In der lockeren Nachbesprechung meines heutigen Spieles meinte der Jugendleiter des Vereins, dass er doch liebend gerne mal eine Checkliste hätte, die er Trainern und Eltern geben könnte, wie das jetzt mit den offiziellen Schiris wäre. Nun, eine solche Liste kann ich zwar auch nicht erstellen, da helfen Anstand, gesunder Menschenverstand und das Regelbuch am meisten (und die Formalien, wann ein Spielbericht nun freizugeben ist, will ich hier echt nicht aufzählen), aber so ein paar Hinweise allgemeiner Art, die sich alle zu Herzen nehmen sollten, kann ich schon geben:
Liebe Trainer, Eltern und andere Betroffene und Interessierte,
Ihr Kind, Schützling, Enkel etc. ist jetzt fußballerisch in einer Altersklasse oder Liga angekommen, die, wie es fachlich korrekt heißt, angesetzt wird, d.h. dort kommen offizielle Schiedsrichter zum Einsatz.
Zunächst einmal sollten sich alle über diesen Umstand freuen: Es ist Schluss mit pfeifenden Eltern, Trainern etc., die sich sicherlich alle Mühe geben, aber eben doch des Öfteren Mängel im fachlichen Wissen, bei der Neutralität und andernorts haben. Womit wir beim ersten Punkt wären: Alle Schiedsrichter haben nicht nur die Regelprüfung absolviert, die müssen auch einmal im Jahr in der „Leistungsprüfung“ einen Fitness- und einen Regeltest absolvieren, haben also üblicherweise mehr Ahnung von den Regeln als alle übrigen Anwesenden auf dem Sportplatz – und manche Regel ist sehr speziell und/oder verblüffend. Und da schließt sich schon der zweite Punkt an: Vertrauen Sie dem Schiedsrichter, der weiß, was er tut, auch wenn das manchmal für Sie nicht so aussehen mag.
Natürlich machen auch Schiedsrichter Fehler. Ich könnte jetzt böse sein und darauf verweisen, dass die Welt doch in Ordnung ist, wenn der Schiri nicht mehr Fehler macht als die Spieler Fehlpässe etc. – und überlegen Sie bitte, dass der Schiedsrichter bei jedem Ballkontakt und weit darüber hinaus eine Entscheidung fällen muss. Dazu kommt: Jeder hat eine Perspektive und „die Wahrheit“ gibt es nicht. Sie haben einen anderen Blickwinkel und sehen etwas anderes als der Schiedsrichter, beides kann daher richtig sein – aber die Perspektive des Schiris ist die, die zählt. Und der Schiri muss sich auf das verlassen, was er sieht und hört, selbst wenn er ahnt, dass da mehr passiert ist oder er etwas nicht sehen konnte. Ich kenne aber keinen Schiri, der absichtlich falsch entscheidet, akzeptieren Sie daher bitte die Entscheidungen – und denken Sie daran, gerade in der Altersklasse, in der Ihr Kind spielt, kommen oft junge Schiris mit noch nicht so viel Erfahrung und Standvermögen zum Einsatz, zu viel „Action“ von draußen kann schnell dafür sorgen, dass so ein junger Schiri wieder aufgibt.
Was ist aber nun wirklich wichtig?
Die Regeln sind einzuhalten. Das beginnt bei Banalitäten, denn der Schiri wird darauf achten, dass alle schmückenden Gegenstände abgelegt werden. Dann gibt es klare Formalitäten: Eine Auswechslung muss in einer Spielunterbrechung angemeldet werden, bedarf der Zustimmung des Schiedsrichters, der muss erkennen können, wer geht und wer kommen soll, der Spieler, der ausgewechselt wird, hat das Spielfeld auf dem kürzesten Weg zu verlassen und der neue Spieler darf erst auf Zeichen des Schiris auf das Feld. Apropos auf das Feld: Auch wenn Sie das bisher anders gewohnt waren, selbst bei einer Verletzung darf ein Trainer/Betreuer erst auf das Feld, wenn der Schiri dazu auffordert, die einzige Ausnahme einer lebensbedrohlichen Situation tritt hoffentlich nicht ein.
Der Schiri wird auch auf korrekt ausgeführte Einwürfe achten, weiß, wie man einen indirekten Freistoß anzeigt, kümmert sich um Abseits (und seien Sie da bitte ein wenig großzügig, der kann nicht auf zwei Abseitslinien und in Spielnähe gleichzeitig sein) und weiß auch, ob und wann er die Vorteilsbestimmung anwenden kann/soll/muss – geben Sie ihm auch hier etwas Zeit, da das manchmal auch einige Augenblicke dauert. Völlig überflüssig ist auch die Reklamiererei „Aus“, das entscheidet der Schiri selbst, vor allem wird er das aber erst tun, wenn der Ball auch wirklich aus dem Spielfeld ist.
Besonders schwierig wird es, wenn der Schiri persönliche Strafen ausspricht, insbesondere, wenn dabei noch keine Karten gezeigt werden dürfen. Sicher, manchmal ist das sonnenklar, oft genug aber eben nicht – und der Schiri wird das dem Spieler schon mitteilen, es ist aber nicht seine Aufgabe, auch noch an die Seite zu laufen und Ihnen das zu erklären.
Übrigens: Wenn Sie der Meinung sind, dass der Schiri es nicht kann – ich kenne keinen Fußballkreis, der sich nicht über neue Schiris freuen würde, melden Sie sich zum Lehrgang an. Und wenn ein Schiri es wirklich nicht kann – selten, aber kommt vor –, wird der nicht lange Schiri bleiben, denn entweder merkt der das selbst und hört auf oder das spricht sich schnell herum, denn Sie können sich wahrscheinlich nicht vorstellen, wie kommunikativ Schiris sind (und der Schiri des vorhergehenden oder des folgenden Spieles bekommt ganz zwangsläufig einiges mit); meist aber ist nicht der Schiri schlecht, sondern Ihre Regelkenntnisse (das Regelwerk mal zu lesen könnte sehr aufschlussreich sein, aber mehr als 100 Seiten sind nicht ohne) und/oder Ihre Wahrnehmung, doch dazu hatte ich doch schon einmal etwas geschrieben.
Warum ich das schreibe? Ich habe nur selten das Vergnügen, in diesen Altersklassen angesetzt zu werden, als alter Sack merke ich aber immer sehr schnell, wen ich da wie einnorden muss respektive wo da Mängel in den Kenntnissen bestehen. Gerade heute hatte ich mal wieder so einen Fall und ich bin mir sicher, wenn sie wollen, könnten beide Mannschaften jetzt korrekt wechseln (und in einem Freundschaftsspiel kann man das, auch wenn es nicht 100 % regelkonform ist, auch ohne Kartenflut vermitteln).
Gerne dürfen Sie das an Ihre Trainer, Eltern etc. verteilen, sachliches (und am besten fundiertes) Feedback ist gerne gesehen – aber bitte keine Beschwerden über die Leistung von Kollegen.
©Manfred von http://www.fussball-sr.de