Folgender Beitrag brachte mich zum Denkprozess, ob die Spieler und der Schiedsrichter auf dem Platz nun mit- oder gegeneinander agieren. Und diese Frage ist alles andere als einfach zu beantworten.
Es liegt in der Natur der Sache, dass wir in einem Spannungsfeld agieren – übrigens in demselben Spannungsfeld wie Schüler und Lehrer, Mitarbeiter und Vorgesetzter usw. Für eine hohe Effizienz ist das Miteinander unverzichtbar, ebenso zwangsläufig werden aber auch gegenläufige Interessen sichtbar und bestimmend. Die logische Konsequenz ist, dass eben jedes Spiel ein gewisses Konfliktpotenzial Spieler <-> Schiedsrichter beinhaltet, wo ein Miteinander seine zwangsläufige Grenze finden wird und muss.
Natürlich betreiben wir alle denselben Sport und sollten auch ein Interesse daran haben, dass der Fußball die erste Geige spielt. Schiedsrichter (wie auch Spieler, nur fällt es da weniger auf), die hier ein Bedürfnis auf Selbstdarstellung ausleben oder – noch schlimmer – sogar Machtbedürfnisse stillen wollen, werden es auf dem Platz nicht nur schwer haben, sie schaden der ganzen Zunft und auch dem Sport; da tröstet es wenig, dass Spieler, die so agieren, nicht besser sind. Andererseits weisen die Spielregeln dem Schiedsrichter nicht nur bestimmte Aufgaben (vor allem die Regeldurchsetzung), sondern auch die zugehörigen Machtmittel zur Umsetzung zu; damit gilt es gleichermaßen sorgsam wie konsequent umzugehen. Wohlwissend, dass es anmaßend klingen könnte, aber es ist auf dem Platz letztlich wie in der Kindererziehung: Klare Regeln und Konsequenzen bei Verstößen.
Ein gutes Miteinander auf dem Platz kann nur gelingen, wenn alle Beteiligten daran ein Interesse haben. Ist einem Spieler oder gar einer Mannschaft der sportliche Gedanke eher fremd, so gewinnt ganz zwangsläufig das Gegeneinander schnell die Oberhand – ohne dass der Schiedsrichter hier wirklichen Einfluss hätte. Und es ist für meine Begriffe nur all zu menschlich, wenn der Schiri dann auch mal emotional reagiert – aber am besten nicht während des Spieles, sondern beispielsweise in dem er sich im Austausch mit Kollegen mal deutlich auslässt.
Kennen wir nicht alle Situationen, in denen ein Spieler trotz wiederholter Ermahnungen seine Spielweise nicht ändert, so dass eine Verwarnung, eine Ampelkarte oder sogar ein FaD die nahezu zwangsläufige Folge sind, wenn wir nicht riskieren wollen, die gebotene Kontrolle über das Spiel zu verlieren? Oder Spieler, die Regelverstöße begehen, bei denen uns die Verwarnung zwingend vorgeschrieben ist? Oder andere Aktionen, bei denen man nur den Kopf schütteln kann? Ist der Gedanke, dass Dummheit eben bestraft werden muss, dann wirklich so abwegig? Oder die – natürlich scherzhaft gemeinte – Forderung nach der Einführung einer Verwarnung für Dummheit? Und wie ist es mit Frustfouls, vollkommen unmotivierten Tätlichkeiten usw.? Ist da der berühmt-berüchtigte Satz, dass Kundschaft eben bedient werden muss, wirklich so abwegig?
Stehen wir in solchen Fällen wirklich dem „Miteinander“ auf dem Platz im Weg? Oder ist es nicht eher so, dass wir selbiges erst wieder ermöglichen, in dem wir das schwarze Schaf in einer Herde weißer Lämmer versuchen zur Räson zu bringen – dummerweise sind wir eben der „Böse“, der den unangenehmen Job zu vollziehen hat? Ist es nicht wie mit einem Gerichtsvollzieher, der eine Forderung zu vollstrecken hat, obgleich er erkennt, dass der Inhaber des Titels sicher auch nicht ganz sauber agiert hat? Ihn darf das auch nicht interessieren, sein „Miteinander“ (mit dem Schuldner) muss sich auch darauf beschränken, im Rahmen der Möglichkeiten auf rechtliche Wege hinzuweisen, Ratenzahlung zu vereinbaren o.ä. Und agieren wir wirklich so anders, wenn wir Ermahnungen aussprechen oder ab und an einen dezenten Hinweis geben, dass der Spielführer auf diesen oder jenen Spieler mäßigend einwirken sollte?
Ohne jeden Zweifel gibt es auch in unserer Schiri-Herde schwarze Schafe, die eine Spielleitung eben eher als einen Ort der Selbstverwirklichung sehen. Diese sicher zu identifizieren – man kann ja auch mal einen schlechten Tag haben – ist eine schwierige Aufgabe und würde erfordern, dass ALLE Schiedsrichter zumindest gelegentlich beobachtet würden, was aber wohl nicht zu leisten ist. Nur aus ein paar markigen Worten, die vielleicht zum Frustabbau einfach mal notwendig sein können, sollte man noch nicht darauf schließen, dass wir es mit einem Selbstinszenierer zu tun haben.
Gleichfalls kritisch sind aber die „Verständnisvollen“, die in ihrer Rolle als Schiri zu sehr als Spieler denken (war doch nicht so schlimm usw.). Ein Regelverstoß bleibt ein Regelverstoß, gleichgültig ob der Schubser nun harmlos oder spielbedingt war, der Gefoulte gar nicht gefallen oder körperlich ausreichend stabil ist, das Abseits knapp war ... als Schiri muss man das ahnden, auch wenn man es selber nicht als gerecht empfindet.
Fazit: Es ist unbestritten, dass unser Sport mehr Spaß macht, wenn wir alle miteinander agieren – Spieler und Schiedsrichter. Leider liegt es aber in der Natur des Sports und der Rolle des Schiris, dass dies nicht immer möglich ist, andererseits sind wir auch nicht die Sozialarbeiter auf dem Feld. Wer damit nicht klar kommt, der sollte sich und seine Einstellung zur Sache mal überprüfen.