Strikte Regelauslegung eröffnet Baustellen

  • Hier zunächst mein Sonderbericht welcher zu der heutigen Kreis-Jugend-Spruchkammersitzung führte und welcher mich zu nachfolgendem Text anregte.


    Am 04.06.2011 pfiff ich die D-Jugend-Partie Heim I gegen Gast II. Während des Spiels nannte mich der als Zuschauer anwesende B-Jugend-Trainer (Heim) X.Y. „Pfeifenkopp“. Dies notierte ich im Spielbericht unter besondere Vorkommnisse.
    Anschließend leitete ich noch die C-Jugend-Partie Heim I gegen Gast II bei welcher es zu keinen weiteren Äußerungen kam. Der Spielbericht der ersten Begegnung blieb während dieses Spiels noch in der Schiedsrichterkabine eingeschlossen.
    Nachdem nun beide ausgefüllten Spielberichte durch den C-Jugend-Trainer mitgenommen wurden, klopfte es an meiner Tür. Zu diesem Zeitpunkt befand ich mich alleine in der Kabine.
    Ich erlaubte das Eintreten und sah Herrn X.Y. mit dem Spielbericht der D-Jugend in der Hand. Zunächst leugnete er die Äußerung „Pfeifenkopp“, bevor er anmerkte, dass auch andere Zuschauer gemeckert hätten. Ich erklärte ihm, dass ich ihn mit Namen kenne und so auch im Spielbericht vermerkt habe, dass diese Äußerung von ihm als Zuschauer kam. Jedoch beruhigte ihn dies wenig, so dass er mit seiner rechten Hand drohte mich zu schlagen (Andeutung der Armbewegung) und dabei sagte: „Sei froh, dass ich dich nicht schlage!“. Daraufhin bat ich ihn aus meiner Schiedsrichterkabine. Er verließ sie nicht und machte im Gegensatz dazu noch einen Schritt auf mich zu und wiederholte seine Androhung des Schlages wie oben beschrieben. Zu dem äußerte er sich mir gegenüber noch mit den Worten: „Du Affe, Wichser, Hurensohn!“. Ich wies ihn erneut an meine Kabine zu verlasen. Erst nach dem eine sich im Hintergrund aufhaltende Frau ihn mehrmals zu rief: „X., lass gut sein.“ ging er und ich schloss die Kabine ab.
    In meiner Kabine ließ ich mir nun Zeit, um weiteren Konflikten aus dem Weg zu gehen. Da ich aber noch meine Spesen abholen musste, bin ich zum Seiteneingang der Bude gegangen. Doch sah mich ein Zuschauer und machte Herrn X.Y. auf mich aufmerksam. Dieser drohte mir erneut mit Schlägen (selbe Andeutung der Armbewegung), wieder mit der Aussage: „Sei froh, dass ich dich nicht schlage!“. Zu dem lehnte er seinen Körper gegen meinen und drängte mich ein Stück zurück. Außerdem wolle er sich noch über mich bei meinem Obmann Z. beschweren und betitelte mich nochmals als „Pfeifenkopp“. Erst nachdem mehrere Personen ihn zurück beorderten ging ich mit meinen Spesen zügig in Richtung meines Autos.


    Urteil:
    1) Der Trainer zahlt für sein unsportliches Verhalten dem Schiedsrichter gegenüber 30 € (Mindeststrafe) unter Mithaftung von Heim und wurde ermahnt.
    2) Die Kosten des Verfahrens in Höhe von 75 € trägt Heim.
    3) Die Auslagen des Schiedsrichters und des Gastvereinvertreters zahlt Heim.



    Heutige Sichtweise:
    Ich frage mich, hätte ich nur weil er Zuschauer war es überhören sollen? Nur weil ich ihn wiedererkannt habe und mir eigentlich sicher bin, aber er doch ca. 20 Meter weg war, darf ich es nicht notieren? Sein Temperament ist anders, deshalb entschuldigte er sich auch für die Armbewebung und gab die Beleidigungen bis auf Hurensohn und Pfeifenkopp zu.
    So habe ich auch dem KJSK-Vorsitzenden probiert zu erklären, dass ich sonst, wenn ich ihn nicht kennen würde, notiert hätte, dass ich von Zuschauern beleidigt wurde. Ich hatte den Eindruck, dass es ihm fast lächerlich erschien (die Äußerung mit dem Pfeifenkopp zu notieren) und er sagte nach der Urteilsbegrüdung, dass wir (der Trainer und ich) vielleicht mal gemeinsam eine Cola trinken sollten, wenn wir uns wiedersehen.
    Ich verstehe nicht (vielleicht auch weil ich gerade erst angefangen habe und nie selbst gespielt habe), warum ich solch ein Verhalten dulden soll und nicht strikt nach Regelbuch und Durchführungsbestimmungen pfeifen kann? Ich weiß, sindisis (war als Zuschauer heute dabei), du wirst mir wieder das von Herbert Fandel sagen, aber was hab ich denn am Anfang für eine andere Grundlage?
    Ich kann so trotz der Einsicht des Trainers das Urteil nicht ganz nachvollziehen, irgendwo glaubt man mir, aber auch nicht richtig, so kann ich verstehen, wenn andere Jung-SR früh wieder aufhören. Meckerei überhöre ich auch, aber warum soll ich mir Beleidigungen antuen, auch wenn sie von Zuschauern kommen? Ich kann mir zwar nicht vorstellen, dass die SR in der Bundesliga jedes Mal vermerken, wenn da Fans gegen sie rufen, aber eigentlich müsste das doch gemeldet werden oder?
    So schlecht kann ich ja nicht sein, sonst würd ich nicht schon die Qualifikation für die Leistungsklasse pfeifen, aber irgendwo ist es schon komisch. Es wird so ein Spiel sein wodraus ich lernen sollte, nicht immer alles so genau zu nehmen, wenn selbst mein Obmann sagt, dass wir nicht in der Bundesliga sind, wenn ich 20cm Linie nachkreiden lasse, obwohl ich von der Regel her Recht habe.
    Ich mach mir selbst einige Baustellen auf, ja, so hab ich auch am Anfang grundsätzlich gemäß Regel mit Vereins-SRA gespielt, bis mir das von einem Beobachter doch abgeraten wurde, weil das nicht üblich ist. Aber ich frage mich, warum? Ich setzte doch nur Regeln um.
    Naja, ich werde weitermachen, hab daraus für mich persönlich Schlüsse gezogen und werd aber mit Sicherheit mich nicht jetzt spontan ganz anders darstellen. Was ich aber ändern will ist mein Auftreten, da ich als arrogant wirke, da man nicht mit mir reden könne.
    Achja, in der Zeit bis zur Urteilsverkündung war ich positiv überrascht, wie gut man doch mit dem Trainer sprechen konnte.


    Hinweis: Da ich nicht wusste, ob unter interessante Sportgerichtsurteile, Sonderbericht oder doch wo anders hin, hab ich das erstmal hier rein geschrieben, es darf aber gerne verschoben werden.

  • Hallo Kevin,


    Du hast außer dem Regelbuch natürlich keine andere Grundlage.
    Klaro. Und in gewisser Weise hast Du ja auch Recht.


    Du schreibst selber, dass Du nie gespielt hast. Ich habe selber gespielt und ich war ein emotionaler Spieler. Früher habe ich mich manchmal über gelbe Karten gewundert, heute verstehe ich die SR von damals. Was Du brauchst sind Spiele, Spiele, Spiele. Erfahrung halt.


    Aber dabei darf man sich z.B. durch überstrenge Regelauslegeung keine unnötigen Baustellen aufmachen.
    Beide Teams haben blaue Stutzen? Pech. Kein Eintrag im Spielbericht
    Kein Spielerpaß vorhanden? Ok, dann unterschreibt der Spieler eben.


    Zitat

    Ich frage mich, hätte ich nur weil er Zuschauer war es überhören sollen?


    Was von den Zuschauern kommt, das sollte man schon mal großzügig überhören. Ich (für mich gesprochen) habe bisher keine Beleidigung von Zuschauern in den Spielbericht eingetragen. Einmal hatte ich ein ganz krasses KL-C-Spiel, da kamen von beiden Zuschauer-"Lagern" dauernd übelste Beleidigungen gegen mich, da habe ich beide Spielführer zu mir gebeten und die dann für Ruhe sorgen lassen. Das hat gefruchtet. Eine Meldung gab es nicht. Wobei es da natürlich eine Grenze gibt, aber da hilft nur Erfahrung.


    Zitat

    so hab ich auch am Anfang grundsätzlich gemäß Regel mit Vereins-SRA gespielt, bis mir das von einem Beobachter doch abgeraten wurde, weil das nicht üblich ist. Aber ich frage mich, warum? Ich setzte doch nur Regeln um


    Unser Obmann hat uns gebeten, nicht neutrale SRA einzusetzen, wenn möglich. Ich selber mache das kaum, weil es gerade in den untersten Ligen nur Diskussionen gibt. Zu oft musste ich den nicht-neutralen SRA überstimmen, weil der immer nur für sein Team angezeigt hat und ich die Situation ganz anders gesehen habe. Das gab natürlich Diskussionen: "Ey Schiri, der Linienrichter hat aber anders angezeigt".


    Was einfach fehlt ist die Erfahrung. Und die kommt. Je mehr Spiele, desto mehr Erfahrung. Du bist ein feiner Kerl, deswegen denke ich, dass Du das hinbekommst. Wenn Du schreibst, dass Du außer dem Regelbuch nicht hast, so antworte ich Dir: Mensch bleiben.


    Ich selber bin sehr streng und halte mich an die Regeln. Weil ich mir dadurch Baustellen erspare. Aber da wo es möglich ist, lasse ich auch mal 5 gerade sein (gleiche Stutzen, Wechsel nicht ganz an der Mittelinie, etc.)


    Das ist aber auch immer von den Mannschaften bzw. vom Spiel abhängig. Da hilft nur Erfahrung.



    Wir hier im Forum sind immer für Dich da. Auch nach Deinem Umzug, lass uns an Deinen Spielen und Entscheidungen teil haben. Dann helfen wir Dir wo wir können. ;)
    Und falls Du mal ein schlechtes Spiel hast, kannst Du es Dir hier im Forum von der Seele schreiben. Das hilft.



    Viel Erfolg weiterhin.
    Gruß
    Achim

  • Du hast da völlig richtig gehandelt! Wir SR sind doch kein Freiwild, wo jeder alles sagen und machen darf. Wenn ich dann aber die Strafe von 30.-€ sehe, frage ich mich schon manchmal, warum wir uns das überhaupt antun.:mad:

    Alle sagten das geht nicht.




    Und dann kam einer und hat es gemacht.

  • Ich denke für einige Zuschauer und Trainer sind wir inzwischen Freiwild und das Ventil für schlechte Leistung der Spieler.
    Wir sind nicht da um uns zu beleidigen lassen. Wenn du eine Beleidigung mit bekommst und du den Täter kennst dann schreib es in den Spielbericht. Ich kann mich Kanarien3 nur anschliessen, 30€ sind eindeutig zu wenig. Tätigkeitssperre war ein deutliches Signal gewesen.
    Wen einige Kollegen von uns nicht zu feige wären und anständige Berichte schreiben würden, dann hätte wir es häufiger einfacher, Denn es sind meistens immer die gleichen die auffallen!

    Es gibt Leute, die denken Fußball ist eine Frage von Leben und Tod. Ich mag diese Einstellung nicht. Ich kann ihnen versichern, dass es noch sehr viel ernster ist. (Bill Shankly)

  • Aso, meist überhöre ich Äusserungen von Zuschauern bei Jugendspielen generell.
    Sind ja doch meistens regelunerfahrene Eltern oder Grosseltern.
    Aber bei Wixer oder Hurensohn ist die Schmerzgrenze erreicht!
    Spielführer>>Platzordnung>> Zuschauer entfernen>> Meldung.
    Besonders, wenn es ein mir bekannter Jugendtrainer ist!! Wo bleibt den hier die Vorbildfunktion??


    P.S. Sollte das Verlassen des Sportgeländes fruchtlos verlaufen, dann gehe ICH!
    ( Ist aber in den letzten `ziog Jahren noch nicht passiert).

  • Die Sache hat mehrere Komponenten:


    Eine Bezeichnung als "Pfeifekopp" ist üblicherweise zwar nicht wohlwollend gemeint, aber ob ich das schon als Beleidigung - zumindest aus dem Mund eines Zuschauers - auffassen würde ... :confused:


    Was hingegen absolut nicht geht ist die Androhung von Schlägen, die Beschimpfungen als Hurensohn und Co. sowie auch die Weigerung, die Kabine trotz Aufforderung zu verlassen. Hierfür ist die Strafe mit Verlaub gesagt lächerlich gering ausgefallen.


    Was mir in der Angelegenheit fehlt ist die Tatsache, wie der Mensch überhaupt Kenntnis von Deinem Eintrag im Spielbericht bekommen hat - aber ich vermute, dass da landesverbandstypische Spezifika mitspielen. Sollte er aber in Deiner Abwesenheit in der SR-Kabine gewesen sein und womöglich dort gestöbert haben, wäre das ein absolut dickes Ding.


    Auch wenn ich Achim zustimme, dass man als Schiri auch immer Mensch bleiben muss, so komme ich nicht umhin, ihm an einigen Stellen zu widersprechen. Je nach Landesverband sind zwar die Regelungen unterschiedlich, wer sich bei Übereinstimmung umzuziehen hat, gleiche oder sehr ähnliche Trikots etc. sind meines Wissens nach aber nirgends erlaubt. Wenn ich als SR das feststelle, so fordere ich die Mannschaft, welche dies zu wechseln hat, genau dazu auf - kann sie dies nicht oder wird das verweigert, so gehört das selbstverständlich in den Spielbericht und das auch ausdrücklich mit der Angabe des Grundes (Weigerung oder Unmöglichkeit). Wo Vereins-SRA vorgeschrieben sind, auch das ist wieder verbandsspezifisch, so fordere ich diese als SR auch ein. Winken die dann nur Blödsinn, so muss ich sie halt überstimmen, auch auf die Gefahr hin, dass dies zu Unruhe führt. Wird es mir aber zu bunt, so kommt nicht nur ein Eintrag in den Spielbericht, sondern ich veranlasse auch, dass der nicht-neutrale SRA ausgetauscht wird, was natürlich auch im Spielbericht vermerkt werden muss. Merke: Jede eigenmächtige Abweichung von geltenden Regelungen fällt im Zweifelsfall Dir als SR auf die Füße. Natürlich macht einem das manchmal auch das Leben schwer, im umgekehrten Fall ist man sonst aber schnell der „ Schiedsrichter von letzter Woche“, der seinerseits den folgenden Kollegen das Leben schwer macht. Im Zweifelsfall lautet die beste Lösung immer, dass ich alles einfordere, was vorgeschrieben ist, dies aber nicht penetrant tue, sondern der Losung „Melden befreit“ folge und die nicht erfüllten Dinge im Spielbericht notiere; damit halte ich mir den Rücken frei und wenn der Klassen-/Staffelleiter etwas taugt, wird der Verein auf andere Art und Weise merken, dass sein Verhalten nicht korrekt war.

  • Ein als Zuschauer anwesender Spieler oder Funktionär ist eben kein "normaler" Zuschauer, daher sollten Beleidigungen oder Bedrohungen mit Sonderbericht gemeldet werden. Die Strafe ist im o.g. Fall lächerlich niedrig, allerdings werden Sperren gegen Trainer auch bei uns nach meinen Erfahrungen nur sehr selten verhängt, i.d.R. bei vollendeten Tätlichkeiten gegen SR oder bei Wiederholungstätern. Aber zumindest die Geldstrafe hätte im o.g. Fall dreistellig sein sollen.
    Bei mir gibt es eine klaren Unterschied zwischen Beleidigung und Bedrohung. Wer mich beleidigt, kann sich bei mir entschuldigen, das habe ich bisher immer angenommen. Wer mich bedroht, mit dem rede ich in der Zukunft freiwillig kein Wort mehr, geschweige denn trinke ich mit ihm eine Cola.:mad:

    "Der Klügere gibt nach! Eine traurige Wahrheit, sie begründet die Weltherrschaft der Dummheit."
    (Marie von Ebner-Eschenbach, österreichische Schriftstellerin, *1830 +1916)


    "Mancher ist für die Wahrheit, solang die Wahrheit für ihn ist."
    (Charles Tschopp, schweizer Schriftsteller, *1899 +1982)

  • Die Strafe ist lächerlich. Ich hätte, nicht nur das im SB geschrieben, sondern ihn durch die Heimmannschaft noch vom Sportplatz verweisen lassen. Dann hättest Du anschl. auch keine Probleme gehabt.

  • Du willst einen Zuschauer wg. "Pfeifenkopp" des Geländes verweisen (durch den Heimverein)? Ist das nicht ein wirklich ein bisschen übertrieben?

  • 75 € Verhandlungsgebühren?? Wie kommt den der Betrag zu stande??


    Umgekehrt wäre es nachvollziehbar. Aber bei so hohen Grundkosten kann man ja keine hohen Strafen verhängen!:confused:

  • Bei einer mündlichen Verhandlung, die zumindest bei uns von einem dreiköpfigen (Jugend-)Sportgericht geführt wird, erscheinen mit 75€ Verhandlungsgebühren nicht außergewöhnlich hoch für z.B. 3x Sitzungsgeld, 3x Fahrtkosten, dazu evtl. Zeugengelder, Porti, Fotokopien, Telefonkosten usw.

    "Der Klügere gibt nach! Eine traurige Wahrheit, sie begründet die Weltherrschaft der Dummheit."
    (Marie von Ebner-Eschenbach, österreichische Schriftstellerin, *1830 +1916)


    "Mancher ist für die Wahrheit, solang die Wahrheit für ihn ist."
    (Charles Tschopp, schweizer Schriftsteller, *1899 +1982)