Beiträge von smirk_mirkin

    Aber genau durch den Vorteil entfällt ja der Grund für den Feldverweis.
    Also muss er weiterspielen lassen.

    Liegt ein taktisches Foul vor, so ist das prinzipiell erstmal gelbwürdig.

    Ist der fehlbare Spieler aber vorbelastet, so zieht das Foul einen Feldverweis nach sich, was ja im Normalfall den größeren Vorteil gegenüber einem aussichtsreichen Angriff darstellt.

    Deswegen steht das meiner Meinung nach auch so in den Regeln, das man trotz der guten Angriffssituation keinen Vorteil gewährt, siehe Post #3.


    Da es jetzt einige Beiträge zu dieser Frage gab noch eine kurze Zusammenfassung aus meiner Perspektive:


    Bei Tätlichkeit / grobem FS / zweiter Verwarnung ...

    1) ... gibt der SR nur bei klaren Torchancen überhaupt einen Vorteil.

    2) Handelt es sich bei dem Vergehen um ein taktisches Foul eines vorbelasteten Spielers und der SR hat (aufgrund einer klaren Torchance) auf Vorteil entschieden, so entfällt die Strafe und es geht normal weiter.

    3) Handelt es sich um ein anderes Vergehen und der SR hat auf Vorteil entschieden, so wird die Strafe in der nächsten Spielunterbrechung nachgeholt, wobei auch der Eingriff des fehlbaren Spielers zur Spielunterbrechung führt.
    4) Begeht der fehlbare Spieler bis zur Spielunterbrechung ein schwereres Vergehen, so wird dies bestraft.

    Falsch meiner Meinung nach.
    Wie geschrieben handelt es sich ja nicht mehr um ein verwarnungswürdiges Vergehen, wenn der SR Vorteil gegeben hat.

    Somit ist auch nur bei "normalem" Vorteil dieser zu gewähren.

    Das macht keinen Sinn. Mit der zweiten Zeile hast Du schon Recht, aber genau deswegen soll der SR ja keinen Vorteil geben, sondern unterbrechen und den Spieler des Feldes verweisen.

    Hier wird mir der SR zu sehr "beschützt" und darauf verwiesen, dass der TE da "wohl irgendwas übersehen haben muss".

    Auch das macht meiner Meinung nach keinen Sinn. Was soll denn "zu sehr beschützt" bedeuten? Gibt es hier die Regel, dass man Partei ergreifen und anprangern muss?

    Wir alle waren nicht dabei, also wissen wir nix und können zum konkreten Sachverhalt keine eindeutige Wertung vornehmen.

    Wir können also höchstens Aussagen der Art treffen: "Wenn A vorlag, dann greift Regel B und Entscheidung C ist richtig", oder "Bist Du Dir sicher, dass der SR das so wahrgenommen hast, wie Du das geschildert hast".

    Darüber hinaus sind Aussagen der Form "Wenn alles stimmt, was Du sagst, dann war die Entscheidung falsch" nicht zielführend, weil sie im besten Fall dem Fragenden nicht weiterhilft (Antwort zu kurz gegriffen) und im schlimmsten Fall ungeprüft als Bestätigung aufgefasst wird.

    Denn vielen Menschen ist nicht klar, dass die Regeln auch richtig interpretiert werden müssen (was auch völlig verständlich ist).


    Deshalb gehört es zum sportlichen Verhalten, dass man sich nicht leichtfertig über die Spielleitung eines Kollegen äußert.


    Warum sollte nicht einfach der SR hier was falsch gemacht haben?

    Kann sein.

    Wahrscheinlich ist dieser auch einfach mit den Regeln durcheinander gekommen.

    Nein, das ist nicht wahrscheinlich. Statistisch viel wahrscheinlicher im "Leistungsfussball im U17 Bereich" ist, dass es Missverständnisse bei der Wahrnehmung des Fragenden gab.

    Ich werde mich bewusst nicht zu deinem Bericht äußern (da ich nicht dabei war), sondern nur eine entsprechende Regelpassage wiedergeben.

    Zitat

    Bei grobem Foulspiel, einer Tätlichkeit oder einem zweiten verwarnungswürdigen Vergehen sollte nicht auf Vorteil entschieden werden, es sei denn, es ergibt sich eine klare Torchance. (...) Wenn der Spieler den Ball während des Vorteils jedoch spielt oder einen Gegner angreift/beeinflusst, unterbricht der Schiedsrichter das Spiel, verweist den Spieler des Feldes und setzt das Spiel mit einem indirekten Freistoß fort, es sei denn, der Spieler hat ein schwerwiegenderes Vergehen begangen.

    Zu beachten ist natürlich insbesondere der letzte Satz.

    DieMacke Keine Ahnung warum du da jetzt relativieren willst, aber dein Vergleich passt doch überhaupt nicht. Wenn ich jemanden äußerlich beschreiben muss ist natürlich die Hautfarbe wichtig. Wenn ich jemanden beim Fussball anschreie und völlig unnötig auf die Hautfarbe abziele ist das schlicht herabwürdigend. Und da ist es völlig egal, welches Wort benutzt wurde.

    IamTheDj

    Seit der letzten großen Regeländerung sollen die Regeln zwischen "echtem" Eingriff (z. B. Beeinflussung des Balles oder von Spieloffiziellen) mit Konsequenz dF und "minderschweren" Eingriffen, wobei man i. d. R. auf eine Unterbrechung verzichten soll. Ich denke, dass der in #9 zitierte Abschnitt nicht als "Ausnahme" gedacht ist, sondern klarstellen soll, dass ein unsportliches Verhalten nach außen vom Feld aus (z. B. Beleidigung) auch als Eingriff in das laufende Spiel zu sehen und demzufolge mit dF zu ahnden ist. Außerdem regelt der Abschnitt nur wie es weitergeht, nicht welches Vergehen in unserer Situation zu bestrafen ist.


    Die Situation an sich kann ich nicht auflösen. Wesentliche Fragen scheinen mir aber zu sein: (1) Ist das Nichtunterbrechen analog zum Vorteil zu werten? (2) Lässt das "Gefoultwerden" aus dem vorerst ignorierten Betreten einen strafbaren Spieleingriff seitens des Auswechselspielers werden? Letzteres klingt erst mal widersinnig, da der Spieler nicht aktiv handelt. Aber man stelle sich vor, der Auswechselspieler steht irgendwo am Rand, das Spiel verlagert sich dann in seine Richtung und er wird angeschossen. Dann würde man sicher auf Eingriff entscheiden.

    SixthSCTF

    Du machst es Dir meiner Meinung nach etwas zu leicht. Eine Entscheidung kann, wie oben schon beschrieben, gleichzeitig regeltechnisch vertretbar und trotzdem offensichtlich falsch sein.

    Zitat

    Da sowohl Foulspiel als auch Weiterspielen beides im Ermessensbereich des SR liegen und dieser die Situation bewertet hat ist die (sind beide) Entscheidung(en) -Foulspiel oder Weiterspielen- prinzipiell erst einmal richtig und eben nicht grundsätzlich Falsch.


    Das ist halt falsch.

    Der VAR greift bei "klaren, offensichtlichen Fehlern" ein.

    Ein klarer, offensichtlicher Fehler liegt vor, falls der SR nach Ansicht der Bilder die Entscheidung mit hoher Wahrscheinlichkeit selbst zurücknehmen würde (ungefähr so war die Definition).

    Dazu ist es gerade nicht erforderlich, dass der Fehler eindeutig nachweisbar ist (z.B. fehlender Kontakt), sondern es reicht die Überzeugung, dass der SR das mit Videobildern anders entscheiden würde. Also liegt eine sehr weiche Definition von Fehler vor.


    Die Regel "Kontakt = jede Entscheidung richtig" gibt es jedenfalls offiziell nicht.

    amfa Du hast natürlich Recht damit, dass der SR auf dem Feld schon auch Bewertungen vornimmt, zum Beispiel bei einer roten Karte. Aber auch dann schreibt er ja nur seine Wahrnehmung und seine Entscheidung in den Sonderbericht. Das Sportgericht (oder eine ähnliche Instanz) bildet sich dann anhand der sachlichen Schilderungen eine eigene Auffassung, wie die Situation zu bewerten ist. Die Bewertung des SR in Form der roten Karte ist hier nur insofern relevant, dass sie mit der Bewertung des Sportgerichts abgeglichen und dann in aller Regel bestätigt wird. Sie dient aber nicht als Weisung oder Beweis für das Sportgericht.


    In der beschriebenen Situation hatte der SR wohl keine Disziplinargewalt mehr, also obliegt die Bewertung grundsätzlich nicht mehr ihm. Aber wie oben geschildert ist für die Auffassung des Sportgerichts die Wertung des SR ohnehin nicht wirklich relevant.

    Naja es ist im Grunde ganz einfach: Die Interpretation des SR ist egal.

    Der SR hat über seine Wahrnehmung des Vorfalls einen Bericht zu verfassen, wo er ggf. auch die Situation nach dem Spiel schildert. Die Bewertung, ob das jetzt unsportlich war oder nicht, trifft allein das Sportgericht oder eine ähnliche Instanz (je nach Verband ...).

    FALLS der SR hier eine eigene Bewertung der Dinge in den Spielbericht schreiben WÜRDE (passiert sicherlich manchmal), würde das Sportgericht diese schlicht ignorieren und sich eine eigene Auffassung bilden.

    Gemeint ist sicherlich:


    Erfolgt das taktische Foulspiel und es wird auf Vorteil entschieden, so entfällt die gelbe Karte.

    Also entfällt die gelbe Karte erst recht beim Versuch.


    BVB1984

    Versuchtes Foulspiel ist nicht grundsätzlich strafbar!

    In den Regeln ist festgelegt, dass versuchtes Schlagen, Treten oder Beinstellen bereits ein Foul sein kann. Dies ermöglicht, dass der SR auch bei versuchten Tätlichkeiten (z.B. Nachtreten) eine Handhabe hat. Der taktische Aspekt spielt hierbei aber keine Rolle.

    Wie immer gilt: "He committed himself to a risky situation" ist kein festes Kriterium, nur weil das in irgendeiner FIFA-Präsentation (wo überhaupt und wie übersetzt man das richtig?) vorkommt. Das ist zur Schulung von Spitzenschiedsrichtern gedacht und man kann davon nicht einfach eine allgemeine Lehrmeinung ableiten.


    Auch von der Praxis her: Wenn ich mit angelegten Händen blocken will und der Ball geht an die Hand, so ist das doch kein absichtliches Handspiel, nur weil ich in Kauf nehme vom Ball getroffen zu werden. Erst wenn ich meine Hände unnatürlich halte und die Wahrscheinlichkeit des Handkontaktes eben deutlich vergrößere. Und grätschen ist nunmal erlaubt und ich brauch die Stützhand, also wenn die Haltung normal ist reicht das nicht für Absicht im Sinne der Regeln.

    Also in meinem Lehrgang hieß es damals: Diese sogenannte Stützhand ist eine natürliche Armhaltung, da sie für die Stabilität beim Grätschen notwendig ist. Die Hand geht dann normalerweise auch nicht zum Ball. Demzufolge kann im Allgemeinen nicht von Absicht ausgegangen werden.


    Anders z.B. die "Schutzhand" in der Mauer, hier geht der Spieler ja gerade davon aus, dass der Ball die Hand berührt.

    Die Lösung #3 sollte sinngemäß doch auch beim Platzwechsel in der 20. Minute "funktionieren".

    Meine Begründung: Die Mannschaft, die die Seitenwahl gewinnt, hat damit das Recht erworben, die erste Hälfte des Spieles in die von ihr gewünschte Richtung zu spielen (z.B. wegen Sonnenstand). Wird der Platz in Minute 20 gewechselt und eine neue Seitenwahl durchgeführt, so verliert Sie diesen Vorteil, der ja üblicherweise gilt.


    Letztendlich finde ich diese Entscheidung aber auch nebensächlich, wichtig ist, dass jede Mannschaft gleich lang auf jeder Seite des Feldes gespielt hat, damit die umgebungsspezifischen Ungerechtigkeiten minimiert werden. Und das ist ja dann ohnehin nicht mehr in der Form möglich.

    Ich möchte die Ausgangsfrage gar nicht bewerten, sondern nur auf die letzten Argumentationen eingehen.

    Aber sag mir doch mal wo geschrieben steht, dass du nach Belieben Regeln ignorieren darfst?


    Geschrieben steht das nirgendwo.

    Die Frage ist doch: Gibt es bestimmte Situationen, in denen es sinnvoll ist, sich über die geschriebenen Regeln hinweg zu setzen?


    Man kann (!) das für den konkreten Fall ja auch so sehen:

    In dieser Altersklasse hat der SR (wie auch alle anderen Beteiligten) die Aufgabe, den Kindern Freude an der Bewegung und am Fussball zu ermöglichen.

    Das beschriebene Foul passierte nicht durch Absicht, sondern durch Unvermögen, es wurde bestraft, also wissen auch die anderen Kinder, dass es ein Foul war.

    Da die gefoulte Mannschaft deutlich überlegen ist, tut niemandem die rote Karte weh und alle auf dem Platz akzeptieren die Entscheidung (vllt. hätte es sogar bei Rot Stress gegeben).

    -> Die Entscheidung, die rote Karte stecken zu lassen, wird nach dieser Argumentation viel eher der Aufgabe des SR und der gelebten Kultur gerecht, als sich an den bloßen Regeltext zu halten.


    Klar kann man argumentieren, dass Regelübertretungen immer falsch sind, weil Sie "Vertragsbruch" sind.

    Aber überall, wo es Regeln gibt, wird die gelebte Kultur davon abweichen: Regeln sind starrer, als die Lebensrealität. Regeln führen in Einzelfällen zu krasser Ungerechtigkeit. Vielleicht etabliert sich ein Gewohnheitsrecht, was durch alle akzeptiert wird.


    Das Ideal, dass sich alle buchstabengetreu an die Regeln halten, ist jedenfalls weder erreichbar, noch ein echtes Ideal.

    Regeln und ihre Befolgung sind sinnvoll, aber führen nicht immer zu guten Entscheidungen.

    So eine ähnliche Diskussion hatte ich hier auch schon mal. Fakt ist doch

    • Das Forum ist auch zum Regel-Nerden da. Und nur weil man Regelsysteme mag, sagt das nichts darüber aus, wie man pfeift.
    • Natürlich gibt es nicht für alles eine Regel. Aber dann muss rein formal trotzdem eine bestehende Regel für den konkreten Fall angewendet werden. Und dazu muss man zumindest begründen, warum die Voraussetzungen dieser Regel erfüllt sind.

    Also ist a) auch richtig.
    Der SR muss das Spiel unterbrechen.
    Zwar nicht sofort er muss aber.
    Dann gibt es indirekten Freistoß, falls der Spieler nicht eingreift und die gelbe Karte.


    Das ist so nicht richtig.

    Greift der Spieler nicht ein bis zur nächsten vom Vorgang unabhängigen Spielunterbrechung, so gibt es natürlich keinen iF!


    Das "muss unterbrechen" bezieht sich hier darauf, dass eine Situation vorliegt, wo der SR spätestens in der nächsten Spielunterbrechung tätig werden muss. Er kann auf eine unmittelbare Unterbrechung verzichten, falls das Spiel unbeeinträchtigt bleibt. Spätestens wenn das Spiel aus einem anderen Grund unterbrochen wurde, muss er aber die Spielfortsetzung unterbinden (auch hier sprechen die Regeln u. U. von "unterbrechen"), um den Spieler zu verwarnen.


    Zitat

    Davon, das auch auf Vorteil entschieden werden kann, bin ich ausgegangen. Aber in der Frage steht nichts davon und ich habe Mal gelernt in Fragen nichts reinzuinterpretieren


    Auch wenn die Mannschaft des Täters im Ballbesitz ist und der Täter sich passiv verhält kann man hier weiterlaufen lassen. Es besteht ein Unterschied zwischen "nicht eingreifen" und Vorteil.