Jung-SR braucht Hilfe ...

  • Guten Tag,


    ich schildere euch mal kurz mein Problem:


    ich will ein guter Schiedsrichter werden und mal höher pfeifen, bin 16 Jahre jung und pfeif seit 3 Jahren. Ich hab sozusagen einen Mentor der an sich aber nichts mit dem Schiedsrichterwesen zu tun hat. Er sagt aber das folgende Dinge an mir sehr schlecht für einen Schiedsrichter sind und ich wollte euch fragen, wie ich es ändern bzw. abstellen kann:


    - zu emotional
    - nachtragend
    - pfeift zu kleinlich


    Ich bin echt ratlos, denn das sind die Dinge weswegen ich nicht so viele Spiele bekomme. Ich will dies unbedingt ändern. Habt ihr evtl Tipps für mich?
    Oder wie ich z.B. ein Spiel mit ein bisschen mehr Sprüchen leite, die das Klima auflockern. Wie ich die Trainer draußen ruhiger bekomme.


    Mfg Timme

  • Hallo Timme!


    Zunächst sind die drei aufgezählten Punkte subjektiv.


    Auch wenn Du einen Mentor hast, versuche Deinen eigenen Stil zu finden. Das macht Dich authentisch.
    Fehler macht jeder Mensch, auch jeder SR.


    Versuche doch mal Beispiele für "zu emotional", "zu kleinlich" oder "zu nachtragend" aufzuführen.
    In welchen Situationen ist das passiert (angeblich)?



    Der beste Lehrmeister ist das Leben, das bedeutet, Spiele, Spiele, Spiele.

  • Danke schonmal für den schnellen Post:


    z.B. ein spieler bringt in einen Spruch, welchem ich Ihm in der nächsten Situation vielleicht auch unbewusst anrechne(z.B GK)
    ich würde zu sehr kleinlich pfeifen, also jede Aktion, aber ich will ja gut werden und will es ändern aber wie

  • Das kommt ja immer auf den Spruch an. Über manche kann man lachen, die sind lustig oder menschlich. Das ist halb so wild.


    Wenn mir persönlich der Spruch zu krass ist, aber noch nicht vewarnungswürdig, merke ich mir das. Beim nächsten mal ist der Spieler dann unter Umständen mit gelb fällig.



    Noch einmal:
    Versuche Deine Linie zu finden und lasse Dich nicht von anderen (die noch nie ein Spiel gepfiffen haben) übermäßig beeinflussen. Wenn Du viele Spiele gepfiffen hast, wird sich Deine Persönlichkeit automatisch entwickeln.


    Es gibt kein Patentrezept. Jeder muss seine Linie finden.

  • Ja und wie bekomme ich z.B die Trainer durch einen lockeren Spruch oder anders ruhiger.
    Oder die Spieler, dass die einfach bisschen runter kommen. Wenn ich mir manche Schiris anschau, in Situationen wo ich gelb gegeben hätte, die einen Spruch bringen und dadurch die ganze Partie sicher leiten.


    Sowas würde ich mal gerne wissen, vor allem in den Altersbereichen D,C,B.


    mfg

  • Timme, sicher ist es schick, einen Schiedsrichter zu beobachten, der mit ein paar Gesten und vielleicht Sprüchen ein auf der Kippe stehendes Spiel abfangen kann.
    Doch es macht keinen Sinn, sich jetzt mit jemandem zu vergleichen, der vielleicht schon seit 10, 20 oder 30 Jahren pfeift. Auch die Kollegen wurden nicht mit so einer Gabe geboren, sondern mußten es sich hart erarbeiten. O.K., der eine lernt es schneller, der andere braucht mehr Zeit. Und hier ist der entscheidende Punkt - Zeit!
    Wenn Du da hinkommen willst, wo Du hin möchtest, dann hilft wirklich nur eines: Pfeifen, pfeifen, pfeifen! Analysiere Spiele hinterher, überlege Dir ehrlich und kritisch, was gut war und was verbesserungswürdig ist. Mache kleine Schritte und freue Dich über jeden Schritt nach vorne.
    Wie man Trainer "domptiert", da gibt es kein Patentrezept. Jeder reagiert anders und vorhersehen kann man das (leider) nicht. Mit den lockeren Sprüchen sei bitte vorsichtig! Ob und wann Du so etwas anbringen kannst, das erfordert viel, viel Erfahrung. Was bei dem einen Kollegen funktioniert, kann bei Dir unter Umständen nach hinten los gehen. Konzentriere Dich zunächst darauf, die Regeln korrekt und überzeugend umzusetzen.
    Schwieriger ist das Problem, Dinge nicht persönlich zu nehmen. Niemand ist davon frei, emotional zu reagieren und über das Ziel hinauszuschiessen. Auch das erfordert viel Übung und Lernen. Denk immer daran, daß Du zwar vordergründig das Ziel von Ausbrüchen bist, Du aber in Wahrheit oft nicht persönlich gemeint bist. In den meisten Fällen bist Du ein "Blitzableiter" für den Frust von Spielern und Trainern über eine schlechte Spielweise. Und wenn das "Blitzableiten" über ein bestimmtes Maß hinausgeht, dann hast Du die Möglichkeit, auf den Spieler oder Trainer verbal einzuwirken - oder persönliche Strafen auszusprechen.
    Wie bereits meine Vorredner sagten: Das Ziel ist, eine persönliche Linie zu finden, und die findest nur durch viel Pfeifen und Geduld. Wenn Dir andere gute Ratschläge erteilen, kann das zwar gut sein, doch ob es das für Dich ist, mußt Du selber testen. Bloß nicht einfach nur kopieren!

  • Ja und wie bekomme ich z.B die Trainer durch einen lockeren Spruch oder anders ruhiger.
    Oder die Spieler, dass die einfach bisschen runter kommen. Wenn ich mir manche Schiris anschau, in Situationen wo ich gelb gegeben hätte, die einen Spruch bringen und dadurch die ganze Partie sicher leiten.



    Von solchen Sprüchen würde ich in deinem Alter dringend abraten. Es ist meistens so, dass die Trainer doch etwas älter sind als du. Da kann ein "Spruch" dann auch mal schnell als dumm und arrogant ausgelegt werden. Das gleiche gilt für Sprüche gegenüber Spielern. Du bist ja mehr oder weniger genauso alt wie die, da kann sowas schnell als Arroganz und Überheblichkeit ausgelegt werden.


    Es ist etwas anderes wenn Schiedsrichter im "gestandenen Alter" solche Sprüche bringen. Manchmal helfen die wirklich ein Spiel zu beruhigen, aber in deinem Alter rate ich von sowas ab.


    Vielleicht solltest du dich mal von einem "echten" Schiedsrichter zu einem deiner Spiele begleiten lassen, dann bekommst du sehr wahrscheinlich ein besseres Feedback als von einem Außenstehenden.

    :hsv1: IN DUBIO PRO RAUTE! :hsv1:


    25.05.1983 - Die Helden von Athen:


    Uli Stein - Bernd Wehmeyer, Holger Hieronymus, Dietmar Jakobs, Manfred Kaltz - Wolfgang Rolff, Jürgen Groh, Felix Magath, Jürgen Milewski - Horst Hrubesch, Lars Bastrup (ab 61. Min. Thomas von Heesen)


    Trainer: Ernst Happel



    Nicht selten sind wir nach dem Spiel so richtig deprimiert,
    wir freuen uns schon wenn unser Team zumindest nicht verliert.
    Es ist schwer - wir sind Fans vom HSV!

  • Danke schonmal, was mich halt immer wieder zurückhält ist die Situation, dass ich trotz korrekten Entscheidungen und 3 roten Karten für die Heimmannschaft das Spiel abbrechen musste. Und dieses Spiel pfiff ich wirklich richtig gut.
    im Endeffekt wollten sie auf mich los gehen. Deswegen weiß ich halt nicht, ob es falsch ist relativ früh eine gelbe Karte zu zeigen, der Spieler meckerte seit der 1. minute und dann gab ich Ihm halt in der 5. die gelbe.


    Deswegen dachte ich mir vielleicht dur sowas, leichter ein Spiel leiten zu können.


    danke schonmal an Alle!!!!!

  • Klar, der SR ist immer schuld, deswegen gibt es selbst bei Spielen, die du super gepfiffen hast, sowas.



    Zur :gelbe_karte: : Wenn jemand von Anfang an meckert, dann verwarn' ihn, egal wie früh es ist.


    Für eine Verwarnung ist es dann nie zu früh.



    MFG

  • Hi,


    Lass dich von einigen erfahrenen Schiedsrichtern beobachten.
    Am besten die Kollegen in der nächsten Versammlung fragen.


    Entscheident ist nicht wann die Gelbe Karte kommt, sondern zur richtigen Zeit.
    In den ersten 10 Min. des Spiel, legst du die Messlatte für deine Spielleitung fest.
    Pfiff, Körpersprache, Auftreten und Regelkenntniss sind Entscheident.
    Wenn du unsicher wirkst, verlierst du in der Altersklasse schnell den Respeckt und auch Gelbe Karten zeigen nicht die erhoffte Wirkung.


    Das kann aber ein erfahrener Kollege besser beurteilen, wenn er dich beobachtet.


    Ansonsten Spiel lesen lernen und Erfahrung beim Pfeiffen sammeln.


    Gruß
    Foxi

  • Ich bin wie du auch 16 und betrachte das Argument "zu kleinlich" mal nicht nur auf das Ahnden von Foulspielen, denn hier kann man (auch wenn ich da eine je nach Spiel normale bis liberale Linie führe) aus meiner Sicht nur Sachen falsch machen, wenn man Foulspiele "sucht"& pfeift, die es gar nicht gab oder wenn man seine Linie nicht bei behält. Bei den Karten ist das schon wieder anders. Wenn ich dich richtig verstanden habe, zückst du beim verbalen Vergehen häufiger als andere SR.
    Ich hat das gleiche Problem bei meiner Männer-Premiere. Mit 6 gelben Karten (davon eine Ampel) erzielte ich meinen Höchstwert in 2011. Problem war nicht, dass ich mich zu früh bei verbalen Sachen zu Karten hab hinreißen lassen, sondern dass ich in den ersten 30 min mich durch den Einfluss von dem Umfeld hab beeinflussen lassen, dass die Spieler dann begann zu schauen wie weit sie gehen können. Es "kostete mich dann ca 25 Minuten & 4 der 6 Karten um das Spiel wieder in seine Bahnen zu bekommen. Die Fehler konnte ich ich mir im Nachhinein dann alle recht gut selbst auszeigen. Passive Körpersprache war fürn ****, zu selten auf die Spieler zu gegangen um mit Ermahnungen vorbeugen zu können & in den Gesprächen mit Spielern unsicher.
    Den ersten Punkt hab ich zu schon zu Beginn meiner Laufbahn dadurch weg bekommen, dass ich immer wenn ich auf die Uhr schaue auch gleichzeitig kurz "schaue" ob ich auch aufrecht stehe und mit die Schultern nicht hängen (das macht bei meiner doch noch recht kleinen Körperhöhe [ca1,70] in der Außenwirkung schon ein zwei Jahre aus). Der Mut auf die Spieler zu zugehen kam dann auch, wobei bei Gesprächen mit den Spielern immer wichtig ist, bestimmt aber keines Falls arrogant zu wirken. Vor meinem zweiten Spiel hatte ich 3 Wochen und 4 Spiele Zeit das ein bissel zu "üben" und dadurch bin ich dann in den restlichen 4 Männerspielen mit 7 gelben Karten ausgekommen.
    Das ein Spieler, wenn er mir die ganze Zeit am Ohr kaut, schneller mal eine VW weg hat, ist aus meiner sich nicht falsch.

  • zum Thema emotional und nachtragend:


    Du musst dir als erstes bewusst machen, das keiner der Spieler dir als Person etwas böses will und keiner etwas gegen dich als Person hat. Wenn einer meckert hat er ein Problem mit dem, was du grade darstellst: eine Authorität der er sich beugen muss, die gerade über ihn urteilt. Er hat also eigentlich ein Problem mit dem Amt des Schiedsrichters, egal wer es gerade ausübt. Von daher brauchst du auch nichts persönlich nehmen, was in und um das Spiel herum gesagt wird, es ist ja gegen das Amt und nicht gegen dich gerichtet.
    Das ein Spieler, der permanent an mir dran hängt, irgendwann auch für eine reihe kleinerer Vergehen den Karton bekommt, ist normal und sehe ich nicht als nachtragend an.


    zum Thema kleinlich pfeifen:


    Schau dir öfters mal Spiele von höher pfeifenden Kollegen in den unteren Ligen an und achte besonders darauf, wie die ein Spiel aufbauen. Beginnend bei freundlichen Kommentaren im Vorbeilaufen (nächstes mal Finger weglassen), über richtige Ermahnungen bis hin zu den persönlichen Strafen. Mit einer guten Ermahnung kann man oftmals 2-3 Verwarnungen einsparen. Dabei kommt es aber nicht auf den richtigen Spruch drauf an, sondern auf die Körpersprache und den Zeitpunkt.


    Ich kann dir auch nur den Tipp geben, mal direkt einen erfahrenen Kollegen anzusprechen, mal zu fragen ob er mal bei einem Spiel mitkommen kann und dir Feedback aus Sicht eines SR geben kann. Ein aussen stehender Mentor ist zwar manchmal ganz schön, aber irgendwann braucht man auch anderes Feedback.

  • Besser kann man es nicht in Worte fassen :top:


    Befolge den Ratschlag von flitzpiepe und gib uns mal ein Feedback. ^^

    "Der Schlüssel zum Erfolg ist Kameradschaft und der Wille, alles für den anderen zu geben."
    - Fritz Walter († 17. Juni 2002)

  • Hi!


    wegen dem kleinlichen pfeifen,kleiner Tipp: Schaue öffters englische Liga :ironie:


    Lass dich nicht verrückt machen, beleibe immer ruhig und sachlich, wenn Spieler oder Trainer dumme Kommentare abgeben, dann am besten so tuen als ob man sie gar nicht gehört hätte. Sollten die Kommentare unter der Gürtellinie sein dann -> :gelbe_karte: bzw. :rote_karte: !


    Was du niemals machen darfst, ist eine Fehlentscheidung mit einer Fehlentscheidung, auszugleichen! das bringt nur Ärger...

  • Was mir hier fehlt ist der Hinweis auf die einheitliche Linie:


    Pfeife einheitlich und nachvollziehbar, d.h. bewerte Zweikämpfe in einem Spiel immer mit demselben Maßstab. Damit wirst Du als SR berechenbar und die Spieler haben die Chance, sich auf Dich einzustellen, außerdem wird Dir niemand Parteilichkeit vorwerfen, wenn erst einmal klar ist, dass Du Deine Linie durchziehst.


    Ich persönlich pfeife tendenziell auch eher kleinlich, was nicht immer gut ankommt, dafür bekomme ich aber oft genug die Bestätigung, dass es eine klar erkennbare Linie gab. Für mich gehören beispielsweise Hände grundsätzlich nicht an den Gegner (klar gibt es Grenzfälle, mir geht es jetzt aber um das Beispiel), d.h. ich pfeife das konsequent ab. Nach spätestens einer Viertelstunde höre ich die Rufe vom Trainer an seine Spieler, sie sollen die Hände weglassen - es geht also. Sich an Stilen anderer SR zu orientieren ist schwierig, weil man dafür die Persönlichkeit haben muss, dies auch umzusetzen, Authentizität ist aber wichtig, um Entscheidungen verkaufen zu können.


    Trainer sind immer schwierig, aber kein unlösbares Problem. Die erste Maßnahme ist immer überhören, wenn das nicht ausreicht, muss man situativ entscheiden, ob man dem Trainer selber etwas sagt, dies den zugehörigen Spielführer tun lässt oder zu anderen Maßnahmen greift, wie etwa ein Mitglied des Ordnungsdienstes in die Nähe des Trainers zu beordern; manchmal passieren dann erstaunliche Dinge.


    Im übrigen: Kleinliches Pfeifen ist keine Schande und steht für meine Begriffe zu Unrecht in einem schlechten Ruf, zumal die Grenze der Kleinlichkeit fließend ist. Mir war mal ein Trainer - peinlicherweise ist der auch Schiedsrichter - nach einem Hallenturnier vor, ich pfeife zu kleinlich, weil ich sehr genau darauf geachtet hatte, ob der Spieler beim einrollen im Feld steht (analog zum falschen Einwurf draußen) - wo endet die Kleinlichkeit und beginnt der Regelverstoß? Sicher muss ich nicht immer alles bemerken, aber ich möchte nicht wissen, was derselbe Trainer für einen Affentanz veranstaltet hätte, wenn aus einer solchen Situation das entscheidende Tor gegen seine Mannschaft gefallen wäre.


    Wenn Du wirklich gut bist, dann stelle Dich auf die Mannschten ein. Manche können mit dem Spielraum umgehen, wissen einen Vorteil zu schätzen etc., während andere Spieler "ihren" Freistoß brauchen, egal, wie vorteilhaft die Spielsituation war. Aber das ist - und nun komme ich auf meine Vorredner zurück - Erfahrungssache.

  • Im übrigen: Kleinliches Pfeifen ist keine Schande und steht für meine Begriffe zu Unrecht in einem schlechten Ruf, zumal die Grenze der Kleinlichkeit fließend ist. [...]

    Ich wohne mitten in der Stadt, wenn ich dort pfeife bekomme ich immer vorgeworfen, dass ich zu hart spielen lasse. (Stadtgebiet und etwa 20km Umreis) Je weiter ich von der Stadt weg komme um ein Spiel zu leiten, desto zufriedener werden Trainer, Spieler und Publikum, weil "endlich mal ein SR uns spielen lässt". (etwa 20 bis 70 km Weg von der Stadt) Und jetzt kommts, das ist KEIN Scherz. Wenn ich dann zu weit im Gemüse pfeife (also mehr als etwa 70km weg von der Stadt), wird mir vorgeworfen, ich wäre viel zu kleinlich. Ich würde auch Zweikämpfe pfeifen, die nichtmal annähernd ein Foul wären. Aber auch dort ist man mit mir als "konsequentem Schiri" sehr zufrieden...
    Was is damit sagen will ist, dass du DEINE Linie finden und beibehalten musst. Kleine Abweichungen je nach Spiel sind gut und notwendig. Aber in Wahrheit musst du jedes Spiel gleich pfeifen. Wie du das machst, kannst du nur durch Erfahrung (viel Erfahrung^^) herausfinden.
    Ich hab über 300 Spiele als SR und noch einige als Assistent... trotzdem merke ich immernoch, wie sich mein Stil an einige Stellen ändert und an andren Stellen festigt.