Spielabbruch??? alle Möglichkeiten ausschöpfen!!!--> was heisst das?

  • Moinsen!
    Wie ich ja schon in einen anderen Thema erzählt habe , hatte ich dieses Wochenende einen Spielabbruch.


    Welche Frage mit von allen Seiten(auch vom Forum) gestellt wurde:


    Haben Sie alle Möglichkeiten ausgeschöpft um das Spiel fortzuführen?


    In den Regeln steht folgendes dazu:
    "10. Ein Schiedsrichter kann ein Spiel abbrechen. Ein Spielabbruch sollte nur erfolgen,
    nachdem alle zumutbaren Mittel, das Spiel fortzusetzen, erschöpft
    sind. Gründe für einen Spielabbruch können beispielsweise Witterungs -
    verhältnisse, Flutlichtausfall, Einflüsse von außen wie Zuschauerausschrei -
    tun gen, massive Bedrohungen oder ein tätlicher Angriff gegen den
    Schiedsrichter oder sein Team sein."


    Wie sind denn diese Möglichkeiten definiert. Liegt da nicht auch ein Großteil im Ermessensspielraum des Schiedsrichters?

    Ewald Lienen (Ehem. Trainer 1.FC Köln):
    Wir haben nicht das Recht, jede Entscheidung des Schiedsrichters zu kommentieren. Der lacht sich ja auch nicht tot, wenn wir einen Fehlpass spielen.

  • Wie sind denn diese Möglichkeiten definiert. Liegt da nicht auch ein Großteil im Ermessensspielraum des Schiedsrichters?


    In der Theorie ja, in der Praxis eher in der Beurteilung des Sportgerichtes - und das halte ich für nicht unkritisch. Es ist schon bezeichnend, dass kaum ein Abbruch wegen Witterungs- oder Platzverhältnissen vom Sportgericht aufgehoben wird, sich ein Schiedsrichter aber unsicher sein muss, ob das Sportgericht einen Abbruch aus anderen Gründen akzeptiert. Maßstab müsste für meine Begriffe sein, ob sich ein SR noch in der Lage sieht, ein Spiel zu leiten bzw. ob er seine Autorität und seine Sicherheit noch als gegeben betrachtet oder nicht. Natürlich ist das ein schmaler Grat, andererseits sehe ich es als sehr kritisch, wenn im geschützten, warmen und trockenen Verhandlungsraum am grünen Tisch darüber entschieden wird, ob sich ein SR nun hätte bedroht fühlen dürfen oder nicht - die Variante, dass es erst zur Gewalt gegen des SR kommen muss oder gar eine gewisse Heftigkeit dabei vorliegen muss, kann nicht der richtige Maßstab sein, auch wenn es heute gängige Rechtsauslegung ist.


    Um aber die Frage zu beantowrten:
    Im Zweifelsfall unterbrich das Spiel, zitiere beide Spielführer herbei, erkäre ihnen, was Sache und was Deine Erwartung ist, setze eine angemessene Frist, um adäquate Maßnahmen zu ergreifen und die Probleme abzustellen - das kann ein verstärkter Ordnungsdienst sein, ein Trainer oder im Extremfall auch ein Zuschauer, der den Platz verlassen muss, ein Appell an die eigene Mannschaft, ... - und warte ab, bis die Aktionen umgesetzt sind oder Wirkung zeigen. Die Forderung solltest Du durchaus mit der Ankündigung unterstreichen, dass sonst ein Abbruch im Raum steht. Weigert man sich, erklärt sich dazu nicht in der Lage oder hat die Maßnahmen nicht abgeschlossen oder wenigstens signifikante Fortschritte erreicht, kann Dir niemand mehr vorwerfen, dass Du nicht alles versucht hättest.

  • Es gibt einige Beispiele:
    1. Bei Witterungseinflüssen: Der SR sollte/muss das Spiel unterbrechen, um zu sehen, ob sich diese "Witterung" verändert. Laut Regeln sind das 30 Minuten und noch ca. 5-10 Minuten Spielraum nach oben.
    2. Bei Ausfall des Flutlichts: Ähnlicher Fall wie bei 1. Die Flutlichtanlage kann ja vllt. repariert werden oder es war nur ein kurzer Stormausfall etc. Auch hier würde ich 30 Minuten warten, Plusminus 10 Min.
    3. Einflüssen von Zuschauer: Bei Einflüssen von außen sollte der SR den Spielführer und/oder den Trainer der entsprechenden Fans auffordern, die Fans zur Ruhe bringen. Hilft das nicht, soll/muss der SR das Spiel unterbrechen und die Spieler in die Kabine schicken zur Sicherheit, bis sich die Fans beruhigt haben.
    Sollte es 2. Mal zu Ausschreitungen muss der SR entscheiden, ob er nochmal unterbricht oder das Spiel gleich abbricht.
    Spätestens beim 3. Mal ist Schicht im Schacht(Achtung: Meine eigene Meinung, kann jeder sehen, wie er will.)
    4. Massenschlägerei: Der SR sollte sich möglichst raushalten und etwas Abstand nehmen, um alle Vergehen zu erkennen. Nach Abklingen der Schlägerei soll der SR die jeweiligen Täter bestrafen und beide Spielführer zu sich holen. Er soll ihnen klar machen, dass sowas nicht passieren darf und beim nächsten Mal wird abgebrochen (Optional). Sollte es zu einem 2. Mal kommen, würde ich die Drohung wahr machen.
    5. Tätlicher Angriff: Da gibt es mMn keinen Toleranzspielraum. Wurde der SR oder ein SRA tätlich angegriffen, ist die Autorität und die Sicherheit des SR-Teams nicht mehr vorhanden, daher muss das Spiel abgebrochen werden.

  • Hallo!


    Ich denke mal, daß speziell bei Zuschauerausschreitungen nicht immer sofort abgebrochen werden muss, wenn die Ordnung nach einer gewissen (nicht all zu langen Zeit) wieder hergestellt werden kann.


    So geschehen beim Thüringer Pokal Achtelfinale BSG Wismut Gera - Wacker Nordhausen (geleitet durch ein Team aus meinem Kreis):


    http://www.youtube.com/watch?v=wwMN1WBnlfE&feature=related


    Ab ca. 5:25 Im Video ist eine Situation zu sehen, wo es nach einem Foul an der Außenlinie erst zu einer Rudelbildung und dann zum Sturm des Platzes durch Zuschauer gekommen ist. (das alles ca. in der 115. Spielminute) Das Spiel war bei nur ca. 600 Zuschauern ein Brisanzspiel mit Anwesenheit der Polizei.


    Das Spiel wurde wieder angepfiffen, es kam sofort zum Abpfiff des Spiels und anschließendem Elfmeterschießen.


    Im Nachgang gab es eine Sportgerichtsverhandlung, weil Nordhausen der Meinung war, der SR hätte sofort mit dem Elfmeterschießen begonnen nach Wiederherstellung der Ordnung.Die haben auf Wiederholung geklagt.


    Die Klage wurde abgewiesen, dem SR-Team keine Verfehlung vorgeworfen.

  • Ab ca. 5:25 Im Video ist eine Situation zu sehen, wo es nach einem Foul an der Außenlinie erst zu einer Rudelbildung und dann zum Sturm des Platzes durch Zuschauer gekommen ist. (das alles ca. in der 115. Spielminute) Das Spiel war bei nur ca. 600 Zuschauern ein Brisanzspiel mit Anwesenheit der Polizei.


    Das Spiel wurde wieder angepfiffen, es kam sofort zum Abpfiff des Spiels und anschließendem Elfmeterschießen.


    Da verstehe ich jetzt allerdings nicht so ganz, wie das sein kann. Das Spiel wurde in der 115. Minute ja offensichtlich unterbrochen, die 5 Minuten hätten also noch zwingend gespielt werden müssen?! Meiner Auffassung nach bleiben dem SR-Gespann hier nur der Abbruch (wäre bei den Szenen auf dem Video sicher vertretbar gewesen, wenn da eine Hundertschaft die Fans quer über das Spielfeld verfolgt und die Spieler "um ihr Leben" laufen müssen) oder die Wiederaufnahme des Spiels, dann aber müssen noch 5 Minuten gespielt werden, bevor es zum Elfmeterschießen kommt.


    Oder?

  • Wie gesagt, das Sportgericht hat hier hinter der Entscheidung des SR's gestanden und der Spielfortsetzung (ohne Nachspielzeit) zugestimmt.

  • Jetzt müssen wir uns die Spielordnung anschauen. Meines Wissens nach sieht es so aus:


    Die Spielzeit war abgelaufen (120 min) und die Nachspielzeit liegt im Ermessensspielraum des SR. Wenn er (auch wenn es hier falsch ist) 0 Minuten entscheidet, ist es trotzdem eine Tatsachenentscheidung und kann durch das Sportgericht nicht angegriffen werden.

  • Die Spielzeit war abgelaufen (120 min) und die Nachspielzeit liegt im Ermessensspielraum des SR. Wenn er (auch wenn es hier falsch ist) 0 Minuten entscheidet, ist es trotzdem eine Tatsachenentscheidung und kann durch das Sportgericht nicht angegriffen werden.

    Theorie und Praxis !!! Es gibt ja verlorene und vergeudete Zeit, die muß im ersten fall und kann im zweiten Fall nachgespielt werden. Ich kann mich aber auch in meiner Karriere an 2 Spiele (1x schwere Verletzung in der 89.Min, 1x Platzverweis nach brutalem Foul am TW in der 88.Min), in denen ich die Uhr runterlaufen ließ und das Spiel dann nicht mehr fortgesetzt wurde. Da hat kein hahn danach gekräht und bei o.a. Pokalspiel waren wahrscheinlich alle Verbandsinstanzen froh, dass es an dem Tag zu einer "sportlichen" Entscheidung kam.

  • Theorie und Praxis !!! Es gibt ja verlorene und vergeudete Zeit, die muß im ersten fall und kann im zweiten Fall nachgespielt werden

    Regelheft, Seite 61:


    Nachspielzeit
    In jeder Spielhälfte wird die Zeit nachgespielt, die verloren geht für
    Auswechslungen,
    Verletzungen von Spielern,
    Transport verletzter Spieler vom Spielfeld,
    Zeitschinden oder
    jeden anderen Grund.
    Die nachzuspielende Zeit liegt im Ermessen des Schiedsrichters.


    Edit: Und bevor du jetzt mit Punk1 der Anweisungen des DFBs argumentierst: Schau dir Punkt 9 an: Mit der Festlegung der Spielzeit trifft der Schiedsrichter eine Tatsachen-Entscheidung.

  • wie siehts aus???können wir wieder zurück zum Ursprungsthema kommen. Viele Antworten darauf gabs noch nicht

    Ewald Lienen (Ehem. Trainer 1.FC Köln):
    Wir haben nicht das Recht, jede Entscheidung des Schiedsrichters zu kommentieren. Der lacht sich ja auch nicht tot, wenn wir einen Fehlpass spielen.

  • Ich denke, vieles hängt von Deinem persönlichen Gefühl und der Einschätzung der Situation ab. Ich empfinde die Angaben des Verbandes/der Verbände mehr als Richtschnur.
    Da Du es mit mindestens 22 Menschen mit verschiedenen Persönlichkeiten auf dem Platz zu hast, mußt Du einschätzen, ob ein Spiel friedlich zu Ende gehen könnte oder nicht, und zwar genau in dem Augenblick. Ein Sportgericht ist in so einer Situation nicht anwesend und kann nur aus der Distanz nachträglich mit Hilfe von Zeugenaussagen und schriftlichen Berichten entscheiden. Sicher ist es dann frustrierend, wenn das Sportgericht zu einem anderen Resultat kommt. Doch ich würde mir darüber keine zu großen Gedanken machen und ständig an mir zweifeln. Selbstzweifel ist immer gut, aber nur in Maßen, ohne das es Dich auffrisst.
    Vielleicht ein paar theoretische Beispiele:
    Wenn ein Spiel "giftig" wird und dies trotz Deines energischen Auftretens nicht zu beruhigen ist und dann am Ende eine Massenschlägerei ausartet, dann sagt mir der gesunde Menschenverstand und ein Minimum an Psychologie, daß so ein Spiel nicht entspannt zu Ende gebracht werden kann. Auch wenn sich "nur" zwei, drei oder vier Spieler tätlich angreifen, wird sich die Erregung bei den restlichen Spielern festsetzen, obwohl die Streithähne vom Platz fliegen. Aber es kann dann tatsächlich auch plötzlich ganz ruhig werden. Vorhersagen sind schwierig, ich würde immer auf Nummer Sicher gehen. Und wenn ich das Gefühl habe, daß trotz allem der allgemeine Blutdruck hoch ist und trotz Ansprache an die Kapitäne, die gesamten Mannschaften und die Trainer nicht sinkt, dann ignoriere ich den amtlichen Weg "Habe ich alle Möglichkeiten ausgeschöpft" und beende das Ganze. Doch das ist jetzt meine persönliche Herangehensweise, die mit Sicherheit heftigen Widerspruch auslösen wird.
    Ähnliches gilt für Unruhen und Schlägereien unter den Zuschauern. Ich habe sehr selten erlebt, daß die Spieler auf dem Platz davon unberührt bleiben. In den unteren Ligen ist die Wechselwirkung "Auf dem Platz - neben dem Platz" aufgrund räumlichen Nähe viel zu stark. Und ehe es man sich´s versieht, springen die Spieler in die Zuschauertraube und mischen heftig mit. Kein Ordnungsdienst der Welt kann das verhindern, abgesehen davon, daß in Berlin so etwas (leider) nicht zwingend vorgeschrieben ist, außer als Strafmaßnahme bei vorhergehenden Vorfällen. Glaubt jetzt jemand ernsthaft, daß nach so einem Vorfall wieder Ruhe einkehrt und man dann weiter Fussball spielen kann? Nun, ich war als Zuschauer bei so einem Spiel dabei und der Schiri hat es in der 89. Minute abgebrochen. Aus einer Sicht war es für mich nachvollziehbar, die Situation war schwer bis gar nicht einschätzbar und der Kollege hatte genug und wollte kein Risiko eingehen. Das Sportgericht hat den Abbruch annulliert und den Spielstand in er 89. Minute eingefroren und gewertet. Dann ist es eben so....!
    Wenn Du als Schiedsrichter eine Ohrfeige von einem Spieler kassierst, kannst Du aus physischer Sicht natürlich weiter pfeifen. Hab´ Dich nicht so, Schiri! Wirklich? Ich denke - NEIN, NIEMALS! In meiner Freizeit lasse ich mich nicht schlagen, Punkt.

  • hier nochmal ein Artikel in der unter anderem der Kreisobmann seine Meinung dazu sagte.


    http://www.mt-news.de/lokalsport.php?aid=1335


    ich weiss nicht genau was ich davon haltgen soll ?(

    Ewald Lienen (Ehem. Trainer 1.FC Köln):
    Wir haben nicht das Recht, jede Entscheidung des Schiedsrichters zu kommentieren. Der lacht sich ja auch nicht tot, wenn wir einen Fehlpass spielen.

  • ich weiss nicht genau was ich davon haltgen soll ?(


    Was Du davon halten sollst? Nichts! "Ohne die genauen Umstände zu kennen", kann jeder erstmal viel reden; ich weiß nicht, was der werte Herr damit bezwecken will.


    Geh zur Spruchkammerverhandlung, erzähl einfach nur die Wahrheit und die Gedanken, mit denen Du den Abbruch abgewägt hast, und lass Dich nicht verrückt machen. Dir kann egal sein, was das Sportgericht entscheidet, denn wenn Du der Auffassung warst, dass man so nicht mehr weiter machen kann, war der Abbruch nunmal richtig. Lass Dich von den Sportrichtern und der Verhandlung nicht verunsichern.

  • Ich schließe mich zettelbox zu 100% an.
    Diese Aussage ist zweideutig. Wenn er meinte, daß sich solche Szenen auf den Zuschauerrrängen nicht abspielen sollen, dann hat er völlig recht. Das sollte nicht Schule machen.
    Wenn er jedoch meinte, daß Dein Abbruch aus regeltechnischen Gründen nicht Schule machen sollte, dann würde ich ihn fragen, wie lange er schon nicht mehr auf dem Platz steht - verkneif´Dir diese Frage aber lieber!
    Egal, was er meinte, sollte doch klar gelten - Wenn ich nicht weiß, was genau passiert ist, so mache ich meinen Mund nicht auf, schon garnicht gegenüber der Presse. Denn DAS sollte auf keinen Fall Schule machen!

  • Was die Sportgerichte aus einem Spielabbruch machen, ist ohnehin unberechenbar. In der Hinrunde hat bei uns ein SR ein Spitzenspiel und Derby der untersten Spielklasse abgebrochen, nachdem ein bereits des Feldes verwiesener Spieler nach einer SR-Entscheidung gegen seine Mannschaft eine Flasche auf das Spielfeld warf. Das Kreissportgericht hat den Abbruch als angemessen beurteilt und das Spiel gegen die Mannschaft des Spielers gewertet. In der Berufung hat das Landessportgericht den Abbruch als unangemessen beurteilt, da die Flasche niemanden traf und nicht nachgewiesen werden konnte, dass der Flaschenwurf dem SR galt, so die Auffasung des Landessportgerichts. Somit kam es zu einem Wiederholungsspiel.

    "Der Klügere gibt nach! Eine traurige Wahrheit, sie begründet die Weltherrschaft der Dummheit."
    (Marie von Ebner-Eschenbach, österreichische Schriftstellerin, *1830 +1916)


    "Mancher ist für die Wahrheit, solang die Wahrheit für ihn ist."
    (Charles Tschopp, schweizer Schriftsteller, *1899 +1982)