Mir gefällt A_Kappis Zusammenfassung zu diesem Thema sehr gut. Bezüglich der Erfolgsaussichten der bevorstehenden Restrukturierung bin ich allerdings eher skeptisch:
Das Schiedsrichterwesen besitzt weltweit eine gewisse Monopolstellung: Wer innerhalb seines Landes Karriere machen möchte, kann dies ausschließlich im jeweiligen Landesverband tun. Und hier wird es immer subjektiv empfundene (oder auch objektive) Ungerechtigkeiten geben, bei denen man nur die Alternative hat, sich damit abzufinden oder aber die Konsequenzen zu ziehen und auszutreten.
Es kann sein, dass die Leistungen am Spielfeld für den Schiedsrichter A sprechen, während dennoch Schiedsrichter B forciert wird, weil er beispielsweise besser Englisch spricht, was für eine etwaige internationale Karriere vorteilhaft ist - diesen Umstand könnte man noch in einem Scoringmodell berücksichtigen, bei dem verschiedene Einflussfaktoren mit unterschiedlichen Gewichtungen einfließen.
Was ist aber, wenn etwa ein Schiedsrichter aus dem Bundesland A bei einem Bundesligaspiel von einem Beobachter aus dem Bundesland B bewertet wird, während gleichzeitig auch ein Schiedsrichter aus dem Bundesland B als Kandidat für höhere Aufgaben gilt? Dass der Beobachter hier vielleicht tendenziell einen halben Notengrad abzieht, den er ansonsten nicht finden würde, lässt sich nicht ganz ausschließen.
Ebenso bin ich mir nicht sicher, wie unabhängig ein Schiedsrichtersenat tatsächlich agieren kann: Die meisten Kollegen kennen einander bereits seit mehreren Jahrzehnten aus ihrer aktiven Zeit in der Bundesliga und haben vermutlich bereits damals Freund- oder Feindschaften entwickelt, die sich auch später fortsetzen und in Egoismen - etwa zwischen den regionalen Verbänden - münden könnten.
Aktuell können sich ja nicht einmal Volker Roth und Franz-Xaver Wack darauf einigen, ob entsprechende Meldungen über Missstände erfolgt sind oder nicht. Ebenso wurde in den letzten Tagen Hellmut Krug in den Medien mehrmals als Intimfeind Volker Roths bezeichnet. Ob diese Behauptungen nun zutreffen oder nicht, so zeigt es zumindest auf, dass es scheinbar doch gewisse Animositäten geben dürfte.
Wenn man annimmt, dass Herbert Fandel als Person mit besonderer Integrität gilt und nur Personen nominiert, die seinen Vorstellungen gerecht werden, dann würde dies zwar vielleicht dazu führen, dass mehr "miteinander" anstatt "gegeneinander" gearbeitet wird. Andererseits würde dann sofort der Vorwurf laut, dass das Gremium nur mit Personen aus dem Dunstkreis von Herbert Fandel besetzt ist.
Interessant, aber leider immer noch unbeantwortet, ist für mich die Frage, wie man sich am besten verhält, wenn man Probleme mit seinem eigenen Vorgesetzten hat und nicht seine Karriere riskieren möchte. Klar kann man in Abhängigkeit vom behaupteten Delikt den Rechtsweg beschreiten, aber den Chef des Chefs zu informieren, der vielleicht dessen bester Freund ist, ist eine eher theoretische Option.
Konkret also die hypothetische Frage: Angenommen, Michael Kempter hätte sich bereits vor 8 Jahren sexuell belästigt gefühlt. In seiner damaligen Funktion in einer niedrigeren Liga konnte er sich nicht an Volker Roth wenden, der seinerzeit noch nicht sein unmittelbarer Vorgesetzter war. Wen hätte er also informieren sollen? Direkt den DFB-Präsidenten, weil das behauptete Vergehen zwingend Chefsache ist?