Regeltests offenbaren "unverständliches" Kuriosum im Regelwerk

  • Mit diesem Beitrag geht es mir nicht darum Regelfragen zu beantworten sondern mal Eure Meinung dazu zu hören.


    Es geht auch nicht darum, wie Ihr die Situation letzten Endes löst, sondern um die Diskussion über diese Kuriosität, die eine stringente Auslegung der Regeln ergibt.



    Fall 1


    Aus dem Spiel heraus erzielt HEIM ein reguläres Tor, der SR entscheidet auf Tor und Anstoss
    Auf dem Weg zum Anstosskreis stellt der SR fest, das GAST 12 Spieler auf dem Spielfeld hat.
    Der überzählige Spieler ist ein nominierter Ersatzspieler.


    Ergebnis: Tor, Anstoss, und :gelbe_karte: für den "12ten Mann"


    Fall 2


    Ball kullert auf das leere Tor zu
    Nominierter Auswechselspieler, der sich hinter dem Tor warm macht

    • betritt das Spielfeld,
    • versucht den Ball mit der Hand aufzuhalten
    • berührt den Ball mit der Hand

    Der Ball geht dennoch in´s Tor.


    Ergebnis: kein Tor, idF, :rote_karte: für den "Auswechselspieler"



    Diese beiden Fragen sind sozusagen Klassiker in den Regeltests für Schiedsrichter, und ich denke das die Regelkundigen in diesem Forum der hier dargestellten Regelanwendung folgen.


    In der Diskussion, die ich hier einmal anregen möchte geht es nicht um die persönliche Strafe, sondern um die Spielentscheidene Regelanwendung in bezug auf Tor/nicht Tor und die daraus folgende Spielfortsetzung.



    Wenn ich beide Fälle miteinander Vergleiche gibt es meines Erachtens nur einen wesentlichen Unterschied bei der Entscheidung ob Tor oder nicht.


    • Im Fall 1 nimmt der SR erst nach dem erzielten Tor wahr, das ein Spieler zuviel auf dem Spielfeld ist.
    • Im Fall 2 nimmt der SR die Regelverletzung des Auswechselspielers sofort (bevor der Ball im Tor ist) wahr.


    Konkret ausgedrückt: Der Zeitpunkt der Wahrnehmung des Regelverstosses entscheidet darüber ob Tor oder nicht!


    Ich möchte jetzt nicht darüber Diskutieren wie Ihr die Situation löst, sondern darüber wie Ihr über dieses Regelkuriosum denkt.


    PS-1.: Mein Sohn (ebenfalls Schir) sagte dazu: "Man Gut das die Trainer die Regelanwendung im Fall 2 nicht kennen. Man könnte nämlich Tore Verhindern ohne das der Mannschaft ein Nachteil entsteht."
    Weil: :rote_karte: für den Auswechselspieler hat keine Auswirkungen auf die Anzahl der Spieler auf dem Platz und ein idF ist allemal besser als ein Gegentor. Naja, und wenn als "Torverhinderungsauswechselspieler"
    jemand eingesetzt wird, der sowieso in den nächsten Spielen nicht spielen wird, trägt der Verein die Geldstrafe doch gerne.

  • Es ist kein Kuriosum.


    Wenn ein Auswechselspieler den Ball spielt, greift ein Fremdkörper ins Spiel ein. Zuschauer, Trainer, Hund, bei allen wäre es gleich. Das Spiel muss bei jedem Einfluss von Außen auf den Ball, also alle bis auf die 22 Spieler und SR, ohne Ausnahme unterbrochen werden!


    Wenn er nicht den Ball spielt, liegt "nur" das unerlaubte Betreten vor. Dafür kann ich Vorteil geben, im Glücksfall Tor.


    Extremer wäre ein AW-Spieler den Ball mit dem Fuß klärt. Dafür gäbs sogar nur Gelb.


    Aber: Trotzdem können die Sportgerichte es sanktionieren! Und bei einem entscheidenden Einfluss von Außen auch Spielwiederholungen und Spielwertungen vornehmen, dann hat plötzlich der "ganz kluge" lange Pause und seinem Team hats trotzdem nichts genützt.

  • Zitat

    Aber: Trotzdem können die Sportgerichte es sanktionieren! Und bei einem entscheidenden Einfluss von Außen auch Spielwiederholungen und Spielwertungen vornehmen, dann hat plötzlich der "ganz kluge" lange Pause und seinem Team hats trotzdem nichts genützt.


    Auf welcher Grundlage? Gibt es hier Präzedenzfälle?

  • Zum Fall 1: So wie hier beschrieben (Team A erzielt ein Tor, während Team B 12 Spieler auf dem Platz hat) ist die Sache klar. Übrigens würde ich als SR, auch wenn ich den überzähligen Spieler bereits während des laufenden Spiels bemerke und Team A gerade einen Angriff fährt, hier immer erstmal Vorteil laufen lassen. Bei Ballbesitz für Team B natürlich nicht.
    Interessanter finde ich aber, wenn man den Fall umdreht: Team B hat einen Spieler zuviel, erzielt ein Tor und im Anschluß daran bemerkt der SR den überzähligen Spieler. Gilt dann auch das Tor?

    Bin selber kein Schiedsrichter, aber Vereinsfunktionär mit Erfahrung in der Mannschafts- und SR-Betreuung.

  • Natürlich nicht - solange Du den Anstoß nicht ausführen hast lassen, kannst Du Deine Entscheidung revidieren.

  • ... hat diese Fallbeispiele in den Antworten bisher keiner.


    Vielleicht liegt es daran, das ich mich mit meiner Diskussionsanregung unklar ausgedrückt habe.


    Unerlaubtes betreten des Spielfeldes gibt idF wo Ball bei Wahrnehmung.
    Und zwar zum Zeitpunkt der Wahrnehmung durch den SR.


    Im ersten Fall hat die Torerzielende Mannschaft glück, das der SR dies erst nach dem Torpfiff wahrnimmt.
    Im zweiten Fall nimmt er es zum Zeitpunkt des betretens bereits wahr und könnte (Vorteilsregel mal aussen vor) bereits bei betreten Pfeiffen.


    Deshalb nochmal den Diskussionsgegenstand:


    Es ist schon etwas bemerkenswert, das der Zeitpunkt der Wahrnehmung darüber entscheidet, ob Tor oder nicht.


    Erklärt das mal dem am Spielfeldrand mitfiebernden Fussballfan oder den ach so regelkundigen Spielern und Mannschaftsverantworlichen.

  • Ich finde es auch irgendwie befremdlich, dass man nicht auf Vorteil entscheiden kann, wenn ein Auswechselspieler, der ja eindeutig einer Mannschaft zuzuordnen ist, gegen die Regeln verstößt.

  • Wenn ein Eingriff von außen vorliegt kann sehr wohl eine Spielwiederholung angesetzt werden. Es muss nur klar sein, dass dieser spielentscheidend war.

    Gott sei Dank habt ihr Schiedsrichter, sonst müsstet ihr eure Fehler ja bei euch suchen !

  • Aber tatsächlich entscheidet nich der Zeitpunkt der Wahrnehmung über die Entscheidung wie von SixthSCTF mehrfach hercorgehoben, sondern die Art der Regelübertretung. Nehme ich den Regelbruch in Fall 1 im laufenden Spiel wahr kann ich auf Vorteil entscheiden. Das Tor ist also auch gültig, wenn ich es als Schiedsrichter schon vorher bemerke. Dass das in Fall 2 nicht funktioniert hat wie gesagt mit der Art der Regelübertretung (hier: Berühren des Balles durch "Dritte") zu tun.

  • Im ersten Fall hat die Torerzielende Mannschaft glück, das der SR dies erst nach dem Torpfiff wahrnimmt.

    Nein - wenn Du es wahr nimmts und der Gegner ist im Ballbesitzt, läßt Du das Spiel weiterlaufen. Die Sanktionierung erfolgt erst, wenn kein Vorteil mehr gegeben ist ! Das hat nichts mit Glück zu tun, sondern entspricht der Anweisung !

  • Im ersten Fall nimmt der SR die Regelübertretung erst nach dem Torerfolg wahr.


    Ergebnis Tor und Anstoss


    Im zweiten Fall müsste der SR bereits bei Betreten des Spielfeldes pfeiffen wenn er die Vorteilsregel nicht anwendet - und die ist bekanntlich Ermessenssache.
    Die anschliessende Ballberührung wäre in diesem Falle sogar unerheblich.


    Ergebnis kein Tor und idF.


    Ja, ich weis, so sind die Regeln. Dennoch kann ich es darauf reduzieren:


    Der Torerfolg hängt vom Zeitpunkt der Wahrnehmung der Regelübertretung ab.

  • Deine Logik hinkt. Du setzt voraus, dass im zweiten Fall (SR pfeift bei Betreten des Spielfeldes) zwingend ein Tor folgen würde, falls der SR nicht pfeifen würde. Wenn man das vorher genau wüßte, könnte man die Fälle so gegenüberstellen. In der Realität weiß man dies aber eben nicht, da der weitere Spielverlauf grundsätzlich offen ist. Du kannst so einen Fall höchstens konstruieren, wenn der Spieler das Feld praktisch in dem Moment betritt, in dem der Ball schon aufs leere Tor zurollt (oder fliegt). Mal davon abgesehen, dass dieser Fall beliebig unwahrscheinlich ist, kann ich mir keinen SR vorstellen, der dies abpfeifen würde.


    Insofern bin ich auch der Meinung, dass Deine Aussage

    Zitat

    Der Torerfolg hängt vom Zeitpunkt der Wahrnehmung der Regelübertretung ab

    so nicht zutrifft.

    Bin selber kein Schiedsrichter, aber Vereinsfunktionär mit Erfahrung in der Mannschafts- und SR-Betreuung.

  • Du hast es deutlich genug gemacht, unterliegst aber einem Denkfehler. In beiden Fällen kann die Vorteilsbestimmung nicht angewendet werden, wenn der Spieler ins Spiel eingreift, indem er den Ball berührt.

    In einer Aktion prallten Grevelhörster und Gerick zusammen. Der FC-Stürmer blutete aus der Nase, aber Schiedsrichter Stefan Tendyck aus Gelsenkirchen konnte mit einem Taschentuch aushelfen. Gericks Torriecher wurde nicht in Mitleidenschaft gezogen: Er markierte das 1:3.


    Westfalen-Blatt (29.5.2017) :D

  • Vielleicht habe ich mich auch nicht klar genug ausgerückt:


    Nein, hängt er nicht!


    Beim ersten Fall ist der Zeitpunkt der Wahrnehmung völlig wumpe. Das Tor würde in jedem Fall zählen! So langsam verstehe ich dein Diskussionsbedürfnis nicht mehr. Du schreibst jetzt zum dritten mal, dass alle dich falsch verstehen und dass du Recht hast. Wenn du dir eine andere (im Übrigen korrekte) Betrachtungsweise nich aneignen willst, warum stellst du es dann überhaupt zur Debatte?

  • Der Unterschied liegt meines Erachtens in der Tatsache, ob der Spieler ins Geschehen eingreift...... In Fall eins ist das für uns nicht feststell-/ nachvollziehbar, in Fall zwei nehmen wir es wahr, da dies ein Einfluss von außen ist, den wir in diesem Moment zu ahnden haben. (wird genauso behandelt, also liefe da ein Hase und berührte den Ball)

    Am Anfang wurde das Universum erschaffen. Das machte viele Leute sehr
    wütend und wurde allenthalben als Schritt in die falsche Richtung
    angesehen.

  • Ich stimme StefanP hier zu. Im Fall 1 bemerkst du den 12. Spieler erst nach der Torerzielung - du kannst dann nur noch versuchen dich zu erinnern, ob dieser ins Spielgeschehen eingegriffen hat. Sollte dies der Fall gewesen sein, zählt das Tor nicht! In den meisten Fällen wirst du das aber nicht mehr wissen, weshalb dir im Zweifel nur die Torentscheidung bleibt!
    Das heißt, der Zeitpunkt der Wahrnehmung ist nicht entscheidend, sondern dein Wissen, dass der 12. Mann das Spielgeschehen mitkreiert hat.

  • Was mir persönlich allerdings noch nicht ganz klar wird ist, warum im geschlilderten Fall 2 (Handspiel des Ersatzspielers) :rote_karte: gezogen wird und in dem Fall, dass dieser Ersatzspieler den Ball mit dem Fuß spielt nur :gelbe_karte: .


    In beiden Fällen sehe ich eine Verhinderung einer klaren Torchance durch einen Regelverstoß eines Ersatzspielers...warum ist es relevant, ob er mit Hand, Kopf, Fuß oder Schniedel die Torchance verhindert?

  • Lange Zeit gab es auch (mMn zurecht) die rote Karte, wenn ein Ersatzspieler ein klares Tor mit dem Fuß verhindert hat. Die FIFA hat vor gar nicht allzu langer Zeit die Auslegung geändert mit der Begründung, dass das Spielen des Balls mit dem Fuß eine "fußballtypische Handlung" sei. Das Spielen mit der Hand jedoch nicht. Davon kann man sicherlich halten was man will, aber die Anweisung ist eindeutig.

  • Das ist richtig - das wurde von der IFAB geändert, spielt ein AW-Spieler den Ball mit dem Fuß "darf" er das, denn es liegt nur ein unerlaubtes Betreten vor.