Ich denke, daß Problem wird sich nur vernünftig lösen lassen, wenn mehrere Gruppen sich ändern und zusammenarbeiten.
Der Schiedsrichter allein kann es nicht. Er/Sie kann sich nur bemühen, das Regelwerk so gut wie möglich umzusetzen. Sollte das Eingehen und Reden auf Spieler und Trainer nichts helfen, so muß eben die gesamte "Härte des Gesetzes" konsequent zur Anwendung kommen. Und die Sportgerichte müssen dementsprechend knallhart mitziehen, auf keinen Fall so, wie die spanischen Sportgerichte den Fall Mourinho "gelöst" haben.
Vereine müssen sich mehr Gedanken machen, ob sie wirklich bestimmte Spieler in ihren Reihen dulden wollen oder nicht. Aus meiner Sicht ist nichts verheerender, als wenn durch das Fehlverhalten EINES Spielers EINER Mannschaft der GESAMTE Verein das Prädikat "Knüppelverein" bekommt. Doch viele Vereine sehen das leider nicht so. Und wenn die Selbstreinigungskraft versagt, müssen leider auch da drastischere Maßnahmen von den Verbänden her.
Gleiches betrifft auch Trainer. Es ist nicht nur erschreckend, wie teilweise schlecht deren Benehmen und Disziplin ist, auch das Regelkundewissen ist erschreckend gering. Leider sind viele Trainer völlig darüber erhaben, sich an Fortbildungen zu beteiligen, Zitat "Ick hab lange Jahre Oberliga gespielt, ick hab det nich nötig!". Das besonders Trainer im Jugendbereich durch Pöbeleien und Beleidigungen auffallen, ist schlichtweg nicht tragbar. Es ist doch kein Wunder, daß sich Spieler im Erwachsenenalter daneben benehmen, wenn ihnen das von klein auf negativ vorgelebt wurde. Auch hier ist die Selbstreinigungskraft der Vereine gefragt.
Allgemein ist die Rolle des Schiedsrichters als Respektsperson und Spielleiter drastisch gesunken. Damit meine ich nicht, daß man Schiedsrichter nicht kritisieren darf. Doch Sachkenntnis und vor allem der Ton machen die Musik, und die ist im Augenblick völlig schräg. Und das ist völlig unabhängig davon, wie gut oder schlecht ein Schiedsrichter in der objektiven Realität ist. Und gegen Ausraster aus dem Nichts kann ein Schiedsrichter schwer etwas unternehmen, es sei denn, er bekommt eine umfangreiche Schulung als Psychologe.
Schwierig ist es auch, gegen den allgemein sichtbaren Sittenverfall anzugehen. Dies liegt auch daran, das wir uns alle auch einfach daran gewöhnt haben. "Es ist eben so!", wird überall achselzuckend kommentiert. Doch nur, weil wir uns an bestimmte Dinge einfach nur gewöhnt haben, bedeutet das nicht, das das auch "normal" und richtig ist. Dazu gehört auch, den Wochen- und Lebensfrust auf dem Fussballplatz auszuleben. Frei nach dem Motto: "Alles, was ich sonst nicht darf, darf ich jetzt hier auf dem Platz". Auch sollte man zu der Einsicht zurückkehren, daß Fussball nur ein Sport, ein Hobby ist. Man sollte das ganze nicht so bierernst nehmen, doch für viele Spieler, Mannschaften, Trainer, Vereine und vorallem für Zuschauer scheint es da eher um Leben und Tod, um Blut und Ehre zu gehen. Fussball und Verein werden zu dem absoluten Lebensmittelpunkt stilisiert, weil es scheinbar sonst nichts anderes, befriedigenderes gibt. Irgendwie bewegt sich der Fussballsport immer mehr in die Richtung altrömischer Gladiatorenspiele, Erfolg um jeden Preis ist das Motto.
Ein typische Beispiel war die tätliche Auseinandersetzung zwischen zwei Zuschauergruppen, bei der ich Zeuge da. Gestandende Personen über 50 und 60 gingen sich da 15 Minuten lang an die Gurgel, die Mannschaften machten auf und neben dem Platz munter mit und der Schiedsrichter brach das Spiel ab. Anschließend unterhielt ich mich mit einem der mir bekannten Sponsoren des Gastvereins, einem 70jährigen, ehemaligen Rechtsanwalt(!). Als ich mich entsetzt über die "Schlägerei" äußerte, kam von ihm doch glatt der Spruch "Das war doch keine Schlägerei! Ich verstehe nicht, wieso der Schiedsrichter abgebrochen hat. Wirklich eine schwache Leistung!". Und genau diese Geisteshaltung ist das eigentliche Problem!!!