Köln gegen Mainz abgesagt (19.11.11) - Suizidversuch von B. Rafati

  • Ich finde es unangemessen über die persönlichen Hintergründe die Rafati zu seiner Tat bewegt haben zu spekulieren.
    Ebenso unangemessen finde ich es dann auch, diese Spekulationen für die (notwendigen und richtigen!) Forderungen nach einem besseren Umgang mit SR zu "benutzen".
    Natürlich gibt es für die seelische Gesundheit immer schwächende und stärkende Faktoren. Die konkreten Situationen die wir SR auf dem Platz erleben können sicher häufig schwächen, aus ihnen kann aber auch Stärke entwachsen. Vermutlich hatte Rafati aus seiner Sicht Gründe um seine Tat mit der Schiedsrichterei zu verknüpfen - was genau da jetzt aber Auslöser und entscheidende Gründe waren bleibt nur Spekulation und sollte, denke ich, nicht als Tatsache dargestellt werden.
    Eine Diskussion um besseren Umgang mit Schiedsrichtern ist abgesehen davon natürlich immer sinnvoll.

  • Wobei heute bekannt wurde, dass es auf ein privates Problem zurück zu führen ist. Hat nichts mit Fußball oder SR zu tun.


    Trotzdem sollte man sich mit mehr Respekt behandeln. Vlt. sollten wir mal Fehler von Spieler lauthals kritisieren.

  • Zitat von Udo;174882

    Wobei heute bekannt wurde, dass es auf ein privates Problem zurück zu führen ist. Hat nichts mit Fußball oder SR zu tun.


    ...


    Bitte um Quellenangabe. Wenn ich durch die Nachrichten stöbere, finde ich Aussagen aus dem Familienkreis, da wäre alles ok gewesen. Insofern bleibt dieser Punkt für mich ersteinmal offen (wir hatten uns hier vorgenommen, nicht zu spekulieren).


    Ich bin sehr gespannt, wie der DFB mit dieser Situation umgehen wird. In anderen schwierigen Situationen (Amerell/Kempter, Bestechungsskandal) war das Krisenmanagement und die Bereitschaft, Diskussionen und Veränderungen anzugehen, schlecht.
    Insofern sehe ich Aussagen, "Rafatis Suizidversuch habe nichts mit Fußball zu tun" sehr kritisch. Erst Recht, wenn diese vom DFB kommen sollten.


    Die ersten Schuldigen sind ja schon gefunden; die Bild-Zeitung (wegen ihrer "schlechtesten SR-Abstimmung") und die bösen bösen Trainer.
    Also ich stand in der BL noch nicht als SR auf dem Platz; was ich mir jedoch in der KL von den Trainern anhören und in der Zeitung lesen muss, ist auch nicht immer fein. Das ist mir zu einfach.

  • Das ist vielfach als Überschrift zu lesen, wobei der Wahrheitsgehalt natürlich nicht abschließend beurteilbar ist. Aber auch hier sind wir wieder im Reich der Indizien und damit am Rande der Spekulation - und nichts anderes passiert zu großen Teilen in den Medien auch. BRiT hat vollkommen berechtigt angemerkt, dass wir uns nicht an den Spekulationen beteiligen sollten.

  • Zitat von BestRefinTown;174908

    Die ersten Schuldigen sind ja schon gefunden; die Bild-Zeitung (wegen ihrer "schlechtesten SR-Abstimmung") und die bösen bösen Trainer.


    Diese Abstimmung macht der Kicker am Ende der Saison mit ausgewählten Fussballprofis! Welche Ironie!


    Die BILD macht nur gerne riesige Tomaten auf die Augen der Schiedsrichtern wenn man mal daneben liegt!

    Es gibt Leute, die denken Fußball ist eine Frage von Leben und Tod. Ich mag diese Einstellung nicht. Ich kann ihnen versichern, dass es noch sehr viel ernster ist. (Bill Shankly)

  • Das Thema Rafati war gestern Abend u.a. das Hauptthema in unserem Regionalförderkader. Neben den eigenen Emotionen, die wir hegten und offenlegten, wurde über die Situation allgemein geredet. Wie/Ob wir angesprochen wurden. Unser Regionallehrbeauftragte wollte vorallem auf das Wort Respekt raus und unterbrach sofort, als dieses dann auch viel. Respekt, der gegenüber den Schiedsrichtern derzeit verloren gegangen ist, was an anderer Stelle hier schon ausgiebig diskutiert wurde.
    Auch wurde berichtet, dass es bereits die ersten roten Karten wegen Aussagen darüber gab. Krassestes Beispiel: Ein Spieler sagte zum SR:"Leg dich zum Rafati in die Badewanne, da gehörst du hin!"
    Außerdem wurden wir angewiesen auf jeden Fall eine Meldung zu schreiben und das Spiel in der nächsten Unterbrechung zu stoppen und den Spielführer einzuschalten, damit dieser den Ordnungsdienst hochfährt.
    Wir haben es in der Hand. Auch ein Streick, wie der in Berlin, wurde von unserm Regionalbeauftragten angesprochen. Er sprach nicht von einer Unterbrechung, sondern davon, dass wir nach 20 Minuten einfach abpfeifen und gehen. Jedoch ist der letzte Satz noch rein hypotetisch. Er hielt es aber für durchaus durchsetzbar, sollte es so weitergehen, wie es derzeit läuft.
    Das alles ist nicht offiziel! Aber immerhin sitzt er im Verbandslehrstab und hatte, soweit ich das verstanden habe, vor dieses Thema mal anzusprechen.

  • In der neuen Wochenausgabe der Berliner "Fussballwoche" gibt es zum Thema Respekt einen sehr merkwürdigen, ambivalenten Leserbrief, dessen Zielsetzung mir schleierhaft ist. Zwar ist der auf die Berliner Spielklassen gemünzt, läßt sich aber, wie ich finde, auch auf alle anderen Spielklassen übertragen sowie die "Wertungen" von KICKER und SPORTBILD. Der dahinter stehende Geist ist der gleiche...
    Leider kann ich ihn hier nicht vollständig wiedergeben und eure Meinung dazu hören, daher versuche ich ihn kurz zusammenzufassen.


    Die Überschrift lautet "Respekt hat man nicht qua Trillerpfeife". Der Brief beginnt damit, daß "Schiedsrichter ein rauher Umgangston und Gewalt nicht verdienen" und daß "Schiedsrichter im Allgemeinen in ihrem Aufgabengebiet kompetenter als die Fussballer sind, deren Spiel sie pfeifen". Dafür gebühre ihnen, den Schiedsrichtern, Respekt, doch den bekomme man nicht, nur weil man eine Trillerpfeife hat. Respekt müsse man sich verdienen, und der wird von einem nicht so kleinen Teil der Berliner Fussballgemeinde verweigert. Dann werden diverse Gründe dafür genannt (soziale Umfeld von Vereinen, Spielern und Zuschauern, Alkohol), zum Schluß auch "selbstherrliches, als Arroganz auslegbares Verhalten der Schiedsrichter".
    Anschließend werden Vorschläge gemacht, wie sich diese Faktoren ändern lassen. Genauer gesagt, es ist nur ein einziger, nämlich der, einen "Ehrenamtsbeauftragten" für jeden Verein einzuführen, der bei Konflikten vermitteln soll.
    Dann wird in dem Brief behauptet, daß "sich Woche für Woche in allen Spiel- und Altersklassen Geschichten über das vermeintliche (!) Fehlverhalten von Schiedrichtern erzählen lassen". Dafür gäbe es beim Verband keinen richtigen Ansprechpartner. Und deswegen solle man, "um diesen Unmut zu kanalisieren", eine Art "Kummerkasten" beim Verband einrichten, deren Inhalt den Schiedsrichteransetzern und -ausbildern zur Verfügung gestellt werden könnte. Oder man richtet vor der Saison eine "verbindliche Diskussionsrunde mit allen Trainern und Schiedsrichtern" ein, das Motto soll lauten "Dialog statt Unberührbarkeit". So könne man "ein kooperatives Klima und eine Athmosphäre gegenseitigen Respekts zwischen Schiedsrichtern und der Fussballgemeinde (Spieler, Trainer, Eltern, Zuschauer) schaffen".


    Ich habe das Gefühl, daß hier auf subtile Art und Weise ein Herunterspielen der Verantwortung von Spielern, Trainern und Zuschauern zur Schau gestellt und eine perfide Schuldumkehr versucht wird.

  • Diesen Eindruck teile ich. Nichtsdestotrotz wird schon ein wahres Problem angesprochen: Wir SR verweigern uns oft Diskussionen und verbergen unsere Emotionen. Zum Großteil ist dies sicher auch der richtige Weg und daher dem Spiel an sich förderlich. Wenn diese Form der "Arroganz" aber keine Grenzen hat führt das bestimmt nicht zu Respekt und der Anerkennung "als Mensch" - besonders aber auch nicht zu seelischer Gesundheit, da authentische Gefühle oftmals versteckt werden. Problematisch wird es dann, wenn da auch in der SR-Gruppe kein Ausgleich für gefunden wird. Sowohl hier im Forum als auch in der "realen Welt" beobachte ich leider noch zu oft, dass auch anderen SR nur eigene Stärke demonstriert werden soll: Da werden Fehler klein geredet und Gefühle des Zweifels oder gar der Angst überspielt - "the show must go on". Wenn es das sogar auf unserer Ebene gibt, vermute ich damit weiter oben keinen besseren Umgang.
    Ein Quäntchen mehr Offenheit, Emotionalität und Authentizität auch von unserer Seite würde (da wo es geht) sicher der Atmosphäre nicht schaden.

  • Zitat von Borsig_SR;174944

    Oder man richtet vor der Saison eine "verbindliche Diskussionsrunde mit allen Trainern und Schiedsrichtern" ein, das Motto soll lauten "Dialog statt Unberührbarkeit". So könne man "ein kooperatives Klima und eine Athmosphäre gegenseitigen Respekts zwischen Schiedsrichtern und der Fussballgemeinde (Spieler, Trainer, Eltern, Zuschauer) schaffen".


    Bei uns (Kreis 9 - FVN) wurde so ein Workshop auf freiwilliger Basis vor der Saison für SR, Trainer und Spielführer probiert, allerdings meldeten sich von den 32 Mannschaften, die in der Kreisklasse A spielen, nur sechs an, so dass dieser abgesagt wurde.


    Quelle: http://www.kreis9.fvn.de/index.html?news_id=7567

  • Und - mal wieder - muss sich Markus Merk zu Wort melden: Bericht Für meine Begriffe hat er nicht verstanden, dass die Sache mit dem Respekt und dem schlechter gewordenen Klima nicht nur die Bundesliga betrifft, sondern alle Schiedsrichter. Und selbst auf BL-Ebene muss man nicht alle Auswüchse verteidigen, er hat seinen Abschied wohl immer noch nicht verwunden und muss auskeilen ... :flop:

  • Ich denke, daß das Pfeifen in diesem Zusammenhang völlig zweitrangig ist. Es ist nur zu hoffen, daß er sein Leben wieder in den Griff bekommt und mit seiner Familie glücklich ist.

  • t-online:


    .....Laut der Erklärung sei jedoch "vor allem ein wachsender Leistungsdruck für ihn als Schiedsrichter und der damit verbundene mediale Druck in Kombination mit der ständigen Angst, Fehler zu machen, zu einer immer größeren Belastung geworden", wurde Rafati zitiert.

    Zitat Ende.



    Ich hoffe, dass Herr Rafati nach hinreichender Genesung seine detaillierten Druck-Auslöser mit dem DFB/ Herrn Fandel aufarbeitet, damit die richtigen Maßnahmen ergriffen werden können.


    Ich habe großen Respekt vor dieser Offenheit, die Herr Rafati hier so kurz nach dem Suizidversuch an den Tag legt. Toll. Gute Besserung, Herr Rafati.

  • Babak Rafati ist auf dem Weg der Besserung, lässt sein Anwalt vermelden. (http://www.dfb.de/index.php?id=500014&tx_dfbnews_pi1[showUid]=30179=120)

    Der DFB hat Rafati auch zusätzliche Hilfe angeboten, z.B. von der Robert-Enke-Stiftung, die sich auf das Thema Depressionen spezialisiert hat. (http://www.dfb.de/index.php?id=500014&tx_dfbnews_pi1[showUid]=30251&tx_dfbnews_pi4[cat]=120)


    Außerdem hat Rafati über seinen Anwalt Dr. Sven Menke eine Erklärung zu der Situation abgegeben. (http://www.dfb.de/index.php?id=500014&tx_dfbnews_pi1[showUid]=30252&tx_dfbnews_pi4[cat]=120)


    Ansonsten stimme ich dem Beitrag von BRiT absolut zu! Somit können auch endlich die ganzen Spekulationen beendet werden...

  • wobei man als erfahrener SR ja viele Verschiedene Tätigkeiten ausüben kann.
    4. Offizieller, Beobachter, Lehrwart, Tätigkeit im Sportgericht,...... Darüber sollten sich alle SR Gedanken machen. Nicht mehr als SR auf dem Platz zu stehen muss ja nicht bedeuten, das Hobby an den Nagel zu hängen.

  • Unglaublich! Ein Trainer einer A-Jugend hat am vergangenen Wochenende dem SR des Spiels mehrmals nahegelgt, das gleiche wie Rafati zu tun und sich an ihm ein Beispiel zu nehmen. Die absolut richtige Quittung kam sofort: Kündigung! :top: "So viel Hirn muss man haben, damit man so etwas nicht sagt." (Quelle)

  • Babak Rafatis Platz wird ihm freigehalten, er bleibt Bundesliga-Referee. "Das einzige Ziel ist, dass er wieder gesund und glücklich ist", betonte Herbert Fandel auf der Halbzeittagung 2012, bei der Rafati fehlte. (Quelle)