig davon aus, dass die Abseitsstellung strafbar ist.

  • Wenn in der Regelfrage „strafbar“ steht (z.B. hier einen Zweikampf führen) dann ist es für die Antwort irrelevant weshalb.


    Es ist hier nur entscheidend, dass die strafbare Abseitsstellung zeitlich vor dem rücksichtslosen Foulspiel stattfand und dementsprechend das erste Vergehen für die Spielfortsetzung relevant ist.


    Ein anders Schlüsselwort wäre „gleichzeitig“. Dann müssten wir die Schwere der beiden Vergehen beurteilen und dF wäre richtig.


    Wobei ich dir zustimme, dass die Formulierung unglücklich ist und die zeitliche Abfolge nicht eindeutig ist.

  • Wobei ich dir zustimme, dass die Formulierung unglücklich ist und die zeitliche Abfolge nicht eindeutig ist.

    Ich finde die Formulierung auch etwas unglücklich, aber man will wohl offensichtlich auf die tatsächlich im Spielbetrieb häufiger vorkommende Kombination aus Abseitsstellung und Foulspiel hinaus.


    Da eine Abseitsstellung per se erst einmal nicht strafbar ist, muss auch bei Foulspielen in Kombination mit Abseitsstellungen ein "anderer Maßstab" angelegt werden. Aber wie ich dich kenne @Manfred ist das dir sicherlich bekannt.


    Einfach zusammengefasst bedeutet dies:

    So lange eine Abseitsstellung eines Angreifers als nicht strafbar beurteilt wurde gilt:

    • Foulspiel durch einen Verteidiger = dF oder Strafstoß für den Angreifer
    • Foulspiel durch den Angreifer = idF für den Verteidiger (weil das Foulspiel dann der Eingriff in das Spiel ist)

    Etwaige Disziplinarstrafen kommen dann natürlich noch oberndrauf.


    Off Topic:

    Übrigens lassen sich daraus mit etwas Wind einer unglücklichen Spielsituation und extrem schnellen Betonligaspielern recht kuriose Regelfragen konstruieren.

  • Hallo.

    Das ist eigentlich ne Uboot-Frage: Taucht immer wieder mal auf und sorgt für Aufregung.

    Hier steht für mich im Vordergrund diejenigen, die nur über die Fragen drüberlesen mit dem strafbaren Abseits auf die falsche Spur zu führen, weil eben nur das Abseits registriert wird.

    "Kondition ist nicht alles, aber ohne Kondition ist alles nix."
    Gerhard Theobald, ehemaliger Bundesliga-SR, zum Thema Grundlagen des Stellungsspieles

  • In Regel 11 sind mehrere Möglichkeiten der Strafbarkeit explizit genannt, ohne dass sie im Widerspruch zur Formulierung der Regelfrage stehen:


    einen Gegner beeinflusst, indem er:

    • diesen daran hindert, den Ball zu spielen oder spielen zu können, indem er ihm eindeutig die Sicht versperrt,

    • mit diesem Gegner einen Zweikampf um den Ball führt,

    • eindeutig versucht, den Ball in seiner Nähe zu spielen, wenn diese Aktion einen Gegner beeinflusst,

    • eindeutig aktiv wird und so die Möglichkeit des Gegners, den Ball zu spielen, eindeutig beeinflusst,

  • Ach Mark, das ist alles klar, aus einem der Punkte muss auch das Attribut "strafbar" bei der Abseitsstellung resultieren - nur, da sind wir uns ja ob Deines früheren Posts ja einig, ist es suboptimal, wenn ich "hinten" das klassische Abseitskriterium Ballberührung explizit ausschließe - unter dem Strich entsteht damit die Gefahr, dass ich bei einer Regelfrage anfange zu denken, wie die gemeint sein könnte, in dem ich vor meinem inneren Auge eine Szene konstruiere, also exakt das tue, was bei Regelfragen nicht hilfreich ist.


    Wirts

    Eine ganz spannende Kiste - ja, das Foul ist ein schwereres Vergehen als die Abseitsstellung. Aber: Hier wird ja in der Fragestellung - das war der Auslöser - ja bereits erwähnt, dass die Abseitsstellung schon strafbar war, ergo liegt eben die Gleichzeitigkeit nicht vor, mithin wäre der idF dann doch richtig, weil vor dem Foul relevant geworden.

  • Eine ganz spannende Kiste - ja, das Foul ist ein schwereres Vergehen als die Abseitsstellung. Aber: Hier wird ja in der Fragestellung - das war der Auslöser - ja bereits erwähnt, dass die Abseitsstellung schon strafbar war, ergo liegt eben die Gleichzeitigkeit nicht vor, mithin wäre der idF dann doch richtig, weil vor dem Foul relevant geworden.

    Die Chronologie spielt aber bei Vergehen derselben Mannschaft auch keine Rolle, sondern das schwerere Vergehen kann und sollte immer geahndet werden, sofern das Spiel nicht bereits wegen der strafbaren Abseitsstellung unterbrochen war. Stichwort Vorteil.

    In einer Aktion prallten Grevelhörster und Gerick zusammen. Der FC-Stürmer blutete aus der Nase, aber Schiedsrichter Stefan Tendyck aus Gelsenkirchen konnte mit einem Taschentuch aushelfen. Gericks Torriecher wurde nicht in Mitleidenschaft gezogen: Er markierte das 1:3.


    Westfalen-Blatt (29.5.2017) :D

  • Manfred


    Das ist doch das große Problem für neue SR bei Regelfragen. Man muss lernen, das Kopfkino auszuschalten und sich ausschließlich auf das Geschriebene zu konzentrieren und auf Schlüsselwörter zu achten. Es geht immer nur um die reine Theorie.

  • Also ich fand die Regelfrage garnicht mal schwer. Wo liegt denn da jetzt das Problem?


    Idf und verwarnung, diese Konstellation hat man doch öfter, wo noch der Zuschauer den Kopf schüttelt Karte gegen das eigene Team aber Freistoß für das eigene Team

  • Ich verstehe das Problem mit der Frage gar nicht. Sobald der Verteidiger in den Zweikampf geht (muss er für ein Foul auch zwingend) ist der Stürmer doch sowieso im strafbaren Abseits egal ob das in der Frage steht oder nicht.

    Bin kein Schiedsrichter, nur ein Spieler Trainer (wieder) Spieler  Irgendjemand Alt-Herren Spieler der sich für die Regeln seines Sports interessiert

  • Eine ganz spannende Kiste - ja, das Foul ist ein schwereres Vergehen als die Abseitsstellung. Aber: Hier wird ja in der Fragestellung - das war der Auslöser - ja bereits erwähnt, dass die Abseitsstellung schon strafbar war, ergo liegt eben die Gleichzeitigkeit nicht vor, mithin wäre der idF dann doch richtig, weil vor dem Foul relevant geworden.


    Das ist falsch, sofern der SR noch nicht unterbrochen hat, wird so eine Abfolge bei Vergehen desselben Teams als "gleichzeitig" angesehen und somit wird mit dF fortgesetzt. Genauso ist natürlich die Ausführung von SixthSCTF, auf die Wirts bezuggenommen hat, falsch.


    Auch ein im Abseits stehender Spieler verursacht durch ein Foulspiel einen dF, solange das Spiel nicht unterbrochen ist.


    Sollte in einem SR-Forum mal etwas aufgeräumt werden, in diesem Thread stehen diverse falsche Aussagen, ohne Interpretationsspielraum.


    Ich verstehe das Problem mit der Frage gar nicht. Sobald der Verteidiger in den Zweikampf geht (muss er für ein Foul auch zwingend) ist der Stürmer doch sowieso im strafbaren Abseits egal ob das in der Frage steht oder nicht.


    Das stimmt ebenfalls nicht.


    Eine Abseitsstellung wird u.a. dann strafbar, wenn der Angreifer mit dem Abwehrspieler in einen Zweikampf um den Ball geht. Foult der Verteidiger den Angreifer, ohne dass der Ball in der Nähe ist, ist die Abseitsstellung nicht zwingend strafbar. Diese Konstellation liegt in der Frage aber NICHT vor, denn dort wird ja gesagt, dass die Abseitsstellung zu diesem Zeitpunkt bereits strafbar ist.


    eben nicht und darauf will die regelfrage wohl hinaus


    Auch das ist falsch. Die Frage will darauf hinaus, dass ein rücksichtsloses Foulspiel auch dann zu einer Verwarnung führt, wenn der Mannschaft des foulenden Spielers der Freistoß zugesprochen wird. Mit der Strafbarkeit der Abseitsstellung beschäftigt sich die Frage doch gar nicht, sondern setzt sie voraus.

  • Ich glaube hier falsch verstanden worden zu sein:


    Die Frage bezieht sich auf die Differenzierung dieser beiden Regelaussagen zur Abseitsbewertung (Siehe Regelwerk 2021/2022 Regel11 Abseits Abs 2 Abseitsvergehen)


    Zitat von Regel 11 (Auszug)

    Wenn:

    [...]

    • sich ein Spieler in einer Abseitsstellung mit der Absicht zum Ball bewegt, diesen zu spielen, und er gefoult wird, bevor er den Ball spielt oder zu spielen versucht oder bevor er mit einem Gegner einen Zweikampf um den Ball führt, wird das Foul geahndet, da es vor dem Abseitsvergehen geschehen ist,
    • ein Vergehen gegen einen Spieler in einer Abseitsstellung begangen wird, der bereits den Ball spielt oder zu spielen versucht oder der mit einem Gegner einen Zweikampf um den Ball führt, wird das Abseitsvergehen geahndet, da es vor dem Foul geschehen ist.


    Es geht hier um das Foulspiel des Verteidigers


    1. Passiert dies BEVOR die Abseitsstellung strafbar ist/wird, so ist das Foulspiel zu ahnden
    2. Passiert dies NACHDEM die Abseitsstellung strafbar geworden ist, so wird das Abseitsvergehen geahndet.


    In der Regelfrage wird die Strafbarkeit der Abseitsstellung bereits vorausgesetzt (somit ist hier natürlich eine Bewertung nach 2. vorzunehmen).


    Allerdings ist dies in der Regelfrage offenbar nicht sofort offensichtlich und wird von @Manfred verständlicher Weise Kritisiert:


    Zitat von Regelfrage

    Ein strafbar im Abseits stehender Spieler wird angespielt und möchte den Ball annehmen.[...]

    Diese Formulierung ist sehr unglücklich gewählt wie @Manfred in seinem Kommentar zu dieser Regelfrage richtiger weise erläutert


    Einerseits soll mit dem Attribut "strafbar" bei der Abseitsstellung assoziiert werden, dass die Abseitsstellung zu ahnden ist, andererseits passt aber die Beschreibung "möchte den Ball annnehmen" nicht dazu, denn die reine Absicht einer Ballannahme ist eben nicht automatisch ein Spieleingriff, damit liegt keine zu ahndende Abseitsstellung vor

  • Kann man anders sehen. Grade durch die Formulierung 'strafbar im Abseits' wird eben der Versuch zu spielen als Eingriff gewertet. Wodurch Punkt 2 der Regel 11 greift.

    "Kondition ist nicht alles, aber ohne Kondition ist alles nix."
    Gerhard Theobald, ehemaliger Bundesliga-SR, zum Thema Grundlagen des Stellungsspieles

  • Moment.. meine Aussage bezog sich auf genau diese Regelfrage, dass der Stürmer ganz weit weg vom Ball gefoult werden kann ohne, dass das Abseits aktiv wird bezweifle ich doch gar nicht.


    Aber die Frage hier ist doch sehr eindeutig:


    Zitat

    Ein strafbar im Abseits stehender Spieler wird angespielt und möchte den Ball annehmen. Dabei wird er von seinem Gegenspieler jedoch in rücksichtsloser Weise zu Fall gebracht. Entscheidung?

    Man beachte die fetten Textstellen.. hier ist ganz eindeutig ein Kampf um den Ball gegeben.

    Insbesondere das "Dabei' lässt soch keinen anderen Schluß zu, dass der Verteidiger hier einen Zweikampf führt und allein dadurch das Abseits strafbar wird.

    Bin kein Schiedsrichter, nur ein Spieler Trainer (wieder) Spieler  Irgendjemand Alt-Herren Spieler der sich für die Regeln seines Sports interessiert