Eine philosophische Betrachtung konsequenter Regelanwendung.....
Regelmässig werde ich mit Themen zur Regelanwendung. Meist von Mannschaftsverantwortlichen meines Vereins oder von Mannschaftsverantwortlichen, die sich -mal wieder- über meine Schiries beschweren wollen.
Diese Gespräche haben alle eines Gemeinsam, sie laufen immer nach dem selben "Ritual" ab.
Zitat von Das standardisierte Schiri BeschwerdegesprächAlles anzeigen"Du, ich habe da mal ne Regelfrage.
Also der Schiri vom letzten Spiel (wenns aus meinem Verein ist mit Namentlicher Erwähnung) der hat.....[Es folgt eine ausschweifende Situationsbeschreibung, die mit dem Urknall beginnt und mit möglichen theoretischen Überlegungen einer Zukunft des Universums endet]"
Da ich selber nur begrenzt aufnahmefähig bin, ich bis hierhin meist feststellen muss das der Schiri alles richtig gemacht hat und ich seine Tatsachenfeststellungen generell nicht kommentiere werde, muss ich dann meist nachfragen: "Was ist denn nun die eigentliche Frage?"
"Naja, der Schiri hat [denkt Euch an dieser Stelle irgendeinen Vorgang aus] und es kann ja nicht sein, das der das so einfach macht."
Nach kurzer Überlegung stelle ich dann in nahezu jedem Fall fest, das der Kollege sich buchstabengetreu an die Regeln und/oder Durchführungsbestimmungen gehalten hat, oder es sich um einen Fall handelt den ich als Tatsachenfeststellung nicht kommentieren werden.
Es folgt von mir also eine Erklärung der Regeln mit Quellenangabe, eine Bestätigung, das der Kollege alles richtig gemacht hat und neine (sicherlich provozierende) Nachfrage wo den nun das Problem sein.
Eigentlich hat der Fragende jetzt Zustimmung von mir erwartet, bekommt aber eine "Regelwatschen" die ihm sagt, das er sich nicht darüber beschweren soll wenn es jemanden gibt der sich an Regeln hält und diese Umsetzt weil er dafür Verantwortlich ist.
Natürlich passt das dem Fragenden nicht, die Standardantwort von ihm ist:
"Naja, aber wir spielen doch
[Jugendfussball] [Senioren] [Kreisklasse] [Mädchenfussball] [auf einem Grantplatz] [nicht Bundesliga] [etc] [unzutreffendes Streichen oder um zutreffendes Ergänzen]
Da muss man Fingerspitzengefühl zeigen..... und [jetzt folgt eine Beschreibung dessen was von einem Schiedsrichter an Regelbeugungen oder Regelverstößen erwartet wird weil es dem Fragenden nicht in den Kram passt.]"
Ich hasse das Wort Fingerspitzengefühl. Bei mir entsteht der Eindruck, das es immer dann zur Anwendung kommt, wenn man mit Regeln nicht einverstanden ist weil die konsequente Regelanwendung in diesem Fall nicht so angewendet wird wie man es gerade wünscht.
Nun kann man wahrlich darüber streiten ob die ein oder andere Regel im Fussball Regelwerk in Durchführungsbestimmungen oder sonstigen Regelwerken die wir zu beachten haben in bestimmten Fällen etwas kleinlich ist.
Aber:
Wir haben den Auftrag, den Regeln Geltung zu verschaffen, wir haben eine Vorbildfunktion. Wir haben die Aufgabe jeden so gleich wie möglich zu behandeln.
Jetzt kann man ja Argumentieren - und ich nehme hierbei ein hypothetisches Beispiel - so lange ich beide Mannschaften gleich behandele kann ich die Regeln beugen oder abändern so fern ich das für beide Mannschaften gleich mache.
Genau da entsteht jetzt das Problem, welches an folgendem -übertriebenem- Beispiel deutlich wird.
Ein Gedankenspiel (nicht ganz Regelsauber): Erlaube ich bei einem Spiel mehr als die zulässigen Auswechselungen so entsteht keine Benachteiligung so lange ich dies bei beiden Mannschaften zulasse. Jedoch benachteilige ich alle anderen Mannschaften dieser Staffel, weil meine Kollegen eben nicht dieses "Fingerspitzengefühl" zeigen.
Prinzip erkannt?
Mit der Aufforderung "mal Fingerspitzengefühl" zu zeigen werden automatisch andere Mannschaften benachteilligt, auch wenn sie konkret an diesem Spiel gar nicht teilnehmen. Das Problem was dabei entsteht ist nämlich nicht "die Kleinigkeit" in diesem Spiel sondern dauerhaft eine unterschiedliche Regelauslegung innerhalb einer Staffel.
Spielübergreifend entsteht dadurch eine Benachteiligung der Mannschaften die in der Saison den Schiri mit dem blauem Trikot hatten gegenüber denen die die Schiri mit dem Gelben Trikot vorlieb nehmen mussten.
Mit etwas nachdenken wird jeder darauf kommen das diese "Bevorteilung" bereits bei Kleinigkeiten wie Stutzentapes und Unterziehshirts beginnt und bei der Notbremsenregel noch lange nicht aufhört,