Vielen Dank, Herr Schiedsrichter!

  • Gestern, beim Spiel Mainz - Hoffenheim gab es Rot für den Hoffenheimer Spieler Geiger. Das Foul an sich sah jetzt nicht so schlimm aus (keine offene Sohle), aber es war letztendlich ein Tritt in die Beine, ohne Chance auf den Ball. Ich sag mal so, hier zeigt nicht jeder SR Rot. Für mich ist hier Rot aber die richtige Entscheidung und ein wichtiges Signal an die Spieler, dass es so nicht geht. Auch gut, dass Senderübergreifend alle Kommentatoren der Meinung sind, Rot ist hier richtig. Was sagt Ihr dazu?

    Hier die Szene

  • Inbesondere weil ich ja auch nich richtig tritt halte ich rot für gerechtfertigt... wäre er näher dran und hätte seinen Gegner nur leicht berührt (was sicher auch zum hinfallen geführt hätte, "Gehfehler" nannten wir das früher) hätte es gelb wahrscheinlich auch noch getan. aber so mit voller Absicht ausgeholt und den Gegner einfach weggetreten.


    Halte ich für die richtige Entscheidung.

    Bin kein Schiedsrichter, nur ein Spieler Trainer (wieder) Spieler der sich für die Regeln seines Sports interessiert :D

  • Nun, ich habe die Szene gestern live am TV verfolgt und war auch direkt bei Rot. Der Kommentator fand rot übrigens völlig überzogen... :rolleyes:

    Wenn man sich das Standbild anschaut und auf das Trefferbild achtet ist :rote_karte: komplett richtig und es gibt keine 2 Meinungen hierzu. Bin kein großer Freund von Stegemann, jedoch hier alles richtig umgesetzt.

  • Ich gebe auch noch zu bedenken, dass man nicht nur das Foul an sich, sondern auch das Spiel und die Wirkung der Disziplinarstrafe in die Bewertung einfließen lassen sollte.

    In einer hitzigen Schlussphase, wo vllt. vorher schon der ein oder andere gelbe Karton das Licht der Welt erblickt hat sendet die rote Karte ein anderes Signal als in einem ansonsten lahmen Kick.

  • Mein erster Gedanke war auch Rote Karte, und ich sehe diese sicher nicht als Fehler an. Ist wohl auch die erwartete Entscheidung (im Amateurfußball vielleicht noch mehr), wobei es durchaus Diskussionen gibt.


    Wenn ich mir jedoch das Regelwerk ansehe, habe ich ein wenig mit der Begründung zu kämpfen, ähnlich wie hier.

    Vorsätzliches Foulspiel ist nicht in den Regeln festgelegt und daher kein Grund für eine Rote Karte. Absichtlich einen vielversprechenden Angriff zu stoppen, ist per se auch nur Gelb.

    Ich glaube auch nicht, dass es eine Tätlichkeit ist, weil er schon irgendwie am Ball interessiert ist - ich meine, nach dem Foul würde er sicher in Ballbesitz kommen. Tätlichkeiten sind eher Situationen, die nichts mit dem Spiel zu tun haben, meist aus Frustration und nicht aus taktischen Gründen.

    Und dann grobes Foulspiel:

    Gefährdet er die Gesundheit des Gegners? Eigentlich nicht. Zumindest nicht mehr als bei jedem anderen Zweikampf im vollen Lauf, bei dem der Gegner zu Fall kommt. Der Tritt selbst geht gegen den Fuß in der Luft, so dass dort wenig Gefahr bzgl. Bruch oder Umknicken besteht.

    Ist es übermäßige Härte? Ich würde sagen, es ist genau die Menge an Kraft, die nötig ist, um den Gegner zu Fall zu bringen. Es ist nichts unnötig Gewalttätiges oder Rohes dabei. (Auch ein weiteres Argument gegen Tätlichkeit). "Übermäßig hart" bedeutet für mich aber, dass mehr Härte eingesetzt wurde, als nötig war.


    smirk_mirkin: Es gab in dem Spiel vorher (und hinterher) keine einzige Gelbe Karte.

  • Nr.23 War auch nur als allgemeiner Hinweis zum Entscheidungsprozess gemeint, das Spiel selbst habe ich gar nicht gesehen.


    Ich habe mir jetzt die Zusammenfassung angeschaut und bin auch eher bei Gelb.


    Aber im (unteren) Amateurbereich hast du häufig diese Situation, dass ein Foul deutlich dramatischer aussieht als es tatsächlich war. Und falls dann die Emotionen hochkochen und du genau weißt, dass eine gelbe hier keine ausreichende Wirkung mehr erzielt und die ganze Aktion auch einfach nur unnötig war, dann zögere ich nicht und schmeiß den Spieler runter. Meiner Meinung nach müssen sich Einzelfallbewertung und Spielleitung immer die Waage halten und dafür ist der Ermessensspielraum da. In der Bundesliga mit 100 Kameras ist es eben schon was anderes, aber da gehen die Spieler auch anders miteinander um.

  • Ich glaube auch nicht, dass es eine Tätlichkeit ist, weil er schon irgendwie am Ball interessiert ist

    Gut, aber welcher Spieler ist das nicht? Es ist doch in Anbetracht der Stellungen ballführender Spieler, angreifender Spieler und Ball vollkommen klar, dass es keinen Weg zum Ball gibt ohne den Spieler vorher abzuräumen.

    Gefährdet er die Gesundheit des Gegners? Eigentlich nicht.

    In vollem Lauf ein klarer Tritt in die Wade - na ja, da fehlt nicht viel zum Wadenbeinbruch durch den Tritt, von möglichen Verletzungen, die aus einem Sturz in hohem Tempo entstehen können, mal ganz abgesehen.


    In der Summe finde ich die Rote Karte hier nicht nur (regeltechnisch) vertretbar, sondern sogar klar geboten - und übrigens auch ein klares Signal in die Amateurreihen, dass eben ein "ich will den Ball spielen" keineswegs alles entschuldigt.

  • Und dann grobes Foulspiel:

    Gefährdet er die Gesundheit des Gegners? Eigentlich nicht. Zumindest nicht mehr als bei jedem anderen Zweikampf im vollen Lauf, bei dem der Gegner zu Fall kommt. Der Tritt selbst geht gegen den Fuß in der Luft, so dass dort wenig Gefahr bzgl. Bruch oder Umknicken besteht.

    Sehe ich anders, der Tritt ist schon ziemlich hart gegen das Bein, allein der tritt kann schon zu einer Verletzung führen hier.

    Ist es übermäßige Härte? Ich würde sagen, es ist genau die Menge an Kraft, die nötig ist, um den Gegner zu Fall zu bringen. Es ist nichts unnötig Gewalttätiges oder Rohes dabei. (Auch ein weiteres Argument gegen Tätlichkeit). "Übermäßig hart" bedeutet für mich aber, dass mehr Härte eingesetzt wurde, als nötig war.

    Und das sehe ich in zusammenhang mit dem Tritt hier schon als gegeben ab.
    Wenn man das mal mit einem "normalen" Gehfehler vergleicht, bei dem nur der Fuß gestriffen wird.. das reicht in der Regel ja schon.


    Der Mainzer hat ja eigentlich nur Glück, dass er nicht noch härter getroffen wird.


    Fall das wirklich keine rote Karte laut Regelwerk sein sollte, dann müsste dringend das Regelwerk angepasst werden.

    Ich will sowas halt gar nicht sehen auf dem Platz.

    Bin kein Schiedsrichter, nur ein Spieler Trainer (wieder) Spieler der sich für die Regeln seines Sports interessiert :D

  • Also hier hätte ich ohne zu zögern auch :rote_karte: gezogen!

    Bei solchen Fouls sollte viel öffter rot gezeigt werden, dann hätten wir es leichter!

  • Gut, aber welcher Spieler ist das nicht? Es ist doch in Anbetracht der Stellungen ballführender Spieler, angreifender Spieler und Ball vollkommen klar, dass es keinen Weg zum Ball gibt ohne den Spieler vorher abzuräumen.

    Spieler, die eine Tätlichkeit begehen. :)

    Das passiert nämlich meistens ohne Bezug zum Spielgeschehen, d.h. ohne Interesse den Ball zu gewinnen.

    Und ja es ist klar, dass es nicht ohne Foul geht. Diese Tatsache ist aber im Regelwerk nicht relevant und eine hinreichende Bedingung für eine Tätlichkeit ist es schon gar nicht.


    Für mich geht der Tritt nicht gegen die Wade - und auch nicht gegen das Schienbein, wie der Screenshot suggeriert - sondern gegen den Fuß, wie man bei diesen Zeitlupen-Bildern erkennt. Auffällig übrigens auch, wie wenig das Bein des Mainzers darauf reagiert - das sollte bei einem "Volltreffer" anders sein.

    Wäre der Treffer weiter oben gewesen, wäre ich wegen der Verletzungsgefahr mehr bei Rot.

    Aber so? Verletzungen durch Stürze bei hohen Tempo kann ich auch bei anderen Fouls (oder sogar fairen Zweikämpfen) erleiden, bei denen kein Rot in Betracht gezogen wird.

  • Hier nimmt er es aber billigend in Kauf, dass der Gegenspieler bei hohem Tempo einen Abflug einlegt. Das bezeichnet er anschließend noch so verharmlosend als Gehfehler, den er provozieren wollte. Also vorsätzlich gehandelt und die passende Strafe erhalten.

    "Kondition ist nicht alles, aber ohne Kondition ist alles nix."
    Gerhard Theobald, ehemaliger Bundesliga-SR, zum Thema Grundlagen des Stellungsspieles

  • Wäre der Treffer weiter oben gewesen, wäre ich wegen der Verletzungsgefahr mehr bei Rot.

    Und da ist der Denkfehler:
    Es geht darum, die Gesundheit des Gegners zu gefährden - das ist ausreichend! - und nicht darum, ob diese tatsächlich beeinträchtigt wurde; für meine Begriffe liegt bei diesem Tempo, wie dargelegt alleine aufgrund der Sturzgefahr (wer einmal einen Schlüsselbeinbruch auf dem Feld hatte, wird das nachvollziehen können), die Messlatte für eine Verletzungsgefahr relativ niedrig.

  • Ich war auf die Urteilsbegründung des Sportgerichtes gespannt, denn ein ähnliches Dilemma wie in diesem Thread hatte ich auch: gefühlsmäßig geht rot schon in Ordnung, aber wie passt das zum Regelwerk? Rohes, brutales Spiel sehe ich angesichts des eher leichten Treffers jedenfalls noch nicht, während die Definition einer Tätlichkeit schon zutrifft, wenn man diese etwas flexibel auslegt. Bin da im Kern bei Nr. 23.


    Genauso sieht es wohl auch das Sportgericht, denn Geiger wurde wegen einer Tätlichkeit in einem minder schweren Fall für 3 Spiele gesperrt. Bei einer Sperre für rohes Spiel wäre Geiger wohl mit zwei Spielen Sperre davongekommen.


    Ich bin gespannt, ob das in eine nächste Runde geht, ich erwarte nämlich, dass Hoffenheim hier Einspruch einlegt.


    Der "kicker" verweist auf ein sehr ähnliches Foulspiel durch Tim Kister (SV Sandhausen) in der Saison 2016/17. Kister war zunächst für 4 Spiele (+2 auf Bewährung) gesperrt worden, im Berufungsverfahren wurde die Sperre auf 3 Spiele reduziert. Die Situation sowie die Urteilsbegründung von damals passen tatsächlich 1:1 auf die Situation im Spiel Mainz - Hoffenheim.

  • für meine Begriffe liegt bei diesem Tempo, wie dargelegt alleine aufgrund der Sturzgefahr (wer einmal einen Schlüsselbeinbruch auf dem Feld hatte, wird das nachvollziehen können), die Messlatte für eine Verletzungsgefahr relativ niedrig.

    Hier gehe ich ausdrücklich nicht mit. Ich sehe keinen schlimmen Sturz, der irgendwie anders gelagert wäre als in vielen "normalen" Fouls auch, die maximal eine Verwarnung nach sich ziehen.


    Der entscheidende Unterschied zu diesen Fouls ist, dass es sich bei Geiger nicht mehr um einen Kampf um den Ball handelt. Daher (wie schon zuvor beschrieben) kein rohes Spiel (dafür sehe ich keine Voraussetzungen, und erst recht erkenne ich keinen "Denkfehler"), aber eine Tätlichkeit, eben ein Tritt, der nicht zum eigentlichen Spielgeschehen gehört. Ich halte diese Auslegung für nachvollziehbar.

  • Für mich gehört die Aktion schon zum Spielgeschehen, weil ich davon ausgehe, dass der Spieler es tut, um den Angriff zu stoppen, also um zu verhindern, dass der Gegner ihm mit dem Ball entwischt. Insofern fällt es für mich schon unter "Kampf um den Ball".

    Die Begründung "keine Chance den Ball zu spielen" reicht mir hier nicht, weil dann ja auch sämtliche Haltevergehen kein Kampf um den Ball und somit potenzielle Tätlichkeiten wären.


    Wenn man ihm hingegen unterstellt, dies aus Bosheit oder Frust und mit der Absicht dem Gegner Schmerzen zuzufügen zu tun, wäre ich natürlich auch bei einer Tätlichkeit.


    Und das Urteil des Sportgerichts zeigt, dass ich wohl mit meiner Einschätzung falsch liege...

  • Ich gebe zu, ganz so einfach ist das nicht, dennoch finde ich die Auslegung und damit das Sportgerichtsurteil richtig.


    Zitat

    Eine Tätlichkeit liegt vor, wenn ein Spieler einen Gegner abseits des Balls übermäßig hart oder brutal attackiert.


    Zwei Voraussetzungen gehen unmittelbar daraus hervor:

    * die Attacke findet abseits des Balles statt

    * die Attacke ist übermäßig hart oder brutal.


    "Abseits des Balles" würde ich so interpretieren, dass der Spieler keine unmittelbare Chance hat, mit der Aktion an den Ball zu kommen. Geiger ging es hier darum, Onisiwo irgendwie zu stoppen, nicht dass er in Ballbesitz gelangt, dafür war der Ball zu weit weg.


    "übermäßige Härte" ist sicher Auslegungssache und bezieht sich auf die Verhältnismäßigkeit. In einer Spielunterbrechung ist die Hand im Gesicht des Gegners sehr schnell übermäßig hart, auch wenn sich der Gegenspieler nicht vor Schmerzen krümmt. So ist hier der Tritt gegen den Fuß/Schienbein in meinen Augen durchaus übermäßig hart, anders als der Griff an die Schulter oder das einfache Trikotziehen.

  • Für mich geht der Tritt nicht gegen die Wade - und auch nicht gegen das Schienbein, wie der Screenshot suggeriert - sondern gegen den Fuß, wie man bei diesen Zeitlupen-Bildern erkennt.

    Aber doch nur "zufällig".
    Der Spieler holt aus und tritt zu, dass er am Ende nur den Fuß trifft ist doch reiner Zufall.

    Ich finde man sieht ab der Bewegung von blau, dass der überhaupt nicht damit rechnet den Gegner so zu treffen wie er ihn trifft.
    Das ist eine ähnliche Bewegung wie man ein Spieler am Ball vorbei tritt, er erwartet den Kontakt eigentlich früher.


    Das blau dann nur mit seinem Schienbein die Wade von rot trifft ist reiner Zufall.

    Vom Bewegungsablauf her wollte er eher mit seinem Fuß voll vor das Scheinbein treten.

    Bin kein Schiedsrichter, nur ein Spieler Trainer (wieder) Spieler der sich für die Regeln seines Sports interessiert :D