Schmuck - der besondere Fall

  • Folgende Szene aus meinem heutigen Spiel:


    Ein Spieler mit prächtigem Haar hat das mit einem Gummi gebändigt und trägt ein Tape um den Arm. Ich kann mir nun zwar denken, was darunter ist, aber ich muss mich ja nicht für alles interessieren. Der Spieler wird ausgewechselt und soll, das ist bei uns zulässig, wieder eingewechselt werden. Ich sehe etwas größeres Schwarzes um sein Handgelenk und verweigere den Spieleintritt. Es stellt sich heraus, dass dies der Haargummi war, den er wieder "montiert" - nun wäre alles problemlos, tja, wäre, denn das Tape ist ab und da ist ein schmales Bändchen ähnlich einem Freundschaftsbändchen, was der Spieler angeblich aus religiösen Gründen nicht ablegen darf. Bekanntlich ist die Religion auf dem Feld aber das Regelwerk, ergo verweigere ich weiterhin den Spieleintritt, worauf die Auswechslung abgeblasen wird.


    Was mich aber interessiert: Ganz offenkundig hat mich der Spieler doch absichtlich getäuscht - hätte ich den jetzt eigentlich verwarnen müssen?

  • Gute Frage,
    ich würde es nicht machen, wenn er nicht mehr ins Spiel kommt.

  • Ich habe es auch nicht gemacht, aber das ist gefährlicher Pragmatismus. Was mache ich denn, wenn die ausgelassene Verwarnung später potenziell spielentscheidend wird? Ausgerechnet der Spieler kassierte eine zweite Verwarnung - nominal ist es aber die erste Karte, denn die eigentlich erste Karte habe ich ja stecken lassen -, d.h. er müsste hier 5 Minuten pausieren, schießt stattdessen aber das Siegtor ... Wenn die Verwarnung nicht zwingend ist - kein Problem -, wenn sie aber zwingend wäre, habe ich einen gravierenden und leicht erkennbaren Regelverstoß an der Backe. Daher ja auch meine Frage - nur leider sind die, die sonst immer alles so gut wissen, bisher ziemlich still.

  • Wenn du dich vorher "nicht für alles interessieren" willst, kannst du ihn nicht anschließend verwarnen. Du hättest ihn ja zumindest fragen können, was sich unter dem Tape befindet. ;)


    Einen Regelverstoß will ich hier auch nicht erkennen. Du hast vor der Einwechslung den Schmuck bemerkt und die Teilnahme am Spiel untersagt. Somit hast du richtig gehandelt. Wer will denn nachweisen, dass sich das Bändchen vorher schon am Arm befunden hatte? Also in meinen Augen alles richtig gemacht.

    In einer Aktion prallten Grevelhörster und Gerick zusammen. Der FC-Stürmer blutete aus der Nase, aber Schiedsrichter Stefan Tendyck aus Gelsenkirchen konnte mit einem Taschentuch aushelfen. Gericks Torriecher wurde nicht in Mitleidenschaft gezogen: Er markierte das 1:3.


    Westfalen-Blatt (29.5.2017) :D

  • Mal Pragmatisch....


    Wir entscheiden immer erst bei Wahrnehmung. Natürlich kann man fragen was "unter dem Verband" (Tape) ist. Muss man aber nicht. Ich lasse den Mangel abstellen wenn ich ihn wahrnehme. Wenn das Kettchen um den Hals gut versteckt war und erst nach dem 3. Zweikampf herausrutscht wird es eben erst dann entfernt. Ich führe keine Leibesvisitation durch.


    Aber wer Fragt bekommt manchmal ganz ungewöhnliche oder unerwartete Antworten.


    Bei einem Frauenspiel wies ich ein Spielerin auf ihre Ohrringe hin, die sie mit einem "`tschuldigung" auch sofort herausnahm.
    Ihre Mannschaftskameradin fragte mich "Das ist ja ne Dumme Regel. Ohringe müssen Raus aber Bauchnabelpiercings nicht."
    Auf meine Frage "Hast Du denn eines?" grinste sie, zog ihr Trikot hoch und zeigte ihren piercingfreien Bauchnabel

  • Daher ja auch meine Frage - nur leider sind die, die sonst immer alles so gut wissen, bisher ziemlich still.


    Vielleicht ergeht es ihnen wie mir, dass sie das Problem nicht ganz erkennen können. Ich sehe hier nicht einmal eine Argumentation für eine gelbe Karte, geschweige denn einen Regelverstoß, sie nicht zu geben: Mit Deiner Entscheidung, dass Dich nicht interessiert, was unter dem Tape ist, hast Du die Frage doch schon selbst beantwortet.

  • Vielleicht ergeht es ihnen wie mir, dass sie das Problem nicht ganz erkennen können

    Ich versuche mal Manfreds Gedankengänge mit meinen Worten wiederzugeben:


    Prinzipiell handelt es sich um einen Ausrüstungsmangel, der dann zu beheben ist wenn er wahrgenommen wird. Nach Regelwerk keine Pflichverwarnung. Ich denke damit geht auch Manfred konform.
    Was ihn stört ist, das man ihn "verarschen" will bzw. "verarscht" hat und da kann man ist wiederum eine Unsportlichkeit hineininterpretieren.


    In dem Moment, wo das erste mal das Tape auffällt weis Manfred bereits das es keinen medizinischen Zweck erfüllt, sondern lediglich der tarnung eines regelwidrigen Gegenstandes dient. Leider kann er diese Vermutung aber nicht beweisen, da das Regelwerk über die "freundliche Nachfrage hinaus" ihm keine Handhabe zur Beweissicherung gibt.


    Irgendwann zwischendurch verschwindet das Tape und der "Betrug" wird offensichtlich.


    Ich denke es geht Manfred gar nicht um eine Verwarnung wegen eines unerlaubten Gegenstandes, sondern darum das der Gegenstand absichtlich getarnt wurde um vorsätzlich einen Regelverstoß zu begehen.



    Ich Spiele mal den "Strafverteidiger" für den Spieler.

    • "Haben sie bei der Kontrolle einen Unerlaubten Gegenstand am Arm des Angeklagten gesehen?" "Nein!"
    • "Was hatte der Angeklagte am Arm?" "Ein Tape, das diesen Gegenstand verdeckte"
    • "Mutmaßung, ich bitte diese Aussage aus dem Protokoll zu streichen"
    • "Was haben sie gesehen" "Ein Tape"
    • "Was haben Sie bei einer späteren Kontrolle gesehen?" Einen unerlaubten Gegenstand"
    • "Waren Sie dabei und haben sie es gesehen wie das Tape entfernt wurde und darunter dieser Gegenstand war?" "Nein"
    • "Keine weiteren Fragen!"
  • Was hat der Spieler angegeben?
    Er trage das Armband aus religiösen Gründen.
    Was schließt der gesunde Menschenverstand daraus?
    ...


    Mich beruhigt das insoweit, als dass ich sicher eine Verwarnung hätte begründen können, diese aber nicht verpflichtend ist - und damit bin ich nicht angreifbar, worauf es letztlich ankommt.

  • und damit bin ich nicht angreifbar,

    Und so verfolgen unterschiedliche Menschen halt auch unterschiedliche Lebensphilosopien.


    Meine berufliche Philosophie ist:
    Es ist einfacher sich bei einer falschen Entscheidung zu entschuldigen als sich permanent Entscheidungen absegnen zu lassen oder zu Fragen.


    Übertragen auf den Fussball bedeutet das für mich :
    Wenn ich mir nicht sicher bin oder gerade keine Regelwerk-Leitungs-Lösung parat habe entscheide ich nach dem Sinn der Fussball-Regeln und im Geiste des Fussball Spieles.
    Ob ich bei dieser Entscheidung dann "angreifbar" bin oder nicht interessiert mich nicht.


    Mit einer fundierten Ausbildung und der nötigen Erfahrung lieg ich damit in 99% der Fälle für die es keine "Leitungslösung" gibt richtig.
    Für das restliche 1% gilt mein Lebensgrundsatz "Ein Fehler ist es nur wenn es 2 mal passiert"


    Damit das jetzt keiner falsch versteht:
    Es gibt hierbei keine richtige oder falsche Philosophie. Es zählt nur, ob man mit seiner Philosophie Erfolg hat. Hat man Erfolg, ist es die richtige.

  • Verwarnt hätte ich Ihn sicher nicht nur wenn er es ausziehen soll und ich bemerke im Spiel das er es nicht hat.


    Was er aus "aus religiösen Gründen" darf oder nicht darf ist mir völlig egal, er hat es auszuziehen oder er Spielt nicht!

  • "aus religiösen Gründen" darf oder nicht darf ist mir völlig egal, er hat es auszuziehen oder er Spielt nicht!

    Richtig.


    Morgen dann kommt einer mit Löchern in Händen und Füssen und sagt er darf diese wegen irgendeines religiösen Ritus nicht verbinden lassen und der nächste Hängt dann einen 7,32x2,44m Grossen Teppich ins Tor weil das die Bösen Geister verscheucht.

    Edit: Jetzt wo ich meinen Müll lese fällt mir auf... Obwohl ich an solchen Geisterkram nicht glaube meine ich das der Teppich tatsächlich böse Geister verscheuchen wird.

    OK, Back to Topic