Spieler wird übel gefoult und tritt verbal zurück

  • Folgende Situation konnte ich gestern auf der Sportwoche eines Dorfvereins bestaunen:


    Es handelte sich um ein Turnierspiel zwischen einem Kreisliga-A Verein (Rot) gegen die Zweitvertretung des örtlichen Dorfclubs, die in der Kreisliga-D kickt (Gelb).
    Gespielt sind ca. 30 Minuten in der ersten Halbzeit und das Ergebnis spiegelt zu diesem Zeitpunkt den Klassenunterschied wieder, der A-Ligist führt mit 4:0.
    Bis dahin ein faires Spiel, nun passierte jedoch folgendes:
    Spieler Nr. 10 der roten Mannschaft spielt am Mittelkreis den Ball in die eigene Verteidigung zurück, etwa 2 Sekunden nach dem Rückspiel kommt Spieler Nr. 7 der gelben Mannschaft, holt aus, und tritt der roten Nr. 10 von hinten brutal gegen das Fußgelenk.
    Der rote Spieler schrie auf, humpelte zwei Schritte, und sagte laut hörbar zu dem Übeltäter: "Du spinnst wohl, du behinderter, schwuler Penner!". Dann ließ er sich auf den Boden fallen und wurde am Fuß behandelt.
    Der SR-Kollege, der von seiner Position im Mittelkreis aus einen exzellenten Blick auf die Szenerie hatte, pfiff Freistoß für Rot, und warf beide Spieler mit :rote_karte: vom Platz. Den gelben 7er wegen groben Foulspiels und dessen Opfer wegen Beleidigung.


    Dies führte zu einer Diskussion zwischen mir und einem befreundeten SR-Kollegen, der mit mir zusammen das Spiel anschaute. Ich bin der Meinung dass beide Feldverweise absolut korrekt waren, er hingegen teilte mir mit, dass er nur den Foulspieler des Feldes verwiesen hätte. Die Beleidigung hätte er in dieser Situation überhört, schließlich wäre die ja nur wegen der Schmerzen gefallen. Außerdem wäre das eine ungerechte Bestrafung für Team Rot, da der gelbe Treter jetzt wohl nur für 2 Wochen gesperrt werden würde, die Beleidigung des roten Spielers allerdings mit 4 Wochen geahndet werden würde.
    Sicher ist hier die Strafzumessung etwas zweifelhaft wenn man die Umstände betrachtet, aber ich bin der Meinung das beide FV zwingend nötig waren.


    Wie seht ihr das?


    Konsequent beide entsorgen oder den Beleidiger ungestraft davonkommen lassen weil er ja Schmerzen hat?

    :hsv1: IN DUBIO PRO RAUTE! :hsv1:


    25.05.1983 - Die Helden von Athen:


    Uli Stein - Bernd Wehmeyer, Holger Hieronymus, Dietmar Jakobs, Manfred Kaltz - Wolfgang Rolff, Jürgen Groh, Felix Magath, Jürgen Milewski - Horst Hrubesch, Lars Bastrup (ab 61. Min. Thomas von Heesen)


    Trainer: Ernst Happel



    Nicht selten sind wir nach dem Spiel so richtig deprimiert,
    wir freuen uns schon wenn unser Team zumindest nicht verliert.
    Es ist schwer - wir sind Fans vom HSV!

  • Der SR hat korrekt gehandelt und 2 :rote_karte: waren berechtigt.
    Beleidigung nach der Foul bekommt man :rote_karte:!
    Bei mir kriegt man sicher :rote_karte:, aber liegt leider mein Problem, denn ich nicht hören kann!

    Ich habe keine Ablenkung durch die Geräuschkulisse.
    Ich bin komplett konzentriert auf das, was ich sehe


    Gehörloser Schiedsrichter -
    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten.

  • Ganz schwierige Kiste. Der Meckerer ist sicherlich zu verstehen, allerdings geht er ein wenig zu weit mit den Ausdrücken. Wenn er das laut über den ganzen Platz ruft dann hat man als SR wohl keine andere Wahl als auch rot zu ziehen. Ich kann den Spieler zwar verstehen, aber was willste machen ;)

  • Bei mirfliegen auch beide mit :rote_karte:.
    Deinen SR-Kollegen kann ich da ehrlich gesagt nicht verstehen. Ich habe schon desöfteren mitbekommen wie die ein oder andere Beleidigung überhört wurde, aber das war alles glimpflicher. Das war schon eine "heftigere" Beleidigung und gut hörbar. Da fliegt er klar, keine Frage.

  • Wenn sich beide Spieler z. B in einer Rauferei (also harmlose Dinge) gegenseitig beleidigen, kann man meines wissens nach auch beide nur :gelbe_karte: geben. Aber in den Fall sind die Beiden Vergehen jeweils mit :rote_karte: zu Bestrafen. Vollkommen richtig entschieden. Ich achte besonders auf die Wortwahl der Spieler, sodass es nicht selten einen Platzverweis wegen Beleidigung gibt.

  • Beide :rote_karte:, was anderes geht gar nicht. Die Beleidigung war zu heftig, als dann man diese mit weniger hätte ahnden können. Manchmal müssen Spieler auch mal lernen die Schnauze zu halten, bzw. sich zu mäßigen.

  • Schöner kann ich doch es als Schiri nicht haben...!! 2 x :rote_karte:
    Ist das jetzt noch Dein Freund?

    Alle sagten das geht nicht.




    Und dann kam einer und hat es gemacht.

  • Zitat von Falko;141640

    Konsequent beide entsorgen oder den Beleidiger ungestraft davonkommen lassen weil er ja Schmerzen hat?



    Falls du die zweite Variante wählen würdest, könntest du dann im Sonderbericht folgenden Satz verfassen:


    " Ich konnte den Spieler nicht mit einem Platzverweis bestrafen, da er über Schmerzen am Schließmuskel klagte !! "


    Das sind die dankbaren Geschenke, die ein SR annehmen sollte.
    Kundschaft freundlich bedienen.

    "Der Schlüssel zum Erfolg ist Kameradschaft und der Wille, alles für den anderen zu geben."
    - Fritz Walter († 17. Juni 2002)

  • Ich hatte in meinem allersten offiziellen Spiel (B-Junioren Kreisliga = unterste B-Juniorenklasse) einen analogen Fall, wo das Foul jedoch nur "rücksichtslos" war und die anschließenden Beschimpfungen des Gefoulten "nur" unsportlich, aber nicht beleidigend.


    Ich beließ es bei einer VW für den Treter, verwarnte den Schimpfer jedoch nicht. Das führte zu Protesten der Anwesenden (Trainer, Zuschauer, Gegenspieler)- die Beschimpfungen müssten doch auch geahndet werden.


    Emotional war ich mit meiner Entscheidung zufrieden- der Gerechtigkeitsfußballgott temporär auch.


    Nur: Hätte es weitere Beschimpfungen u. U. auch von dem Treter gegeben, so hätte ich nicht gewusst, wie ich damit hätte umgehen sollen. Schließlich kann ich beim Gefoulten nicht "mildernde Umstände" anführen und 1 Minute später Beschimpfungen eines anderen Spielers wieder ahnden. Ich hatte mich als SR also in eine gefährliche Situation manövriert.


    Ergo: Es muss uns (manchmal leider!!) egal sein, was vorher passierte. Einen gewissen Spielraum hat man immer, gewiss. Aber wie die Kollegen hier richtig schreiben- bei einer Wortwahl wie die von Dir geschilderte hat man keinen Spielraum- erst Recht, wenn die Beleidigung laut hörbar war.


    Wie die Strafen für die FAD ausfallen, muss das Sportgericht festlegen. Das hat es dann in der Hand, aufgrund der hoffentlich präzisen Schilderung des SR die Fußballergerechtigkeit mit entsprechend angemessenen Strafen wieder herzustellen.


    Die Pflicht des SR in Deinem Fall ist unausweichlich 2 x FAD; die Kür eine präzise Schilderung im Sonderbericht.


    Ich versuche durch einen sehr lauten, langen Pfiff und schnelles Vor-Ort-Sein solche Situationen zu verhindern. Manchmal kann ich auf den Gefoulten einwirken, indem ich diesen bei Beginn seiner Beschimpfungen ermahne und klarmache, dass ich das ursprüngliche Vergehen entsprechend ahnde.


    Aber so schnell wie manche schimpfen bin ich oft auch nicht vor Ort- Pech.


    Was die Fußballergerechtigkeit angeht: Manchmal kann man nichts machen. Klassischer Fall: Ein Spieler wird von einem Zuschauer beleidigt und beantwortet diese Beleidigung entsprechend. Da hast Du auch keine Wahl.

  • Zitat von kanarien3;141651


    Ist das jetzt noch Dein Freund?


    Klar, warum denn nicht? Wir haben uns ja am Spielfeldrand nicht die Köpfe eingeschlagen weil wir unterschiedlicher Meinung waren. Auch wenn er Schalker ist hat er das Recht auf eine eigene Meinung:D.


    Wie ich schon geschrieben habe wären bei mir auch beide geflogen, der Gefoulte brüllte ja dermaßen laut seine Beleidigungen raus, dass das ganze Bauernballett am Spielfeldrand anfing zu tanzen. Da man dann, trotz allem Verständnis für eine Reaktion auf einen so üblen Tritt einfach keine andere Wahl mehr.


    Wandeln wir die Szene mal ein wenig ab:


    Der Spieler tritt nach wie vor rotwürdig wie geschildert, aber jetzt dreht sich der gefoulte Spieler um und stößt dem Übeltäter mit den Händen gegen die Brust. Dieser stolpert 2 Schritte zurück, fällt aber nicht.
    Erst jetzt sinkt der Gefoulte zu Boden und lamentiert über große Schmerzen am Fuß.


    Was jetzt? Rot für den Tritt ist klar, aber würde jetzt nicht auch die :gelbe_karte: für den Gefoulten reichen?

    :hsv1: IN DUBIO PRO RAUTE! :hsv1:


    25.05.1983 - Die Helden von Athen:


    Uli Stein - Bernd Wehmeyer, Holger Hieronymus, Dietmar Jakobs, Manfred Kaltz - Wolfgang Rolff, Jürgen Groh, Felix Magath, Jürgen Milewski - Horst Hrubesch, Lars Bastrup (ab 61. Min. Thomas von Heesen)


    Trainer: Ernst Happel



    Nicht selten sind wir nach dem Spiel so richtig deprimiert,
    wir freuen uns schon wenn unser Team zumindest nicht verliert.
    Es ist schwer - wir sind Fans vom HSV!

  • Du fragst Sachen.... interessant.


    Wenn es ausreichend Spielraum gibt, das "Stoßen" als "leichtes Schubsen" auszulegen, könnte man mit einer Verwarnung auskommen.


    Wenn der gefoulte aber quasi doppelt unsportlich agiert, indem er erst schubst und dann offenkundig übertrieben lamentiert, wäre das eine zweite Unsportlichkeit und somit G/R.


    Solch eine Einladung würde ich dann annehmen und gleich den FAD aussprechen (dann war es eben doch ein Stoßen=Tätlichkeit=Tatsachenentscheidung)- da kommt man als SR auch nicht in Bedrängnis was die VW für das "leichte Schubsen" angeht.


    Wenn der gefoulte jedoch tatsächlich starke Schmerzen hat (also keine 2. Unsportlichkeit begeht), würde ich das erste Vergehen ggf. auch als "leichtes Schubsen" interpretieren.


    Hängt von vielen Rahmenbedingungen (Heftigkeit, Stimmung auf dem Platz, sonstige Vorkommnisse bisher) ab. Bauchgefühl und Tatsachenentscheidung.


    Anmerkung:
    Für mich persönlich ist "Stoßen" ein schlagartiger, heftiger Kontakt und damit eine Tätlichkeit. Ein Schubsen ist für mich eine Unsportlichkeit.

  • Als erstes würde ich schon mal sagen, dass es hier nicht um ein Foul geht, sondern um ein Treten, also eine Tätlichkeit und kein rohes Spiel mehr, da der Ball ja schon zwei Sekunden vorher gespielt wurde. Rote Karte ist also klar. Auch für die Beleidigung ist die rote Karte eine Selbstverständlichkeit. Und wenn der Sonderbericht richtig verfasst wurde kann das Sportgericht sehr wohl urteilen und den Treter deutlich länger sperren als den Beleidiger. Es muss nur aus dem Bericht klar hervorgehen, dass bei dem Treten keine Chance mehr bestand den Ball zu spielen.

  • Bei unseren Sportgerichten heißt es dann "Beleidigung nach vorangegangener Provokation" und wird entsprechend berücksichtigt.
    Aber das Strafmaß darf für uns nie Entscheidungsgrundlage sein!

  • Gebi hat den Nagel auf den Kopf getroffen. Wir können nur das ahnen was wir sehen. Dementsprechend sind die Vergehen ganz klar mit :rote_karte: zu bestrafen.
    Das Sportgericht kann anschließend alle Fakten berücksichtigen und ggf. strafmilderne Umstände erkennen und bewerten. Wichtig ist, dass die Provokation im Spielbericht entsprechend erwähnt wird und vom Schiedsrichter auch so geahndet wurde.

    Gott sei Dank habt ihr Schiedsrichter, sonst müsstet ihr eure Fehler ja bei euch suchen !

  • Beide müssen runter. Grundsätzlich bin ich bei Aussagen von gefoulten Spielern eher zurückhaltend mit Strafen, da der Spieler seine Äußerungen wegen dem Schmerz von sich gibt. Benutzt er aber eine solche Wortwahl wie in diesem Fall und dann auch noch in einer gewissen Lautstärke, dann hat er einfach Pech gehabt.


    Zum Thema Strafmaß fällt mir folgendes ein. Wenn man bei uns im Kreis im Spielbericht einträgt, dass die Beleidigung durch ein an ihm begangenes Foulspiel ausgelöst wurde, dann wird das Strafmaß angepasst.


    Es kann nämlich nicht sein, dass in einem solchen Fall der Treter eine geringere Strafe erhält wie der andere.

  • Bei den gefallenen Worten schließe ich mich den anderen an: Rot für beide.


    Etwas anderes wäre es, wenn der gefoulte "harmlosere" Äußerungen von sich gegeben hat. Ein einfaches "Hast du sie noch alle?" würde ich in so einem Fall, mit einer schönen Ansprache, durchgehen lassen.

  • ... alles schon gesagt - Glatt 2x ROT. Aber wenn der die obige Frage wahrheitsgemäß mit NEIN beantwortet hat, dann brauch´s wohl auch keine Ansprache mehr .... :ironie:

    Hohe Bildung kann man dadurch beweisen, dass man die kompliziertesten Dinge auf einfache Weise zu erläutern versteht.
    Geistlose kann man man nicht begeistern, aber fanatisieren kann man sie.
    Gelassenheit ist die angenehmste Form des Selbstbewußtseins!

  • Zitat von Falko;141640

    Außerdem wäre das eine ungerechte Bestrafung für Team Rot, da der gelbe Treter jetzt wohl nur für 2 Wochen gesperrt werden würde, die Beleidigung des roten Spielers allerdings mit 4 Wochen geahndet werden würde.


    Zunächst einmal sollten solche Überlegungen für den SR überhaupt keine Rolle spielen, da er gar nicht genau wissen kann, wie hoch die Sperren ausfallen werden und selbst wenn, darf er sich davon nicht beeinflußen lassen. Unabhängig davon würde bei uns - nach einschlägigen Erfahrungen - der Treter auch 4 Spiele Sperre bekommen, da kommt man gar nicht auf o.g. Gedanken.

    Zitat von flitzpiepe;141708

    Bei den gefallenen Worten schließe ich mich den anderen an: Rot für beide.


    Etwas anderes wäre es, wenn der gefoulte "harmlosere" Äußerungen von sich gegeben hat. Ein einfaches "Hast du sie noch alle?" würde ich in so einem Fall, mit einer schönen Ansprache, durchgehen lassen.



    So sehe ich das Ganze auch.
    Diskriminierende, homophobe und behindertenfeindliche Äußerungen halte ich für besonders verwerflich und strafwürdig. Aufgrund der Wortwahl könnte ich mir sogar vorstellen, dass bei uns der ein oder andere Staffelleiter das Strafmaß in so einem Fall nicht selber festlegen, sondern die Sache an das Sportgericht abgeben würde.

    "Der Klügere gibt nach! Eine traurige Wahrheit, sie begründet die Weltherrschaft der Dummheit."
    (Marie von Ebner-Eschenbach, österreichische Schriftstellerin, *1830 +1916)


    "Mancher ist für die Wahrheit, solang die Wahrheit für ihn ist."
    (Charles Tschopp, schweizer Schriftsteller, *1899 +1982)