Die deutsche Nationalmannschaft begeistert momentan ganz Europa mit ihrer Spielweise. Die Fachpresse überschlägt sich stellenweise mit Superlativen und Jogi Löw wird als Trainer gefeiert. International haben unsere Jungs schon jetzt viel positives mit ihrer Spielweise bewirkt.
Das war nicht immer so, denn heute jährt sich zum 30.-mal die wohl schwärzeste Stunde des deutschen Fußballs (Nein, nicht die Berufung von Erich Ribbeck zum Bundestrainer):
Deutschland gegen Österreich bei der WM 1982 in Spanien am letzten Spieltag der Vorrunde. Dieses Spiel ging als "Nichtangriffspakt von Gijon" oder auch als "Schmach von Gijon" in die Geschichte ein. An diesem Spiel scheiden sich bis heute die Geister: War es schlichtweg unmoralisch und unfair, oder einfach verdammt clever?
Die Ausgangslage vor dem letzten Gruppenspiel in der deutschen Gruppe sah so aus:
1. Österreich 2 3 : 0 4 : 0
2. Algerien 3 5 : 5 4 : 2
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3. Deutschland 2 5 : 3 2 : 2
4. Chile 3 3 : 8 0 : 6
Das Spiel zwischen Algerien und Chile fand, nicht wie heute parallel statt, sondern wurde bereits einen Tag vor dem letzten Gruppenspiel der deutschen Mannschaft ausgetragen. Algerien gewann mit 3:2. Diese Tabellenkonstellation vor dem Spiel bedeutete, dass Deutschland gewinnen musste, Österreich allerdings nicht mit mehr als 2 Toren Differenz verlieren durfte.
So kam es dann am 25.06.1982 um 17:15 Uhr im Estadio El Molinon zum vermeintlichen Showdown in der deutschen Gruppe, 4 Jahre nach der Schmach von Cordoba hieß der Gegner wieder einmal Österreich.
Beide Mannschaften lieferten sich ein packendes Duell - in den ersten 10 Minuten. Da traf dann Horst Hrubesch zum 1:0 für Deutschland, was beiden Mannschaften zum Weiterkommen reichte. Was dann in den folgenden 80 Minuten passierte kann man, je nach Standpunkt, "Ergebnisfußball" oder "Betrug" nennen. Es passierte nichts mehr. Beide Mannschaften schoben sich den Ball in den eigenen Reihen zu, und das Tempo war allenfalls mit einem Abreißkalender messbar. Schiedsrichter Robert Valentine aus Schottland bezeichnete das Spiel als "very easy to control", und wirklich keine Mannschaft machte ernsthafte Versuche ein weiteres Tor zu erzielen. Österreichs Torwartlegende Friedl Koncilia warf seinen Mannschaftskameraden sogar vor, "kurz vor dem Einschlafen" zu sein. Einzig Walter Schachner bewies hin und wieder sowas wie Offensivdrang, doch stand er damit total allein auf weiter Flur.
Die 41.000 Zuschauer in Gijon, darunter auch zahlreiche Algerier, fühlten sich betrogen und wedelten mit weißen Taschentüchern und Geldscheinen. Kommentator Eberhard Stanjek von der ARD weigerte sich Mitte der 2. Halbzeit das Geschehen weiterhin zu kommentieren, und Robert Seeger vom ORF forderte die Zuschauer zum abschalten auf.
Nach 90 Minuten war das "Spiel" vorbei und beide Mannschaften hatten viel von ihren Reputationen verspielt. Vereinzelt schrieben internationale Zeitungen von einem "2. Anschluß" Österreichs, oder von "Betrug", einem "Skandal", oder von einem "Nichtangriffspakt".
Einsehen war wenig zu erkennen, geschweige denn so etwas mit Mitleid für die Algerier. Österreichs Delegationsleiter Hans Tschak kommentierte die algerischen Unmutsäußerungen:
"Natürlich ist heute taktisch gespielt worden. Aber wenn jetzt deswegen hier 10 000 Wüstensöhne im Stadion einen Skandal entfachen wollen, zeigt das doch nur, dass die zu wenig Schulen haben. Da kommt so ein Scheich aus einer Oase, darf nach 300 Jahren mal WM-Luft schnuppern und glaubt, jetzt die Klappe aufreißen zu können.“
Einen Eindruck vom Spiel gibt es hier: Ein flotter Kick
Wie seht ihr das?
War es einfach clever, oder schlicht Betrug?